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4». Die Vieh- und Fleischzölle und die Fleischpreise. In der Zeit der Vorbereitungen für den neuen Zolltarif und der zu erledigenden Frage drS Schutzes der inländischen Produktion müssen auch die bestehenden Biehzölle und Fleischpreise sich eine kritische Beurtheilung gefallen lassen. Ob, wie die Freihändler behaupten, die Fleisch» preise durchweg um 10 Pfg. pro Pfund durch die Viehzölle gesteigert werden, ist entschieden zweifelhaft, denn es wird ja nicht nur da» ein» geführte Vieh und Fleisch verzollt, sondern in den meisten Städten noch Schlachtsteuer erhoben, di« viel eher den Fleischpreis pro Pfund um 10 Psg. in die Höhe drückt, al» der Grenzzoll. Ferner kann man jedes Jahr im Herbst beobachten, daß rin Massenangebot an Fleisch, da» durch Wild, Geflügel und Fische verstärkt wird, in den größeren Städten die Fleischpreise auch nicht um einen Pfennig billiger gestaltet. Trotzdem Millionen von Hasen, Rehen, Gänsen und Fischen gerade in der Zeit vom 1. Oktober bi» 1. Februar verspeist werden, bleibt der Preis für Rindfleisch derselbe. Da» angeblich so sicher wirkende Gesetz, daß größere» Angebot an Maaren die Preise drücke, bewährt sich hier nicht. Die Klugheit und da» Zusammenhalten der Fleischer sind da dem kaufmännischen Princip über. Auch wird man bei billigen Biehpreisrn meisten» auch nicht eine Spur von einer Ermäßigung der Flrischpreise finden, gehen aber die Biehpreise in die Höhe, so ist bei den Fleischern immer die Neigung zum PrriSaufschlag vorhanden. Vieh zölle und Fleischprrise sind daher nicht ohne Weitere» in glatte Wechselwirkung zu bringen. Immerhin muß man die bestehenden Viehzölle einer Betrachtung unterziehen. Deutschland nimmt von jedem Doppel»Centner frischen Fleisches 20 Ml. und von den meistbegünstigten BertragSländeru 15 Ml. Eingongszoll, vom Schweinefleisch jedoch nur 7 Mk. Der lebende Ochse zahlt 25,50 Mk., der Stier oder die Kuh S Mk., Käse der Doppel»Centner 20 Mk. und bei Meistbegünstigung 15 Mk., Schmalz 10 Mk. und Talg, wobei die Fässer u. s. w. mitgewogen und verzollt werden, 2 Mk. Wenn sonach 200 Pfund frisches Fleisch 20 Mark Zoll zahlen, so wird da» Pfund genau um 10 Psg. versteuert. Wir fürchten nur aus den oben erwähnten Gründen, haß wirklich jedes Pfund Fleisch um 10 Pfg. billiger wird, wenn der Vieh- und Fleischzoll an der Grenze ausgehoben wird. Schließlich kommt bei dem Fleische doch auch die Qualität sehr in Betracht und für Fleisch von gut gemästeten inländischen Thieren kann man pro Pfund auch 10 Pfg. mehr zahlen als für minderwerthige« Fleisch von ausländischen Thieren. So hat speziell der Zoll auf fremde Schweine die deutsche Schweinezucht zu hoher Entwickelung gebracht und die Einfuhr der gering- werthigen fremden Schweine, deren Fleisch Nieman dem schmeckt, unmöglich gemacht. Einer Erhöhung der Vieh« und Fleischzölle kann man aber in Hinblick auf die Ernährung der zahlreichen unbe mittelten Bevölkerung unter keinen Umständen das Wort reden, zumal dadurch auch der sozial demokratischen Propaganda neues Wasser auf die Klappermühle geliefert würde. Deutsches Reich. Karfreitag! Die Passionszeit der Kirche wirst ihre Schatten auch in das Leben der Weltkinder hinein. Größere Ruhe herrscht während der stillen Wochen, dumpfe Glocken laden zu Passionsandachten ein, und in Ver sammlungen ernst gestimmter Christen werden die Stätten, da der Heiland für die Menschheit litt, geschildert. Aber den Höhepunkt der Passion bildet der stille Freitag, der Karfreitag, an dem der reinste und edelste aller Menschen sein unschuldiges Haupt dem Tode zum Opfer bot für seine Brüder. Welch' eine Stimmung muß den Menschen überkommen, der im Geiste mit Jesu» eingezogen ist zu Jerusalem, der mit ihm von Bethphage und Bethanien herkommend, den Oelberg überschritt, sinnend hinabschaute auf den Prachtbau des Tempels von Jerusalem, mit einstimmte in das jauchzende Rufen der Menge: „Hosianna dem Sohne David», gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!" und um ihn war in den Tagen de» Redekampfe» gegen seine Feinde unter den Pharisäern und Schriftgrlehrten. Und dann kam der Abend, an dem er die Seinen zum letzten Male um sich versammelte, der Abend, da Juda» seinen Namen für alle Zeiten zu einem verräthernamrn machte, und die Leidensnacht draußen am Fuße de» Oelberge», da ihn Alle verließen, di« er liebte, bi» auf zwei Jünger. Al» der Morgen de» düstersten aller Freitage anbrach, haben sie ihn dqnn ungerecht gerichtet und einen fürchterlichen Tod ihm be reitet. Bon dem Kreuze aber,, da» ihm zur Schande errichtet war, ging ewiger Segen au» in alle Welt, und die göttliche Gnade strahlt wärmer al» je am Karfreitage hinein in be kümmerte Menfcheuherzen und läßt sie ein fröhliche» Ostern erhoffe«. Der heiligste Tag ist er darum geworden. Da» Treiben der Welt selbst macht Halt an ihm, Vergnügungen und Lustbarkeiten verstummen, ein stiller Ernst geht von ihm au», und selbst die Sage hat ihn schön verklärt. Da» Laub der Espe zittert heftiger zu jener Stunde, da aus Golgatha der Herr verschied; AhaSveru», der ewige Jude, irrt ge ächtet und ruhelos durch die Lande, der Kreuz schnabel aber, dessen Rücken vom Bluthe de» Herrn geröthet wurde, al» da» Vöglein die starken Nägel au» dem Kreuze ziehen wollte, verstummt in seinen heiteren Liedern, die den ganzen Winter hindurch erklangen, tief im Fichten walde, märchenhaft und wunderbar. Se. Maj. der König hat dem BezirkSsekretär Barth bei der AmtShauptmannschaft Flöha da» AlbrechtSkrruz und dem in den Ruhestand ge tretenen Briefträger Ssymank in Dresden da» Allgemeine Ehrenzeichen verliehen. Mit Genehmigung Sr. Maj. des Königs ist der Privatdozent vr. xtnl. HanS Stumme in Leipzig zum etatmäßigen außerordentlichen Pro fessor für Neu-Arabisch und hamitische Sprachen Afrikas in ver Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig ernannt worden. Bischofswerda, 11. April. Der sächsische Radfahrer-Bund, der gegenwärtig circa 3000 Mitglieder zählt, hält am 7., 8. und 9. Juli »o. in Werdau i. S. sein IX. Bundesfest ab. Die Festlichkeiten Vertheilen sich auf die einzelnen Tage wie folgt: Sonnabend, den 7., Nachmittags Bundeshauptversammlung, Abend» Commers mit Theater. Sonntag, den 8., Gemeinsame Tcscl, PreiS-Corso, Gala-Saaliest, Ball. Montag, den 9., Gartenfest, (Volksfest) mit div. Belustigungen, Ball, Feuerwerk und Illumination. Dienstag, den 10., Ausflug per Rad. Die einzelnen Ausschüsse entfalten eine rege Thätigkeit und besteht da» bereit» constituirte Ehrenpräsidium au» den Herren Bürgermeister Sachse, Stadt rath Seidel, Landtagsabgeordneten Stadtrath Herm. Teichmann und Stadtverordneten-Vorsteher Max Teichmann. Die Feststadt ist al» gast freundschaftlich bekannt und dürfte sich daher während diese» Bundesfestes eine» bedeutenden Zuzuges zu erfreuen haben. — Die Höhenangaben auf den sächsischen Bahnhöfen sind bekanntlich nach dem Ostseespiegel bewirkt. Nachdem nun aber in Deutschland für alle Höhenmessungen der Nullpunkt de» Amster- damer Pegels angenommen worden ist, werden auch die Höhenangoben im Bereiche der sächsischen Staatseisenbahnen nach diesem Normal-Null punkt abgeändert, der 2,9 Centimeter über dem Ostseespiegel liegt. — (Salonkrankenwagen.) Von der sächsischen Staatsbahnverwaltung ist kürzlich ein Salonwagen I. Klasse beschafft worden, der sich durch Bequemlichkeit ebenso auszeichnet, wie durch Eleganz. Der Wagen, au» der Nürnberger Wagenbauanstalt hervorgegangen, ist nach dem JntercommunicationSsystem (Seitengang) erbaut, besteht au» drei Abtheilungen und zwar einem Salon und zwei Abtheilen für Begleitung und die Dienerschaft. Er ist hauptsächlich zum Krankentransport bestimmt und besitzt daher auch dementsprechende Einrichtungen, wie Koch- und Kühlapparate, eine Uhr und bequemste Lager stätten. Ganz besondere Sorgfalt hat man auch auf einen ruhigen (stoßfreien) Bang de» Wagen» gelegt. Umschau in der sächs.-preuß. Lausitz und dem Meißner Hochland, 11. April. Durch Feuer wurden vernichtet: Die Papier fabrik zu Helmsdorf; die Gebäude der Beatsche- fchen Wirthschaft zu Buchwalde. — Da» beim Tapezierer Glatze! in Bautzen entstandene Feuer wurde gedämpft, ehe eS größeren Umfang an nahm, dennoch erlitt G. ziemlich herben Schaden. — Der Hausbesitzer Kretzschmar in DürrröhrS- darf ist in dem Dorfbache ertrunken. — Der Kramer Müller in Warnsdorf gab auf seine junge Frau drei Schüsse ab und verletzte sie, doch nur leicht, während er schwere Verletzungen erlitt, al» er die Schußwaffe auf sich selbst richtete. — Ja Schirgiswalde- erhielt der 70jähr. Arbeiter Hänsel da» Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit. — Herrn Hofrath vr. Jakob in Dresden (Sohn de» verstorbenen Pfarrer» Jakob an der St. Michaeliskirche zu Bautzen) wurde Der füchftseye G^Atzke». Sette ». LGGG vom Großherzog zu Mecklenburg da» Ritterkreuz I. El. de» Orden» der „wendischen Krone" ver liehen. — Für den Bau de» wendische» Gefell» schastShause» der „dlaoioa- sind im ersten Quartale 1900 zusammenaekommen 488 Mk. 23 Pfg. — Auf Krakauer Flur bei Königsbrück hat «an ein Kohlenlager gefunden. i Großharthau. Den 1. Osterfeiertag Abend» 8 Uhr wird der hiesige Gesangverein «in Konzert veranstalten. Außer den GesangSvor- trägen vom Männer- und gemischten Chor stad auch verschiedene Humor. Szenen vorbereitet. Insbesondere wird da» zeitgemäße Theaterstück „Burentreue" zur Aufführung gelangen. Endlich sei auch der Streichquintetts besonderer Erwähnung gethan. Hoffentlich belohnt zahl reicher Besuch die nicht geringen Mühen und Opfer. O Uhyst a. T. Trotz de» schlechten Wetter» hatte sich die Vorführung der Bilder „Da» Leben Jesu" regen Zuspruch» zu erfreuen, doch hätte derselbe noch ein größerer sein können. Hoffentlich sind nicht nur die ziemlich hohen Kosten der Vorführung gedeckt worden, sondern ist vielleicht auch noch ein kleiner Ueber- fchuß zu verzeichnen gewesen. Den Veranstaltern aber, wie den bei der Vorführung Mitwirkendrn, welche ihre Kräfte und ihre Zeit dem edlen Zweck umsonst dargebracht haben, ist für diese Darbietung herzlicher Dank zu zollen. Dresden, 10. April. An Allerhöchster Stelle ist gestern dahin Entscheidung getroffen worden, daß Herr Freiherr v. Welck, zur Zeit Kreishauptmann in Zwickau, Leiter der neuen KreiShauptmannschast Chemnitz wird. Ueber die Besetzung der Stelle der KreiShauptmannschast Zwickau ist noch keine Entscheidung getroffen. — In derselben Besprechung wurde auch die Stelle de» Vorsitzenden des obersten VerwaltungS- gerichtShofe» besetzt. Dresden, 10. April. Die heute aus Böhmen eingegangenen Wasserstandsnachrichten melden von der Moldau, Jser und Eger Fall, von der kleinen Elbe dagegen noch schwachen Wuchs. In Melnik ist heute srüh 7 Uhr bei einem Wafferstande von -s- 554 om Stillstand eingetreten, während das Wasser in Leitmeritz von 12 Uhr Mitter nachts bis 7 Uhr früh noch von -s- 534 auf -s- 556 em über Null gestiegen ist. Dec Waffer« stand drt Elbe in Dresden, welcher noch im mäßigen Steigen begriffen ist und gegenwärtig die Höhe von -s- 448 em erreicht hat, wird zwar zunächst noch langsam weiter steigen, voraus sichtlich aber den von. der Hydrographischen LandeSobtheilung zu Prag für Mittwoch früh vorauSgesagten Höchststand von -s- 475 ow nicht überschreiten. Oschatz. Ein Ehepaar, da» ein Menschen alter miteinander gelebt und gewirkt hätte, ist nunmehr auch im Tode vereint. Am 6. April schied der frühere Fuhrwerksbesitzer und nach malige Rentner F. E. Finsterbusch, 85 Jahre alt, au» dem Leben und nur 15 Stunden später, am 7. April, folgte ihm seine Lebensgefährtin Friederike Finsterbusch, geb. Standfuß, 79 Jahre alt, in die Ewigkeit nach. Beiden war e» ver gönnt gewesen, sowohl die silberne, wie auch die goldene Hochzeit, umgeben von einem Kreise glücklicher Kinder, mit einander zu begehen. Die gemeinschaftliche Beerdigung der Entschlafenen fand am Montag statt. Leipzig. Neuer Schrecken erfüllte am Montag Vormittag gegen 11 Uhr die Bewohner der Glockenstraße, al» eine heftige Detonation erfolgte. Eiligst verließen alle Leute die Brand stelle, weil angenommen wurde, daß noch eine Celluloidexplosion erfolgt sei. Indessen ward die Ursache der Detonation bald dahin aufgeklärt, daß in der Jauck'schen Glockengießerei ein Kanonenrohr, welches noch Pulver enthalten hatte, zersprungen war. ES werden dort elf französische Geschütze im Auftrage de» Dresdener Arsenal» geschmolzen. Durch den Luftdruck sprangen die Fenster de» Etablissement». Menschen waren glücklicherweise nicht verletzt und auch die Feuerwehr fand nicht» mehr zu thun, al» sie rasch angekommen war. — Der Feuer mann Däther befindet sich gutem Vernehm« nach außer Lebensgefahr. Die Bevülkeruna steht vollständig unter dem Eindrücke de» gräßlich« Brandunglücke». — Bier Freundinnen der Fabrikarbeiterin Ida Schl, hatten e» unter nommen, die letztere an einer Rivalin derselb« um die Liebe eine» jung« Manne» zu räch«. Die Mädchen lauerte» der Konkurrentin auf und besorgten die Rache an derselben so aründliL daß jede» derselb« mit 14 Ta»« GeWguiß wegen Körperverletzung belegt MvMMWLM