Volltext Seite (XML)
1». v. Kardoff und vr. Hahn zu Vertheidigen, worauf Abg. vr. BrSmel die Thätigkeit der preußischen Centralgenossenschaft-kasse einer sehr herben Kritik unterzog und es hierbei auch an persönlichen Angriffen gegen den zweiten Direktor dieser Anstalt den nationalliberalen Abgeordneten vr. Heiligenstadt, nicht fehlen ließ. Nachdem sich Letzterer gegen die sachlichen wie persönlichen Angriffe drS Vorredner» vertheidigt, sprachen in der weiteren Debatte noch der Reformer Lieber mann v. Sonnenberg, dieser sehr entschieden gegen die Vorlage, Frhr. v. Wangenheim (Bund der Landw.) und vr. Schönlank (Soz.) Am Sonn abend erörterte der Reichstag die Interpellation des Abg. Grafen Kanitz, brtr. die handelspoliti schen Beziehungen zwischen Deutschland und Nordamerika. In der Budgetkommission des Reichstages fanden am Freitag in Fortsetzung der Berathung der Militärvorlage die ersten Abstimmungen statt; hierbei wurden die Forderungen für die Vermehrung der Feldartillerie mit 11 gegen 10 Stimmen, diejenigen für die Vermehrung der Fußartillerie mit 12 gegen 9 Stimmen an genommen. 7 Kommissionsmitglieder fehlten. Die Minderheit bildeten die Vertreter der freisinnigen und der süddeutschen Bolkspartei, der Sozial demokraten und der Polen, sowie bei der ersten Abstimmung die CentrumSabgeordneten Gröber, Müller-Fulda und vr. Lingens; bei der zweiten Abstimmmung schlug sich vr. Lingens zur Mehr heit. Die Budgrtkommission vertagte sich dann bis nächsten Dienstag. Das preußische Abgeordnetenhaus setzte am Donnerstag die tagS vorher begonnene Debatte über' den Mangel an ländlichem Gesinde und landwirthschastlichen Arbeitern im Osten der Monarchie fort. Die Grundlagen hierzu gaben neben der Interpellation Szmula über dieLeute- noth die Anträge Champ und Arend, welche eine Reihe von Maßnahmen zur Linderung dieser Leutenoth Vorschlägen, ab; schließlich mußte die Debatte jedoch abgebrochen werden. Die am 9. Febr. erfolgte öffentliche Zeichnung der aufgelegten neuen Zprozentigrn Anleihen des Reiches und Preußens im Gesammtbetrage von 200 Millionen Mk. hat eine vielfache lieber« Zeichnung des Letzteren ergeben; nur steht die Höhe der Ueberzeichnung ziffermäßig noch nicht genau fest. In Gotha hat am Freitag Vormittag die Beisetzung der Leiche des Erbprinzen Alfred von Coburg-Gotha im Rahmen des hierzu fest gesetzten einfachen Trauer-Ceremoniell in der Gruft der Schloßkirche stattgefunden. Die ge- sammte ernste Feier nahm etwa Stunden in Anspruch. Die französische Deputirtenkammer hat am Freitag die von ihrer Kommission ver worfene Regierungsvorlage, betr. die Abänderung des Revisionsverfahrens vor dem Pariser Kassa tionshose, nach sehr lebhafter Debatte mit 322 gegen 206 Stimmen genehmigt. Mit diesem Kammervotum ist der Kriminalkammer desKassa- sationshofes die Revision im DreyfuSprozeß ge nommen worden, letztere wird nunmehr vor den vereinigten Kammern spielen, was lediglich eine weitere Verschleppung der Entscheidung in der Dreysussache bedeutet. Im Uebrigen beweist die Annahme der Revisionsvorlage seitens der fran zösischen Deputirtenkammer, daß letztere, wie schon das Ministerium Dupuy, mehr und mehr zum Werkzeug der Antidreyfus-Partei herabsinkt. Quesnay de Beaurepaire, der frühere Senats präsident beim CassationShofe, wird förmlich zum Bannerträger der AntidreyfuSpartei. Er hielt am Freitag Abend in einer stark besuchten Ver sammlung zu Paris einen Vortrag über die DreyfuS-Angelegenheit, wobei er die Regierung scharf angriff und zum Schutz der Armee gegen ihre Beleidiger ausforderte. Nach Schluß der Ber- s-mmlung entstand auf der Straße eine Prügelei zwischen DreyfuSianern und AntidrryfuSianern, infolgedessen einige Verhaftungen vorgenommen werden mußten. — In Lille fanden wiederholte Straßenunruhen wegen des anscheinend gewalt samen TodrS eine» Zöglings der Knaben-Erzieh- ungSanstalt der dortigen Schulbrüder statt. — Unter den Kabylrn de» algerischen Distrikt« Eetif sind Unruhen antisemitischen Charakter» au»aebrochen. Der italienische Senat nahm am Freitag da» Handelsabkommen mit Frankreich gegen 16 Stimmen an. Zwischen England und Frankreich ist schon wieder eine Streitfrage entstanden. Der Sultan von Oman, eine» an der Südostküste Arabien» gelegenen Gebiete» von unbestimmten Grenzen mit der Hauptstadt Ma»kat, soll Frank- Le» sächsische Erzähler «eite ». 18GG. reich.die Verpachtung einer Kohlenstation an der dortigen Küste zugrstanden haben. England hat aber dem Vernehmen nach gegen diesen Plan sofort Protest eingelegt und zu dessen Unter stützung da» auf der indischen Station befindliche Kriegsschiff „Eclipse" nach Maskat abgeschickt. Al» der Hafen, welchen der Sultan von Oman Frankreich verpachtet haben soll, wird der fünf Meilen von Maskat liegende Hafen von Brandar Jissar genannt. Die spanische Regierung will noch einen letzten Schein der ehemaligen Colonialherrlichkeit Spaniens retten. Laut einer offiziösen Madrider Meldung will die Regierung dir Carolinen nicht verkaufen, für welche sich schon mehr als em Liebhaber gefunden hatte. — Das oberste Mili tärgericht zu Madrid beschloß die gerichtliche Verfolgung des Admirals Cervera und des Kapitän» Diaz Moran wegen ihres Verhaltens in der Seeschlacht von Santiago; diese Komödie sollte man den tapferen Besiegten von Santiago doch wahrlich ersparen! Präsident Mac Kinley hat am Freitag den vom amerikanischen Senat genehmigten Friedensvertrag mit Spanien unterzeichnet; es verbleibt demnach bei der Annexion der Philip pinen seitens der amerikanischen Union. Auf den Philippinen haben die Amerikaner einen neuen Sieg über die Aufständischen errungen. Die Verschanzungen der Aufständischen bei Coloocan wurden von den Truppen des General» Otis unter Mitwirkung der Flotte glatt ge nommen, das Dorf Coloocan selbst ist nieder gebrannt. Die Verluste der Amerikaner werden als geringe, diejenigen der Philippiner, deren Stärke bei Coloocan 6000 Mann betragen haben soll, als erhebliche bezeichnet. In Nicaragua (Mittelamerika) ist ein Ausstand unter Führung des Generals Rcyes gegen die Regierung des Präsidenten auSge- brochen. Letzterer befahl die Schließung aller an der atlantischen Küste gelegenen Häfen Nica raguas. ——— Mißtrauen gegen den Grasen Thun kommt jetzt öfter in den der Berliner Regierung nahe stehenden Blättern zum Ausdruck. Das bekannte Mitglied de» österreichischen Abgeordnetenhauses, der Jungczeche Kramarcz, hatte dieser Tage in der „Revue de Paris" einen Artikel veröffent licht, in dem er seinen Deutschenhaß in der un geschminktesten Weise zum Ausdruck brachte und für Oesterreich-Ungarn den Zerfall des Drei bundes und den Anschluß an Rußland als wünschenSwerth erklärte. In bemerkenswerther Weise beschäftigt sich die Kölnische Zeitung mit dieser deutsch-feindlichen Kundgebung. DaS Blatt schreibt, Kramarcz sei eine der Hauptstützen der österreichischen Regierung. Graf Thun ziehe ihn bei jeder Konferenz mit den Führern der Rechten zu. Thun werde sich nicht wundern dürfen, wenn von den dreibundfeindlichen Auslassungen der wackeren Czechen auf seine eigene Gesinnung Rückschlüsse gemacht werden. Man könne eben nicht zwei Herren dienen. Wer sich mit Deutschlands erbittertsten Feinden verbünde, könne nicht Deutsch lands ehrlicher Freund sein. — Recht so! Die kalten Wasserstrahlen können noch kräftiger kommen. Die „Deutsche Tagesztg." bezeichnet die Ver öffentlichung der Namen der Dresdner Ge schworenen im sozialistischen „Vorwärts" al» eine frivole Unverschämtheit. Wenn irgend ein ver hetzter fanatisierten Bursche den Zweck der Ver öffentlichung in die That umsetze, so falle die Verantwortung für diese That auf die sozial demokratischen Führer, die im Grunde genommen auch die Hauptschuld an den so scharf gesühnten verbrecherischen Thaten tragen. Die in Dresden bestraften hätten eigentlich weiter nicht» gethan als da», wa» sie täglich im „Vorwärts" und in vr. Helphand» „Sächs. Arbeiterzeitung" gelesen, in die That umgesetzt. — Die „Hamb. Nachr." äußern sich folgendermaßen: „Der Rädelsführer, der die Arbeiter nach dem Bau herüberführte und zehn Jahre Zuchthaus erhielt, war vorher bereits wegen Körperverletzung bestraft, wa» der sozialdemokratische Fraktionsvorstand in seiner Erklärung natürlich verschweigt, obgleich dieser Umstand erschwerend einwirken mußte. * Skyren, 11. Febr. Im Namen der Hinterbliebenen de» ehemaligen Reichskanzler» Grafen von Caprivi veröffentlicht Generalleutnant z. D. Raimund von Caprivi nachfolgende Dank sagung: „AuS Anlaß de» Hinscheiden» de» ehe maligen Reichskanzler», General» der Infanterie Grafen von Caprivi find un» so viel« Erweisungen treuer Liebe, wahrer Anhänglichkeit und hoher Anerkennung zu Theil geworden, daß wir nicht im Stande find, für jede derselben einzeln z» danken. Wir sehen un» daher genöthigt, hier durch unserm aufrichtigen und herzlichen Dank Ausdruck zu geben." * München, 12. Febr. Dem baierischen Landtage ist rin Gesetzentwurf zugeaangrn, durch den die Steueranlagen« und Zollfreiheit der StandeSherren vom 1. Jan. 1900 ab durch eine einmalige Kapitalsabfindung aufgehoben wird. Die Abfindungssumme ist auf da» acht» zehnfache de» JahreSwerthr» der aufgehobenen Privilegien festgesetzt. * Wien, 11. Febr. In dem heute neu eröffneten RathhauSkeller fand Nachmittag» eine Festkneipe statt, an welcher verschiedene Minister, mehrere Mitglieder des diplomatischen KorpA und andere hervorragende Persönlichkeiten theil- nahmen. Bürgermeister Lueger eröffnete dir Reihe der Toaste mit einem Hoch auf Kaiser Franz Joses. * Wien, 12. Febr. Die „Wiener Zeitung* veröffentlicht ein kaiserliche» Handschreiben an den ersten Präsidenten deS Obersten Gerichtshofes vr. K. v. Stremayr, durch welches letzterer auf seine Bitte in den Ruhestand versetzt wird. Der bisherige zweite Präsident vr. K. Habietinek wurde zum ersten Präsidenten, der Senatspräsi dent vr. E. Steinbach zum zweiten Präsidenten deS Obersten Gerichtshöfe» ernannt. Präsident v. Stremayr erhielt da» Großkreuz de» Stephans- Ordens. Lille, 11. Febr. Heute Vormittag fand unter großer Betheiugung der Bevölkerung die Beerdigung des von dem Schulbruder Flaminianu» ermordeten Schülers statt. Der Präfekt, der Maire und die Mitglieder deS MunizipalrathcS folgten dem Sarge, welcher mit Blumen und Kränzen bedeckt war. Zahlreiche Polizeibeamte waren aufgeboten, um die Volksmenge in Ord nung zu halten, welche sich in den Straßen, die der Leichenzug passireu mußte, angesammelt hatte. Die Theilnehmer an dem Zuge wurden an mehreren Stellen mit Pfeifen empfangen. Bei der Rückkehr vom Kirchhofe folgte dem leeren Leichenwagen eine Schaar Menschen, welche die Schulbrüder verhöhnten und die Rufe: „Man muß sie hängen!" auSstießen. Die Menge ver anstaltete eine Kundgebung vor dem betreffenden Schulgebäude und versuchte in dasselbe einzu dringen, wurde aber schließlich von der Polizei auseinandergetrieben. * Tunis, 12. Febr. An dem heute Vor mittag anläßlich deS BeiramfesteS bei dem Bey stattgehabten Empfange, bei dem die Civil- und Militärbehörden sowie die Consule zugegen waren, nahmen auch die Offiziere der deutschen Schulschiffe „Stosch" und „Charlotte" in Be gleitung deS deutschen ConsulS theil. Dieselben wurden dem Bey durch den Stellvertreter de» Generalresidenten Rövoil vorgestellt. „Stosch" geht nach Barcelona, „Charlotte" nach Valencia in See. * New-Aork, 11. Febr. Nach einem Tele gramm aus Kingston (Jamaica) ist das britische Kriegsschiff „Jntrepid" nach Blue Fields ent sandt worden, um die britischen Interessen zu schützen. — Eine in einem Abendblatt veröffent lichte Depesche besagt, Malabon sei heute von den Amerikanern genommen worden. Die Stadt habe in Flammen gestanden, als die Amerikaner dieselbe betraten; das Feuer sei gelöscht worden. * Tsintaufort, 11. Febr. Kapitän Rosendahl, der frühere Gouverneur von Kiautschau, hat die Heimreise angetreten. Sachsen. Dresden, 11. Februar. Se. königliche Hoheit der Prinz Johann Georg begab sich heute Vormittag 10 Uhr 40 Min. nach Berlin, um sich morgen Sonntag bei Sr. Majestät dem Kaiser al» Major L la suits de» 2. Garde- Ulanenregiments, wozu Se. königliche Hoheit am Geburtstage Sr. Majestät deS Kaiser» er nannt wurde, zu melden. Der Prinz wird im königlichen Schlosse in Berlin wohnen und morgen an der kaiserlichen Frühstück»tafel theil- nehmen. Abend» wird er einer Einladung deS 2. Garde-UlanenregimrntS zum Diner Folge leisten. Am 13. d. M. morgen» 2 Uhr 18 Min. trifft Se. königliche Hoheit wieder hier ein. In Begleitung de« Prinzen befindet sich der per sönliche Adjutant Rittmeister v. Mangoldt-Reiboldt. Bischofswerda, 12. Februar. Tine zahl reiche Menge von Spaziergängern durchwanderte die Umgebung unserer Stadt am heutigen Sonntag. Ungewöhnlich warme» Und heitere» Wetter ist über unsere Fluren auSaebreitet, di» nach vor acht Tage« von einer dichten Schnee«