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«v -- - in öffentlichen Wirthschaften, Gasthäusern, Restau rationen, Konditoreien rc., hat mancherlei Mei nungsaustausch hervorgerufen und ist Manche» gegen die 8 Z8 der Verordnung eingewendet worden. Sicherlich haben verschiedene Vorkomm nisse — man nennt in vertrauten Kreisen be sonders eine vielbesuchte Bierwirthschaft — zu dem Erlaß der besprochenen Polizeimaßregel ge führt. Das Kellnerinnenwesen bez. Unwesen war die Tagesordnung einer kür vergangene Nacht einberufenen Kellnerversammlung im hies. Saale der Zentralhalle. Dieselbe fand von 1—4 Uhr statt und soll von ungefähr 150 Mann besucht gewesen sein. DaS Referat gab Kellner Geißler, der sich im Einklänge mit seinen Kollegen aner kennend über die neue Polizeiordnung aussprach, und diese als Ergebniß des neu eingetrrtenen Regimes hinstellte. Die Verordnung ist den Kellnern noch nicht scharf genug. 1 Uhr Nachts als Polizeistunde für die Kellnerinnenarbeit an zusetzen, sei viel zu spät. In anderen Großstädten sei 10, höchstens 11 Uhr angenommen. Weiter sei es erforderlich, daß es jungen Frauensper sonen nicht erlaubt werde, pals Kellnerinnen zu arbeiten. Das in Hamburg als jüngste Grenze angenommene Alter für Kellnerinnen, 25 Jahre, dürfte sich auch für hier empfehlen. Die Ver sammlung drückte den maßgebenden königlichen Behörden ihre Anerkennung auS; die Anwesenden erhoben sich zum Zeichen dafür von den Plätzen. Es wird nicht unangebracht sein, anschließend über dieses Thema noch Einiges zu sagen. Der Name Kellnerin ist hierorts kaum 50 Jahre bekannt, früher hießen dieselben WirthschastS- mägde, Schänkmädchen, Mamsels, Schänkcrinnen. Gegenwärtig mögen hier wohl an 500 Kellne rinnen, davon ein großer Theil verheirathct, wohnen. Unverheirathete Kellnermädchen, auf die die Verordnung besonders abzielt, dürften hier kaum 300 in und außer Stellung sich befinden. Von Dresden wird aber auch die Umgegend mit Kellnerinnen versorgt. Um der Sittlichkeit Willen wird das Verbot, bez. die Verordnung, von vielen Kreisen, namentlich auch von Ehefrauen, willkommen geheißen. Riesa, 25. Juli. Der Knabe Ruf ist an dem erhaltenen Stockschlage, wie berichtet wird, nicht gestorben, sondern befindet sich sogar auf dem Wege der Besserung. Der bedauernSwerthe Knabe hat aber eine Gehirnerschütterung erlitten und wird wahrscheinlich in einer Heilanstalt untergebracht werden müssen. Am Montag Abend gegen 8 Uhr wurde von Oybin nach Zittau ein Waldbrand gemeldet, der am Aufgange zum Töpfer bezw. auf einem Hügel dicht vor demselben ausgekommen war. Mit der Spritze war nur wenig auszurichten und so mußte dieselbe bald zurückkehren. Statt ihrer rückte nunmehr ein Mannschaftswagen mit Geräthen aus und der energischen Thätigkeit . der Leute gelang es, die Gefahr zu beseitigen. Die Mannschaften konnten erst am andern Morgen gegen 9 Uhr wieder nach Zittau ab rücken. Die Ausdehnung des Brandes und der angerichtrte Schaden sollen ganz erheblich sein. Nach der Aussage mehrerer Damen ist der Waldbrand durch den unglaublichen Leichtsinn eines Touristen entstanden, der nach Anzünden einer Cigarre das brennende Streichholz fortge- worsen hat. Der leichtsinnige Brandstifter, dem bei dem äußerst schnellen Umsichgreifen des Feuers ein Unterdrücken der Flammen nicht möglich war, ist angeblich sofort entflohen. Zittau, 25. Juli. Infolge Annahme der Militärvorlage wird von Anfang Oktober d. I. ab auch die hiesige Garnison eine Verstärkung erfahren und zwar um etwa 500 Mann. Davon sollen vorläufig 300 Mann im Marstallgebäude und 200 in Bürgerquartieren oder in der im städtischen Besitz befindlichen ehemaligen Schulze schen Kleiderfabrik untcrgebracht werden Aus der Oberlausitz, 25. Juli. Es dürsten kaum jemals vorher hier in unserer Provinz so viel Blitzschläge in so kurzer Zeit (3—4 Wochen) vorgekommen sein, wie gegenwärtig. So schlug der Blitz fünfmal in Weißenberg theils in Bäume, theils in Blitzableiter, in Kummerau in eine Pappel, die er spaltete, in Jeßnitz in eine Getreide-Puppe und zündete, in Sockow erschlug er eine Kuh im Stalle, in Singwitz ist eine Scheune durch Blitzschlag niedergebrannt, in Döbschitz schlug er in eine Scheune, ohne zu zünden u. s. w. Pirna. Wie der hiesige „Anz." schreibt, läßt der Fremdenverkehr in der Sächsischen Schweiz und im Erzgebirge leider während der diesmaligen Ferienzeit viel zu wünschen übrig. Ursache sind zum Theil die geschäftlich gedrückten Zeiten, anderntheil» aber auch die billigen Extra züge nach dem Ausland. Der sächsische Crzähler. Gelte 4. Pössendorf, 25. Juli. Die Fütternoth hat sich bei uns so gesteigert, daß viele Oekonomen hiesiger Gegend das auf den Wiesen stehende spärliche GraS schon jetzt von den Kühen müssen abweiden lassen. Von einer Grummeternte kann natürlich unter solchen Verhältnissen keine Rede mehr sein. In Berücksichtigung der hohen Futter preise haben die Viehbesitzer mehrerer Orte der Dippoldiswaldaer Gegend die Erhöhung des Verkaufs-Preises für Vollmilch für den Liter von 16 auf 18 Pf., für entrahmte ans 7 Pf., für Sahne auf 80 Pf. und für Schlagsahne auf 1 Mk. 60 Pf. beschlossen. Zufolge der Beschlüsse im letzten Bezirkstage hat die Amtshauptmannschaft in Plauen i. V. beim Ministerium des Innern 6090 Centner Mais, 3000 Centner Baumwollsaat und 6000 Centner Torsstreu zum Selbstkostenpreis bestellt; die Zeit der Lieferung wird so bald als möglich bekannt gegeben. Kiel, 27. Juli. Der Kaiser verließ heute Morgen V,11 Uhr den Hasen an Bord der „Hohenzollern", um die Reife nach England an zutreten. Der Aviso „Blitz" ist gestern bereits vorauSgcgangen. Das Befinden des Kaiserpaares ist, wie auS Kiel gemeldet wird, ein vorzügliches. Die Kaiserin ist am Mittwoch Abend nach Kassel gereist, um Aufenthalt in Schloß WilhclmShöhe zu nehmen. — Der Kaiser hat dem Frh. v. Schorlemer-Alst in dankbarer Anerkennung seiner Unterstützung bei den aus die Sicherung des Reiches gerichteten Bestrebungen, besonders aber seiner in der letzten Zeit bethätigten patriotischen Hingebung, sein Bildniß geschenkt. Kassel, 27. Juli. Ihre Maj. die Kaiserin ist heute früh 7'/^ Uhr aus Station WilhelmS- höhe cingetroffen und begab sich alsbald zu Wagen nach dem Schloß. Der Reichskanzler Graf Caprivi ist von seinem Leiden wieder hergcstellt. Mannheim, 26. Juli. Laut offizieller Bekanntgabe werden die Kaisermanövcr zwischen dem 13. und 14. Armeekorps nunmehr definitiv stattfinden. Der Kaiser trifft am 10. September in Karlsruhe ein. Berlin, 26. Juli. An der hiesigen Börse zirkulirt daS Gerücht, der BundcSrath trete Donnerstag behufs Beschlußfassung über die Repressalien gegenüber dem russischen Maximal tarif zusammen. Zur russischen Zollsrage schreibt man auS Berlin, daß die Hoffnung einiger Blätter aus schnelle Beendigung deS Zollkrieges von den leitenden Stellen nicht getheilt werde. ES herrsche die Stimmung gelassener Entschlossenheit ohne Empfindlichkeit, so daß ein etwaiges russisches Entgegenkommen diesseits jeder Zeit gern acceptirt werden wird. Witte ließ an der gestrigen Börse für 5 Millionen Rubel kaufen, um den CourS zu halten, was auch gelang. Die Zahl der der freien wirthschastlichen Vereinigung im Reichstage beigetretenen Mitglieder, welche die „Korr. d. Bundes d. Landw." auf 100 angegeben hatte, beläuft sich, wie jetzt berichtigend mitgetheilt wird, thatsächlich auf 140. Die „Bank- und Handelsztg." schreibt am Schlüsse eines Artikels über die Börsensteuer: „Auf die großen Mengen von Fragen, die sich beim näheren Eingehen in diese neue Einrichtung von selbst ausdrängen, werden wir demnächst zurückkommen, heute sei nur kurz daraus hinge- wiejen, daß an der Börse selbst eine große Menge von Sinecuren bestehen, die entweder ganz abzu schaffen sein werden oder deren Einnahmen zu Gunsten der auszubringenden Börsensteuer ganz energisch beschnitten werden müssen. Wir wollen heute nur eine dieser Kategorien anftthren, daS sind gewisse Maklerstellen. So haben z. B. die Makler die deutsche und preußische Fonds, sowie Eisenbahnprioritäten handeln, selbst in den schlechtesten Zeiten Reineinnahmen von 300,000 bis 500,000 Mk. dafür erzielt, daß sie während zweier Börsenstunden in ihrem Buche auf der linken Seite die anzukausenden Summen, auf der rechten Seite die zu verkaufenden Summen eines AnlagepapiereS notiren und die Addition dieser eingetragenen Posten um 2 Uhr vornehmen, daß diese Arbeit, die ebenso gut ein Börsenbeamter machen könnte, dem man vielleicht ein Gehalt von 1800 Mk. zahlte, und die vollständig ohne eigenes Risiko gethan wird, einen derart mühe losen, enormen Gewinn abwirst, ist gewiß un statthaft, noch schlimmer aber steht eS mit den Courtageeinnahmen vieler Makler, denen große SpekulationSeffekten zugetheilt find. Zum „ersten Kurs" werden an manchen Tagen Millionen umgesetzt und der betreffende Makler hat die nach Tausenden von Mark zählende TageS- 18V» einnabme dafür, daß er die zum ersten Kurs umzusetzenden Posten in seinem Buche notirt und bei Feststellung des ersten Kurses die beiden Summenreihen einmal addirt. Auch diese mecha nische Arbeit könnte mit Leichtigkeit ein Sekretär auS der Börsenregistratnr verrichten, zumal ein irgendwie geartetes Risiko hiermit gleichfalls nicht verbunden ist. Rechnet man alle diese Sinecuren zusammen, so kommt schon ein erklecklicher Theil deS auf die Berliner Börse fallenden Kontin gentes heraus. Wir sehen absolut keinen Grund ein, der dagegen spräche, diese unverhältnißmäßig hohen Sinecuren nicht zu Gunsten der Allgemeinheit einzuziehen. Jeder Arbeiter ist seines Lohnes werth, und wir gönnen gewiß jedem seinen durch reelle Arbeit erworbenen Gewinn. Aber das Monopol dieser Makler muß fallen! Zur Be rechtigung, derartige mühelose Privilegien aus zuüben, genügt eS nicht, daß verwandtschaftliche Beziehungen dieser Herren zu maßgebenden Börsengrößen bestehen. Wo daS Interesse der Allgemeinheit in Frage kommt, müssen persönliche Rücksichten zurückgesetzt werden. Nicht der „kleine Mann" an der Börse, der schon jetzt „noth- leidend" ist, soll zur neuen Börsenstcuer in er höhtem Maßstabe herangezogen werden, sondern, die Großen der Großen und die mit kostbaren Privilegien ausgestattete Kaste". Die Heucinfuhr in Deutschland wird immer umfangreicher. AuS der Union und Argentinien werden sehr große Quantitäten von gepreßtem Heu nach Hamburg und Stettin dirigirt. Be trächtliche Einkäufe werden auch für Deutschland in Rumänien gemacht, wo momentan pro Ctr. Heu circa 4 Franken gezahlt werden. In Nord deutschland ist der Verkehr in Heu, Stroh u.s.w. äußerst schwunghaft, speciell in Westpreußen und Posen, wo an' manchen Orten 60—80 Waggon Heu für den Westen abgesandt werden. In ein zelnen Ortschaften PosenS, Pinne, Tirichtigel u. s. w. haben große Berliner Firmen Einkauss- ComptoirS errichtet, wo sie die Expedition ver großen Ankäufe in Heu, Stroh u. f. w. für die Berliner Straßenbahnen besorgen. Im Rcichstagswahlkreise Ninteln-HofgeiSmar, woselbst am Montag zwischen König (Antisemit) und Landrath v. Buttler (kons.) Stichwahl statt fand, ist der Antisemit gewählt worden. Durch eine Mittheilung von zuständiger Seite wird bestätigt, daß die Mannschaften, die im Herbst 1892 eingestellt worden sind, unbedingt im Herbst 1894, also nach zweijähriger Dienst zeit entlassen werden. Dagegen können die, die bereits im Herbst 1891 eingetreten sind, nicht bestimmt vor Herbst 1894 auf ihre Entlassung rechnen, da ein Theil davon erforderlichenfalls noch daS dritte Jahr unter der Fahne bleibew wird. Doch sollen für diesen Jahrgang die Beurlaubungen zur Disposition thunlichst aus gedehnt werden. Das bekannte ReichStagShandbuch „Der kleine Kürschner", ist unter der Presse und wird nächster Tage zum Preise von 50 Pf. in den Buchhand lungen zu haben sein. DaS Büchelchen bringt u. A. eine tabellarische Zusammenstellung über die Berussarten der Volksvertreter, und nach dieser ergiebt sich, daß „Gutsbesitzer und Land- wirthe" mit 145 an der Zahl überwiegen; 48 davon sind deutschkonservativ, 25 gehören dem Centrum an, 18 den Nationalliberalen, 15 der Reichspartei und 12 den Polen. Die übrigen Landleute vertheilen sich auf die anderen Frak tionen, wobei freilich die Dänen, die Elsässer und Sozialdemokraten leer ausgehen. Nächst den Landwirthen sind die „Juristen" am stärksten vertreten: 110, darunter 36 CentrumSleute, 19 Deutschkonservative und 17 Nationalliberale. Der deutsche Feuerwehrtag in Münch eir beschloß, den nächsten Feuerwehrtag in Karlsruhe 1897 abzuhalten. München, 26. Juli. Der Prinzregent hat angeordnet, daß die Korpsmanöver und die Kavallerie-Divisions-Manöver des 2. Armeekorps vollständig aussallen und die weiteren Manöver der 3. und 4. Division in der Nähe von Regensburg, Bamberg und Fürth verlegt werden. Die Verpflegung soll auS den Magazinen erfolgen. O e st e r r e i ch. Wien, 25. Juli. Die Leiche des Reichs- kriegSministerS Freiherrn v. Bauer wurde heute Nachmittag nach dem Nordbahnhof übcrgeführt, um in Lemberg in der Familiengruft beigesetzt zu werden. Auf dem Wege nach dem Nord bahnhofe bildete die gesammte Garnison Wiens Spalier. Die Straßen waren von einer dicht gedrängten Menschenmenge angesüllt. Hinter dem Sarge schritt der Kaiser an der Spitze der Erzherzöge, dahinter folgten die Minister Gras Kalnoky, v. Kallay, Graf Taaffe, vr. Wekerle, die übrigen österreichischen Minister, dieVer-