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Schutzzöllen aus einer nationalen Konferenz über die Agrikulturfrage zu widersetzen, nur mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt wurde. ES ist g<- wiß ein Zeichen der Zeit, wenn man in dem Muttcrlande des Freihandels den Selbster haltungstrieb über die alleinseligmachende Theorie des freien Austausches zu stellen bereit ist. mit welchem stark zü rechnen ist. Auch durch der Weidewirthschaft zuznweni>cn. Man ersieht -die englische Landwitthschaft geht gegenwärtig -- eine ähnliche Strömung. Von ihr jedoch läßt sich schön jetzt Voraussagen, daß sie — im Gegensatz zu der deutschen — im Sande ver laufen wird; denn die englische Landwirthschast ist krank bis ins Mark, während der deutschen ein guter Kern innewohnt, den auch vorüber gehende Mißstände nicht sobald verderben können. Seit dem im Jahre 1846 Sir Robert Peel in England die Abschaffung der Kornzölle durch gesetzt hat, ist nicht nur das Verhältniß der politischen Parteien zu einander, sondern auch die Lage der englischen Industrie, zumal der Landwirthschast, eine gänzlich veränderte geworden. Vor diesem Wendepunkt erfreute sich der englische Grundbesitz eines sicheren Einkommens und oft unbedingt geltenden Einflusses; der Pächter seines Landes hatte zwar hohen Zins dafür zu entrichten und war politisch von seinem Land lord abhängig; dagegen genoß, er eines ausrei chenden, nur selten getrübten Wohlstandes und konnte, wenn er überhaupt ein zufriedenes Ge- müth besaß, mit Ruhe in die Zukunft blicken. Dagegen litt die städtische Bevölkerung, zumal die stets wachsenden Massen der Fabrikarbeiter, okt bittere Noth unter den drückenden Preisen der nothwendigstcn Lebensmittel, und häufig mußten wilde Ausbrüche der hungernden Volks menge von der Regierung mit blutiger Hand unterdrückt werden. Jetzt, nach einem halben Jahrhundert, hat sich die Lage beinahe umgekehrt: Brot und Fleisch sind für die arbeitende Be völkerung der Städte leichter und billiger zu beschaffen, vorausgesetzt, daß die Industrie nicht gerade, wie augenblicklich, unter einer allgemeinen Krisis zu leiden hat, die für größere Kreise eine - längere oder kürzere Arbeitslosigkeit mit sich bringt. Die Bevölkerung des platten Landes dagegen lebt in dauernder Sorge um das tägliche Fortkommen und hat mit schwerer Bedrängniß zu kämpfen, von der es nicht abzusehen ist, wie und wann sie ein Ende nehmen werde. Die Ursachen dieses landwirthschaftlichen Niederganges liegen nicht in einer vorübergehen den ungünstigen Konjunktur, sondern hängen mit der ganzen Natur der ländlichen Verhältnisse Großbritanniens zusammen. Es hat bekanntlich dort niemals einen eigentlichen Bauernstand wie bei uns gegeben; der überwiegende Theil des Bodens ist als Folge der mittelalterlichen Fcu- dalität und der großen Konfiskationen der Bür gerkriege im Besitz vcrhältnißmäßig weniger AdclSsamilien geblieben. Daraus hat sich denn mit der Zeit ein ausgebildetes Pachtsystcm ent wickelt, das durch ererbte Gewohnheit den Grund besitzer dahin gebracht hat, den Betrieb nur selten für eigene Rechnung zu führen, sondern ihn einem Pächter aus eigene Verantwortung zu überlassen, während er sich selbst nur die Residenz im Herrcnhause, Park, Jagd, Fischerei u. A. vorbchielt. Zur Zeit der Aufhebung der Korn zölle mußten natürlich die Pachtgelder ent sprechend herabgesetzt werden, wenn dein Pächter die Konkurrenz mit dem eingeführten ausländischen Getreide erträglich gemacht werden sollte. Der Landbesitzer hatte also den Ausfall zu tragen, wenn dem Fabrikarbeiter der Segen eines billigeren Brotes zu Theil werden sollte; aber damals war es ein Gebot der Nothwendigkeit, das Privilegium der Wenigen zu beseitigen. Die allmähliche Herabsetzung der Landrente hat gleichwohl im Lauf der Jahre nicht auSge- reicht, dem Farmer, der sich dem Druck einer uneingeschränkten Einfuhr gegenübergcstellt sieht, die Möglichkeit eines irgendwie lohnenden Be triebes der Landwirthschast zu sichern. Die Preise für Korn und Vieh sind seit länger als zwanzig Jahren mit kleinen Schwankungen stetig gefallen. Noch vor zwanzig Jahren konnte z. B. der Farmer in Lancashire seinen Weizen zu 11*/» Mark den Bushel zu Markte bringen, während er heute nur 3'/,—4 Mark dafür bekommt. Aehnlich steht es mit dem Rindvieh; ein Ochse, der vor einigen Jahren sich für 30 Pfund Sterling --- 600 Mk. verkaufte, bringt jetzt dem Züchter nur 8^/, Pfund ----- 170 Mk. ein. Auch die Wollpreise für einheimische Zucht sind seit etwa zwanzig Jahren durchschnittlich um die Hälfte gesunken. Die englischen Blätter dieser Tage sind angefüllt mit Klagen der Landwirthe, die gerade im besten Herbste unter der Noth einer völligen Mißernte zu leiden hatten und einen beinahe verzweifelten Ton anschlagen. Schon seit den ersten Anzeichen der nach theiligen Folgen der gänzlichen Abschaffung der Kornzölle haben einsichtige Farmer, denen ihre -Getreideernte keinen genügenden Ertrag brachte, zu dem Auskunftsmittel gegriffen, allmählich den -Kornbau «inzuschränken und sich mehr als zuvor auS der Thatsache, daß in den Jähren 1871—85 wch läßt daS Ackerland Großbritanniens (trotz einzelner ' Urbarmachungen z. B. in Sutherland) um I 750,000 Hektaren abgenommen, während sich die s Fläche deS Wiesenlandes um IV« Millionen Hektaren vermehrt hat. Allein mit dieser Vermeh rung hat unter den verheerenden Einflüssen der Rinderpest und wiederholter Schasseuchen die Vermehrung deS Viehstandes nicht gleichen Schritt halten können. Ebenso wenig hat der englische Pächter, dem sein Getreide mehr kostete als ein brachte, dem Ausfall durch Gemüsebau abhelfen können, da dieser nur in der Nähe großer Städte einen lohnenden Ertrag bringt. Eine weitere Herabsetzung der Pachtrente ist kaum durchführ bar. ES giebt Fälle, in denen der bisherige Grundherr eS vorgezogen hat, seinen Besitz gänz lich unbebaut liegen zu lassen, da die einkommende Pacht gleich Null war und ihm nur Scherereien brachte. Einen solchen Fall wollen wir hier er wähnen; es handelte sich um die in der Graf schaft Norfolk vorgekommene Außerkultursetzung eines Landgutes von 4000 Acker Umfang. Der Boden dieser Besitzung ist nicht gerade erster Klasse, immerhin ernährte er seinen Mann, und noch vor zehn Jahren war er von zahlreichen Pächtern bewirthschaftet. Allein mit dem stetigen Rückgang der Weizenpreise hielt der Ruin der Pächter gleichen Schritt. Einer nach dem Andern ging davon und schließlich nahm der Grundherr sein Gut in eigene Bewirthschastung. Nach kaum Jahresfrist gab er den Versuch als aussichtslos aus, verkaufte sämmtliches bewegliche Inventar und will den Besitz in den Urzustand zurück kehren lassen. Auf die Art braucht er wenigstens nicht noch Geld zuzusctzen, wie so zahlreiche seiner landwirthschaftlichen Leidensgefährten, welche die Hoffnung noch nicht aufgegebcn haben. In anderen Fällen haben Grundbesitzer ihre Güter einem Ucbcrnehmer sogar umsonst angeboten, wenn er den Betrieb nur in anständiger Weise aufrecht halten wolle; und es hat sich Niemand dazu bereit finden lassen, weil er die Unterbilanz fürchtet. Manche englische SquireS, die noch im Besitz ihres angestammten Gutes geblieben sind, weil sie sich von der „süßen Gewohnheit des Daseins" eines englischen Landedelmannes nicht trennen können, haben ihre Vergnügungen und ihren Luxus (Marstall, Dienerschaft, Gärtner, Meute, Wildhütcr), entweder aus's Aeußerste ein geschränkt, oder sogar ganz darauf verzichtet; oder sie haben ihre Halle und Abtei irgend einem kaufmännischen Krösus, der an ihrer Stelle den Landjunkcr spielt, abgetreten und sich selbst mit dem geretteten Rest ihres Vermögens in einem billigen Badeort des Kontinents zurückgezogen. Dies ungefähr sind die Zustände, auf welche die einst so blühende englische Landwirthschast unter dem Einfluß der modernen Lehre von der freien Selbstregulirung deS Welthandels durch Angebot und Nachfrage herabgesunken ist. Nord amerika, Ungarn und Rußland diktiren dem Lon doner Markt die Getrcidepreise; Nordfrankreich, die Niederlande und Dänemark notiren den Markt werth des Rindviehs; Australien den PreiS- kourant für die Wolle der englischen und schotti schen Schafe. So entscheidet denn — wie in relativer Weise auch bei uns — das Ausland in nah und fern über daS Wohl und Wehe der ländlichen Be völkerung Großbritanniens, die sich noch immer, trotz deS auch drüben bestehenden Drängens deS gemeinen Mannes in die großen Städte, mit Einschluß der im Dienst der Pächter oder Eigen- thümer stehenden Tagelöhner aus 8 Millionen (unter 38 Millionen) beläuft. Man kann sich also denken, daß die bctheiligten Kreise über die von Jahr zu Jahr wachsende Kalamität in große Aufregung geratheu sind. ES haben in ver schiedenen Theilen deS Vereinigten Königreichs Versammlungen von Landwirthe» stattgefunden, so z. B. in Cheshire, in Lancashire, in der Graf schaft Northampton, um über Maßregeln zu be- rathen, wie dem außergewöhnlichen Nothstande ihres Gewerbes abzuhelfcn sein möchte. ES ist dort von abermaliger Herabsetzung der Landpacht die Rede gewesen, vom BimetallismuS, von direkter Verbindung deS Produzenten mit dem Konsumenten nach dem Vorbildc französischer Genossenschaften, wodurch der verderblichen Börsen spekulation mit den nothwendigsten Lebensrnitteln eine Schranke gesetzt werde; technische BildungS- anstalten und andere Mittel zweifelhaften WertheS sind in Vorschlag gebracht worden. In Nort hampton ist auch der Antrag auf Wiederein- führung von Schutzzöllen auf Vieh und Getreide gestellt, freilich aber mit großer Mehrheit ver- Deutsches Reich. ^V. Bischofswerda, 21. Februar. In der heutigen 2. Kirchenvorstandssitzung dieses Jahres wurde zuerst mit Dank und Freude davon Kennt- niß genommen, daß von einem Freunde der Kirche 300 Mark als Beitrag zu den Kosten der Beheizungsanlage mit dem Wunsche geschenkt worden seien, daß es gelingen möge, auf frei willigem Wege eine recht große Summe zu diesem Zwecke auszubringen. Nach reiflicher Er wägung wurde daher beschlossen, eine HauS- sammlung in der Kirchgemeinde zu veranstalten, zuvor aber auch durch die Presse und aus sonst geeignet scheinendem Wege die Herzen für diese Sache zu erwärmen. Mit der'Besichtigung der Heizungsvorlage in Göda wurde der BauauS- schuß beauftragt, nachdem der Vorsitzende über die Niederdruckdampfheizung als über die beste Art der Kirchenheizung Bericht erstattet hatte. Der Kirchenvorstand zu St. Jacobi in Freiberg hatte bei Gelegenheit des Neubaues der Jacobi- kirche daselbst die eingehendsten Untersuchungen über die beste Art der Kirchenheizung angestellt, von 14 Kirchenvorständen und vielen Sachver ständigen Gutachten eingcfordert und das Alles zu einem wohlgeordneten Aktenstück zusammen gestellt. Dieses Aktenstück war dem hiesigen Kirchenvorstand zum Zweck der Einsichtnahme von dem dortigen Kirchenvorstand zur Ver fügung gestellt worden. Aus dieser Zusammen stellung geht unzweifelhaft hervor, daß die Niederdruckdampfheizung die beste Art derKirchen- heizung ist. Sie erwärmt die Füße und läßt den Kops kühl. Hierauf wurde daS überaus günstige Gutachten des Herrn Organist Stecher über die Wiederherstellung der Orgel in der Gottesackerkirche durch Herrn Orgelbaumeistcr Eule in Bautzen vorgetragen und eine etwa nöthig werdende Erweiterung des OrgelchorS dem Bauausschuß überwiesen. Herrn Organist Stecher wurden unter Anerkennung seiner wahr haft künstlerischen Leistungen auf der Orgel auf Antrag des Herrn Stadtrath Kind 15 bis 20 Mk. zur Beschaffung von Noten verwilligt. Ein Legat von 600 Mk. für die GotteSacker- kirche mit der Verpflichtung der Instandhaltung eines Erbbegräbnisses wurde unter der Be dingung angenommen, daß diese Verpflichtung nur auf 25 Jahre, vom Tode deS Testators angercchnet, Geltung haben soll. Bischofswerda, 24. Februar. Durch die gestern im Saale deS Restaurant Klemm statt gehabte Versammlung von Hausbesitzern hiesiger Stadt hat daS Projekt der Grubenräumung mittelst Motor greifbare Gestalt angenommen und wurde daS Unternehmen der Herren Vor werksbesitzer Kindler in Kleindrebnitz und Guts besitzer Päßler in Belmödorf als ein weiterer Fortschritt für unsere Stadt mit Freuden be grüßt. Es ist Aussicht vorhanden, daß, wenn sich 100 Hausbesitzer verpflichten, ihre Gruben durch diese neue Einrichtung entleeren zu lassen, was ganz geruchlos und ohne irgend welche Verunreinigung der Hausflur re. durch Schlauch leitung geschieht, schon vom 1. April ab bas Unternehmen in Kraft tritt. — Die älteste Bewohnerin unserer Stadt, Frau verwittwete Gottlöber, begeht am Diens tag, den 28. Februar, ihren 90. Geburtstag und erfreut sich noch einer seltenen körperlichen wie geistigen Frische. Möge diese hochbetagte Erden pilgerin, welche übrigens in sehr bescheidenen Verhältnissen lebt, durch gespendete Liebesgaben und Glückwünsche an diesem Tage recht erfreut werden. — Beim Herannahen des Musterungsgeschäftes sei Folgendes mitgetheilt: Nach den Bestim mungen der Militärersatziustruktion darf kein Gestellungspflichtiger daS Aushebungslokal vor seiner Abfertigung wieder verlassen, sein Fehlen beim Aufruf seitens der Kommission zieht den Verlust deS LoosungSrechtS und der LooSnummer, sowie die vorzugsweise Heranziehung zur Ab leistung der Militärpflicht nach sich. Wer in Vorbereitung zu einem Lebensberufe oder in Erlernung einer Kunst begriffen ist, durch deren Unterbrechung bedeutender Nachtheil für ihn ent stehen würde, oder wer seinen dauernden Aufent« , ... „ „ , , halt im AuSlande hat, oder wer der einzige Er, warfen worden; während andererseits der An- k nährer hilfloser Familie, erwerbsunfähiger Eltern, trag, sich den von einigen Seiten angestrebten ' Großeltern und Geschwister, der Sohn eines zur