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füchfischr Erzähl«. E«ttr «. gelöst, well die Forderungen der ReichSrrgierung zu Gunsten der Vermehrung des Heeres keine Annahme gefunden haben: die Neuwahlen sind angeordnet. Die deutsche konservative Partei tritt nach wie vor für die volle Wehrkraft unseres Volkes ein und sieht in derselben eine unerläßliche Bedingung für die deutsche Machtstellung und für die Erhaltung des Friedens. Mehrauf wendungen, die unvermeidlich sind, müssen ihre Deckung durch eigene Einnahmen des Reiches finden; diese Lasten dürfen nicht den Unbemittelten, den Mittelstand oder die Landwirthschaft drücken, dagegen sind andere bisher zu sehr geschonte Steuerauellen heranzuzichcn. Wir bekämpfen den Abschluß von Handelsverträgen, welche der Landwirthschaft neue Opfer auferlegen würden, und unterstützen die Bestrebungen, welche auf die Vereinigung der Landwirthe zum Zwecke der nachdrücklichen Vertretung ihrer berechtigten Forderungen gerichtet sind. Wir erstreben den Schutz unserer vaterländischen Arbeit gegen die ausländische Konkurrenz, welche durch oic zeitigen internationalen Währungsverhältnisse von Tag zu Tag gesteigert wird. Im Hinblick auf den schweren Druck, welcher unser gesammtcs Erwerbs leben belastet, treten wir ein für die Erhaltung und für die Kräftigung des Mittelstandes in Handel und Gewerbe, im Handwerk und in der Landwirthschaft. Wir bekämpfen demagogische Umtriebe jeder Art, welche darauf hinarbeiten, die Gesinnungen weiter Kreise unseres Volkes durch Lug und Trug in Wort und Schrift irre zu leiten und zu vergiften. Das Bekenntniß zu der christlichen Weltanschauung, welche ihre Bethätigung in unserem Volksleben, in der Gesetzgebung und in der Handhabung der Gesetze finden muß, ist der feste Grund in den Wirren der Zeit und die Lebenskraft jeder berechtigten Autorität. Die deutsche konservative Partei ist entschlossen, in Vertretung dieser Grundsätze und Ueberzeugungen mit voller Selbständigkeit und unentwegt weiter ihre Dienste der Monarchie und dem Vaterlandc zu weihen. Die deutschsoziale Antisemitenpartei veröffentlicht folgendes Wahlprogramm: Die deutschsoziale Antisemitenpartei hat in den weitesten Kreisen des Volkes als echte Mittelstandspartei zahlreiche Anhänger erworben und geht mit guten Aussichten in den Wahlkampf. Sie wird ihre Kräfte möglichst auf diejenigen Wahlkreise zusammenfassen, in denen ein Erfolg wahrschein lich ist. Aue von ihr aufzustellenden Kandidaten werden auf die Forderungen des Bundes der Landwirthe und der deutschen Handwerker ver pflichtet werden. Ueberall, wo die deutschsoziale Partei nicht mit eigenen Kandidaturen auftritt, wird sie diejenigen Kandidaten unterstützen, die ihr in Bezug auf die Juden-, Handwerker- und Agrarfrage am nächsten stehen. Die deutschsoziale Antisemitcnpartei tritt für Stärkung unserer Wehrkraft ein unter Vertheilung der dazu noth- wendigcn Opfer im Sinne einer ansgleichenden Gerechtigkeit. Sie kämpft für ein starkes Kaiser- thum, soziale Reformen im Sinne praktischen ChristenthumS und für deutsches Recht im Deutschen Reiche. In diesem Sinne bekämpft sie das Judenthnm und alle mit ihm zusammenhängenden und von ihm erzeugten schädlichen Einflüsse in Staat und Gesellschaft. Alle Freunde und Gesinnungsverwandte im Reiche bitten wir unseren Kamps mit Wahlmitteln zu unterstützen. Geld sendungen sind zu richten an die Geschäftsstelle der deutschsozialen antisemitischen Partei, zu Händen deS Herrn Hermann Beyer, Leipzig, Köuigstraßc 27. Quittung erfolgt in den „Deutschsozialen Blättern", bezw. in derjenigen Zeitung, die der Absender dazu angiebt. Doppelt giebt, wer schnell giebt. Berlin, im Mai 1893. I. A.: Liebermann von Sonnenberg. Die Antisemiten haben bisher ausgestellt: in West falen und in beiden Hessen 18, in Sachsen 9, in den östlichen Wahlkreisen 6 Kandidaten. Wie die „K. Z." mittheilt, ist bei der Auf- theilung des Vermögens zwischen den beiden neuesten freisinnigen Parteien dem Herrn Richter und seiner Partei der weitaus größere Theil zugesallen, 120,000 Mk. DaS ist doch als Grundstock für die Wahlagitation ein ganz hübscher Anfang, und doch wird der Klingel beutel so eifrig gerührt, als sei Herr Richter leer ausgegangen. Die Gesammtzahl der für die Neuwahlen ausgestellten sozialdemokratischen Kandidaturen beläuft sich schon aus 141. Wie die „StaatSbürger-Ztg." mittheilt,wandelte der Kaiser die zweimonatliche Gesängnißstrase OberwinderS'S wegen Beleidigung der Clever Justizbehörden anläßlich des Bulchoff-Prozesses in 500 Mk. Geldstrafe um. Die Niederlage, welche das Ministerium geke! wiew deut -aber ^ön chesö mal Dep Der «ine men wur Ku M. rick wo reic Ire« der Kü wu gen un he: M bet um Ni am Fr ber we, noi den am Bex her, zur alsl Kal ma< >Gri Wekerle im ungarischen. Oberhäufe dljM die Annahme des die Kirchenpolitik d?r Regierüttg mißbilligenden Antrages Szapary verzeichnen muß, erweist sich als politisch belanglos. Mit dürren Worten hat der Ministerpräsident Wekerle erklärt, das Kabinet denke gar nicht darair^ wegen dieses Mißtrauensvotums zurückzutreten, eS fühle sich nur der Volksvertretung, dem Ab geordnetenhanse verantwortlich, nicht aber der Magnatentafel. Einen starken Rückhalt findet das Ministerium Wekerle gegenüber der oppo sitionellen Mehrheit des Oberhauses in der Stellungnahme fast sämmtlicher tonangebendem Blätter Ungarns gegen das Oberhaus; manche- Blätter gehen sogar soweit, daß sie bereits die Ab schaffung deSOberhauseS wegen seines regierungs feindlichen kirchenpolitischen Votums Verlangen- General DoddS, der Sieger im letzten Feldzuge der Franzosen gegen Dahomey, ist bei: seiner Rückkehr nach Frankreich in Marseille mit einer Begeisterung empfangen worden, als ob er die glänzendsten KriegSthaten verrichtet hätte. Nun kann man ja zugeben, daß der dahomehanische Feldzug der Franzosen gerade keine militärische Promenade war, und hat er sich auch monate lang hingezogen. An seinem schließlichen Aus gange zu Gunsten der Franzosen war jedoch von Anfang an nicht zu zweifeln, da die Rothhosen weit besser bewaffnet waren, als ihre wilden Gegner, so daß die Feldherrnverdienste DoddS nicht so hoch veranschlagt werden dürfen. Wenn dem siegreichen General von der Marseiller Be- völkernng trotzdem ein wahrhaft großartiger Empfang bereitet worden ist, so haben hierbei augenscheinlich chauvinistische Strömungen und Empfindungen mit eingewirkt. Man feierte eben in General DoddS denjenigen Heerführer, der die französische ,.xloiro" zum ersten Male seit den furchtbaren Niederlagen von 1870/71 wieder im kräftigeren Farben ausfrischte, welche Empfindung sich auch in einem Manifest der französischen Patriotenliga ausdrückt, in welchem unter deut licher Betonung des Revanchegedankcns DoddS als der General bezeichnet wird, der in Daho mey für Frankreich die glänzende Siegeslausbahn wieder eröffnet habe. Manche Pariser Blätter argwöhnen freilich, daß der DoddSkultus zu dem Versuche von gewisser Seite führen könnte, die Menge für eine neue Art von BoulangiSmuS zu gewinnen. Inzwischen ist General DoddS in Paris eingetroffen und hier ebenfalls mit Be geisterung empfangen worden. — In der großen Oper zu Paris fand ain Freitag Abend zum ersten Male die Ausführung der Wagner'schen „Walküre" statt. Die Vorstellung hatte einen glänzenden Erfolg und verlies ohne Zwischenfälle. Die römischen Festtage erfahren jetzt einen unangenehmen Nachklang. Wie die „Italic" meldet, ist die römische Polizei aus der Spur einer weitverzweigten Vereinigung ausländischer Verbrecher, von denen einer in Rom während der silbernen Hochzeitsfeier des KönigSpaareS operirte. Unter den bereits Verhafteten befinden sich ein Engländer, 2 Belgier, 2 Deutsche, 2 Amerikaner, 1 Pole und 2 Italiener. DaS englische Unterhaus hat am Freitag den grundlegenden tz 1 ber irischen Home-Rule- Bill unter Ablehnung sämmtlicher Abänderungs anträge mit 309 gegen 267 Stimmen ange nommen. Die Freude des Premiers Gladstone und seines engeren Anhanges über diesen neuesten parlamentarischen Erfolg der Homerulc-Sache wird aber etwas vergällt' durch die von den Radikalen Reid und Bolton abgegebene Erklärung, wonach die radikale Gruppe nur dann für die Gesammtvorlage stimmen will, wenn in deren übrigen Bestimmungen die Reichsoberhoheit schärfer betont wird und wenn die Bestimmungen über die Beibehaltung irischerDeputirter Modifizirungen erfahren. In dieser Schwenkung der Radikalen liegt aber die Gefahr deS Scheiterns der Vorlage- Fürst Ferdinand von Bulgarien und Gemahlin trafen am Donnerstag Abend nach Beendigung ihrer Hochzeitsreise in Sistowo ein- Am nächsten Vormittag fand die Begrüßung deS fürstlichen Paares durch die Minister, die Behörden re. statt, worauf der Fürst und die Fürstin mit den Ministern direkt nach Tirnowo zur Eröffnung der großen Sobranje abreisten- Jm mittelamcrikanischen Staate Nicaragua ist unter Leitung des früheren Präsidenten Zavalla eine Revolution auSgc- brochcn, welche siegreich verläuft. Die Insur genten sollen bereits den Nicaragua-Kanal, das Seitenstack des Panamakanals, besetzt haben,, weshalb sich die Nordamerikaner zur Einmischung, in diese Vorgänge anschicken. — In Peru ist ein neues Ministerium mit Josü Jiminez al» Vorsitzenden gebildet worden. folgedrfirn, daß ich Eie begrüßen kann und bitte Sir, rinzustimmen in ein Hoch aus die deutsche Turnerschast als Tritgerin deS deutschen EinheitSgedankrnS. Der neue Reichstag soll bereits auf den 26. Juni einberufen werden. Als Begründung diese- so frühen Termins geben Berliner Mel dungen die Nothwendigkeit an, den deutsch serbischen Handelsvertrag zu ratificiren, andern falls würde derselbe nicht bis zum 1. Juli in Kraft treten können. Selbstverständlich wären aber bis zu dem behaupteten Zeitpunkte der Einberufung deS künftigen Parlament- die Wahlen noch nicht alle definitiv vollzogen, denn voraussichtlich haben diesmal besonders zahlreiche Stichwahlen stattzufinden, daß dieselben aber sämmtlich bis zum 26. Juni vollzogen sein sollten, ist kaum anzunehmen, der neue Reichs tag würde also noch vor Abschluß der Stich wahlen zusammentreten. Doch liegt in dieser Beziehung schon ein Präcedenzfall vor, denn der am 21. Februar 1887 gewählte Reichstag wurde noch vor Beendigung der engeren Wahlen einberufcn. Zu denjenigen hervorragenderen Mit gliedern des Reichstages, welche rS abge lehnt haben, für die Neuwahlen wiederum zu kandidiren, gehören u. A. auch die bekannten CentrumSabgeordneten Freiherr von Huene, Graf Ballcstrem, der erste Bicepräsident im alten Reichstage, und vr. Porsch. Die Mißhellig- keiten, zu denen der einstweilige AuSgang der Militärsrage auch innerhalb der CentrumSpartei geführt hat, bilden offenbar die Ursache zu der Mandatsmüdigkeit dieser angesehenen Parlamen tarier. Ein besonders buntscheckiges Bild scheint die ReichstagSwahl-Ngitation in München zeitigen zu wollen. Hier stehen sich bislang ein nationalliberaler, ein freisinniger und ein sozial demokratischer Candidat, sowie ein Centrums kandidat gegenüber, wozu sich aber, wie eS heißt, noch ein Kandidat der antisemitischen Volks partei, ein solcher der konservativ-particula- ristischen Partei und endlich Herr vr. Sigl als Kandidat ganz auf eigene Faust gesellen werden. Die Reichstagswähler der bairischen Hauptstadt hätten also das ganz besondere „Glück", unter sieben Kandidaten Umschau halten zu dürfen! Die Worte deS Kaisers zur Militärvorlage sind der Presse der Opposition im höchsten Grade unwillkommen. Die „Freis. Ztg." erinnert daran, daß, ebenfalls auf dem Tempelhoscr Felde, im August vorigen Jahres der Kaiser erklärt habe, wenn der Reichstag nicht patriotisch genug sei, mit einer Vorlage, die aus der zweijährigen Dienstzeit beruhe, zugleich die nothwendigen Er gänzungen zu bewilligen, so sei ihm eine kleine gut diSciplinirte Armee immer noch lieber, als ein großer Haufe. Im Uebrigen bemerkt das Richter'sche Blatt: „Die Preßfreiheit in Deutsch land ist nicht derartig geartet, um die kritischen Aenßerungen deS Kaisers über den Reichstag vor den Generalen einer öffentlichen Kritik unter ziehen zu können". Die „Boss.Ztg." sagt: „Die Antwort auf die kaiserliche Rede läßt sich nicht heute geben; sie wird daS deutsche Volk am 15. Juni zu geben haben". Die fromme „Germania" nimmt sich heraus, den Text der kaiserlichen Worte direkt mit ihren Randglossen und Ans- rusungSzeichen zu versehen nnd u. A. zu erklären: „Die zweimalige Vcrwerthung des Wortes „patriotisch" in diesem Zusammenhänge weisen wir, sie mag stammen von wem sie will, hiermit ganz bestimmt zurück." Der bekannte vr. Sigl. schreibt im „Bair. Vtl.": Es giebt nur zwei Möglichkeiten: 1) Der Riß im Centrum wird wieder verleimt und die Fraktion steht in ihrer „alten Einigkeit" da — dann ist die ganze Oppositionsmacherei eitel Humbug und purster Schwindel, den auch der blindgläubigste Wähler durchschaut; oder aber 2) die Spaltung bleibt und besteht auch während deS Wahlkampfes und nach demselben fort, dann ist die Partei in einem solchen Maße geschwächt, daß sie nur noch einem Wrack gleicht, das hilf los auf dem Meere treibt. Denn darüber be steht auch kein Zweifel, daß unter der Führung eines Schwätzers, wie vr. Lieber einer ist — der sich erst zuletzt noch vom Reichskanzler eine Maulschelle gefallen lassen mußte, wie im Reichs tag noch keine vorgekommen ist — keine große Partei bestehen kann. Wer ein solches Wrack, auf dem als Letzter ein vr. Lieber das Com- mando führt, besteigen mag, dem gratuliren wir zu seiner politischen — Einsicht! Also so oder so! Mit dem Centrum ist eS au« und das Vertrauen dahin. Die Wahlen werden eS be weisen. Der Wahlaufruf der deutschen konser vativen Partei lautet: Der Reichstag ist auf-