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78. treten; die Aufnahme von kriegsmäßigen Bor» rSthen an Proviant und Munition, Material und Jnventarien seitens des Geschwaders ist in den letzten Tagen mit Hochdruck betrieben worden. Ueber den Zeitpunkt de- Abganges der nach China bestimmten gemischten Brigade ist noch nichts bestimmt. Unterdessen wird von der Fahrt der Lloyddampfer „Wittekind" und „Frankfurt" mit den beiden Seebataillonen an Bord gemeldet, daß dieselben am 5. Juli, Bormittag» 9 Uhr, die der äußersten Westküste Frankreichs vorgelagerte Insel Quessant passirt hätten. Da» Befinden Sr. Majestät des Königs von Sachsen hat sich erfreulicher Weise noch weiterhin gebessert, doch muß sich der hohe Herr noch immer Schonung auferlegen. König Albert sah sich daber auch nicht im Stande, die Hul digung de» FestzugeS zum 13. deutschen Bundes» schießen in Dresden persönlich entgegenzunehmeu, wie dies ursprünglich geplant war; rS vertrat daher Se. königl. Hoheit Prinz Georg seinen königlichen Bruder hierbei. Die Direktion der Homburg-Amerika. Linie hat dem Kaiser angezeigt, daß sie ihren Dampfer „Savoia", der für den 7. Juli in Hongkong fällig war, nach Dokohama be ordert habe, damit er dort als Hospitalschiff eingerichtet und dann dem deutschen Geschwader» commandanten in Taku zur Verfügung gestellt werde. Der Kaiser telegraphirte der Direktion zurück, daß er dies Anerbieten, welches einen neuen Beweis von der die Hamburg-Amerika-Linie auSzeichnenden patriotischen Gesinnung bilde, mit lebhaftem Dank annehme; er werde dem Chef des KreuzergeschwadrrS die erforderlichen Befehle zugehen lassen. Die von vielen Seiten geforderte Ein berufung de« Reichstages in Hinblick auf die Ereignisse in China ist nach Andeutungen von Berliner offiziöser Seite nicht wahrscheinlich. Indessen möchte e» doch mindesten» noch dahin» gestellt bleiben, ob man an maßgebender Stelle wirklich zu der Entschließung gelangen wird, den Reichstag nicht einzuberufen, denn die verbündeten Regierungen könnten immerhin leicht in die Lage kommen, sich wegen der Vorgänge im fernen Osten an die parlamentarische Vertretung der Nation wenden zu müssen. JedeUfallS ist e» bemerkenSwerth, daß der Staatssekretär des Inneren, Graf PosadowSky, den Antritt seines ihm vom Kaiser bewilligten und am 3. Juli be gonnenen Sommerurlaubes bis auf Weitere- ver schoben hat. Die nationalistische Partei in Frankreich führt ihren Feldzug gegen die Regierung «egen der Demission des Generalissimus Jamont und de« Generalstabschef« Delanne weiter. Die nationalistischen Mitglieder des Pariser GemeinderatheS unterzeichneten im Namen ihrer Wähler einen Protest gegen die Maßnahmen, welche die beiden Generäle zu ihrem Rücktritt nöthigten. Der finländische Senat hat nunmehr das Rescript des Zaren über die Einführung der russischen Sprache in Finland, soweit eS sich um die höheren BerwaltungSposten handelt, ver öffentlicht. In der Mandschurei sind aufrührerische Banden aufgetaucht und haben die dortige von den Russen gebaute und verwaltete Eisenbahn an mehreren Punkten zerstört; eS wurden Maß nahmen zum Schutze der Bahnlinie angeordnet. Generalleutnant Niedermüller ist von Petersburg nach Stretin» im TranSbeikal- gebiet mit besonderen Vollmachten de» Kriegs minister» abgereist, um den Oberbefehl über die in Ostsibirien befindlichen und nach der chinesischen Grenze bestimmten Truppen zu übernehmen. Die japanische Regierung hat auf eine bezügliche Anfrage beim Petersburger Kabinett die Antwort erhalten, daß Rußland der geplanten Entsendung japanischer Truppen zur Hilfeleistung für die Ausländer in Peking zustimme. Wie eine der japanischen Gesandtschaft in Washington zugegangenen amtliche Depesche au» Tokio besagt, wird Japan eine gemischte Division nach China schicken, womit die Sesammt- stärke der dort befindlichen japanischen Truppen «ine Erhöhung auf 20,000 Mann erfährt. — Leider kommt nur diese Maßnahme für die Rettung der Ausländer in Peking zweifellos zu spät. * Berlin, 8. Juli. Di« „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Ein englische- Blatt meldet, daß der Kaiser den diesjährigen Regatten in ToweS beiwohnen werde, und giebt sogar eia Programm für de» Aufenthalt Seiner Der süchfifche Erzckhler. Sette » LOGG Majestät in England an. Diese Nachricht ist falsch. Se. Majestät der Kaiser wird den Regatten in Cowes nicht beiwohnen. * Kiel, 8. Juli. Se. Majestät der Kaiser arbeitete gestern Nachmittag mit dem Vertreter des Auswärtigen Amt« Fürsten Eulenburg und erledigte später Regierungsgeschäfte. Heute früh fand auf der „Hohenzollern" Gottesdienst und Besichtigung der Besatzung der „Hohenzollern" durch Se. Majestät den Kaiser statt. Der Kaiser wird sich Vormittag« 11'/, Uhr auf da» Flagg schiff „Kurfürst Friedrich Wilhelm" begeben. Hannover, 7. Juli. Bei der Reichstag«- ersatzwahl im Wahlkreise Einbeck-Northeim wurden, dem „Hannov. Kurier" zufolge, im Tanzen 14,629 Stimmen abgegeben. Davon erhielten: Zorn» (nat.-lib.) 5282, Fischer (Soz.) 3626, Lüder» (Bund der Landw.) 3559, v. Hake (Welfe) 2162 Stimmen. Zwischen den beiden ersteren hat mithin Stichwahl stattzufinden; die selbe ist auf den 16. Juli angesetzt. * München, 8. Juli. Se. Königliche Hoheit Prinz Joachim Albrecht von Preußen, Vertreter Sr. Majestät des Kaiser» bei der Hochzeitsfeier de« Prinzen Rupprecht, ist heute früh hier ein getroffen. Zum Empfange aus dem Bahnhof waren erschienen Prinz-Regent Luitpold, alle hier weilenden Prinzen, der preußische Gesandte mit den Herren der Gesandtschaft, die Minister Frhr. v. Crailsheim und v. Asch. Bor dem Perron hatte eine Ehrenkompagnie mit Fahne und Musik Aufstellung genommen. Nach herz lichster Begrüßung begab sich Prinz Joachim Albrecht mit dem Prinz-Regenten im offenen vierspännigen Hofwagen, eSkortirt von einer Schwadron der schweren Reiter, unter den Hoch rufen des zahlreichen Publikums nach der Residenz. * Rom, 7. Juli. Die „Tribuna" meldet, das italienische Expeditionskorps für China werde aus einem Bataillon Infanterie unter Oberst- leutenant Salsa und einem Bataillon Bergsaglieri unter Major Agliardi bestehen. Jede« Bataillon werde etwa 900 Mann stark sein. Dem Expeditions korps werden ferner zwei Abtheilungrn Artillerie mit 8 Nordrnfeldt - Geschützen, eine Abtheilung Genietruppen, ein Lazareth mit 50 Betten und eine Abtheilung Train beigrgeben werden. Den Oberbefehl wird Oberst Garioni führen. * Paris, 7. Juli. Der deutsche Botschafter Fürst Münster ist heute Abend zu dreiwöchigem Kurgebrauche nach Wildbad abgereist. * Paris, 8. Juli. Der internationale LandwirthschaftSkongreß vereinigte sich gestern Abend zu einem großen Schlußbankett, an welchem sämmtliche fremden Delegirten theil- nahmen. Möline dankte letzteren für ihre Mit arbeit und sprach die Hoffnung auS, daß die Weltausstellung überall die Leidenschaften ent waffnen möge, was alle Völker ersehnten. Jean Dupuy brachte einen Trinkspruch auS auf die auswärtigen Delegirten und auf die Oberhäupter der von ihnen vertretenen Staaten. Der deutsche Delegirte v. Arnim trank auf das Gedeihen der französischen Landwirthschaft. * Pari«, 8. Juli. Der „Matin" bestätigt, daß General DoddS endgiltig der Oberbefehl über die nach China bestimmten Landtruppen über tragen worden ist und daß derselbe unverzüglich abreisen wird. * Havre, 8. Juli. Dreitausend der aus ständigen Erdarbeiter veranstalteten eine Kund gebung gegen das Verbot von Ansammlungen durch den Bürgermeister. Sie bewarfen eine dem Bürgermeister gehörige Apotheke mit Steinen. Die Polizei zerstreute die Tumultuanten. Vom Burenkrieg. Noch immer geht der Guerillakrieg in Südafrika ohne eine entscheidende Wendung weiter. Laut einer Depesche de« Feldmarschalls Roberts vom 6. d. M. au» Pretoria warf General Paget die Buren au» ihren starkeu Stellungen bei Pleiterfontein. Präget meldet, daß sich sämmtliche Mitglieder der Regierung de» Orangefreistaates, ausgenommen den Präsi denten Steijn selber und den Generalschatzmeister, in Bethlehem, das zur neuen Hauptstadt des Freistaats auSgerufen worben sei, befänden; Steijn sei wahrscheinlich in die Berge geflohen. General Buller seinerseits meldet, die Eisenbahn bi» Heidelberg sei derart wiederhergestellt, daß die Bahnverbindung zwischen Pretoria und Natal jetzt vollständig sei. Gerüchtweise verlautet, die Buren hätten den General Rundle und einige seiner Offiziere gefangen genommen. * London, 8. Juli. Das Kriegsamt erhielt eine Depesche des Feldmarschalls Roberts au» Pretoria von gestern, nach welcher 800 englisch« Gefangene vom Staatssekretär Reitz über die Grenze von Natal entlaffen wurden und sich jetzt auf dem Wege nach Ladysmith befinden. Offiziere befinden sich nicht unter denselben. Der Krieg mit China. Die Niedermetzlung aller Fremden in Peking ist bisher amtlich nicht bestätigt, aber die Nachricht, daß die Katastrophe bereit» eingetreten, findet bei den Fremden in den chinesischen Hafen städten allenthalben Glauben. „Bereitet Euch vor, da» Schlimmste zu hören", wird von maß gebender Stelle aus Shanghai gemeldet. Ueber da» angebliche Blutbad in Peking liegt folgende Meldung vor: Am 30. Juni oder 1. Juli, al» der Proviant und die Munition der Ausländer in der englischen Gesandtschaft erschöpft waren, wurde, so lauten die Nachrichten auS chinesischen Quellen, da» GesandtschastS- grbäude von Truppm und Boxer» gestürmt. Die Europäer wurden überwältigt nnd nieder gemetzelt und da» Gesandtschaftsgebäude in Brand gesteckt. Unzählige Horden wüthender, sieges trunkener Männer stürzten in den Hofraum der Gesandtschaft durch Breschen in den Mauer». Obwohl viele Chinesen grtödtet wurden, mußten die fremden Truppen schließlich der Uebermacht unterliegen. Die Chinesen fielen wie wilde Bestien auf ihre Beute. Der Hofraum wurde in einen Schlachthof verwandelt. Die Todten und Verwundeten wurden zerhackt, während andere Chinesen mit Triumphgeschrei in da» Innere der Gebäude drangen und dort die gräßliche Blutarbeit vollendeten. ES heißt, die Männer hätten nach Verbrauch der übrigen Munitionen wenigstens so viel Patronen in ihren Revolvern behalten, um im äußersten Noth- falle ihre Frauen und Kinder selbst tödten zu können, damit sie nicht den entsetzlichen Grausam keiten der chinesischen Soldateska preisgegeben würden. Das Konsularkorp» in Shanhai be» füchtrt, daß diese Meldung nur zu wahr ist. Den Londoner Abendblättern wird auS Shanghai gemeldet, in Peking seien, außer den Ausländern, fünftausend zum Christeuthum über getretene Eingeborene von den Kaiserlichen Truppen niedergemetzelt worden. Der Tod des deutschen Gesandten in Peking wird bestätigt durch folgendes Telegramm des deutschen Konsuls in Tientsin vom Sonntag: Ein soeben hier eingetroffenes, vom 20. Juni datiertes authentisches Schreiben des englischen Gesandten in Peking, Sir Claude Macdonald, an den hiesigen englischen Konsul bestätigt, daß der deutsche Gesandte Frhr. v. Ketteler am 20. Juni auf dem Wege nach dem Tsungli-Aamen von chinesischen Soldaten erschossen und sein Begleiter, der Dolmetscher Corde«, gefährlich verwundet ist. Nach der Annahme de« englischen Gesandten ist Frhr. v. Ketteler auf der Stelle todt ge wesen, doch ist sein Leichnam nicht gefunden worden. Der englische Gesandte Sir. Claude Macdonald befürchtete einen sofortigen Angriff auf die englische Gesandtschaft. Der Aufstand gewinnt immer weitere Aus dehnung. Die südliche Mandschurei befindet sich im Aufruhr, das Kohlenwerk bei Mukden, die Eisenbahn nach Niutschuang und die Telegraphen linien sind zerstört. Telegramme von Port Arthur gehen über Tschifu. Der Konsul der Vereinigten Staaten in Shanhai leleqraphiert unter dem 5. d. MtS.: Die Aufstandsbewegung dehnt sich aus. Wenn die Verbündeten im Norden Niederlagen erleiden sollte», werden die Unruhen sich aus Central- und Südchtna auS- dehnen und die Ausweisung und Ermordung der Ausländer im Innern, sowie die Vernichtung des Handel» zur Folge haben. Eine starke Streit macht ist erforderlich, um die Bicekünige im Norden im Schach zu halten und die Vizeköntge im Süden zu unterstützen. Die fremden Truppenbefehlshaber in Tientsin hatten einen verzweifelten Gewalt marsch auf Peking zur Rettung der dortigen Ausländer geplant. Das Vorhaben mußte aber aufgegeben werden, da «» die sichere Vernichtung der Expeditionstruppen und dann die Nieder- metzelung der fchutzloS in Tientsin zurück gebliebenen weißen Civilpersonen bedeutet hätte. Die Thinefen verüben furchtbare Grausamkeiten gegen die in ihre Hände fallenden Begründeten und verstümmeln sogar die Körper der Gefallenen. Bei Tientsin liegen Tausende der in den dortigen Kämpfen gefallenen Chinesen unbrerdigt auf den Feldern, auch der Peiho von Tientsin bi» Tain schwimmt voller Leichen. Die Frauen und Kinder der Weißen in Tientsin sollen nach Taku gebracht werden, sobald die Reise mit Sicherheit ausgeführt werden kann. Au» Erklärungen der Ausländer in Tientsin erhellt, daß sie ihre Rettung den Russen zu vegan«» habep;