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Der sSchfische Erzähler. Veite 4. TerroriSmuS wird der sicherste Weg sein, die letzte Spur von Theilnahme, die wir jeder ver nünftigen Bestrebung zur Verbesserung des ArbeiterlooseS entgegenbringen, zu tilgen, und wird auch sicherlich nicht zum Vortheile Derer ausschlagen, die mit solchen Mitteln arbeiten." — Das „Leipz. Tagebl." schreibt: „Nachdem am Freitag in der Mehrzahl der hiesigen Buchdrucke reien die Kündigung erfolgt ist, läßt sich jetzt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit daS Resultat der Bewegung erkennens es haben durchschnittlich zwei Drittel des angestellten Personals gekündigt, während ungefähr ein Drittel stehen bleibt, — ein Verhältnis welches sich kaum noch ändern dürfte. Dieses Dritttheil genügt, um die drängen den Arbeiten monatelang zu bewältigen, jeden falls länger, als die angesammelten Gelder aus reichen. Da die Prinzipale entschlossen sind, nicht nachzugeben, dürfte der Streik ein vergeb licher sein; nach einigen Wochen wird eS sich zeigen, daß diese Vorhcrsagung zutrifft. Nach Allem, waS man hört, werden die hiesigen Zei tungen in unverändertem Umfange forterscheinen können; die NerlagSbuchhändler schieben ihre Druckarbeiten auf und die laufenden Accidenz- arbeiten sind meist auch nicht sehr dringend, er fordern auch nicht viele Arbeitskräfte. Die Lage gestaltet sich also keineswegs günstig für die Streikenden. Aehnlich dürste sich die Sachlage auch an anderen Orten gestalten." Ein junger Mechaniker in Chemnitz hat eine liegende Dampfmaschine mit Schiebersteuernng und vollständigem Zubehör in der Schale einer gewöhnlichen welschen Nuß gefertigt und ausge stellt; sie dürfte wohl die kleinste Dampfmaschine der Welt sein. Der Durchmesser des Schwung rades mißt 10 Mm., der Kessel ist 18 Mm. lang und 6,50 Mm. hoch. Man kann daraus unge fähr berechnen, wie winzig klein und zierlich die einzelnen Theile des für Spiritusheizung einge richteten und sehr gut gehenden Maschinchens sein müssen. 8 Der Fuhrmann Götz, 60 Jahre alt, in Oclsnitz kam beim Fuhrwerk um's Leben. — Bei einem Hochzeitssestc im arabischen Viertel zu Tunis stürzten 2 Häuser ein. 30 Personen, meist Frauen, wurden erschlage». — Al- Raub mörder des Bierkutschers Hermann aus Walden burg ist der 19jähr. Gottwald lKntscher) ermittelt und nach Schweidnitz geschafft worden. — Als des Mordes am Schneidcrgesellcn Schmidt ver dächtigt, wurde der Webergeselle Suchan zu NowaweS gefänglich cingezogcn. — Die Stadt Frankenberg feiert das 150jähr. Jubiläum ihrer Kirche. — Ein Liegnitzcr hat 2000 Mark ge spendet zum Besten der Unterbringung schwäch licher Kinder in Ferienkolonien. — Herr PrivatuS Frankel in Dohna feierte daS 50jährige Bürger jubiläum. — Herr Chausscewärter a. D. Trommler in Neumark feierte das Diamantene Ehejubiläum. — Herrn Rendant Haubold in Glauchau wurde daS AlbrcchtSkreuz verliehen. — In TieSkow bei Brandenburg wurde ein 25jährigcr Müllcrgcselle von Messerhelden überfallen und gctödtet. — Bei Delmenhorst wurde ein Brautpaar über fahren und gctödtet. — Durch Feuer wurden vernichtet: eine Feldscheune bei Striesen; dcSgl. eine Feime in der Nähe dort (ein Strolch wurde als der Brandstiftung verdächtig cingefangen); 16 Gebäude in Wilken bei Hohenstein. (Ein Kind kam leider in den Flammen um.) Der deutsche „Rcichöauzcigcr" bringt an der Spitze seiner Mittwochs-Nummer folgenden kaiser lichen Erlaß an daS StaatSministerinm: Die beklagenswerthcn Erscheinungen, welche das Straf verfahren gegen die Eheleute Heinze hat zu Tage treten lassen, beunruhigen mein landeSvätcrlichcs Herz fortgesetzt. Obwohl ich dem Justizminister meine Ausfassung bereits im Allgemeinen kund gegeben habe, und obwohl mir bekannt ist, daß seitens der nächstbetheiligten Minister des Innern und der Justiz vorbereitende Schritte zur Beseiti gung der aufgedeckten Schäden cingeleitet sind, so drängt eS mich doch, auch die Aufmerksamkeit meines Staatsministeriums auf diese für das Wohl des ganzen Landes so bedeutungsvolle Angelegenheit hinzulcnken und dasselbe zu veran lassen, mir auf Grund der von den Ressort ministern gepflogenen Verhandlungen thunlichst bald bestimmte Vorschläge zu machen. Wenn ich dabei auf diejenigen Gesichtspunkte Hinweise, welche mir für die Beurtheilung der hervorgc- tretenen Mißstände und der zu ihrer Abwehr zu ergreifenden Maßnahmen besonders wichtig er scheinen, so halte ich mich dazu umsomehr ver bunden, als das Recht in meinem Namen ge sprochen wird und ich von dem Bewußtsein der drungen bin. Der Heinze'sche Prozeß hat in er schreckender Weise dargclegt, daß das Zuhälter- thum neben einer ausgedehnten Prostitution in den großen Städten, insbesondere in Berlin, sich zu einer gemeinen Gefahr für Staat und Gesell schaft entwickelt hat. Behufs energischer Be kämpfung dieses Unwesens wird in erster Linie in Frage kommen, inwieweit schon auf Grund der bestehenden Gesetze mit Nachdruck gegen die Zuhälter eingeschritten werden kann. Diese Auf gabe fällt der Polizei und der Strafgesetzpflege zu. Es wird der Polizei,ein kräftiges und unter Umständen rücksichtsloses Vorgehen gegen die Ausschreitungen jener verworfenen Menschenklasse zur Pflicht machen, zugleich aber werden die Exekutivbeamten darüber zu vergewissern sein, daß sie bei thatkrästigem Vorgehen nicht nur meine Anerkennung, sondern auch meinen Schutz finden werden. Was die Anwendung der be stehenden Strafgesetze anlangt, so wird darauf hinzuwirken sein, daß die Gerichte bei ihrem Urtheil sich nicht von einer falschen Humanität leiten lassen und demgemäß auch bei ersten Fällen auf ein möglichst hohes Strafmaaß erkennen. Im Anschluß hieran wird zu erörtern sein, ob und in welcher Weise cs etwa einer Acndcrung oder Ergänzung des bestehenden Strafrechts be darf. Auch das Strafverfahren wird einer näheren Prüfung zn unterziehen und werden da bei Maßregeln zu erwägen sein, welche eS ver hindern, daß Berthcidiger, uncingcdenk ihrer Pflicht, zur Ermittelung der Wahrheit beizu tragen, cs zu ihrer Aufgabe machen, dem Unrecht selbst durch frivole Mittel zum Siege zu ver helfen. Nicht minder ist Vorsorge zu treffen, daß die Würde des Gerichtshofes sowobl der Vcrthcidignng wie den Angeklagten und dem Publikum gegenüber unter allen Umständen ge wahrt bleibe. Endlich erscheint eS geboten, daß in Fällen, in welchen die schwersten sittlichen Schäden den Gegenstand der Verhandlung bilden, die Ocffcntlichkcit des Verfahrens ausgeschlossen werde. Gegenüber den betrübenden Erscheinungen deS Heinze'schcn Prozesses ist eS mir eine erfreu liche Wahrnehmung, daß die großen Gefahren und Mißstände, welche der Prozeß bloßgclcgt hat, von allen Schichten der Bevölkerung in ihrer vollen Tragweite erkannt sind und daß die öffentliche Meinung cinmüthig die Nothwcndigkeit wirksamer Abwehr hervorhebt. Dies läßt mich hoffen, daß den von meiner Negierung zu tref fenden Maaßnahmcn diejenige Unterstützung inner halb der gesitteten Kreise meines Volkes nicht fehlen wird, ohne welche eine durchgreifende Ab hilfe nicht erwartet werden darf. Neues Palais Potsdam, den 22. Oktober 1891. Wilhelm U. Potsdam, 29. Oktober. Der König von Rumänien ist nm 3 Uhr Nachmittags über Ber lin nach Pest abgcreist. Sc. Majestät der Kaiser begleitete denselben im Wagen bis zur Bahn. Beim Abschiede schüttelten sich die Monarchen herzlich die Hände. Mit demselben Zuge fuhr auch der Fürst von Hohenzollern, welcher in Berlin den Zug verläßt, um sich nach Schlesien zur Jagd zu begeben. In Breslau wird der rumänische Thronfolger mit dem Könige zusammen treffen. Berlin, 29. Oktbr. Die Danziger Marine behörde erhielt direkt telegraphischen Befehl aus Berlin bezüglich des Empfanges des russischen Kaiscrpaares. Graf Waldcrscc, der von Altona telegraphisch nach dem neuen Palais gerufen wurde, hatte eine längere Konferenz mit dem Kaiser und ist wahrscheinlicher Uebcrbringer eines Handschreibens des Kaisers an den Czaren. — Der dem BundeSrathc zugcgangene außerordent liche Etat enthält als Mehrausgabe die zweite Rate für die Befestigung chcr Insel Helgoland in Höhe von 7 Millionen, sowie einen Posten für den Bau von Wohnhäusern für die Arbeiter ans der Kieler Werst. Stuttgart, 28. Oktober. Dem „Schwäb. Merkur" zufolge wird bas Haus der Abgeordneten am Freitag die Vorlage über die Zivilliste be- rathen. Am Sonnabend findet die Debatte über die Adresse statt, welche dem Könige in der nächsten Woche übergeben werden soll. Spätestens am Mittwoch nächster Woche würde die Kammer geschlossen werden. Stolp, (Prov. Pommern), 28. Oktober. Reichstagsersatzwahl. Bisher sind gezählt für Dau (deutschsreisinnig) 8917, für Osten (konserv.) 4930 Stimmen. Die Wahl des ersteren ist sicher. Pflichten, welche mir als oberstem Hüter des Rechts und der Ordnung obliegen, voll durch- O e st e r r e i ch. Wien, 29. Oktober. Der Zustand der Erz herzogin Margaretha hat sich verschlimmert. Die Gefahr ist bedeutend. Niederlande. Haag, 29. Oktober. Die Negierung legte zur Einführung der allgemeinen Dienstpflicht Mu einen Gesetzentwurf vor, welcher hie Dienstzeit der Miliz auf 10 Jahre fcstsetzt, von denen 4 auf die Reserve entfallen. England. Die Riescnkanonen der britischen Ma rine beweisen eine nach der anderen ihre Untaug lichkeit. Letzter Tage wurden bedeutende Sprünge an einem der 67-Tonnen-Geschütze des auf der Rhede von Portland liegenden Panzerschiffes „Howe" entdeckt. Das Schiff hatte letzte Woche Schießübungen vorgenommen. Der Schaden ist so groß, daß man eS für gefährlich hält, die Kanone weiter zu brauchen. Viel Schüsse sind überhaupt noch gar nicht anS dem Rohr abgc- seuert worden. Die Kanone hat 260,000 Mark gekostet. Cork (Irland), 29. Oktober. Der Abg. Dillon wurde gestern Abend trotz des Schutzes eines Polizeiaufgebots von einer wüthenden Volks menge verfolgt. Sein Wagen wurde angehalten, mit Steinen beworfen und Dillon selbst sehr ge- mißhandelt. Beim AuSsteigen erhielt derselbe einen Knüppelhieb über die Beine, welcher ihm das Gehen unmöglich machte. Der Wagen wurde vollständig ruinirt. Die Menge verfolgte denselben schreiend und Steine nachwersend. Die Polizei zog, trotzdem sie schon umfassende Sicher- hcitSmaßrcgeln getroffen hatte, Militärverstär- knngen herbei. Vermischtes. — Berlin, 29. Oktober. DaS Ehrengericht der Berliner Anwaltkammer verhandelte heute gegen die Rechtsanwälte Coßmann und Ballten wegen ihres Verhaltens im Heinzeschen Mord prozeß. ES erachtete nicht für dargcthan, daß die Rechtsanwälte Coßmann und Ballien dem Gerichtspräsidenten den Vorwurf der Parteilich keit gemacht und daß sie Heinzes in ungerecht fertigter Weise znr Verweigerung der Aussage bestimmt oder in illoyaler Weise von ihren Vcr- thcidigungsrcchten Gebrauch gemacht haben. Da gegen hätten sie durch Sekttrinken im GcrichtS- saäle die Rechtsanwaltordnung verletzt, anch sei der Coßmann aus der Art der Abholung der Gcrichtsakten anS der Wohnung des Gerichts präsidenten gemachte Vorwurf und der Ballien wegen der Art seines Verkehrs mit Heinzes ge machte Vorwurf begründet. Coßmann und Ballien erhielten deshalb beide einen Verweis. Coßmann wurde außerdem mit einer Geldstrafe von 500 Mk. belegt. — Das Militärbezirksgcricht zu Würzburg vcrurtheilte den Sergeanten Gutgescll von: 1. Chevauxlcgersregimcnt zn Nürnberg zu 6Mon. Gesängniß und Degradation. Derselbe hatte am 28. Januar dem Soldaten Helbig im Stall mit einem Strohwisch und eiskaltem Wasser den ent blößten Oberkörper abwajchcn lassen, infolgedessen Helbig daS Sprachvermögen verlor. — Neiße, 28. Oktober. Die Influenza herrscht in der Stadt und im Kreise Neiße epi demisch und tritt sehr bösartig aus. Komplikationen dec Influenza haben bereits mehrfach Todesfälle herbcigesührt. — Köln, 28. Oktober. Die Reblauskommission entdeckte dieses Jahr im Nheinlande 3lReblauS- herde mit 1683 erkrankten Stöcken. Der Reb- laushcrd umfaßt 6 Hektar. — Altona, 28. Oktober. Eine ganze Anzahl von Personen ist an dem Genüsse trichinösen Schweinefleisches erkrankt. Das Schwein war im städtischen Schlachthaus als trichinenfrei be funden worden, bei der Nachuntersuchung fand man aber zahlreiche cingekapselte Trichinen. — Trier, 28. Oktober. Die in öffentliche» Blättern ausgetauchte Nachricht, der Bischof von Trier habe eine namhafte Geldsumme (25,000 Mk.) zur Vcrthcilung an die besni Pilgerverkehr be schäftigt gewesenen Eisenbahnbeamten überwiesen, trifft nach Mitthcilung des königl. Eisenbahn betriebsamtes zu Trier nicht zu. Ueberhaupt ist von einer derartigen Geldspende des Herrn Bischofs bis jetzt nichts bekannt geworden. — (Streik um drei Minuten.) In der Eisenbahnbauwerkstätte der Gebrüder Cabany in Mecheln, in der 600 Arbeiter beschäftigt werden, brach am 26. Oktober ein Theilausstand aus, weil die Arbeiter künftig drei Minuten vor der festgesetzten Arbeitszeit in der Fabrik erscheinen sollen. — Arras, 29. Oktober. In den Berg werken von Auchel haben bereits 1800 Gruben arbeiter die Arbeit eingestellt. — SoSnowice, 29.Oktober. JnDombrowa- Gornicza ist in Kohlengrube „Paris" ein Kohlen schacht eiugestürzt. 5 Bergleute sind verschüttet und todt. — (Wieder ein Eisenbahnzusammenstoß^. in Frankreich.) Mittwoch Nacht fand auf d»«-