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kV Der sächsische Crzthler. E-ft, Der neue des in den San Juan man sich Nationalen Einrichtungen leidet darunterschweren Schaden. Und so schlimm, wie in dem gegen wärtigen Antikartell «Reichstag, der mit so viel übermüthigen Prahlereien in's Leben trat, ist es noch nse gewesen. Einen die „Antisemitische Partei* schwer verletzenden Borwurf, welcher in der Montagnummer der „Dresdner Nachr." enthalten und demzufolge sich die Antisemiten fast niemals bei wichtigen Anlässen bis jetzt bei den Debatten im Reichstage zum Wort gemeldet und auch in letzterem zumeist durch Abwesenheit geglänzt hätten, weist Herr Reichstagsabgeordneter Osw. Zimmer- ab; s- . Lesung nicht zu Worte kommen, sogar noch höh Die mktteleuröWsche Vertragspolitik auf handelspolitischem Gebiets, hat soeben Zeinen neuen Triumph gefeiert. Zwischen Oesterreich»Un garn und Serbiey ist nach langen Verhand lungen ein Handelsvertrag abgeschlossen worden; derselbe wurde bereits den Parlamenten in Oester reich und Ungarn zur Genehmigung vorgelegt. In Italien schickt man sich an, diejenigen Parlamentsmitglieder, welche in der bekannten Skandalaffaire der „Banca Romana" verwickelt sind, ernstlich beim Kragen zu nehmen. Zu nächst ist der Abgeordnete de Zerbi, ein Mitglied der Rechten, von diesem Schicksal betroffen worden. Die Deputirtenkammer genehmigte am Freitag den Antrag der Regierung betreffs Ein leitung der gerichtlichen Verfolgung gegen den genannten Volksvertreter nach lebhafter Debatte und zwar fast einstimmig. Ministerpräsident Giolitti hielt eine sehr wirkungsvolle Rede, ebenso griffen der Finanzminister und der Justizminister energisch und unter Zurückweisung der gegen die Regierung in Betreff des Bankskandals umlau fenden Gerüchte verleumderischen Charakters in die Verhandlungen ein. Vermuthlich werden auch noch andere Parlamentsmitglieder das Loos de Zerbi'S thcilen. In Frankreich dauert die Erörterung über das russisch-französische Verhältniß kort. Heute läßt sich „Evünement" zur Frage deS russische» Bündnisses vernehmen. Rußlands neue Haltung zu Deutschland, sagt das Blatt, hat in Frank reich Ueberraschung und einen peinlichen Eindruck hervorgcrufen, etwas hat sich geändert, Frank reich ist berechtigt, zu wissen, was. Seit zwei Jahren erweist Rußland unS Artigkeiten, auf die wir mit Komplimenten antworten, jetzt ist eS Zeit, zu ernster« Dingen überzugehen und endlich von dem berühmten Bnndesvertrag zu reden, der gewiß vorbereitet wurde, aber nicht unterzeichnet ist. Bisher haben wir Versprechungen erhalten, wir möchten jetzt deren Bestätigung sehen. Es wird jetzt mehrfach die Frage aufgeworfen, zu welchem Zwecke wohl die französische Re gierung in der Zeit vom 22. Dezember 1892 bis 19. Januar 1893 der Bank von Frankreich 235 Millionen Franken entnommen habe, ein Umstand, welcher diese Bank zu der Erklärung veranlaßte, daß sie ihre Zahlungen nur noch in Metall leisten könne, woraus wieder zu schließen war, daß die gesetzliche Grenze ihrer Noten« Emission erreicht war. Zu dieser noch nicht authentisch beantworteten Frage theilt ein Ge währsmann dem „B. T." seine Ansicht, die sich auf gewisse, ihm aus Paris zu Theil gewordene Anhaltspunkte stützt, folgendermaßen mit: Die Entnahme der 235 Millionen durch die fran zösische Regierung dürfte erfolgt sein, um den französischen Sparkassen zu Hilfe zu kommen. Diesen Sparkassen sind bekanntlich zu der Zeit, als der Panama-Skandal am ärgsten wüthete, von den Einlegern sehr bedeutende Summen ge kündigt und entnommen worden, und die Spar kassen hätten, um ihre Verpflichtungen zu er füllen, zum Verkauf der französischen Rente schreiten müssen, in der die Einlagen größten- theils angelegt waren. Dies hätte aber eine Deroute bezüglich des Rentenwesens hervorge rufen, welche die schlimmsten Folgen in politischer Hinsicht hätte haben können. Die französische Regierung habe es deshalb für richtig gehalten, den Sparkassen Vorschüsse zu leisten. Ueverhaupt bilde das System der Sparkassen in Frankreich eine große Gefahr für das Land, da bei etwa einmal eintretenden schwierigen Verhältnissen die Sparkassen in Verlegenheit gerathen könnten, weil sie die Einlage in Rente angelegt hätten, welche dann nur schwierig, vielleicht überhaupt nicht, zu Geld gemacht werden könnte. ES wird auch die Meinung laut: die 235 Millionen seien Rußland als Vorschuß zugcflosseu. Das in Berlin verbreitete Extrablatt über ein Attentat auf den Czaren hat mehr Staub aufgewirbelt, als es verdiente. Der Staats sekretär von Marschall hat dem Grasen Schuwalow das Bedauern der Regierung über diesen Unfug ausgesprochen. Jetzt will der „Börs.-Kur." er fahren haben, daß schon am Dienstag, den 31. v. M., Abends ll^/, Uhr Prinz Heinrich bei dem russischen Botschafter gewesen sei, um im Namen deS Kaisers dessen lebhaftesten Unwillen über das Vorkommniß auszudrücken, was ver folgt und geahndet werden solle. Man scheint danach angenommen zu haben, daß hinter den brüllenden Basiermann'schen Gestalten sich ein politisches Ränkespiel versteckt habe. Und es ist allerdings auffällig, mit welcher Geschwindigkeit und Einmüthigkeit die französische und franzosen freundliche Presse dieses Vorkommniß aufgegriffen und zu verwerthen gesucht hat. Die Adreßdebatte im englischen Oberhause ist am Freitag nach dreitägiger Däütt durch .m Annahme der an die Königin zu richtendrw Adresse beendigt worden. Im Unttrhasise da gegen tobt die aus gleichem Anlasse entbrannte Redeschlacht vorläufig weiter und läßt sich ihr Ende bei der Gründlichkeit, mit der in der Adreßdebatte des Unterhauses alle Fragen der inneren wie auswärtigen Politik Englands zur Erörterung gelangen, noch gar nicht absehen. Die griechische Insel Zante ist in den letzten Tagen durch mehrere aufeinanderfolgende" Erderschütterungen, mit denen heftige Stürme verbunden waren, schwer heimgesucht worden.. Die Verwüstungen, welche durch diese elementaren Katastrophen auf dem von der Natur so reich: gesegneten Eilande augerichtet worden sind, sollen sehr beträchtliche sein, über die hierbei verursachten Verluste an Menschenleben liegen noch keine näheren Meldungen vor. König Georg ist auf Zante eingetroffen. Wenn man dem offiziösen englischen Tele graphen Glauben schenken soll, so wäre die Lage in Egypten völlig beruhigend- Die hierüber von allen anderen Seiten kommenden Nachrichten stimmen dagegen darin überein, daß die Situation am Nil für die Engländer fortgesetzt kritisch sei und daß infolge der Hetzereien der anti-englischen Partei im Lande der Ausbruch einer Erhebung gegen die Engländer gerade nicht unwahrscheinlich- sei. Die Rothröcke werden allo gut thun,. Egypten gegenüber die Augen offen zu halten In Marokko wollen die Dinge auch nicht^ nach Wunsch John Bull's gehen, britische Spezialgesandte in Tanger, Sir West Ridgevay, hat zwar alsbald nach seiner Ankunft- Unterhandlungen mit der marokkanischen Regierung wegen Abschluß eines Handelsvertrages mit Eng land und anderer Zugeständnisse eingeleitet, die selben nehmen aber einen ungünstigen Verlauf.. Im nördlichen Argentinien soll der Wie derausbruch des Bürgerkrieges bevorstehen, da es dem Commissar der Certral-Regierung,. Avellaneda, nicht gelungen ist, eine Verständigung zwischen den sich feindlich gegenüberstchenden Parteien herbeizuführen. — Zwischen Argentinien und Chile sind Zwistigkeiten wegen Anden gelegenen Hochthales von entstanden; einstweilen bombardirt gegenseitig mit Noten. Berlin, 6. Februar. Der Kaiser hat dem Magistrat zu Berlin folgendes Dankschreiben zugehen lassen: „Dem Magistrat meiner Haupt- und Residenzstadt spreche Ich für die herzlichen Glückwünsche zu Meinem Geburtstage Meinen wärmsten Dank. Wenn derselbe in der Mir gewidmeten Adresse zu Meiner Freude deS Ban des der Treue zwischen Fürst und Volk vertrauens voll Erwähnung thut, so gebe Ich gern zu er kennen, wie auch Ich in diesem Bande die sicherste Bürgschaft für eine glückliche Fortentwickelung unserer Verhältnisse erblicke. Berlin, 30. Januar 1893. Wilhelm R. Berlin, 6. Februar. Die Rede, welche der Kaiser am Sonnabend Abend bei dem Fest mahl zu Ehren deS Generalobersten von Pape hielt, hatte folgenden Wortlaut: „Meine Kamera den! Es ist für mich eine Ehre, daß ich Sr.. Exzellenz, dem Generaloberst von Pape, unsere gemeinsame Huldigung und unsere Wünsche zu Füßen legen darf. Wir haben vor wenigen Jahren schon einmal mit Ew. Excellenz gefeiert: und die Freude gehabt, von Ihnen aus alter Zeit zu hören. Unser Leben währet 70 Jahre und wenn es hoch kommt, so sind es 80 Jahre,, und wenn cs köstlich gewesen ist, so ist eS Mühe und Arbeit gewesen, sagt der Psalmist. DaS Leben, das hinter Euer Excellenz liegt, ist das jenige preußischer Gesinnung, treuester Pflichter füllung, hingebendcn Dienstes von dem Augen blicke an, wo Sie den Rock der preußischen Armee anaczogen haben. Es ist hier nicht der Ort und liegt auch nicht in meiner Macht, den Lebenslauf zu schildern, den Sie durchgemachthabcn,. derselbe sie st verzeichnet in den Geschichtsbüchern des Volkes und in den großen Momenten der letzten Kriege. DaS kann ich wohl als Empfindung meiner, der Kameraden des Regiments, ebensowohl der ganzen preußischen Armee aussprechen, daß die Figur des Generaloberst von Pape, so lange die preußische Armee existirt, nicht aus ihren Augen entschwinden wird. Sie ist der Inbegriff der Ritterlichkeit altpreußischer Tradition, hinge benden Gehorsams, der nur kennt die Gebote seines Herrn und die der Ehre und deS Ruhmes der Fahne, die ihm anvertraut sind. Im Hin blick hierauf hat das Regiment sich eine Gabe auSgrdacht, die zu überreichen mir obliegt; sie soll darstellen einen Grenadier des Regiments der die des Tuches schon längst entbehrende: Antisemitische Partei* MoNtagnummer der „Dresdner Nachr." enthalten . . ------- ... .. .... bei wichtigen Anlässen bis jetzt bei den Debatten im Reichstage zum Wort gemeldet und auch in letzterem zumeist durch Abwesenheit geglänzt hätten, mann m folgender "prSciser Weise von der Partei ab; „Da wir Antisemiten im Reichstage die Erfahrung gemacht haben, daß wir bei der ersten Lesung nicht zu Worte kommen, sogar noch höh nisch behandelt werden, haben wir cs vorgezogen, in der Hauptsache unsere Anschauungen bei der zweiten Lesung zum Ausdruck zu bringen, wo unS das Wort nicht so leicht abgeschnitten werden kann. Die Vorlagen betreffen sog. Börsensteuer, Abzahlungsgeschäfte, Wucher und sind sammt und sonders nur Folgen der antisemitischen Agitation. Auf Böckel's Rede über die Abzahlungsgeschäfte im vorigen Reichstage erfolgte vom RegierungS- tisch die erste Zusicherung der jetzt endlich einge gangenen Vorlage. Ueber unsere Stellung zu den Handelsverträgen konnte nach der Abstim mung vom 18. März 1891, bei der so viele Konservative fehlten oder umfielen, ebensowenig ein Zweifel sein. Damals stellten und unter stützten die Konservativen den Antrag auf Schluß der Generaldiskussion und wollten Abg. Böckel nicht zu Worte kommen lassen: ebenso in der Wucherdebatte am 30. April 1891 sSchlußantrag von Hultzsch und Genossen). Die Thatsache, daß wiederholt den Antisemiten durch vorzeitige Schlußanträge das Aussprechen ihrer Ansichten unmöglich gemacht wurde, steht unwiderleglich fest. Erst kürzlich geschah dies dem Abg. Picken bach gegenüber bei Berathung der Militärvorlage, sowie der Brausteuer. Bei der dreitägigen Noth- standsdebatte kam Abg. Böckel nicht zu Worte, obwohl er sich sofort am ersten Tage gemeldet hatte. Trotz ihrer schwierigen Stellung sind die Antisemiten prozentmäßig stets stärker vertreten als die alten Parteien und gehören zu den fleißigsten Besuchern der Plenarsitzungen. Ist der eine oder andre einmal behindert, so gewiß nicht durch Diners, Jagden oder sonstige Vergnügungen, sondern durch Aufgaben der Organisation und Agitation, die für unsere Partei die Hauptsache bleiben, um bei Neuwahlen die Stärke zu er reichen, welche im Reichstage selbständiges Vorgehen und Einfluß auf die Geschäftsführung verbürgt. Die Behauptung, daß „die Vertreter keiner Partei so viel schwänzen wie die Antise miten" ist eine grobe Unwahrheit, zu deren näherer Kennzeichnung mir der parlamentarische Ausdruck fehlt. Berlin, den 31. Januar 1893. Oswald Zimmermann". Zwischen Regierung und Volksvertre tung in Meiningen ist ein Confliktau-gebrochen. Der Landtag des HerzogthumS hat die von der Regierung eingebrachte Steuervorlage, da in letzterer auf die vom Landtage wiederholt aus gesprochenen Wünsche bezüglich der Steuer erleichterungen keine Rücksicht genommen wird, am Freitag abgelehnt, infolgedessen der Landtag geschlossen wurde. Wie sich der Conflikt nun weiter entwickeln wird, bleibt noch abzuwarten, ob indessen Neuwahlen einen gefügigeren Land tag ergeben würden, ist sehr fraglich. Die Kundgebung des ProvinzialauS- schusjes der Rheinprovinz zu Gunsten der Militärvorlage hat an allerhöchster Stelle be sonders angenehm berührt. Hiervon zeugt die von der „Köln. Ztg." gemeldete Thatsache, daß den Mitgliedern der genannten Körperschaft für ihre Stellungnahme in der Militärfrage der Dank des Kaisers übermittelt worden ist. Nebri- gens verdient Erwähnung, daß eines der Mit glieder des Provinzialausschusses, Freiherr von Solemacher, die erwähnte Kundgebung als eine bedenkliche Competenzüberschreitung des Aus schusses erklärt hat. Die Meldungen aus den letzten Tagen der vergangenen Woche über das Steigen der Flüsse im westlichen Deutschland lauten noch ziemlich bedenklich. Da aber inzwischen wieder leichtes Frostwetter eingetreten ist, so steht ein baldiges Sinken der Gewässer zu er warten. Der unyarische Ministerpräsident We- kerle hat die allgemeine Lage als so beruhigend bezeichnet, wie sie noch niemals gewesen sei. Auch soll Herr Wekerle das Stattfinden einer neuen Kaiserzusammenkunst in absehbarer Zeit als nicht unwahrscheinlich hingestellt haben.