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antwortlichen Leiter historischen Zuschnitt» ge wonnen habe. Wien, S. August. Der steierische Dichter Peter Rosegger hat seit der letzten Zeit eine führende Stellung in der UebertrittSbewegung eingenommen und gehört, obwohl er selbst Katholik ist, zu den Förderern der Bewegung. Er wird auf der Anfang October in Halberstadt statt findenden Versammlung de» „Evang. Bundes" einen Vortrag „Über die religiöse Bewegung in den Alpenländrrn" halten. Die Bethriligung der Lehrerschaft am deutsch österreichischen Lehrertag in Aussig «ar eine außerordentlich starke; au» allen Kronländern waren Delegierte erschienen, welche zusammen 16,800 Lehrer vertraten. Au» Wien waren die Delegierten Katschinka, Jeffen, Holczabek, Bin« starker und Seitz eingetroffrn. In der Dele giertenversammlung kam e» zu einer lebhaften Auseinandersetzung zwischen den „Jungen" und „Deutschgesinnten" wegen Zusammensetzung de» ständigen Ausschusses. Endlich ist auch einmal etwa» Erfreuliche» au» Oesterreich zu berichten. Mit anerkennen»- werthrr Schnelligkeit hat da» k. k. Landesgericht zu Wien diejenigen anarchistischen Arbeiter zu längeren Freiheitsstrafen verurtheilt, die anläß- lich der Ermordung de» König» Humbert von Italien anarchistische Aeußerungen hatten fallen lassen. Bereits am 6. August wurde rin ge wisser Fabioli wegen des Ausdrucks „Hoch die Anarchie!" zu einer Arreststrafe von vier Monaten, ein Alois Bogrie wegen desselben Vergehens zu fünf Monaten Arreststrafe ver urtheilt, während der magyarische Pferdrwärter Kaspar Varga wegen einer anarchistischen und majestätSbrleidigenden Aeußerung mit 18 Mon. schweren Kerker» bestraft wurde. ES wäre zu wünschen, wenn auch in den übrigen Staaten mit gleicher Schnelligkeit und gleicher Schärfe gegen die Anarchisten vorgegangen würde. Italien. Rom, 9. August. Der Papst empfing heute Nachmittag 4'/, Uhr den Prinzen Heinrich von Preußen, der vom preußischen Gesandten Freiherrn v. Rotenhan begleitet war. Später stattete Prinz Heinrich dem Kardinalstaatssekretär Rampolla einen Besuch ab. König Humbert hatte vom Vater eine Schulden last von fünfundzwanzig Millionen übernommen. Er nahm sich selbst der Verwaltung der Kron güter an und verwaltete sie so genau, daß er jetzt ein Erbe von etwa 60 Millionen Goldfranken hinterläßt. In Monza ging Mittwoch Nachmittag nach 4 Uhr der Zug mit der Leiche des Königs Humbert, von dem Herzog von Aosta, dem Grafen von Turin, dem Prinzen Viktor Napoleon, dem Herzog von Oporto, den Präsidenten des Senats und der Kammer, dem Kriegsminister, dem Justizminister und dem LandwirthschastS- minister begleitet, ab. Auf dem ganzen Wege von der König!. Billa bis zum Bahnhose hatte sich eine überaus große Menschenmenge einge funden, die entblößten Hauptes den Trauerzug vorüberziehen ließ. Rom, 7. August. ES bestätigt sich, daß BreSci dem Schwurgericht überwiesen wird. Die Strafe, welche den Verbrecher erwartet, ist eine der furchtbarsten und kommt dem Lebendig- begrabenwerden gleich. Das llrtheil wird sicher aus lebenslängliche« Zuchthaus, verschärft durch zehnjährige Einzelhaft, lauten. Ein so bestrafter Verbrecher wird zunächst in eine halb erhellte, kleine Zelle gesperrt, welche kaum 1 Meter breit und 2 Meter lang ist. Wenige Eentimrter über der Erde erhebt sich eine 50 Centimrtrr breite Pritsche. Als Nahrung dient Wasser und Brod. Für den Verbrecher wird da» schauerliche Sefäng- niß stets geschlossen gehalten. Eine kleine Oeffnung gestattet seine ständige Beobachtung. Verhält er sich nicht ruhig, so erhält er die Zwangsjacke, die Eisen oder da» ZwangSbett. Dieses Zwangs- bett ist rin sargförmiger Behälter, in den er gefesselt hineingelrgt wird. Hat der Verbrecher einen Selbstmord versucht, so wird er in rin« Jacke gesteckt, welche ihm dir Hände über der Brust kreuzt, während die Sermel sackartig ver schlossen find. Diese Strafen variiren in den verschiedenen Zuchthäusern. Die gefürch.etsten find die von Santo Stefano, Nisida, Eivitaveechia und Portolongonr. Hat sich der Verbrecher gut geführt, so kommt er nach 5 Monaten in die Zelle der Einzelhaft auf zehn Jahre. Diese ist etwa» «ehr erleuchtet und geräumiger. Brod und Wasser bleibt auch hier die einzige Nahrung. Auch hier ist absolute» Schweigen auferleat. Vehr selten überstehen die Verbrecher diese Strafe. Vie werde» wahastanig oder sterben. Mailand, 7. August. BreSci'S Grständnitz ist beinahe vollständig. Er nannte eine Reihe seiner Komplizen und gab auch eine Beschreibung wie da» Komplott beschlossen wurde. Di« Detail» werden von der Behörde aber au» taktischen Gründen geheim gehaltea. BreSci gab sein Geheimniß unter der Bedingung preis, daß er die Zwangsjacke, die er seit Freitag durch zehn Stunden täglich tragen mußte, ablegen dürfe. Serbien. Weg mit Natalie! ES lebe Draga! König Alexander hat seine Mutter, die Königin Natalie, der Jnhaberschaft de» 8. Infanterie- Regiment» enthoben und diese auf seine Gemahlin Königin Draga übertragen. — Die von Königin Natalie gegründete höhere Töchterschule hat nunmehr den Namen „Dragaschule" zu führen. Vom Burenkrieg. Die Engländer suchen jetzt die Buren durch Verheißung weitgehender Selbständigkeit zu locken. Wann diese Selbständigkeit eintreten soll, da» be halten sie klugerweise für sich. Im englischen Unterhaus« hat Chambrrlain mitgetheilt, er habe sich bezüglich des Hauptpunkte» der künftigen Regelung der südafrikanischen Verhältnisse mit Kanada und den australischen Kolonien in» Ein vernehmen gesetzt. Die britische Regierung und diese Länder seien sich völlig darüber einig, daß die südafrikanischen Gebiete annektiert und dort eine von Militärgewalt unterstützte Regierung eingesetzt werden müsse und daß al» endgültiger Zustand für beide Kolonien die repräsentative Selbstregierung in Aussicht zu nehmen sei. (Beifall.) Vom Kriegsschauplätze selbst wird dem Londoner „Daily Telegraph" aus Pretoria vom 5. August gemeldet: Kleine Burenabtheilungen bedrängen die Briten von allen Seiten infolge des Rückzugs der Garnison von Spring». Die Buren haben diesen durch seine Kohlenproduktion wichtigen Platz im östlichen Randgebiet wieder beicht. Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bur." hat sich die Stadt Harrismith im Oranjestaat dem englischen General Macdonald ergeben; da durch wird die Eisenbahnverbindung nach Natal wicderhergestrllt. Ein heftiges Gefecht begann am 5. August am ElandS-River und dauerte am 6. August fort. Näheres melden die englischen Berichte nicht, jedoch glaubt man auf englischer Seite, daß e» den Generalen Carrington und Jan Hamilton gelungen sei, die von den Buren be lagerte Garnison von Rustenburg zu entsetzen, und daß diese Garnison sich nach Zeerust zurückziehe. Sogar auf britischem Gebiete fühlen sich die Engländer vor den Angriffen der Buren noch nicht sicher. Reuter in London meldet, daß in Vryburg am Sonnabend große Erregung herrschte. Die Stadtwache wurde einberufen und e» trafen militärische Verstärkungen ein; auch sonst wurde Alles für einen Angriff der Buren vorbereitet. Vryburg aber liegt außer halb Transvaal» und westlich von dessen Grenze. Eine sehr bedenkliche Niederlage der Engländer meldet der englische Feldmarschall Lord Roberts aus Pretoria vom 7. August: „Ich fürchte, die englische Garnison von ElandSriver unter Oberst leutnant Hoare ist nach einem zehntägigen Widerstande gefangen genommen worden. Al der Burengrneral Drlarey erfuhr, Hamilton rücke auf Rustenburg vor und er, Delarry, habe keine Aussicht, Baden-Powell gelangen zu nehmen, wandte er sich in aller Eile nach ElandSriver. Hamilton meldet: Do» Feuer, offenbar in der Richtung au» ElandSriver, hat gestern nachgelassen. Oberst Hoare ist gefangen genommen worden. Hamilton verließ früh Rustenburg, die Truppen Baden-Powell» mit sich führend. Dewet begann gestern den Vaal zu überschreiten. Kitchener befindet sich auf dem Marsche, Um Methuen» Truppen auszusuchen, die am rechten User de» Baalflusse» offenbar mit Dewet» Vorhut zusammen gestoßen find, da Kitchener heute früh Methuen» Geschütze gehört hat." — Nach zehntägigem Widerstand« ge fangen genommen, ohne daß Lord Robert» Helsen konnte! Da» läßt tief blicken. Die Vor gänge ereigneten sich im Westen von Pretoria. Die Ergebung von PrinSloo ist in ihrer Tragweite wie in ihrem Umfang überschätzt worden. Die schimpfliche Niederlage, di« Lord Robert» melden muß, zeigt e». Der Wider stand der Buren ist noch keine»weg» gebrochen. Loui» Botha, Delarry, Christian Botha und Christian Dewet find noch in voller Thätigkeit und mit ihnen immer noch gegen 20,000 Man». Präsident Krüger deickt noch an keine Unter» " > ' ' " werfung, und die Engländer hab« die willw letzte Zufluchtsstätte der Bur«, Lydenburg «ad ZupantSberge, noch nicht erreicht. Wa» sie voll bracht hab«, ist Stückwerk und unficher in seinen Grundlagen. Im Rücken und in den Flanken erstehen ihnen immer wieder dort Schwierigkeiten, wo ste sich bereit» ganz sicher glaubten, und ihr schlimmster Feind, Fieber und Ermattung, ruht nicht. Wer die langen Listen der verwundeten, Gefallenen, Erkrankten, Ge storbenen und — immer noch — der vermißten Tag für Tag in den englischen Zeitungen ver folgt, gewinnt doch die Vorstellung, daß dieser Krieg der englischen Macht geradezu furchtbare Wunden schlägt. Dazu kommt der steigend« Rassenhaß, da» Mißtrauen, mit dem Engländer und Afrikander einander gegenüberstehen, da» unlös bare Problem, da» sich im Kap-Parlament auf baut, die Verwüstung und Verarmung eine» Landes, da» darauf angewiesen ist, seine Nahrung durch Ackerbau und Viehzucht zu finden, da doch seine Aecker verwüstet und seine Weiden zertreten und niedergebraant sind, endlich die furchtbaren Kosten de» Kriege», die, wie Sir Harcourt jüngst im Parlamente nachwie», nicht 60, sondern über 80 Millionen Pfund, 1600 Millionen Mark betragen. Und bei alledem be ginnt, wenn auch zaghaft, die dem ungerechten Kriege und der mörderischen imperialistischen Politik feindselige Meinung der besten Männer Englands allmählich zu Wort zu kommen und in Hinblick auf die weit wichtigere chinesische Frage, auf drohende Möglichkeiten der Zukunft in Indien die bange Frage auszuwerfen, ob denn auch England all' diesen gleichzeitig anstürmenden Fährlichteiten gewachsen sei? Lord Roseberry hat am letzten Freitag den Angriff gegen da» Ministerium nochmals ausgenommen, und er so wenig wie Harcourt konnten widerlegt werden. Da» Ministerium Salisbury hat zwar seine ziffernmäßige Majorität und kann so durch jede Abstimmung beweisen, daß e» im Recht ist; aber Abstimmungen können auf die Dauer stichhaltige Gründe nicht ersetzen, und die eine Thatsache bleibt, daß England seine jetzige Lage al« eine tiefe Demüthiguug empfindet. Das Schlimmste für England aber ist wohl, daß, selbst wenn e» gelingen sollte, dem afrikanischen Kriege ein Ende zu machen, und alle Buren wirklich die Waffen strecken sollten, da» Ergebniß diese» Erfolge» keineswegs jene Steigerung der nationalen Kraft sein kann, die sonst al» Folge einer siegreich durchgesührten großen Anstrengung einzutreten pflegt. Abgesehen von der Nothwendigkeit, eine starke Kriegsmacht auf Jahre hinaus in Süd afrika zu unterhalten und so finanziell wie politisch die Kraft de« Landes an einen Punkt zu binden, ist die Summe der Strapazen diese» in der Kriegsgeschichte Englands durch die lange Reihe seiner Mißerfolge unerhörten Kriege» so groß gewesen, daß e« sehr zweifelhaft erscheint, ob die Armee Lord Robert» überhaupt noch für einen anderen Kriegsschauplatz in absehbarer Zeit verwendbar sein wird. Alles Unrecht straft sich, — auch das schwere Unrecht, das die britische Weltmacht gegen das kleine Volk der Burrn begangen hat. Der Krieg mit China. Die Schlacht, die am Sonntag unweit Tientsin den Chinesen geliefert worben ist, um den Vormarsch möglich zu machen, hat offenbar nicht den gewünschten Erfolg erzielt. Die Schwierigkeiten eine» solchen Kampfe» erklären sich aus Nachrichten, die von dem amerikanischen General Chaffee als Telegramm aus Tientsin in Washington eingetroffen sind: „Am 3. August wurde in einer Konferenz beschlossen, am Sonn tag eine Schlacht zu liefern. Die Chinesen sind in Pritsang und östlich und westlich davon ver schanzt. Der Rest der Chinesen wird durch die Urberfluthungen von Grund und Boden gedeckt und thatfächlich unangreifbar. Die Japaner, die Engländer und Amerikaner griffen in Stärke von 10,000 Mann westlich vom Flusse den rechten Flügel der Chinesen in der Flanke an, die anderen Truppenkörper, Franzosen und Russen, gingen in Stärke von etwa 4000 Mann auf der entgegengesetzten Seite zwischen dem Flusse und der Bahnlinie vor. Die Stellung der Chinesen ist anscheinend stark. Eia chinesisches Heer von angeblich 30,000 Maua befindet sich in Peitsang («ine der nächsten Stationen von Tientsin an der Bahn nach Peking) und in Uasgthfu (da» noch weiter nach Peking zu liegt) oder am lieber- gange der Straße über den Peiho. Die ame rikanischen Streitkräfte belauf« sich anf etwa 2000 Mann mit einer Batterie. Da» 6. Kaval- ! lerie-Reaimeut bleibt in Tientsin zu« Schutz > der Stadt, bi» Pferd« eintrrffm."