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" —— „,>^! WW... »M.WIWWW Aeitage zu Ar. 60 des säMchen LMmers. Bischofswerda, de« 2». Jutt 18S3. Sachsen. Bischofswerda. (Die großen Ferien!) Tage der Freude und Freiheit sind'S für die Jugend. Tage der Sorge aber auch unv deS Aergers für die Eltern und Erzieher. Die Ferien sind ja eben freie Tage, und es ist also kein Wunder, daß in ihnen auf den Kopf gestellt wird, was sich nur umdrehen läßt. Ausrollen, Erholung, Verschwitzen des Gelernten vereinen sich in rührender Gemeinschaft, und unerledigte Fericnaufgaben, zerrissene Jacken und Hosen, einige Beulen am Kopfe nicht minder. Bei einem derben Jugendspiel, das die Muskeln stählt, den Muth weckt und belebt, wird nicht so genau aufgemerkt, und ist im Kampfe, wie ihn die Jugend mitunter veranstaltet, erst die germanische Berserkerwuth erwacht, dann gelten die blauen Flecken nichts und die blutenden Nasen wurden ebenfalls unbeachtet bleiben, wenn daS nur an ginge. DaS Herumstreisen und das Herum klettern in Baum und Busch, das Hineinkriechen in alte verborgene Winkel, das Außerachtlassen von Dornen und Hindernissen sind der Sommer garderobe nicht förderlich, aber wenn die Mutter in die lachenden, halb und halb weinenden Augen ihres muthwilligen Jungen hineinsieht, seine rothen, frischen Backen schaut, dann giebt es nur einen KlapS und das Wort: „So lauf, Du Unband!" Alles das sind Quellen des Ferien- ärgcrS, der aber bald wieder verstreicht, und wenn Ferienaufgabrn in beschränkter Weile auf gegeben werden, um daS Ausruhen nicht zu be- einträchtigen, dann braucht der Müssiggang auch keinen düsteren Unmuth Hervorzurusen. Aber die Ferien geben auch Anlaß zu wirklicher Sorge, denn die Ungebundenheit, die aufgelösten Zügel des Schulregiments führen auch zu verderblichen Dingen. Hierher gehört vor allen Dingen daS Verzehren unreifen Obstes, daS ein LieblingS- fport in den Sommerferien ist und gar nicht entschieden genug verboten werden kann. In der Regel lassen es die Elter» und Erzieher, wenn sie ein vorwitziges Bürschchen beim Genuß un reifen ObsteS ertappen, bei scharfen Drohungen bewenden, die gefährlich klingen, aber mit einer Schnelligkeit von den Missethätern vergessen werden, gegen welche kaum die des Telegraphen auskommt. Gerade aus dem Genüsse unreifen Obstes, dem gewöhnlich noch thörichter Weise daS Wassertrinkcn folgt, können für die Kinder so ernste Leiden entstehen, besonders für jüngere, daß man sich garnicht lange besinnen soll, sofort beim ersten Versuch den bekannten gelben Freund zur Hand zu nehmen, und die Höschen kräftig straff zu ziehen. Dann merken die Ferienleutchen ganz genau, wie schwer die verbotenen Genüsse im Magen liegen. — Nach dem Essen kommt das Trinken. In den heißen Tagen dcö August guält der Durst mehr als sonst, und wenn die Ausgelassenen herumgetollt sind, sich achtlos den glühenden Sonnenstrahlen ausgesetzt haben, dann sind sie eben so rasch dabei, über kaltes Wasser herzufallen und es begierig hinunterzuschlürsen. Zur Abwehr des Durstes gebe man den Kindern nicht so viel mit Süßigkeiten durchsetzte Getränke; das hat wenig Nutzen und macht die Hauptsache zur Nebensache. Eine nicht zu große Menge kalter, schwarzer, ungesüßter Caffee Hilst viel und noch besser ist ein GlaS Wasser, in welches einige Scheiben Citrone gelegt sind. Zucker ist durch aus unnütz. Bier taugt für Kinder bei heißem Wetter noch weniger, wie bei kühlem. — Zur Erfrischung durch Speise und Trank kommt die jenige durch ein Bad. Aber auch hier ist Vor sicht zu empfehlen. Manches Leiden, für das vergebens eine Erklärung gesucht wird, rührt von einem unbedachten Bade in erhitztem Zu stande her. Die Kinder sollen sich in den Ferien der goldenen Freiheit bewußt werden, sie sollen aber auch immer deS Wortes eingedenk sein: „Spiel und Vergnügen muß nie Beschäftigung, sondern nur Erholung von der Beschäftigung sein". Und darum ist cs nothwendig, daß die Kinder frühzeitig daran gewöhnt werden, auch in den Ferien einer leichten Beschäftigung in HauS und Hof eine knappe Zeit zu widmen. Dann schmecken Lust und Spiel doppelt aut, dann werden manche Klagen über Ausgelassen heit verstummen, die heute laut werden, und beide Theile, Eltern und Kinder werden mit Freuden der schönen Tage gedenken. Und habt Ihr, Vater und Mutter, ein Stündchen Zeit, gebt dem Drängen Eurer Kinder nach und führt sie hinaus in Gottes herrliche Natur, erfreut Euch mit ihnen an Wald und Flur und laßt den Frieden, der draußen waltet, in Eure Herzen und Häuser ziehen; dann sind es auch für Euch goldene Tage. — Wiederholt ging durch die Presse eine Mittheilung, wonach — einer Entscheidung des Reichsgerichts zufolge — jeder Gartenbesitzer be rechtigt sein soll, fremde Katzen, die in sein Grundstück eindringen, als Raubthiere zu be handeln und zu tödten, es sei durch Schießen, Fallen oder Gift. Ein angesehener Rechtsanwalt in Dresden, der wegen seiner thierschutzfreund lichen Gesinnung bekannt ist, hat sich nun die Mühe gegeben, die betreffende angebliche Reichs gerichts-Entscheidung ausfindig zu machen. Hierbei hat derselbe festgestellt, daß eine solche oder auch nur eine ähnliche Entscheidung niemals ergangen ist. Die ganze Sache stellt sich daher als eine rein auS der Lust ergriffene Erfindung dar, die für Jene recht nachtheilig werden kann, die gegen fremde Katzen in quälerischer Weise vorgehen oder sie gar tödten. — (Sommererkältungen.) Man erkältet sich im Sommer meist dadurch, daß dem Wärme unterschiede zwischen Sonne und Schatten nicht genug Rechnung getragen wird. Wer durch schnelles Gehen oder durch irgend welche An strengung sich stark erhitzte, sucht gewöhnlich den Schatten aus, um sich abzukühlen, ohne zu be denken, daß gerade diese erfrischende Abkühlung die Erkältung verursachen kann. Mit gleichem Ergebniß kann man im Winter ohne genügend schützende Kleidung von geheizten Jnnenräumen in'S Freie gehen. — Wer stark erhitzt ist, suche zum ersten Ausruhen womöglich einen Platz aus, der wärmer ist als der Ort, wo die An strengung stattkand, und dann erst den kühlen Schatten. Durch schnelles Ablegen von KleidungS- stücken nach einem körpererwärmenden Gange erkältet man sich im Hause öfter als im Freien. Wer erschöpft ist, meide überhaupt rasche Ab kühlung, da sie nur schwächt und Nachtheile im Gefolge hat. — Die Mannschaften der jetzt eingezogenen Landwchr-Uebungs-Bataillone sind durchgehends mit der seit einiger Zeit eingesührten Litewka (Unisormbloufe) bekleidet. Die Litewka ist zwar bei Weitem nicht so kleidsam wie der Waffenrock der Linie, sie wird jedoch ihrer großen Bequem lichkeit halber von den Mannschaften gern ge tragen und dürste sich im Feldzuge als prak tisches Kleidungsstück bewähren. — (Alpen-Sonderzüge.) Die außer ordentlich starke Benutzung der am 1. und 15. dieses Monats abgegangencn Alpen-Svnderzüge nach München, Salzburg, Kufstein und Lindau beweist, welchen Anklang dieselben beim reiselustigen Publikum gefunden haben. Wir nehmen daher hierdurch Anlaß darauf hinzu weisen, daß die letzten diesjährigen Alpen-Sondcr- züge am Dienstag, den 15. August, Nachm. 1 Uhr 25 Min. von DreSdcn-Altst., und 3 Uhr 40 Min. von Chemnitz beztl. 2 Uhr 55 Min. von Leipzig, (Baier Bhf.,) abgehcn werden, um am nächsten Tage um 5 beztl. 6 Uhr früh in München anzukommen. Alles Nähere über die Wetterführung dieser Züge nach Salzburg, Lin dau n. s. w., sowie die speziellen Angaben über die bedeutend ermäßigten Fahrpreise und über die sonstigen Bestimmungen sind auS der Ueber- sicht über die genannten Sondcrzüge zu ersehen, welche auf Verlangen bei allen größeren sächsi schen StaatSbahnstationcn, sowie bei den Aus gabestellen für zusammenstellbare Fahrscheinhefte in Leipzig, (DreSd. Bhf.,) und DreSden-Alst., Wienerstraße 13 unentgeltlich abgegeben werden. Brieflich eingehenden Bestellungen sind zur Frankirung 3 Psg. in Marken beizulegen. — k. Der „Pr. Wegweiser" empfiehlt beim Bienenstich daS Auslegen von frischen Huflattich blättern, besonders über Nacht, wodurch der Schmerz gelinderk und die Geschwulst beseitigt wird. — Bei großer Hitze soll man Hühnern in daS Trinkwasser Nägel und Eisenstäbe thun, weil dadurch daS Wasser weniger schädlich wird und Entstehung des Durchfalles bei den Hühnern verhindert. — Kauf- und Handelsleute, lest genau durch, was ihr unterschreibt. DaS gilt im all gemeinen für den gesammten Geschäftsverkehr »nd im besonderen für den folgenden Fall: Seit ungefähr 1'/, Jahren suchen Firmen aus Berlin, Leipzig und Dresden namentlich kleinere Laden halter auch in den entlegensten Straßen und in unbedeutendsten Städtchen in folgender Weise zu beschwindeln: Ein gewandter Reisender erscheint bei den Ladenbesitzern mit der Bemerkung, daß ihr Geschäft ihm empfohlen worden sei als ge eignet, um den Alleinverkauf seiner bestrenommirten Seifen und Parfümerien zu übernehmen. Seine Firma würde die Reklamekosten (Annoncen) allein tragen, und da er 50 Proz. Rabatt gewähre, sei ein kehr schöner Verdienst für den Besteller sicher. Zuerst ist eigentlich die Rede bloß von Seifen, und erst wenn der Besuchte sich zu einem kleinen Versuch bereit erklärt hat, wird darauf gedrungen, auch versuchsweise eine Kleinigkeit in den so viel begehrten Parfümerien mitaufzugebcn, deren Um tausch gegen Seife zugestanden wird. Der Reisende hat gedruckte — mit „Schlußnota" überschriebene — Zettel, auf denen seine Artikel alle bezeichnet sind, und auf denen er rasch eine ihm beliebige Zahl von jedem Artikel setzt und den Besteller bittet, er möge nun, damit eS wegen des Annoncierens keinen Jrrthum gäbe, seine Firma selbst darauf schreiben. Ist dies geschehen, so verläßt der Reisende unter Hinter lassung einer gleichlautenden KommissionS-Kopie so schnell wie möglich daS Lokal und den Ort selbst. Wenn nachher der Besteller die Kom missions-Kopie näher ansieht, so findet er, daß er nicht für 20 Mk. bis 30 Mk. Seife, das Dtzd. L 50 oder 60 Pfg., bestellt hat, wie er meint, sondern daß als zweiter Artikel 10—15 Dtzd. Parfümeflaschen L 12 Mk. und 18 Mk. notirt sind, alles im Betrage von 225 Mk. bis 350 Mk. Alle Versuche, den Auftrag zu widerrufen, sind vergeblich, das HauS besteht auf der Lieferung und der Besteller muß innerhalb 3 Monaten be zahlen, sonst wird er gerichtlich dazu gezwungen. Will er strafrechtlich Vorgehen, so kann er nur gegen den Reisenden als Betrüger, nicht gegen das Haus, dessen Schlußnota er unterschrieben hat, den Strafantrag stellen. — Also Vorsicht im Unterschreiben von Aufträgen!! Umschau in der sächs.-preuß. Lausitz und dem Meißner Hochland, 27. Juli. Durch Feuer wurden vernichtet: Die Gebäude deS Ritter'schen Gutes zu Markersdorf bei Görlitz; 4 Besitzungen zu Hartmannsdorf bei Marklissa; die Gebäude des Gutsbesitzers Bonade in Eben- dörfel bei Großpostwitz, (80 Schock Getreide, 16 Gänse rc. wurden vernichtet); in Langenvor werk 18 Besitzungen mit 34 Gebäuden, (daß ein Mädchen dabei umgekommen ist, soll sich glücklicherweise nicht bestätigt haben). — Die 16jährige Tochter des Dienstmannes Weber in Ober-Ullersdorf ist in der Neisse ertrunken. — Todteogräber Neumann stürzte vom Dache der Psarrscheune zu Oberseifersdorf und wurde so verletzt, daß er am nächsten Tage starb. — DaS 3jährige Söhnchen deS Schneiders Hering in Seifhennersdorf hing sich an einen Wagen, kam unters Rad und wurde so verletzt, daß es bald darauf starb. — Eine Frau aus Ehrenberg wurde dort von einem Pferde geschlagen und schwer verletzt. — Der 14jähr. Sohn des Maschinen führers Bittner kam in einer Fabrik zu Warns dorf ins gehende Zeug und wurde lebensgefähr lich verletzt. — Die Gewerbeausstellung zu Döbeln, die am 23. d. M. von 16,000 Personen besucht war, besuchten u. A. auch die Gewerbe vereine von Kamenz und Pirna. — Der Verband der freiwilligen Feuerwehren in der Zittauer AmtShauptmannschaft hielt in Seitendorf einen Feuerwehrtag ab. — Beim Biehmarkte zu Weißen berg kamen 405 Rinder, 107 Pferde und 12 Schweine zum Auftrieb. — DaS Bethlehemstift bei Augustusbad unweit Radeberg, daS jährlich 150—200 leidende Kinder aufnimmt, ist auch jetzt stark besetzt. — In der letzten Umschau soll eS in Bezug auf die Brücke über die Rauensteine heißen: „Die bisherige hölzerne Brücke soll durch eine eiserne ersetzt werden." *** Ertrunken sind: Klempnergeselle Hösel in Frankenberg beim Baden; der Sohn deS Fähr meisters Burkhardt auS Boritz; Lazarethgehilse Fuchs in Grimma beim Baden; der 14jährige Sohn eines Eisenarbeiters in Pöhla. — Hand arbeiter Neumann in Obcrseisersdorf fiel vom Gerüste und wurde so schwer verletzt, daß er bald darauf starb. — Der 17jährige Zimmer mann Jähnig in Leipzig fand seinen Tod durch Absturz. — Ein junger Mensch wurde in einer Fabrik zu Werda durch Absturz lebensgefährlich verletzt. — Schuhmacher Aurelian in Paris wurde von einer wüthend gewordenen Katze furchtbar zerfleischt. — Beim Einsturz der Kirche zu Maciano (Italien) wurden 2 Personen ge- tödtet und 6 verletzt. — Durch Feuer wurden vernichtet: Da« Ullmann'sche HauS in Ossig bei Roßwein; eine Wachstuchfabrik in Chemnitz; daS SchützrnhauS zu Buchholz; die Gebäude des Gutsbesitzers Wetzel in HermerSdorf (Blitzschlag). — In dem großen Trockenjahre 1718 brannten in Lirbertwolkwitz 39 Häuser, in Dreykau S