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Bischofswerda, den S. August 1883. Sachsen. X. Bischofswerda. Ei» in Frankreich weilendes Mitglied des hiesigen Stenographen vereins schreibt demselben u. A.: ES sreut mich zu hören, daß man unsern Herrn Gräfe dem Reichstage einverleibt hat. Auf jeden Fall hoffe ich, daß er für das Militärgesetz und die be ständige Verstärkung der Truppenmacht bis zum nächsten Kriege ist. Deutschland muß seinem Kaiser noch für ein oder zwei Jahre bewilligen, waS er fordert, um die Vertheidigung des Vater landes zu sichern. Länger als genannte Zeit wird man sich wohl nicht gut halten können. Der Handel fängt in Frankreich auch an zu stocken, die Preise werden durch die einheimische Concurrcnz gedrückt und die -hier insolge der Militärmassen zu zahlenden Steuern sind so hoch, daß Jedermann nur durch einen Krieg und vösarnwmont der Truppen aus Besserung der Civilverhältuisse denken kann. Nebenbei gesagt, darf sich ein Deutscher über das Steuerzahlen nicht beschweren, denn hier zahlt man im Ver- hältniß zum Einkommen ohne großes Murren das Vierfache. Dazu noch die vielen indirekten Steuern, z. B. für jedes Postpacket 10 eoutimv8, jeden Frachtbrief 70 cont., jede Quittung 10 eont., Gesuche an Polizei, Staat rc. 70 eent., jedes öffentliche Plakat, Bekanntmachung für je 25 Quadratcentimcter 5., oont., jedes Eisenbahn- billet 10 cont., für Transport von Wein, Bier und sonstigen Getränken hohe Gcleitscheinstcuer. Dann hat man das Monopol für Pulver, Tabak, Streichhölzchen rc. Hier giebt eS besondere Steuern für die Anzahl der Fenster in I., II. oder III. Etage, für die Anzahl der Zimmer und Thüren im Hause, für jedes Pferd, Rind, Esel und Manlthier, sür jeden zwei- und vierrädrigen Wagen, sogar jede Waage ist extra besteuert. — So bereitet man sich auf den hier unumgäng lichen mörderischen Kampf vor. — X. Die Reihe der diesjährigen Zusammen künfte von Stenographenvereinen hiesiger Gegend wurde eröffnet vom Stenographenverein Lang- burkerSdors—Neustadt, der am 29. Januar per Schlitten dem hiesigen Vereine einen Besuch ab stattete. Bor Kurzem wurde dieser Besuch er widert, indem hiesige Stenographen im Strauß- berger'scheii Omnibus eine Partie nach dem Unger unternahmen. Im Nicdcrgericht von Langburkersdorf wurden dieselben von den Neustädter» und LangburkerSdorsern mit wan dernden Humpen auf'S Herzlichste empfangen und von dort zur Höhe geleitet. Ein äußerst ge- müthlichcr PlinienschmauS im „Stillen Fritz" stellte den Uebergang von der Omnibus- zur Fußpartic in angenehmster Weise her. Prächtige Aussicht lohnte den Aufstieg. Herrlicher Gersten saft und froher Gesang ließen die Zeit pfeil schnell verfliegen. Hier mahnte die scheidende Sonne zum Abschied, denn die lieben Burkers- dorser und Reustädter Kunstgenossen luden uns ein, in ihrem Vereinslokal noch einige Zeit zu rasten. Gesänge und humoristische Vorträge machten diese Stunden zu den angenehmsten der Partie. Mit herzlichem „Heil dem gastfreund lichen Brudervereine Langburkersdorf—Neustadt!" schieden die hiesigen Stenographen in sehr später Stunde in dem Bewußtsein kostbare Stunden verlebt zu haben. Der Schirgiswaldacr Verein war leider durch örtliche Verhältnisse behindert. Hoffentlich ist eS ihm möglich, an einer in Aus sicht genommenen Zusammenkunft auf demValten- bergc theilzunehmen. X. Bei der diesjährigen Generalversammlung des GesammtvereiuS GabclSberger'scher Steno graphenvereine im Königreich Sachsen umfaßte derselbe 109 Vereine mit 4346 Mitgliedern gegen 105 Vereine mit 4047 Mitgliedern im Vorjahre. Von diesen 109 Vereinen wurden in 170 Cnrsen 2178 unterrichtet. — Die in diesem Jahre zur Ersatzreserve auSgchobenen Mannschaften werden, wie der „Pos. Ztg." von amtlicher Seite mitgctheilt wird, nicht mehr zu Uebungen herangezogen. Da bei der diesjährigen Aushebung der Rekruten bedarf für da« stehende Heer auch trotz der er heblichen Verstärkung vollständig gedeckt ist, so werden die Ersatzreserve» in Friedenszeiten von Uebungen jedenfalls verschont bleiben. Ueber die spätere Verwendung oder Zutheilung zur Land wehr zweiten Aufgebots oder Landsturm sollen demnächst nähere Bestimmungen erlassen werden. — Beim Herannahen der militärischen . Herbstübungen wird daraus aufmerksam gemacht, daß eS sich empfiehlt, Postsendungen für die an den Uebungen theilnehmenden Offiziere und Mannschaften nicht nach den in kurzen Zeit räumen wechselnden Marschquartieren, sondern stets nur nach dem ständigen Garnisonorte zu richten. Für die richtige Leitung dieser Briese rc. wird von seitcn der Post Sorge getragen. Ferner ist es dringend nothwendig, in -den Briefauf schriften rc. außer dem Familiennamen (unter Umständen auch Vornaine und Ordnungsnummer) den Dienstgrad und Truppentheil (Regiment, Bataillon, Compagnie, Schwadron, Batterie, Kolonne rc.) genau anzugeben. Mangelhafte Aufschriften der Manöver-Postsendungen könne» eine Verzögerung in der Beförderung oder Be stellung derselben zur Folge haben. — Bei den Controlversammlungen finden, auf Anordnung des Kriegsministeriums, in diesem, sowie im nächsten Jahre bei den Mann schaften des BeurlaubteustandeS der Fußtruppe» Fußmessungen statt. — 3. August. Den Mittheilungen der böhmi schen Braunkohlenwcrke zufolge gewinnt eS immer mehr an Wahrscheinlichkeit, daß in den Winter monaten, möglicherweise schyn im September, eine längere Unterbrechung in der Kohlenförde rung zu befürchten steht. — ES liegt daher im Interesse eines Jeden, sich den Winterbedarf in Kohlen bereits im Monat August einzudecken. — (Depeschen an Reisende im Eisen bahnzuge.) Es dürfte noch nicht allgemein be kannt sein, daß die Eisenbahnstationen angewiesen sind, den Inhalt eines bei ihnen einlausenden Telegramms, welches die betreffende Station passirende Reisende angcht, denselben während des Aufenthaltes des ZugeS mitzutheilen. Dieses geschieht dadurch, daß ein Beamter den Zug entlang geht und den Namen der Person laut auSrust, um ihr alsdann von dem Telegramm die nöthige Mittheilung zu machen. Diese Ein richtung kann in einzelnen Fällen von großer Bedeutung sein. — Nachdem durch die neue Verkehrsordnung auf den StaatSbahncn die Signale mit der Bahnsteigglocke sortgefallen sind, steht die Ein führung einer elektrischen Signaleinrichtung für ZugabsahrtSmeldungen bevor, wodurch daS oft überhörte Abrufen in den Wartesälen erübrigt wird. Die Neuerung besteht auS einem eisernen Schränkchen, über dem sich eine elektrische Uhr befindet. Unterhalb der letzteren wird die je weilige Fahrtrichtung zugleich mit der Abfahrts zeit deS nächsten ZugeS sichtbar und 15 Min. vor Abgang desselben werden in Zwischenräumen von 5 Min. drei Glockensignale gegeben. Fahr planänderungen werden durch Einstellen entspre chender Tafeln angezeigt. Die Signale werden vom Stations-Telegraphenbureau mittels eines LäutinduktorS gegeben, der die Ströme durch elektrische Leitungen gleichzeitig zu sämmtlichen Apparaten sendet. — Die sämmtlichen Kriegergräber und Denk mäler bei Metz, Tausend an Zahl, werden auch in diesem Jahre in hergebrachter Weise am 15. August geschmückt, und eS wird daran anschlie ßend gegen Abend eine Gedenkfeier für die in der denkwürdigen Schlacht bei Gravelottc Ge fallenen veranstaltet werden. Die seit einer Reihe von Jahren in Metz bestehende „Vereinigung zur Schmückung der Kriegergräber" erbietet sich alle hierauf bezüglichen Aufträge auSzusühren und besonders werden die Angehörigen, Kame raden und Freunde der bei Metz ruhenden Krieger gebeten, die mr letztere bestimmten Kränze oder sonstige Aufträge rechtzeitig an „den Vorstand der Vereinigung zur Schmückung und fort dauernden Erhaltung der Kriegergräber und Denkmäler bei Metz" zu senden. Etwaige Geld sendungen jedoch, sei eS für bestimmte Zwecke oder sür die allgemeine Gräberschmückung, sind an die persönliche Adresse des Schatzmeisters JonaS zu richten. — (Nochmals VerhaltungS-Maßregeln beim Gewitter.) Der „HauSdoktor" schreibt in einem Referate über einen Vortrag deS Rektors Fr. Müller (Bonn): Befindet man sich während deS Gewitters auf freiem Felde, so hüte man sich vor Allem, hastig zu lausen, denn Luftzug und verstärkte HautauSdünstung ziehen den Blitz an. Bäume ziehen den Blitz besonders an. Doch ist der Strahl sehr häufig genöthigt, aus dem unteren Theile eines Baumstammes auszutreten. Höchst unvorsichtig wäre eS also, wenn Jemand unter einem Baume Schutz suchen wollte. Un zählige Unglücksfälle sind auf diese Weise ent standen. Man entferne sich also von einem ein zeln stehenden Baume wenigstens bis auf 15 bis 20 Meter, denn dann wird der Baum sehr wahr scheinlich den Blitz von uns abziehen. Fliehen wir ihn aber noch mehr, so verliert er mit der wachsenden Entfernung für uiiS seine schützende Kraft. So wenig es also zu empfehlen ist, bei einem Gewitter einen alleinstehenden Baum zu flüchten, eben so wenig ist eS anzurathen, sich allzu weit aus dem Kreise desselben zu entkernen, denn nun bietet man dem Blitze als höchster Gegenstand einen Angriffspunkt. In diesem Falle und wenn überhaupt das Feld baumlos ist, wird man am sichersten thun, wenn man sich nieder setzt oder niederlegt. — Jedenfalls ist eS besser, sich durchnässen zu lassen, als dem Blitze gerade in den Weg zu lausen. Heuhaufen, Korngarben, Fruchtbarmen im Felde sind durchaus zu meiden. Ebenso ist ein ausgespannter und vom Regen durchnäßter Regenschirm äußerst gefährlich. Ueber- rascht unS ein Gewitter während eines Aufent haltes in Räumen, wo eine große Menschen menge versammelt ist, wie im Theater, in Musik oder Spielsälen und dergl., dann begebe man sich möglichst bald auS dem Hause in hinreichen der Entfernung. Die naturgemäße Behandlung eines vom Blitz Getroffenen besteht bis zur An kunft des Arztes darin, daß man den Verun glückten zunächst schnell an einen kühlen Ort bringt. Hier befreie man ihn von den beengenden Kleidern, bespritze sein Gesicht mit frischem Wasser und nehme eine kühle Abwaschung deS Körpers vor, wobei man aber kein Tuch oder Schwamm gebraucht, sondern mit den warmen Händen die Haut reibt. DaS wird bei Betäubung und Ohnmacht genügen. Ist aber bereits Scheintod eingetretcn, dann ist eine kräftige, kühle Ganz abreibung von großem Nutzen; man reibe dar nach den Körper mit warmen Wolltüchern, bürste Handflächen und Fußsohlen, gebe ein Klystir auS frischem Wasser und versuche mittelst künstlicher Athmung die Lungen- und Herzthätigkeit zu wecken. — Die Wiederbelebung erfolgt gewöhn lich unter Convulsionen und heftiger Pulsation am Kopfe und Halse. Etwa sich einstellender Schweiß und Schlaf müssen ungestört bleiben. Bei der weiteren Genesung schuppt sich oft die Oberhaut ab: doch sind diese, wie auch noch ein tretende andere, anscheinend ernstere Erscheinungen in den meisten Fällen ohne Bedenken, denn sie verlieren sich nach und nach gänzlich. — In Hinsicht aus den nun immer zeitiger beginnenden Einbruch der Dunkelheit dürfte die Erinnerung am Platze sein, die Hausfluren und Treppen am Abend genügend zu beleuchten. Bei Unterlassung dieser Beleuchtung hat der be treffende HauSwirth für etwa vorkommende Un fälle zu hasten. — Wichtig für unsere Jägerwelt, indessen noch keineswegs überall bekannt, ist die That- sache, daß die Jagdherren oder deren verantwort liche Beamte verpflichtet sind, die als Treiber dienenden Personen in der Alters- und Invali ditäts-Versicherung zu versichern und daß die Unterlassung dieser Verpflichtung nach § 143 des Gesetzes Geldstrafe bis zu dreihundert Mark zur Folge haben kann. — Wetterregeln für August: Bläst im August der Wind aus Nord, jagt Unbe ständigkeit er fort. — Frösche aus Wegen und Stegen deuten aus baldigen Regen. — Mehl- thau im August ist sehr ungesund; ungereinigt Obst bring' nicht in den Mund. — Jst's in der ersten Augustwoche heiß, dann bleibt der Winter lange weiß. — Sind Laurentius (10.) und Bartholomäus (24.) schön, ist guter Herbst vorauSzusehn. — Um St. Laurentius Sonnen schein bedeutet ein gut Jahr mit Wein. — Hat unsere lieb' Frau gut Wetter, wenn sie gen Himmel fährt (15.), gewiß sie einen guten Wein bescheert. — Gewitter um Bartholomä bringen Hagel und Schnee. — Bleiben die Störche bis nach Bartholomä, so kommt ein Winter, der thut nicht weh. — Um Augustin (28.) zieh'n Wetter hin. — Wenn großblumig wir viele Disteln erblicken, will Gott gar schönen Herbst uns schicken, — Marienstaub und Augustenkoth, die machen unS ein theuer Brot. — FÄihregen und frühe Bettelleut' bleiben nicht bis man zwölfe läut't. — Wer im Heu nicht gabelt, im Kornschnitt nicht zappelt, im Lesen nicht früh aufsteht, der sehe zu, wie'S im Winter geht. — Der stete Regen dürste vor der Hand unserer Landwirthschaft noch keinen Schaden ge- bracht haben. Wenigstens wird noch von keiner Seite geklagt, daß ein Auswachsen der Feldfrüchte zu bemerken wäre. Immerhin wäre es wünschens- werth, wenn wir wieder „Erntewetter", recht heiße Tage, bekämen, damit Unsere ja recht gute Mitteletnte in die Scheunen geborgen werden kann. Den Aehrenlcsern bei der Ernte sei bei