Volltext Seite (XML)
1GGO Drahtnachrichten u. letzte Meldungen. Berlin, 24 Juli. Der Staatssekretär des Aeußern, StaatSminister Graf Bülow, begiebt sich morgen zum Bortrage bei Sr. Majestät dem Kaiser nach Bremerhaven. Dortmund, 2b. Juli. NachtS zwei Uhr fuhr auf der Station Camen der Schnellzug auf einen dort haltenden Güterzug auf. Der Lokomotivführer und der Heizer de» Schnellzuges t'ödt, der Zugführer und Packmeister schwer, fünf Reisende leicht verletzt. Der Materialschaden ist bedeutend. Paris, 24. Juli. Der Minister des Aeußern, Delcafsö, erhielt von dem französischen Generalkonsul in Shanghai ein von gestern Abend 6 Uhr 20 Min. datirteS Telegramm, da besagt, Li-Hung-Tschang habe ihm (dem General konsul) die Versicherung gegeben, daß der Ge sandte Pichon lebe. Li-tzung-Tschang habe ein gewilligt, «n Pichon eine Botschaft zu über mitteln, und habe b Tage Zeit für die Antwort gefordert. Paris, 25. Juli. Die Blätter meinen in Bezug auf die Depesche des französischen General konsuls in Shanghai, die das Versprechen Li-Hung-Tschang» enthält, nächsten« eine Ant wort des Gesandten Pichon zu übermitteln, daß dieselbe nur zum Theil beruhigend sei. Der „Figaro- bemerkt, wenn die Gesandten im Be griff seien, nach Tientsin abzureisen, so würden sie sicher in der Lage sein, eine Nachricht von sich zu geben. Paris, 2b. Juli. Gestern Abend brach ein Brand im Trocadero im Kellerraum des AuSstellungSpavisionS von Guayana aus, wodurch ziemlich bedeutender Schaden entstand. London, 2b. Juli. „Daily NewS" melden auS Lourenyo Marques von vorgestern: Der Kommandant der Buren in Komatiport, Lombard, wurde an der Grenze de« SwasilandeS von einer englischen Patrouille getödtet. — Die „Times- melden vom 22. auS Waterwal: General Clery marschirte heute gegen Waterwal. Auf dem linken englischen Flügel sand ein Plänklergefecht mit einer beträchtlichen Anzahl von Buren statt. — Wie die Blätter von gestern au« Kapstadt melden, hatte die Carrington- Rhodrsialtruppe da» erste Gefecht mit dem Feinde. Sie griff die Burenstellung am Selou» - Flusse an und nahm dieselbe nach heftigem Gefecht im Sturm. Die Engländer hatten 4 Todt« und IS Verwundete. Die Verluste der Buren sind schwer. Kapstadt, 24. Juli. Die gesetzgebende Versammlung begann heute die verathung de» Antrag«» Merriwan, der die Abschaffung de» Krirg»rath» in bestimmte« Distrikten der Kolonie fordert. Der Attorney-General Jane» trat dafür «in, daß der KriegSrath so lange, al» nothwendig sei, aufrecht erhalten werden müsse. Der bi», herige Attorney-General Salomon stimmte Jane» zu. Die Debatte wurde vertagt. London, 2b. Juli. „Daily Expreß- meldet au» Hongkong vom 24. d.: Am letzten Sonntag fand beim Besinn de» Gottesdienste» in der hiesiaen Baptistenkaprlle in einem anliegenden Hause eine heftige Explosion statt. Die in der Kapelle Anwesenden blieben unversehrt. Die Chinesen behaupten, die Explosion sei einem un- glücklichen Zusall zuzaschreiben, haben aber ver sprochen, daß der Eigenthümer de» Hause» hin gerichtet werden soll. London, 2b. Juli. Dem „Daily Telegraph- wird au» Tokio von vorgestern gemeldet : Da» im Jahre 189b geschaffene Eisenbahnbataillon ist ont einer Abtheilung Kuli» und Artillerie nach China abgegangen. — Dem „Standard- wird au» Tschifü von vorgestern gemeldet: Eine hier au» Peking eingetroffene, vom 10. datierte Nachricht besagt: Die in der englischen Ge sandtschaft befindlichen Ausländer bedürfen dringend de» Entsätze», unter ihnen herrschen Krankheiten. Die chinesischen Truppen halten die Belagerung noch aufrecht. — Die „ Times - meldet au» Hongkong von vorgestern: Bevor Li-Hung-Tschang nach dem Norden abreiste, nahm er den Befehl zurück, daß die Schwarz flaggen nach Peking marschierten. Die Schwarz flaggen lagern jetzt außerhalb Canton und werden von dem stellvertretenden Bizekönig über wacht, der für die Sicherheit der Fremden in der Niederlassung Garantie übernahm. London, 2b. Juli. Der „Time»- wird au» Shanghai vom 23. d. von ihrem dortigen Korre spondenten gemeldet, daß er mit Li-Hung-Tschang eine Unterredung hatte, in der dieser erklärte, wenn die Mandschupartei sich nicht de» schreck lichen Verbrechen», nämlich der Ermordung de» Gesandten schuldig gemacht hätte, so würde er sich unter allen Umständen weigern, die Unter handlungen zu übernehmen. Li-Hung-Tschang fügte hinzu, die Absicht de« Tsungli-Uamen sei jetzt, die Kaiserin zu bitten, zunächst den Gesandt schaften Nahrungsmittel zu senden, dann Vor kehrungen zu treffen, um die Gesandten unter Begleitung eine» General» nach Tientsin zu senden. Der Kampf in Peking habe aufgehört und die fremden Truppen hätten eine Stellung südlich der Auho - Brücke inne, während die Truppen von Tangfuhstang auf der Nordseite ständen. Bezüglich der Grundlage der geplanten Unterhandlungen sagte Li-Hung-Tschang, China- Finanzlage würde dem Lande nicht gestatten, eine Entschädigung zu zahlen, und da» Volk würde niemals weitere Gebietsabtretungen zulassen. Er sei der Ansicht, daß die Mächte sich damit einverstanden erllären sollten, wenn man ihnen Versicherungen gebe, daß die Verwaltung reformiert wird und die für die jetzige Krisi» verantwortlichen Beamten abgrsrtzt werde«. Ein Vertrauensmann Li-Hung-Tschang» au» seiner Umgebung erklärte, Li-Hung-Tschang werde sich nicht nach dem Norden begeben, bi» er überzeugt sei, daß, die Kaiserin Wittwe die Thorheit der bisher befolgten Politik eingrsehen und sich die Erfordernisse der jetzigen Sachlage klar gemacht habe. Washington, 24. Juli. (Reutrrmeldung.) Die Botschaft, welche der Kaiser von China an den Präsidenten Mae Kinley hat gelangen lassen, ist im allgemeinen in denselben Ausdrücken ge halten, wie die Botschaft an den deutschen Kaiser. Präsident Mac Kinley hat gestern auf die Bot schaft Folgende- erwidert: Ich bin erfreut, zu erfahren, daß Tw. Majestät anerkennt, daß die amerikanische Regierung und da- amerikanische Volk nicht- weiter von China wollen, al» was recht und billig ist. Die Truppen sind gelandet worden, um die Gesandtschaften au- schwerer Gefahr zu befreien und Leben und Eigenthum dec im Einklang mit den vertragsmäßigen Rechten sich in China aufhaltenden Amerikaner zu schützen, «u- Ew. Majestät Brief geht hervor, daß bö». willige Menschen, die den Freiherr« v. Kettrler ermordet und die Gesandten in Peking belagert haben, sich im Aufstande gegen die kaiserlichen Behörden befinden. Wenn die» der Fall ist, so lege ich E». Majestät nahe, ersten», öffentlich zu erllären, ob di« fremden Gesandten noch leben und in welcher Laae sie sich befinden; zweiten», de« Diplomat« sofort freie verbiudung mit ihren Regierungen zu gewähren und all« «e- fahren für ihr Leben und ihre Freiheit zu be- seinen und dritten», die kaiserlichen Behörden in China mit der Entsatzexpedition in Verbindung treten zu lassen, um «iae Operation zum Schutze der Ausländer und zur Wiederherstellung der Ord nung herbeizuführen. Wenn dies« drei Punkte znge» kurzer Zeit wieder au-, unt den Ausdruck eine» unsrer liebenswürdigen Reisegefährten auf der offiziellen Festfahrt nach Jerusalem zu gebrauchen, „wie die Kümmeltürkm". So oft wir un» auch in dem schön eingerichteten Waschraum unseres SchnellzugwagenS Gesicht und Hände wuschen, bald waren wir wieder von Staub und Ruß bedeckt und ebenso alles, das man angriff. Trotzdem war man nicht einen Augenblick müde. Immer wieder gab eS etwas Neues zu sehen oder zu hören. Wir fuhren über Aachen, BervierS, der Grenzstation von Belgien, Jeumont, der Grenz station von Frankreich, dann aber nicht über St. Quentin, wo wir unserer tapferen Garde- reiter gedenken wollten, die dort unter General von Gäben am 19. Januar 1870 die Franzosen unter General Faidherbe mit geschlagen, sondern über Laon, wo ein Theil unserer deutschen Brüder bei der Einnahme der Festungen die Luft gesprengt worden war, und St. Denis nach Paris, also durch einen großen Theil von Belgien und Nordfrankreich hindurch. Welch' eine Fülle von geschichtlichen Erinnerungen weckt allein Aachen mit seinem Dom, den Karl der Große erbaut und in dem er einst seine Ruhe stätte gefunden hatte, bis er vom Papst heilig gesprochen und seine Gebeine als Reliquien eines Heiligen nicht aus Bosheit, wie die Gebeine anderer deutscher Kaiser durch die Franzosen, sondern auS falschgerichteter Frömmigkeit in alle vier Winde zerstreut wurden. Dazu ist die Gegend meist sehr anmuthig. „Ganz wie bei uns- sagten wir immer. Die Ernte war auch in den Rheinlanden, wie in Belgien und Nord frankreich noch nicht weiter als im Elbthal, ja zum Theil noch lange nicht so weit. Meist war man noch mit der Heuernte beschäftigt. Korn, Weizen und Gerste standen durchgängig sehr schön, Hafer hatte in Frankreich, wo es nicht so viel geregnet hat, wie bei uns, stellenweise durch die Hitze sehr gelitten. Der Wald ist durch gängig Laubwald, Kiefern und Fichten fehlen fast ganz Welche Bedeutung die vom Kaiser so be günstigten Kanäle haben, sahen wir an den mit allerhand Schiffen bedeckten französischen und belgischen Kanälen und sagten uns: Der Kaiser hat doch Recht! Große Strecken Land, beson ders auf den größeren Gütern, waren auch, wie in der Halle-Magdeburger Gegend, mit Zucker rüben bebaut, was ausländische Zufuhr von Brotfrüchten nöthig macht. Merkwürdig sind in den Rheinlanden, wie in Belgien und Frankreich, die zweirädrigen Karren mit je einem Pferde be spannt; ist die Ladung schwerer, so werden noch 1, 2, ja 3 Pferde vorgespannt. So wird auch die Ernte eingebracht. Hochentwickelt erscheint auch schon bei der blosen Durchfahrt die In dustrie, besonders in Belgien, die Arbeiter bevölkerung aber steht sichtlich auf einem nied rigeren Standpunkt als bei uns. Bei uns herrscht, ich will nicht untersuchen aus welchen Gründen, unzweifelhaft auch unter den Arbeitern an der Eisenbahn, auf den Feldern, in den Fabriken weit mehr Reinlichkeit, Ordnung, Wohlbefinden, ob auch Zufriedenheit will ich nicht sagen. — Auch unter unseren Reisegenossen fanden wir sehr liebe Leute. Schon bei unserer Abfahrt in Köln wurde uns die Theilnehmer-Liste an der Stangen'schen Reise nach Paris in die Hand gegeben. Es sind durchweg sehr freundliche Herren, auch ein katholischer Pfarrer aus Oppen dorf in Schlesien, der schon mehrmals in Frank reich gewesen ist und von Paris noch nach der Schweiz reisen will. Auch Herr Geh. Rath Wedding aus Berlin, der nächste Woche 400 deutsche Studenten der technischen Hochschulen durch die Weltausstellung führen soll, war mit seinem Assistenten und 2 Fräulein Töchtern, die ihn begleiteten, mit in unserem Zuge. Wir selbst waren in unserem Abtheil nur noch mit einer amerikanischen Familie, einem Herrn und zwei Damen zusammen, die, obwohl sie uns erst unsere schon belegten Eckplätze weggenommen und erst durch einen der Herren Vertreter Stangen», den ich schon bei der Kaiserfahrt kennen gelernt hatte, darauf aufmerksam gemacht werden mußten, daß die Plätze belegt seien , doch nach anfänglicher Kühle bald sehr freundlich und mittheilsam wurden. Der Herr war Banauier auS Chicago und trug den echt deutschen Namen Arndt, da .er von Deutschen abstammte, die in der Gegend von Halberstadt gelebt hatten. Viel Spaß hatte e» ihm und dm Damen gemacht, daß sie in Bonn im Hotel „Vater Arndt- gewohnt hatten. Sie waren auf der bei den Amerikanern so beliebten ^»Tour durch Europa- und hatten schon ganz Italien, die Schweiz, Deutschland gesehen und wollten nach 14 Tagm, die sie in Pari» bleiben wollten, wieder heim nach Amerika. Wir werden sie in gutem Andenken behalten. Obwohl auf diese Weise die Zeit rasch verging, warm wir doch froh, al« wir etwa 10 Minuten vor SUHr hörten, der Eifelthurm sei zu sehen. Wie wir vor Kairo an die Fenster stürzten , um die Pyramiden, das Wahrzeichen de- alte« Egypten zu sehen, so hier dm Eifclthurm, das Wahr zeichen deS modernen Frankreich. Die Pyramiden, von denen bOOO Jahre auf u«S herabsahen, stehen heute noch unerschütterlich und majestätisch, so wie die alten Pharaonen sie hingesetzt. Der Eifelthurm soll schon jetzt nach kaum mehr als lOjährigem Bestehen baufällig sein und, wie man hört, wenigstens zur Hälfte wieder abgetragen werden. Das ist der Unterschied zwischen der alten und der neuen Ze t, dem Gteinbau und der von Bielen so gepriesenen „Eisenkonstruktton-. Nachdem wir den Staub der Reise nicht blos von den Füßen geschüttelt, sondern gründ lich mit Wasser vertrieben hatten, bekamen wir ein ausgezeichnetes Abendbrot, das um so vor trefflicher schmeckte, als wir auf der ganzen elf stündigen Fahrt nichts als Semmel und Wurst, ein wenig Bier und viel Wasser getrunken hatten, da es keinen Speisewagen und auf den wenigen Stationen, wo unser Extrazug Wasser einnahm, keine Restauration gab. Nach dem Abendbrot sind wir noch mit 2 jüngeren Reisegenossen aus Baiem, die über Straßburg bereits zu Mittag angekommen waren und sich bereits recht gut umaesehen hatten, den Boulevard des Italiens, an oem unser Hotel liegt, bis zum Place de la Concorde gegangen, haben den Emgang zur Ausstellung und den Eifelthurm in elektrischer Beleuchtung und das Leben, das bis Mitternacht auf den Straßen von Paris herrscht, mit eigenen Augen gesehen und können nur sagen: „Feen haft!- Doch darüber morgen mehr.