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Der sächsische «rzähler. Seite » fache Bedenken gegen dieses Regulativ geltend ge macht wurden, von einer Genehmigung desselben abzusehrn, dafür aber den hiesigen Behörden an heim zu geben, neben der jetzigen Besteuerung noch eine mäßige Grundbesitzsteuer einzuführen. — Die seit dem 16. vorigen Monats allwöchent lich am Mittwoch hier stattfindenden Wochen- I Märkte haben trotz anfänglicher Zweifel eine sehr günstige Ausnahme gefunden. Wohl fehlte eS Anfangs an Verkäufern, doch hob sich dieser Mangel sehr bald, da unsere Hausfrauen sich stets zahlreich als Käufer auf demselben einstellen. — Den scbnell herbeigeeilten hiesigen Feuerwehren gelang eS vorgestern kurz nach Mittag noch recht zeitig einen Stnbenbrand, der in einem mit Schindeln gedeckten Hause der Böhmischen Straße entstanden war, zu löschen und so ein größeres I Schadenfeuer zu verhüten. <S Dresden, 8. Oktbr. Der vor Kurzem beim Abspringen von der Pferdebahn verunglückte Herr Stadtrath Bösenberg, dem die Zehen des einen Fußes zermalmt wurden, so daß deren Amputation erfolgen mußte, ist heute erlegen, i Blutvergiftung bez. Brand machten seinem quäl- I vollen Leiden ein Ende. Geboren in Leipzig 1835 ! stand derselbe seit 1869 hier einem kaufmännischen Fabrikgeschäst vor und war, vorher Stadtver- I ordneter, seit 7 Jahren Stadtrath und allgemein geschätzt und geachtet. — Ebenfalls heute starb im Alter von 69 Jahren der seit 1875 in DiS- I ponibilität stehende Herr Generalmajor Hans Otto von Schimpfs. Derselbe war ein geborener I Wurzener, trat 1837 in'S Cadettenhaus, 1841 als Junker in Leipzig beim 1. Schützenregiment I in die Königl. Sächs. Armee ein und wurde im December desselben Jahres nach Zittau (1. Bat. I des I. Jns.-Neg. Prinz Albert) versetzt. Er I wurde Premierlieutenant 1849, Hauptmann 1856, I Major 1866, Oberstlieutenant 1869, Oberst und l Commandenr des Grenadier-Regiments Nr. 101 I 1871. Er nahm an sämmtlichen sächs. Feldzügen I theil nud war Ritter hoher sächsischer, bairischer, ! preußischer und österreichischer Orden. Sein Bc- I gräbniß erfolgt in der Stille nächsten Sonn- ! erbend. — Heute Abend fanden gleichzeitig zwei! politische Versammlungen statt. Der Sozialist I vr. Beck aus Berlin sprach im Trianon vor I großer Versammlung über soziale Errungenschaften und Forderungen. Er strciste dabei die Land- I tagSwahlen. Morgen langt Sozialist Bebel hier I an und dürfte zu den Wahlen sprechen. Die l zweite Versammlung in der Centralhalle, besucht I von circa 300 Zuhörern, nahm die Wahlrede des Candidaten des I. Wahlkreises Dresden, Baumeister Hartwig, entgegen, der allerdings als I parteiloser Candidat gerade als eine rühmens- werthe Eigenschaft hinstellte, welche nicht zur blinden HeereSsolge nöthige, den Abgeordneten nicht zur Fraktionsleibeigenschaft zwinge. Er vertrat durchaus monarchische Prinzipien, ging jedoch über die Frage des Sozialismus schnell hinweg, nahm überhaupt die Frage der Sozial demokratie nur streifend auf. — Herr Lic. Pastor vr. tlwol. ot pdil. Sülze hatte eine Berufung nach Berlin an eine über 130,000 Seelen umfassende Gemeinde erhalten, aus Wunsch ihm nahestehender Gemeindemitglieder diese Be rufung aber abgelehnt. In der letzten Sitzung gab der Kirchenvorstand seiner Freude darüber, daß Herr Pastor Sülze der Dreikönigskirche er halten bleibt, durch Erheben vom Platze Ausdruck. Nach einer Schätzung befinden sich gegen wärtig in Sachsen etwa 1000 Gärtnereien, in denen gegen 4000 Gehilfen und gegen 10,000 weibliche und männliche Hilfsarbeiter beschäftigt sind, dabei breitet sich das Gärtnereigcwcrbe mehr und mehr in Sachsen aus, namentlich in der Umgebung von Dresden und Leipzig erstehen immer mehr Gärtnerei-Großgetricbe. Das „Armee-Verordnungs-Blatt" veröffent licht folgenden Armee-Befehl: „Se. Majestät König Karl I. von Württemberg ist heute aus dem Lebeu geschieden. Mit mir betrauert die ganze Armee den Heimgang eines deutschen Fürsten, der in dem glorreichen Kriege 1870/71 Meinem verewigten Großvater, Kaiser Wilhelm I., treu zur Seite gestanden hat, während Württembergs Söhne, dem Befehl ihres Königs folgend, in enger Waffengcmcinschast mit ihren deutschen Brüdern gekämpft haben. Seit jener großen Zeit hat des dahingcschiedenen Königs Majestät nicht aufgehört, diese Wafiengemeinschafl zu pflegen und zu fördern. Um Meiner und Meiner Armee Trauer einen sichtbaren Ausdruck zu geben, bestimme Ich, daß die Offiziere der Armee drei Tage und die des Infanterie-Regiments von Lützow (1. Rheinisches) Nr. 25, welches mit -König sKarl seinen hochverehrten Chef verloren, «acht Tage hindurch den Trauerflor um den .zufolge die Kreüzerfregatte „Bismarck" aus der Liste 8er Kriegsschiffe gestrichen wird. Die Wiederaufnahme der Handelsvertrags verhandlungen zwischen Oesterreich und Italien erfolgte heute Freitag in München. O e st e r r e i ch. Mürzzuschlag, 7. Oktober. Der Kaiser von Oesterreich und der König von Sachsen haben sich heute zur Jagd nach Karlgraben begeben und reisen Nachmittags nach Eisenerz und Radner. Frankreich. (Zu den französischen Feldlibungen.) Während der Dauer der großen Feldlibungen hat man in den französischen Zeitungen bloß überschwengliche Schilderungen von der vater ländischen Begeisterung gelesen, mit der die Truppen von der Bevölkerung ausgenommen und bewirthet wurden. Nachträglich werden aber zahlreiche Stimmen laut, welche starke Zweifel an der Richtigkeit jener Darstellungen erwecken müssen. Im Gebiete der südwestlichen Feld übungen, im Perigueux, wurden die Soldaten geradezu wie Feinde behandelt. Die Bauern verwehrten ihnen den Zutritt zu ihren Brunnen und verkauften ihnen das Trinkwasser, von dem sie sich ein GlaS mit 15 bis 25 Centimes (12 bis 20 Pfennig!) bezahlen ließen. Gewalt gegen die Bevölkerung anzuwenden, war den Truppen nicht gestattet, und so mußten die armen Burschen entweder die glühende Sommerhitze Südsrankreichs erleiden und aus den erfrischenden Trunk Wasser verzichten, oder sich die von den Bauern geübte Erpressung gefallen lassen.- Erstaunlich bleibt es, daß die höheren Befehlshaber bei dieser Sachlage die Brunnen nicht einfach im Requisitionswege benutzten, wie cs wohl in jedem anderen Lande Europas ohne Weiteres geschehen wäre. Im Osten, der wegen der Nähe deb Vogesengrenze ganz besonders vaterländisch gesinnt sein soll, war eS nicht so schlimm wie jenseits der Loire, aber doch schlimm genug. In manchen CasbS wurde den Soldaten für die Tasse Kaffee 1 FrkS. 20 Cent, abgenommen, was die Generäle veranlaßte, vor den betreffenden Geschäften Doppelposten aufstellen zu lassen, welche die Soldaten vor dem Betreten dieser Diebeshöhlen zu warnen hatten. Die Bauern machten viel fach die größten Schwierigkeiten, den bei ihnen einquartierten Soldaten Töpfe und anderes Küchengeräth zur Verfügung zu stellen und ihnen einen Platz am Herde einzuräumen, und an manchen Orten mußten die Truppenführer sehr entschieden auftreten, um die widerspenstigen Land leute zu bestimmen, daß sie der Einquartierung die Haus- und Scheuncnthüren öffneten. Man vertuscht diese Zwischenfälle nach Möglichkeit, konnte aber ihr Bekanntwerden nicht ganz ver hindern. Während des Krieges haben die fran zösischen Bauern vielfach ihre Vorräthe vor den eigenen Soldaten verborgen und den deutschen Truppen, natürlich zu sehr guten Preisen, die aber gern bewilligt wurden, verkauft. Wenn dies deutscherseits erzählt wird, so nennen die Franzosen es Verleumdung. Die jüngsten Er fahrungen lassen aber denselben Charakter er kennen, der sich während des Feldzuges so oft kundgegeben hat. England. London, 7. Oktober. Der Führer der Jren- partei, Parnell, ist hente Nacht in Brighton plötz lich gestorben. — Zu gleicher Zeit mit Parnell starb John Hennessy heute Morgen, 67 Jahr alt', in Queenstown. Hennessy war der erste anti parnellitische Kandidat, welcher in Kilkenny mit großer Majorität gegen einen Parnclliten- Kandidaten gewählt wurde. Belgien. Brüssel, 6. Oktober. Die hinterlassenen Schulden Boulangers werden auf mehrere hundert- > tausend Franks beziffert. - Rußland. Warschau, 6. Oktober. In der Ortschaft Zawievcie entstanden, weil die Brotprelse erhöht wurden, arge Exzesse. Eine größere Anzahl ein treffender Kosaken vertrieb die Ausrührer. Petersburg, 7. Oktober. Der „Nordischen Telegraphen-Agentur" wird auf Anfrage von authentischer Seite mitgetheilt, es seien keinerlei Beschlüsse hinsichtlich eines Verbotes der Weizen- auSfuhr beabsichtigt; Rußland sei im Stande, noch jetzt 200 Mill. Pud Weizen ausführen zu können. Alle Meldungen über ein Ausfuhr verbot seien aus der Luft gegriffen. Moskau, 7. Oktober. Der „MoSk. Ztg." zufolge sind für Saatkorn zur Bestellung der Felder in den NothstandS-Gouvernements zirka 20 Millionen Rubel verausgabt worden. Zur Versorgung der Nothleidenden mit Brot seien 100 Millionen erforderlich. linken Unterarm anzulegen haben. Jagdhaus > Rominten, den 6. Oktober 1891. Wilhelm." Berlin, 7. Oktober. Zur Theilnahme an den Beisetzungs-Feierlichkeiten weiland Sr. Ma jestät des Königs von Württemberg wird Se. Majestät der Kaiser und König Allerhöchst sich morgen früh von Potsdam nach Stuttgart be geben und daselbst Abends 9 Uhr eintreffen. Stuttgart, 6. Oktober. Im Residenzschloß fand heute Mittag mnter dem Vorsitze König Wilhelm II. ein Ministerrath statt. Dem Ver nehmen nach werden innerhalb der nächsten vier Wochen die Stände einberufen werden. Die ganze Stadt hat Trauerschmuck angelegt.. Stuttgart, 6. Oktbr. Die Residenz legte Trauergewand an; überall hängen schwarze um florte Fahnen. Die Schulen sind geschlossen und die Gerichtsverhandlungen vertagt. Der „Staatsanzeiger" enthält einen Nekrolog, worin es heißt: Eine inhaltsvolle, für Württemberg nach außen wie nach innen überaus wichtige Regierung ist mit heute abgeschlossen. In den Anfang derselben fiel die Auflösung dcS Deutschen Bundes. Die Aufgabe des Königs war, im nenzugestaltenden Deutschland Württemberg die ihm gebührende Stellung zu sichern. Der König löste diese Aufgabe als wahrhaft deutscher Fürst in nationalem Sinne und mit patriotischer Hin gebung; er war stets bestrebt, die Einheit der deutschen Fürsten und Stämme innig und unauf löslich zu gestalten. Indem König Karl dem tiefen Drange Deutschlands nach Einigung selbst los und in patriotischem Sinne gerecht wurde, setzte er sich in den Herzen des deutschen Volkes ein Denkmal an Dankbarkeit und Verehrung. Der Artikel hebt ferner hervor, die Treue des Königs für die Verfassung, das schöne Verhält- niß ungetrübter Eintracht zur Volksvertretung und sein unablässiges Bemühen, den kirchlichen Frieden zu erhalten. Der König war ein Fürst init edlen Herrschertugenden, wie sie einen Friedensfürsten zieren. Seine Milde und seine wahrhaft königliche, vornehme Gesinnung er warben ihm die allgemeine Verehrung. Das württembcrgische Volk steht tiestrauernd an dem Sarge dieses edlen Fürsten und blickt in Liebe und mit Vertrauen zn seinem Nachfolger auf. DaS Volk kennt und liebt ihn schon längst. Möge der Allmächtige ihm eine lange und ge segnete Regierung schenken zum Heile unseres geliebten Vaterlandes. Stuttgart, 6. Oktober. Die Beisetzung der Leiche des Königs erfolgt Freitag um 11 Uhr in der Schloßkapclle des alten Schlosses. Vorher findet ein Trauergottesdienst im Mar- ! morsaal der Residenz statt, wo die Leiche bis ! Donnerstag in geschlossenem Sarg aufgestellt I wird. Die Königin Charlotte trifft morgen Mittag aus Nachod hier ein. Stuttgart, 7. Oktober. Der „StaatSanz." veröffentlicht folgendes Telegramm deS Kaisers an den König Wilhelm: „Tieferschüttert durch l die Todesnachricht, beeile Ich Mich, Dir, Deiner Gemahlin und dem gesummten Volke Meine auf richtigste Theilnahme auszudrücken. Einer der Mitstifter deö Deutschen Reiches und Mitgenossc Meines theureu Großvaters ist dahin! Ich komme persönlich, um Meinen Antheil an der Trauer Württembergs zu bethätigen. Mögest I Du in Deinem neuen Amt mit Gottes Beistand für Dein Volk und unser deutsches Vaterland von Segen sein! Meiner wärmsten Frenndschaft und innigsten Zuneigung bist Du allezeit sicher." Die Antwort des Königs lautete: „Die Worte, welche Dn an Mich gerichtet, haben Meinem schwer gebeugten Herzen unendlich wohlgethan. Ich bin Mir der großen Verantwortung, welche Gott Mir auferlegt, bewußt und hoffe, Mein I Amt mit seiner Hilfe zum Wohle deS gemein- I samcn deutschen Vaterlandes und Meines Landes auszusüllen. Ich fühle Mich gestärkt durch die wohlwollenden Gesinnungen, welche Du Mir, wie immer auch jetzt kundgicbst. Aus tiefster Ucbcr- zeugung stehe Ich, wie seit Jahren, als Glied der preußischen Armee zu dieser und jetzt als deutscher Regent fest und treu zu Kaiser und Reich." Stuttgart, 7. Oktober. Morgen Nachmittag von 2—5 Uhr erfolgt für die Bevölkerung die Ausstellung deS geschlossenen Sarkophags. Am Freitag Vormittag um 10 Uhr nimmt der mili- I tärische Trauerzug zu Fuß um den Schloßplatz Ausstellung. Der Traueranzug ist Gala mit Trauerabzeichen. Hierauf findet Familiendejeuner I und Abends ein größeres Diner statt. Die Königin-Wittwe nimmt an diesen Festlichkeiten I nicht theil. Der Kaiser bewohnt seine alten Ge mächer im Schloß. Das Gefolge des Kaisers wohnt gleichfalls dort. , l Berlin. Das „Marine-VerordnungSblatt" den veröffentlicht die Allerhöchste KabinetSordre, der