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Ns- Dienstaa, drn 15. Februar. 18-8. Ker säclUche Lrzähker, Bezirksauzciger für Bischofswerda, Stolpe» u«d Umgegend. «mtsbMtt der Kgl. AmlshLUptmamischaft, der «gl. Schälillspectioi u. des KAHeiWeaemmtes M Bml-c-, lowic des Sgl. Amtsgerichts und des Stadtrathcs z« Bischossmerda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich drei Mal, Dienstag-, Lmmar-ta-« und «««ad««»», und kostet einschließlich der SormabrndS erscheinendes ^delle» trtsttsche« IBrUa««" vlerteljöhrlich 1 Mark SN Ps. Nummer der Zeitung-Preisliste 0338. Aerufprechftelle Nr. SS. Bestellung« werden bei allen Postanstaltrn de« deutsch« Reiche», sür Bischostwexd» und Umgegend bei unser« ZeitüngSböttn, sowie in der Lxprd. d. Bl. angenommen. Awetuu-süus-tufter Iah»»»«». gmseruw, welch« in diesem Blatt« die wrttest« Verbreitung wG«, werd« ms Montag, Mittwoch «no Freitag früh 9 Uhr angenommen und kostet die dreigespaltene CorpuSzeile 10 Pf., unter „Eingesandt" 20 Pf. Geringster Jnseratenbetrag 2V Pf. — Lmjelne Rümmer 10 Pf. t zu beweisen Beweis fühl Politische Welisch«. Die erlauchten Gäste unseres Kaiserpaare-, Großfürst Constantin von Rußland und Gemahlin, haben am 11. Februar Mittag- Berlin wieder verlassen und sind nach Bücke burg weiter gereist. Der Kaiser gab den russi schen Herrschaften da» Geleite bis zum Bahnhof und verabschiedete sich daselbst von ihnen in herzlichster Weise. Großfürst Constantin trug bei der Abreise die Uniform seine- preußischen Garde-Brenadier-RegimentS. Ein preußischer Kronrath, also eine Sitzung de» preußischen StaatSministerium» unter Theilnahme de« Kaiser», soll nächster Tage stattfinden, um sich mit den von der Regierung behuf» möglichster Bekämpfung künftiger Hoch wassergefahren und Beseitigung de- durch die vorjährige Hochwasserkatastrophe hrrvorgrrufenen Nothstande« zu fassenden Beschlüssen zu be- schäftigen. Der Kaiser nimmt bekanntlich an der Beseitigung de» Nothstande-, welchen die großen Ueberschwemmungen de» vorigen Sommer» in den Provinzen Schlesien, Brandenburg und Sachsen veraulaßt haben, ka»*wärmste Interesse, e» steht daher zu erwarten, daß die unter seiner Leitung demnächst erfolgenden Verhandlungen de» «ronrathr» die betreffenden Hilfsmaßnahme« energisch rinleiten «erden. Der Reichstag führte in seiner Freitag»- sttzung die verathuna de» Etat« de« Au-- wärtigen Amte» zu Ende. Bei Titel 1 „Gr- sandtschaft in Athen- de» von den Gesandt- schäften und Botschaften handelnden Capitrl» 5 Budgetkommisston abgegebene Erklärung wegen kräftiger Wahrung der Interessen der deutschen Staat-gläubiger Griechenland». Titel IS (Ge sandtschaft in Lissabon) gab dem Abgeordneten vr. Hasse (nat.-lib.) Gelegenheit, den Staats sekretär v. Bülow um entschiedene Wahrung auch der Interessen der deutschen Staat-gläubiger Portugal- zu ersuchen. Bei Titel 20 (Botschaft in Pari-) wurden die Dreyfu» - Affaire und die für deutsche Schiffe recht unerquicklichen Zoll verhältnisse in den französischen Colonien in Olt- asien gestreift. Die Titel „Gesandtschaft in Peking- und „Botschaft in Petersburg- veran laßten ebenfalls nur ganz kurze Debatten, da gegen entspann sich bei dem Titel „Botschaft in Washington- eine säst die gesammte weitere Sitzung ausfüllende lebhafte handelspolitische Discusston. Abg. vr. Barth von der freisinnigen Bereinigung brachte die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Nordamerika zur Sprache und warnte er die deutsche Regierung, trotz de« die deutschen Interessen schädigenden Vorgehen» der amerikanischen Zollgesetzgebung in der. Frag? d?» Zuckrrzollr« Repressalie.» gegen Nordamerika zu ergreifen. Daneben berührte der freisinnige Redner auch die Obstsperre gegen Nordamerika wegen der Schildlausgefahr und kritistrte er diese Maßnahme al» übereilt. Den handelspolitischen Auslassungen vr. Barth traten , aus dem Hause die Abgeordneten Graf Kanitz (kons.), Hehl v. Herrnsheim (nat.-lib.) und vr. Paasche (nat.-lib.) mit Entschiedenheit entgegen, während anderseits Abgeordneter Richter (fr. VolkSp.) den Darlegungen vr. Barth'» durchaus beipflichtete. Staatssekretär Posa- dowsky zog die Grundlinien der deutschen Han delspolitik dahin, daß die deutsch? Regierung bestrebt sein werde, den wirthschaftlichen Frieden mit dem SuSlande so lange aufrecht zu erhalten, als die» die wirthschaftlichen Verhältnisse Deutsch lands gestalteten. Im Uebrigen vertheidigte Graf PosadowSky besonder- die Regierung-maßnahmea zur Verhinderung der Verseuchung de» deutschen Obstbaue» durch die amerikanische Schildlau». Die noch restirenden Theite de» Etat» de» Aus wärtigen Amte» wurden fast debattelo» erledigt. Am Sonnabend beschäftigte sich der Reichstag mit dem Colonioletat. Die Budgetkommisston de» Reichstage» genehmigte am Freitag den Militäretat bi» zum Kapitel „Militärgeistlichkeit- und vertagte sich dann bi» DienStag. Nach Erledigung de» Militäretats kommt der Marineetat an die Reihe, Mit dessen Berathung diejenige de» Flotten gesetze» verbunden sein wird. Die sechste Kom mission beendigte am Freitag die erste Lesung der Novelle zur Eivilprozeßordnung. Die Polensraktion de» Reich »rage» hat laut einer Meldung der „Germania- einstimmig beschlossen, die Marinevorlagr abzulehnen. Eiue Begründung diese» Beschlüsse», der in feinen eigentlichen Ursacken wohl auf die veränderte Polenpolitik der preußischen Regierung zurück, zuführen ist, ist noch nicht bekannt. I« preußischen Abgeordnetenhaus« kündigte der Eisenbahnministrr Thielen am Freitag in» Fortgänge der Sprzialdebatte über den Etat der Bauverwaltung an, daß die Regierung dmn Landtage nächsten Herbst eine große Canal» Vorlage unterbreiten würde. Die Rechte nah« diese Ankündigung de» Minister» mit Unruh«, die Link mit »eifall auf. Der Bund der Landwirthe hält am Gedeyktage zum 70. Geburtstag und 25jährigen Regierungs- Jubiläum König Alberts von Sachsen. 1828 — 1878 - 18»8 (Nachdruck verboten.) IS Fe-ruar 1878 s Generallieutenant von Heintz, Komman deur der sächsischen Truppen im Schleswig-Holsteiner Feld zug 1849. 1878 Besuch des deutschen Kronprinzen am könig lichen Hof in Dresden. 18 Fv-kU R« 1871. Kapitulation der Festung Belfort. 1887 Nachmittags in der 4. Stunde bricht in der Kreuzkirche in Dresden Feuer aus und äschert das Gottes haus vollständig ein. Das Vertrauen in die öffentliche Gerechtigkeit in Frankreich. Wenn es richtig ist, daß da» Vertrauen, welche» ein Volk in die öffentliche Gerechtigkeit fetzt, die stärkste moralische Stütze für eine Regie rung und das von ihr geleitete Staatswesen ist, so steht die französische Republik, trotz ihres Anspruches, auf die Freiheit, Gerechtigkeit und Brüderlichkeit begründet zu sein, jetzt auf sehr schwachen Beinen, denn die Angelegenheit Drehs«» ' zeigt in Verbindung mit dem Prozesse gegen Zola ein kolossales Mißtrauen vieler französischen Volkskreise gegen die öffentliche Gerechtigkeit in Frankreich. So scheint nicht nur der politische Pöbel in Paris, der die Regierung grundsätzlich verleumdet, sondern auch ein großer Theil der gebildeten Franzosen gar nicht daran zu glauben, daß ein geheimes Schriftstück existirt, welches die Schuld des Kapitäns Dreyfuß beweist. Aber immerhin wäre es doch möglich, daß der frone zösische Spionendicnst ein an eine au-wärtig- Macht gerichtetes verrätherische» Schriftstück abge- sangen hat. Da nun die französische Regierung und auch der Gerichtshof an dem verhüllten Eeweismittel des geheimnißvollen Schriftstücke» festhält, so macht der Prozeß gegen Zola den Bindruck einer wahren Justizkomödie. Dieser Prozeß brachte daher zunächst die charakteristische -Entscheidung de» Gericht», daß die Angeklagten und ihre Vertheidiger nicht berechtigt seien, alle in dem Briefe Zola» angeführten Behauptungen zu beweisen und nur für jene Behauptungen den Beweis führen dürfen, welche in der Vorladung»- acte enthalten sind. Damit ist da» Beweis verfahren aus den Fall Walsin-Esterhacy beschränkt, und e» darf die Affaire Dreyfuß nicht in Di», cussion gezogen werden. Mit dieser Beschränkung hat zwar der Gerichtshof der Bertheidigung eine Vortheilhafte Lage geschaffen, die der Advokat Labori geschickt zu benutzen weiß, und dem Ange klagten Zola Gelegenheit gegeben, den Märtyrer der Gerechtigkeit zu spielen, allein wenn der Vorsitzende streng die ihm gezogene Richtungs linie einhält, ist nicht abzusehen, wie der Prozeß Zola Licht in drn Prozeß Dreyfuß bringen soll. Einen Augenblick konnte e» allerdings scheinen, daß die Couliffen der StaatSraison sich öffnen würden. Offenbar um der hochgradigen Entrüstung der radicalen und sozialistischen Blätter in Pari» über da» Fernbleiben der militärischen Zeugen den Boden zu entziehen, beschloß der Gerichtshof am 2. VrrhanvlungStage schleunigst drn Zeugen Billot, Boisdeffre, Merier und du Paty de Clam den Zeugnißzwang aufzulegen. Aber auch da» ist bloß ein Fechterkunststück, da» die Sache Zola'» und Dreyfuß'» nicht um einen Zoll vorwärt» bringt. Die hohen Herren können ebenso gut zu Häuft bleiben, denn der Gerichts hof hat ja von vornherein da» Fragerecht Zola'» und seines Vertheidiger- derart beschränkt, daß l dankte Abg. Schmidt.- Warburg (Centr.) dem gerade die wichtigsten Fragen unerörtert bleiben Staatssekretär v. Bülow für die^ von ihm in der müssen. Von diesem Recht der Frageverweige rung hat der Vorsitzende denn auch den aus giebigsten Gebrauch gemacht. Da- klassische Beispiel ist dafür die Vernehmung de» früheren Präsidenten der Republik, Casimir-Perier, über die, wie über den Fortgang de» ganzen Prozesse» wir ausführlich an anderer Stelle berichten. Fünf auf da» berüchtigte „geheime Schriftstück- sich beziehende Fragen beabsichtigte Labori dem Zeugen vorzulegen, es wurde ihm aber nicht gestattet. Aber wenn cS auch geschehen wäre, wie Casimir-Perier zu verstehen gab, schließt ihm da» AmtSgeheimniß den Mund. Alle» in dem Prozesse Zola ist unklar und widerspruchs voll. Klar scheint nur da» Eine, daß die Richter im Prozeß Dreyfuß sich eine» ungesetzlichen Beweismittel» bedienten und daß infolgedessen die Revision des Prozesse» zur gesetzlichen Noth- wendigkeit wird. Aber auch dazu wird e» wohl nicht kommen, da die Aeußerungen Casimir- Perier'» nur Schlüffe gestatten, nicht aber al» stricter juristischer Beweis in Anspruch genommen werden 'können. Nach den Meldungen einiger Wättrr soft übrigen- in Paris ein Stimmung»-, ' Umschwung --'-zu'''«Küsten ' Zola'» stüttgrfrrnden haben, doch ist darauf nur wenig zu geben. Augenblicklich imponirt die Heldenhaftigkeit des großen Dichters, der nicht da» Seine sucht, ja da- Seine um der Gerechtigkeitwillen aus» Spiel setzt, und sie muß imponiren gegenüber dem kläglichen VrrtuschungSsystem, und den brutalen Erstickungsversuchen einer schwachen Regierung. Aber waS will das heißen? Im nächsten Augen blick, wenn der Vorsitzende oder der Kriegsminister an den Patriotismus der Nation appellireu und an eine andere Gerechtigkeit erinnern, die Frank reich von der Weltgeschichte zu erwarten hat, wird da» Volk wieder schreien: „Vivo la röpu- dliquo!" ,,at das 2ola!"