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Jeitage zu Ar. 72 des sächsischen Lrzählers. Bischofswerda, den S. September 18S3. Bischofswerda. Die letzten Tage des nun zu Ende gegangenen Monat- haben durch ihre trübe, regnerische Witterung und die kühle Temperatur schon einen Vorgeschmack des kommenden Herbstes gegeben. Allem Anschein »ach wird in diesem Jahre die Natur schon im September «in vollkommene- Herbstbild bieten. Bereits jetzt schüttelt jeder Windstoß zahlreiche trockene Blätter zur Erde herab und bei einem Gang durch die Promenaden raschelt schon das dürre Laub unter den Füßen. Die anhaltende Trockenheit des Sommers hat ein frühes Abstcrben der Blätter und Gräser verursacht und bald wird das Bild der grünen Flur von den dunkleren Schatten des Herbstes gestreift werden und langsam in die bunten Farben des Herbstes übergehen. Noch schmücken die farbenprächtigen, wenn auch geruch- losen Herbstblumen, wie Georginen, Astern, Malven u. s. w. die Gärten, aber auch diese letzte Schönheit ist nur von kurzer Dauer. — Nachdem wir nunmehr in den Monat September getreten sind, werden die Tage auf fallend kürzer, da die Sonne jetzt mit großer Geschwindigkeit nach Süden dem Aequator zueilt, welchen sie am 22. bei ihrem Eintritt in das Zeichen der Waage erreicht. Von diesem Zeit punkt an, wo Tag und Nacht einander gleich sind, rechnen wir den Herbst. Auch die Dämmerung, die wohlthätige Vermittlerin zwischen Licht und Dunkel, welche in den vergangenen Monaten den größten Theil des Abends, im Juni und Juli sogar die ganze Nacht ausfüllte, nimmt jetzt schnell an Dauer ab, und schon 2 Stunden, nachdem das TageSgestirn unter den Horizont hinabgetaucht ist, färbt sich der HimmelSgrund tiesschwarz, und die Gestirne, die ihren Glanz während der Sommermonate nur schwach zur Geltung bringen konnten, strahlen wieder in leuchtender Pracht. Die Länge deS TagcS variirt von 13'/, bis 11'/, Stunden, da die Sonne, welche am 1. von 5 Uhr 19 Min. bis 6 Uhr 52 Min. sich über dem Horizonte befand, am 30., wo sie um 6 Uhr 16 Min. aufgeht, schon nm 5 Uhr 43 Min. verschwindet. — Der Vorstand des allgemeinen sächsischen Lehrer-VereinS giebt bekannt, daß die dies jährige statutengemäße Delegieren Versamm lung Montag, den 25. September, in Meinhold's Sälen in Dresden abgehalten werden soll. Außer geschäftlichen Angelegenheiten sind folgende Gegenstände auf die Tagesordnung gesetzt worden: Der einheitliche SchreibduktuS; die Stellung des allgemeinen sächsischen Lehrervereins zu den all gemeinen deutschen Lehrerversammlungen (deutschen Lehrertagen); die gewünschte Umschreibung früherer Seminarzeugnisse; die Wirkung des Gesetzes, die Gehaltsverhältnisse der Lehrer an den Volks schulen betreffend, vom 4. Mai 1892 u. s. w. — Im Jahre 1892 sind auf den deutschen Eisenbahnen in der Zeit von 8 Monaten 24 Eisenbahnbedienstete getödtet oder verletzt worden, welche auf den Trittbrettern die Fahrkartenprü fung vornahmen; im Jahre vorher waren eS 54, welche diesem Geschäft zum Opfer fielen, und ihre Zahl ist eher im Wachsen, denn im Rück gänge begriffen. Angesichts dieser Menschen verluste werden die Eisenbahnverwaltungen nicht länger zögern dürfen, endlich die Maßnahmen zu ergreifen, welche das Coupiren der Fahrkarten während der Fahrt und auf den Trittbrettern entbehrlich machen. Diese Maßnahme wird und muß die Absperrung der Bahnhöfe vor Allem zum Gegenstände haben. Die Prüfung der Fahr karten und deren Abnahme muß vom Zuge weg nach dem Ein- und Au-gange des Bahnsteigs verlegt werden. Jeder, der diesen Bahnsteig be tritt oder verläßt, muß im Besitze eines gütigen BilletS — entweder zum Fahren oder zum Be treten deS Bahnsteigs — sein, und das Coupiren im Zuge fällt weg. Die Maßregel hat natürlich eineStheilS tief t einschneidende Eingriffe in die Gewohnheiten deS reisenden und nichtreifenden Publikums zur Folge und andererseits vielfache Umgestaltung der Bahnhofsanlagen zur Voraus- fetzung. Aber Alles dieses kann und darf die Maßregel nicht aufhalten. Schon vom 1. Okt. an führt denn auch die preußische StaatSeisen- -ahnverwaltung auf einer Reihe von Hauptlinieu — u. A. der Linie Leivzig - Magdeburg — die Absperrung der Bahnhöfe und die Verlegung der Billet-Coupirung und Avnahme an die Ein- und ^luSgänge des Bahnsteige» ein. Jeder, welcher 4>en Bahnsteig betreten will, muß entweder mit <iner Fahrkarte oder mit einer Bahnsteigkarte zum Preis von 10 Pf. Versehen sein. Die Zug schaffner haben nur Plätze anzuweisen, die Thüren " und die Station auSzurusen. Die Coupirung der Karten vor der Abfahrt und die Abnahme der Letzteren beim Verlassen deS Bahn hofs erfolgen durch den Bahnsteigschaffner. Die Einrichtung, die in Oesterreich längst besteht, wird und muß auch in Deutschland sich schließlich auf alle Bahnen erstrecken. — Die mit 1. Oktober im sächsischen Armee korps eintretcnden Vermehrungen an Truppentheilen erhöhen den Stand der Fricdeusformationen in folgender Weise: An In fanterie zählt dasselbe dann 12 Regimenter mit 48 Bataillone» und 168 Kompagnien, hierzu kommen die 3 Jägerbataillone, so daß die In fanterie zusammen 51 Bataillone mit 180 Kom pagnien zählt. Die Kavallerie bleibt in ihrer Eintheilung unverändert, sie zählt 6 Regimenter mit zusammen 30 EskadronS. Die Feldartillerie erfährt eine Vermehrung um eine Abtheilung zu drei fahrenden Batterien beim 3. Feldartillerie- Regiment; wir zählen vom 1. Oktober ab drei Regimenter Feldartillerie zu 11 Abtheilungen, darunter eine reitende Abtheilung, mit zusammen 33 Batterien, darunter 3 reitende. An Fuß artillerie behalten wir ein Regiment zu 2 Batail lonen, dessen eines um eine Kompagnie vermehrt, so daß der Stand deS Regiments auf 9 Kom pagnien gebracht wird. Das Pionierbataillon wird um 2 Kompagnien vermehrt, daher auf 6 gebracht. Die Eisenbahutruppen werden ver doppelt, sie zählen nunmehr 2 sächsische Kom pagnien. An Train verbleibt dem Korps daS eine Bataillon zu 4 Kompagnien. Durchgehend aber werden die Etats der Kompagnien, ESka- dronS und Batterien verstärkt in erster Linie um die Anzahl der bisherigen Unteroffiziere. Der Stand der Offiziere vermehrt sich bei der Infanterie nm 12 Stabsoffiziere, 24 Hauptleute, von denen aber 12, nämlich per Regiment ein 13. Hauptmann, bereits vorhanden sind, weiter um 24 Premier- und 36 SekondelieutenantS- stellen , — bei der Feldartillerie um 1 Stabs offizier, 3 Hauptleute, 3 Premier- und 7 Sekonde- lieutenantsstellen, — bei der Fußartillerie um 1 Hauptmann, 1 Premier- und 1 Sckonde- licutenant, — bei den Pioniren um 2 Haupt leute, 2 Premierlieutenants und 6 Sekonde- lieutenants, bei. den Eisenbahntruppen endlich um 1 Hauptmann 1 Premier- und 3 Sekonde- ljeutenantS. Mithin beträgt die Vermehrung des sächsischen Offizierkorps im Ganzen 13 Stabsoffiziere, 19 Hauptleute, 31 PrcmierlieutenantS und 54 SekondelieutenantS. Dazu kommen noch 12 Assistenzärzte und 13 Zahlmeister. Der hierdurch entstehende Offiziers mangel wird aber Dank der vielen vorhandenen Offiziersaspiranten durchaus nicht den Umfang annehmen, den man anfänglich vermuthete. Bei Einrechnung aller Ausrückungen und Berück sichtigung der durch die Rangliste nachgewiesenen Portepecfähnriche dürfte sich bei der Infanterie einschließlich der Jäger ein Manquement am vollen Etat von etwa 80 SekondelieutenantS er geben, was pro Bataillon noch nicht einmal 2 vakante Stellen ergiebt. Auch bei der Artillerie beschränkt sich daS Manquement auf etwa einen Sekondelieutenant pro Abtheilung, also 3—4 pro Regiment. Am meisten Vakanzen werden zunächst an Offizieren die Pioniere haben, doch wird gerade das so manchen jungen Mann zum Eintritte bei dieser Waffe bestimmen. — Nach den neuesten über die diesjährigen Rekruteneinstellungen erlassenen Bestim mungen haben die zum Dienste mit der Waffe ausgehobenen Rekruten des königlich sächsischen Infanterieregiments Nr. 105 „König Wilhelm von Württemberg", des königlich sächsischen Fußartillerieregiments Nr. 12, der beiden königl. sächsischen Eisenbahnkompagnien Nr. 7 und 8 deS preußischen Eisenbahnregiments Nr. 2 und die zur Ableistung ihrer militärischen Dienst, pflicht in diesem Jahre ausgehobenen Schul- amtSkandidaten am 14. Oktober bei ihren Truppentheilen einzutreffen. Der 14. Oktober ist mithin der EinstrllungStermin für die Rekruten sämmtlicher sächsischer Truppentheile mit Aus nahme der als Krankenwärter, Oekonomiehand- werkrr und für die Unteroffiziersschule AuSge- hobenen, welche am 2. Oktober, ferner der für die Kavallerieregimenter Bestimmten, welche am 4. Oktober, und endlich der Rekruten für das Trainbataillon,' die, soweit sie zur Ableistung einer zweijährigen Dienstzeit bestimmt sind, gleichzeitig mit der Hälfte der zur halbjährigen Dienstzeit ausgehobenen Trainrekruten am 2. November einzutreffen haben. Die andere Hälfte der halbjährigen Trainrekruten trifft am 1. Mai k. I. ein. WaS die Ausbildung der in diesem Jahre ausgehobenen VolkSschullehrer betrifft, so werden dieselben aus dem ganzen Korpsbereiche zu zwei AuSbildungSkompagnien vereinigt, welche bei vem neu zu errichtenden 4. Bataillone deS 3. königlich sächsischen Infanterieregiments Nr. 102 „Prinzregent Luitpold von Baiern" in Zittau formirt werden. Die bisher gebräuchliche Ausbildung der Volksschullehrer bei den ver schiedenen Jnsanterieregimentern kommt demnach in Fortfall. — Ein Mittel gegen den Biß toller Hunde hat ein sächsischer Förster, NamenS Gastrll, der nunmehr 82 Jahre alt geworden und daS Geheimniß nicht mit in die Erde nehmen will, veröffentlicht; er hat dasselbe seit 25 Jahren gebraucht und will vielen Menschen und Vieh damit geholfen haben. Mann soll sogleich mit warmem Wasser und Eisig die Wunde auswaschen und trocknen, alsdann aber einige Tropfen mine ralischer Salzsäure in die Wunde gießen, weil mineralische Säure daS Speichelgift auslöst, wo durch die böse Wirkung ausgehoben wird. -- Selbstoperationen vonHühneraugen sind immer bedenklich und sollten nur mit größter Vorsicht ausgeführt werden. So hatte ein Dresdner Kaufmann vor einigen Tagen durch unvorsichtiges Beschneiden der Hühneraugen an den Füßen eine Verletzung zugezogen. Dieselbe ist so bösartig geworden, daß jetzt daS Bein abgenommen werden mußte. — Das Geiammtvermögen deS Sächsischen Pestalozziverein» betrug im vergangenen Monat nach abgehaltener und richtig gesprochener Kassenprüfung im Ganzen 228,900 Mark. V. Gautzig, 5. September. Vom schönsten Wetter begünstigt, wurde Sonntag, den 3. Septbr., daS hiesige diesj. Schulfest abgehalten, an welchem 383 Kinder theilnahmen. Es bot einen prächtigen Anblick als die muntre Kinderschaar mit Fahnen und Kränzen, unter Vorantritt eines Musikchors und in Begleitung der Herren Lehrer und Schul vorstände kurz nach 1 Uhr Mittag von der Kirchschule au» durch die Hauptstraßen deS Ortes nach der dazu bestimmten Festwiese zog. Aus dem Spielplätze, einer großen herschastlichen Wiese, rings vom Walde umgeben, angekommen, wurden die Kinder zuerst durch Speise und Trank erfrischt, dann aber ordneten sie sich in mehrere Gruppen und begannen, von ihren Lehrern, den Schulvorständen und mehreren Damen deS Orts und der Nachbardörfer geleitet, unter muntern lieblichen Gesängen ihre Spiele. Nur zu rasch jedoch erinnerte die sinkende Sonne daran, den Heimweg mit der frohen Jugend an zutreten. Zuvor aber erklangen noch einige der herrlichsten Volkslieder, die von den ersten Klassen gesungen und von Herrn Cantor Ludwig Dirigiert wurden. Hierauf dankte derselbe Allen, die zur Verschönerung des Festes beigetragen hatten, herzlich und die Kinder brachten ihren Dank durch ein dreifaches Hoch zum Ausdruck. Unter den Klängen der Musik bewegte sich gegen 6'/, Uhr der Zug der Schule zu, wo der Herr Cantor noch einmal das Wort ergriff und Sr. Majestät dem Könige ein Hoch ausbrachte. Mit dem Liede „Den König segne Gott" schloß das wohlgelungene Fest. -8. Neukirch, L. Die Sedanfeier vollzog sich hier in der stets üblichen Weise. Guirlanden und zahlreiche Kränze schmückten zum Andenken an die gefallenen Söhne unsers Vaterlands das Kriegerdenkmal aus dem Gottesacker. Umgeben von den Mitgliedern des Militärvereins, hielt hier Herr Pastor Thomsen in tiefempfundenen und zu Herze» gehenden Worten eine Gedenk rede, hervorhebend die Pflichten der Militärver eine in den gegenwärtig bewegten Zeiten. Die Fortsetzung der Feier fand Abends im kleinen Saale des Hofgcrichtes statt, in dem sich meist die Veteranen von 1870 mit ihren Angehörigen einfanden. Ansprachen, Gesänge und Toaste füllten den Abend aus. AuS der BortragSord« nung verdienen hervorgehoben zu werden die An sprachen des Herrn Pastor Thomsen: Erinnerungen an unsre gefallenen Helden in Frankreich und die Opserwilligkeit und Vaterlandsliebe unsrer Genera tion — deS Herrn Lehrer Böhme: Bedeutung des SedantageS für den Militärverein — des Herrn Lehrer Hennig: die Kapitulation von Sedan am 3. September 1870. Deklamirt wurde: „Der Landwehrmann" und „Der kleine Sedanheld." Der fröhlichen heiteren Stimmung wurde durch den Einackter Rechnung getragen: „Die letzten zwei Thaler." Wohl jeder Theil- nehmer der diesjährigen Sedanfeier fühlt sich in dem Gelöbniß gestärkt: „Mit Gott für Köni^ und Vaterland!"