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s» der Kaiser Franz Josef hierbei einige Minuten. Sodann erfolgte die gemeinsame Fahrt der zwei Kaiser im offenen vierspännigen Wogen, vor und hinter welchem die Garde- du Corps ritten, nach dem Refidenzschlosse. Die prächtig geschmückten Einzugsstraßen, in denen Truppen de» Sarde» corps Spalier bildeten, waren von dichtgedrängten Mrnschenmaffen erfüllt, welche den beiden kaiser lichen Freunden unaufhörlich zujubelten. Kaiser Franz Josef war sichtlich gerührt von diesen hauptsächlich ihm geltenden Ovationen, für welche er nach allen Seiten hin dankte. An dem ge waltigen Triumphbogen, der sich am Branden burger Thor« erhob, wurde der Kaiser von Oesterreich vom Oberbürgermeister vr. Kirschner in kurzer Rede Namens der Stadt Berlin ehr erbietig begrüßt, worauf der^kaiser mit einigen huldvollen Worten dankte. Nach der Ankunft im Schlosse wurde der kaiserliche Gast von der Kaiserin Auguste Bictoria und den anwesenden Prinzessinnen begrüßt. Etwa drei Stunden später fand beim Kaiserpaare eine Familienfrüh- stückStofel statt. Noch am Tage seiner Ankunft in Berlin er nannte Kaiser Franz Josef den Kaiser Wilhelm zum General. Feldmarschall in der österreichisch-ungarischen Armee, welcher bemerkenSwerthe Vorgang erneut die Waffenbrüderschaft der letzteren mit dem deut schen Hcere zum Ausdruck bringt. Am Freitag Nachmittag stattete der öster reichische Kaiser den in Berlin anwesenden Mitgliedern der Königlichen Familie und dem Großherzoge und der Großherzogin von Baden Besuche ab und ließ seine Karte beim Reichs kanzler Fürsten Hohenlohe und beim Staats sekretär des Auswärtigen Grasen Bülow ab geben. — Graf GoluchowSki, der im Gefolge seines erlauchten Souveräns mit in Berlin ein getroffene österreichisch-ungarische Minister des Auswärtigen, wurden von Kaiser Wilhelm die Brillanten zum Schwarzen Adler-Orden, welchen höchsten preußischen Orden Graf Goluch owSki bereits besitzt, verliehen. Beim Staats sekretär Grafen Bülow fand am Freitag Nachmittag ein größeres Frühstück statt, an welchem u. A. der Minister Graf GoluchowSki, der Direktor der k. k. CabinettSkanzlei Ritter v Schließ!, der österreichisch-ungarische Botschafter v. Szöchieny-Marich nebst Gemahlin, der CabinettS- chef des Grafen GoluchowSki, v. Mercy, der Reichskanzler Fürst Hohenlohe mit seiner Tochter Prinzessin Elisabeth und noch andere distinguirte Persönlichkeiten theilnahmen. Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe veranstaltete am Sonnabend «ine Frühstückstafel zu Ehren des Ministers Grasen GoluchowSki. Ein besonders auSzeichnender Empfang wurde auch dem Vertreter des Czaren bei der Feier der Großjährigkeitserklärung des deutschen Kron prinzen, dem Großfürsten Constantin Consta ntin owitsch, bei dessen am Freitag Abend erfolgter Ankunft in Berlin zu Theil. Der Kaiser empfing nebst den Prinzen den Großfürsten auf dem Bahnhose, wo eine Ehren compagnie des Kaiser-Alexander-RegimentS mit der Fahne und der RegimentSmusik aufgestellt war. Nach herzlicher gegenseitiger Begrüßung schritten der Kaiser und sein erlauchter russischer Gast die Front der Ehrencompagnie ab, worauf sie zusammen nach dem Schlosse fuhren. Der österreichische Kaiser verlieh dem Staatssekretär des Auswärtigen Grafen Bülow das Großkreuz des St. StefanSordenS. Am Sonnabend früh 7^ Uhr begab sich Kaiser Wilhelm mit dem Kaiser Franz Ioses mittels Sondcrzuges nach dem Truppen übungsplatz in Jüterbog.'wo die Majestäten Schießübungen verschiedener Garderegimenter bei wohnten. Am Sonntag Mittag fand im Berliner Residenzschlosse die feierliche Großjährig- keitSrrklärung des deutschen Kron prinzen in Gegenwart einer überaus glänzenden Versammlung hochsürstlicher Gäste statt. Bon Souveränen waren anwesend der Kaiser von Oesterreich, der König von Sachsen, der Groß herzog von Baden nebst der Frau Großherzogin, der Großherzog von Hessen, der Herzog-Regent von Mecklenburg-Schwerin und der Fürst von Waldeck. Die meisten inländischen wie ausländi schen Höfe hatten fürstliche Vertreter entsendet, unter letzteren befanden sich die Kronprinzen von Italien, Belgien und Rumänien, der Großfürst Constantin Eonstantinowitsch, der Herzog von Dork, Prinz Karl von Schweden, Prinz Christian von Dänemark u. f. w. Der Reichstag fuhr auch am Freitag mit der Sprzialberathung der Novelle zur Gewrrbe- Ler sächsische Erzähler Gelt» ». Unfallversicherung fort. Die an diesem Tage erörterten Bestimmungen genannter Vorlage die 88 6, Sa, 6b, 6l, 7 und 7a, wurden, wie schon dir vprhergehenden Paragraphen, unter Ablehnung aller Abänderungsanträge unverändert in der Kommissionsfassung angenommen; die gesammte Debatte verlief durchaus interesselos. Am Schluffe der Sitzung erbat und erhielt der Präsident Gras Ballestrrm die Ermächtigung des Hauses, dem Kaiser und dem Kronprinzen Wilhelm die Glückwünsche des ReichtageS zur Feier der Großjährigkeitserklärung des Kron prinzen aussprechen zu dürfen. Nächste Sitzung Montag. Die Budgetkommission des Reichs tages setzte am Freitag die Berathung deS vom CentrumSabgeordneten Müller-Fulda bean tragten Gesetzentwurfes zur Abänderung des ReichSstemprlsteuergesetzeS, welcher die bekannten Steuervorschläge zur Deckung der Kosten deS FlottengesetzrS enthält, fort. ES handelte sich noch um die Besteuerung der Lotterieloose, bezw. die Erhöhung der Lotleriesteuer, der Schifffahrt»- urkunden und der Schifffahrtskarten. Die Er höhung der LotterielooSsteuer und die Besteuerung der SchiffsahrtSurklindeu gelangten in der Fassung der Müller'schen Anträge zur Annahme, dagegen wurde die beantragte Besteuerung auch der Schifffahrtskarten mit 12 gegen 11 Stimmen abgelehnt. Nächste KommissionSsttzung Dien-tag. Die zur Rh ei »fahrt entsandte deutsche Torpedoboot-Flotille ist in Köln eingetroffen, wo deren Besatzung in mannigfachster Weise von der Bevölkerung und den Behörden ge feiert wird. Der glänzende Empfang deS Kaisers Franz Josef in Berlin hat in weiten Kreisen Oesterreich-UngarnS einen tiefen Eindruck gemacht. In der Freitagssitzung des Wiener Gemrinde- ratheS machte Oberbürgermeister vr. Lueger die offizielle Mittheilung von diesem Empfang und betonte, die Wiener Stadtoertretung begrüße dieses Errigniß mit außerordentlicher Freude. Die GemeindrrathSmitglieder hörten die Mit- theilung deS Oberbürgermeister« stehend an und ermächngen ihn, die Berliner Stadtvertreter von diesen freudigen Gefühlen deS Wiener Gemeinde- ratheS in Kenntniß zu setzen. Im Uebrigen drücken auch die Wiener und Pester Blätter ihre lebhafte Genugthuung über den großartigen Empfang des Kaisers in Berlin auS. Die nach Beendigung ihres Besuches auf holländischem Boden nach Amerika abgereiste außerordentliche Gesandtschaft der Buren- Republiken hat bei ihrer Abreise eine Erklärung an das amerikanische Volk veröffentlicht, in welcher betont wird, die Gesandtschaft komme nach Amerika, um Regierung und Volk um Intervention zur Wiederherstellung des Friedens in Südafrika zu bitten. In dem Manifest wird wiederholt Bezug auf den siegreichen Unabhängig. keitSkampf der Nordamerikaner gegen England genommen. Der Bauernaufstand, welcher in mehreren Bezirken Rumäniens infolge der drückenden neuen Zehntsteurr ausgebrochen ist, scheint nicht unbedenklicher Natur zu sein. Die Regierung mußte Truppen gegen die rebellischen Bauern entsenden und außerdem über die Distrikte Tirnowo, Rustschuk, Sistowo, Raygrad und Gorna-Oreschovitze den kleinen Belagerungszustand verhängen. Die Sensationsnachricht von der angeblichen Ermordung der österreichischen Consuln in UeSkueb und Prizrend (Albanien) stellt sich als unbegründet heraus. Im englischen Ober Hause kam am Freitag die Veröffentlichung der bekannten Depeschen de» Feldmarschalls Roberts über die Kämpfe am SpionSkop, durch welche Depeschen Buller, Warren und noch andere Generäle so bedenklich bloßgestellt wurden, zur Sprache. Die Redner der Opposition tadelte« dies Vorgehen Robert»', welches der KrirgSminister Marquis of Londonderry zu entschuldigen suchte. Ein von der Opposition gegen den KrirgSminister wegen der Veröffent lichung dieser Depeschen gestellter förmlicher Tadelsantrag wurde indessen mit 21ö gegen 116 Stimmen abgrlehnt. Die längst erwartete Enthebung de» Generals OtiS von seinem Posten al» Ober befehlshaber der amerikanischen Streitkräfte auf den Philippinen, ist nunmehr erfolgt. Zum Nachfolger OtiS' auf diesem heiklen Posten wurde General Mac Arthur, welcher verhältniß- mäßig noch die meisten Erfolge iu den Kämpfen oer Amerikaner gegen die Philippiner davon getragen hat, ernannt. LGGG. * Berlin, 6. Mai. Anläßlich der Groß- jährigkeitSerklärung de» Kronprinzen entwickelte sich von früher Morgenstunde an ein regsames Leben in den Straßen, da» sich alsbald um die Umgebung de» Schlosse» concentrirte, wo auch heute die österreichische und die deutsche Kaiserstandarte flatterten. Jm Schloßhof brachte die Kapelle der Garde-Kürassiere eine Morgen musik. Die Leib-Kompagnie de» ersten Garde- Regiments z. F. rückte mit der Fahne und Musik rin. Bor 11 Uhr kündigte Glockengeläut« den Beginn de« feierlichen Gottesdienste» in der Schloßkapelle an, wo inzwischen die geladenen Herrschaften versammelt waren. Am Altar nahm die Geistlichkeit Platz. Seitlich de» Altar stand der Fahnenträger de» 1. Garde-RegtS.z.F. mit der alten ruhmreichen Fahne de» 1. Batail lon», daneben »wei Offiziere. Link» in den Nischen standen die Mannschaften der Leib-Kom« pagnie mit Gewehr bei Fuß. Link» vor dem Altar hatten sich ausgestellt da» diplomatische Corps, an der Spitze der Reichskanzler, die Bot- schafter (zunächst der italienische und der österr.- ungarische), die Gesandten, ferner die in beson derer Mission entsandten Vertreter fremder Souveräne, die BundeSrathSmitglieder, die fremd ländischen Offiziere, dir Deputationen der fremden und deutschen Regimenter. Link» de» Altar» standen die Ritter deS Schwarzen Adler-OrdeoS, darunter Graf GoluchowSki, weiterhin Generale, Admirale, Minister, der hohe Adel, die KabinettS- chefs, die Umgebung und das Gefolge der aller höchsten und höchsten Herrschaften u. A. Unter großem Bortritt sämmtlichrr Hofchargen und dem Gesänge deS DomchorS traten die Majestäten und die Fürstlichkeiten in die Kapelle. Der Kaiser von Oesterreich führte die Kaiserin, Kaiser Wilhelm die Großherzogin von Baden, der König von Sachsen die Prinzessin Friedrich Leopold, der Kronprinz von Italien die Prinzessin Heinrich, der Großherzog von Baden die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen, der Großherzog von Hessen die Prinzessin Adolf von Schaumburg- Lippe, der Herzog von Dork die Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, Großfürst Constantin die Prinzessin Aribert von Anhalt u. s. w. Hinter dem Kaiser von Oesterreich und Kaiser Wilhelm schritten die jüngsten kaiserlichen Kinder, hinter dem Kronprinzen von Italien »und der Prinzessin Heinrich folgte der Kronprinz. Der Kaiser und der Kronprinz trugen die Uniform de» 1. Garde - RegtS. z. F., der Kaiser von Oesterreich und der König von Sachsen die Uni formen ihrer preußischen Regimenter; alle hatten das Band deS Schwarzen Adlerordens angelegt. Vor dem Altar nahm der Kronprinz zwischen dem Kaiser und der Kaiserin Platz. ES folgten rechts vom Kaiser die Großherzogin von Baden, der König von Sachsen, Prinzessin Friedrich Leopold von Preußen, die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen; links von der Kaiserin der Kaiser von Oesterreich, Prinzessin Heinrich, der Kronprinz von Italien u. s. w. Nach dem Gemeindegrsang sprach Oberhofprediger Dryander über die vom Kaiser bestimmten Bibelworte: „Sei fest, sei ein Mann! Wahre der Huth de» Herrn deines Gottes, daß du wandelst auf seinen Wegen, daß du klug seiest in Allem, was du thust, wo du dich hinwendest." In unserer Zeit, führte Dryander au», seien Männer noth, und Herrscher, die Männer seien. Nach den Tagen der sonnigen Kindheit würden andere Wogen das Lebensschiff deS Kronprinzen umtosen. Wir wünschen eine glückliche Fahrt! Der Kron prinz möge sich halten an dem Telöbniß bet seiner Konfirmation: „Ich schäme mich de» Evangelium» von Christo nicht", endlich möge ' er denken an den Wahlspruch de» Großen Kur fürsten: „?ro äso st xopulo." So möge er den Eid der Treue leisten auf die alte preußische Fahne. Hierauf folgte Chorgesang , Gebet und Gelang der ganzen Gemeinde. Hieran schloß sich unter Begleitung de» Bläserchor» da niederländische Daakgebet. Posaunen schmetterten, Paukenwirbel erdröhnten. Nun folgt« die Ver eidigung. Oberst von Plettenberg vom 1. Garde- Regiment z. F. trat mit der Fahne de» I. Bataillon» vor den Altar und senkte die Fahne, neben ihm traten die General« von Bock und Polach, von Kessel und von Moltte. Nachdem der Kaiser herangetreten war, erhob der Kronprinz die rechte entblößte Hand zu« Eide, indem , er die Linke auf di« Fahne legte. Generaladjutant v. Messen sprach den Fahneneid vor, der Kronprinz sprach ihn mit lantrr Stimm nach. Dann reicht« der Kaffer dem Kronprinzen die Hand, küßte ihn zweimal auf di« Wang«, während der Kronprinz dm Vater die «W küßte. Di« Musik setzt«