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— Nürnberg, 24. Juni. Wie verlautet, hat die kürzlich verstorbene Wittwe Frau Schlee 300,000 Mk. zu einer Stiftung für Wittwen und 50,000 Mk. für den Fonds zur Erbauung einer protestantischen Kirche in der Vorstadt Gostenhof bestimmt. — AuS der Rheinproviuz, 27. Juni. Beim vorgestrigen Wolkenbruch an der Obermosel und deren Nebenflüssen haben, soweit bis jetzt festgestellt ist, fünf Menschen den Tod gesunden. Der Bahnverkehr ist noch immer unterbrochen; die Ernte ist großentheils vernichtet. — Bei Spangdahlem erschlug der Blitz im Felde zwei dort arbeitende Landleute, Bruder und Schwester. — Furchtbare Gewitter zogen auch gestern Nachmittag und Nachts über die Ge markung von Kreuznach und richteten in den Feldern großen Schaden an. In Horweiler bei Planig wurde der Tüncher Bapert vom Blitz getroffen; bei Freilaubersheim erschlug der Blitz den 13jährigen Knaben Finkenaucr, der mit Feldarbeiten beschäftigt war; in Siefersheim wollte der Schuhmacher Wirth die Läden seines Fensters schließen, als ihn ein Blitzschlag zu Boden schlenderte und tödtete. — Metz, 26. Juni. Durch den gestern Abend niedergegangenen Wolkenbruch ist der Eisenbahndamm zwischen Courcelles und Pange unterwaschen. Bei Tetercheu ist der Tunnel zu geschwemmt. Beide Strecke» sind unfahrbar. — Bodenbach, 26. Jnni. 177 russische Juden, welche nach Amerika zu reisen beabsichtigen, wurden in Bodenbach angehalten, und da sie nicht den Nachweis, daß sie Schiffskarten besitzen, liefern konnten, an der Weiterreise behindert. Abends langte ein Telegramm des sächsischen Ministeriums des Innern an, daß die Weiter reise erfolgen könne. — Reichenbcrg, 22. Juni. Die gestern ans dem Spitzberg bei Tannwald zum Besten des deutschen SchulvereinS von den Ortsgruppen des Gablonzer und Tannwalder Bezirkes ver anstaltete nationale Sonnwendfeier verlief, vom herrlichsten Wetter begünstigt, in glanzvoller Weise. An derselben nahmen über 10,000 Menschen theil, so daß ein sehr hoher Reinertrag zu erwarten ist. Der Hanptvorstand des Schul vereinS war durch vr. Eckel und Pichler ver treten. An die deutschen Reichsrathsabgeordneten Plcner und Schmeykal wurde ein Dankschreiben für die energische und zielbewusste Vertheidigung der deutschen Sache abgesandt. — (Geistcshcroen in Karlsbad). Daß Goethe dreizehnmal die Kur in Karlsbad ge braucht hat, ist bekannt; ebenso daß Schiller (1791) hier war, u. z. mit seiner Gemahlin Charlotte und dem Dichter Tiedge. Gellert weilte 1763 in Karlsbad, Herder 1785 und 1791, Kotzebue 1790, Fichte 1792, Theodor Körner 1811 und 1812, kurz vor seinem Helden- todtc. Ebenso sind noch zu nennen: Raupach, Pückler-Muskau, Chateaubriand, Alfred Meißner, Heinrich Laube (52mal von 1833 bis 1885, als er starb), Geibel, Herwegh, Vischer, Stahr, Ger- vinuS, David, Strauß und Tolstoj, Turgenjew Beethoven (1817), Paganini, Liszt, Schelling, Hufeland. Es ist also keine Uebertreibung. Karlsbad den Gesundbrunnen für Geistesarbeiter zu nennen. — (Eine Schreckensszene im GerichtS- saal.) Das „B. T." berichtet: Im Wiener Landesgericht hat sich am 24. Juni ein auf regender Zwischenfall abgespielt. Der 23jährige Mediziner Hermann Fischer war eines Verbrechens gegen die Sittlichkeit angeklagt und wurde trotz seines entschiedensten Leugnens zu zehnmonatigcm Kerker verurthcilt. Bei der Verkündigung des Urtheils ries Fischer: „Ich erhebe gegen den Gerichtshof die Anklage wegen moralischen Mordes!" In demselben Augenblick stach sich Fischer mit einem Seziermesser, daß er versteckt bei sich getragen hatte, in die linke Brust. Ein Saaldiener entwand dem Unglücklichen das Messer. Fischer rief immer wieder „Mörder! Mörder!" Nachmittags ist Fischer seiner Ver wundung erlegen. — (Ein ganzes Dorf abgebrannt?) Das am Jauerling im Bezirke Spitz gelegene, aus neun Häusern bestehende Dors Felbring ist, wie das „Wiener Frdl." schreibt, dieser Tage gänzlich abgebrannt. — Basel, 27. Juni. Nach hier ciuge- gangcncr Mittheilung auö Alpnach wird vr. Kalkmeier aus Berlin, welcher den PilatuS be stieg, leit Donnerstag vermißt. Man befürchtet, daß derselbe abgestürzt sei. — Luzern, 26. Juni. Ein gewaltiger Wolkenbruch mit Hagel verheerte gestern Nach mittig die Thalschaft des oberen Entlebuches, das obere Emmenthal und das luzernische Hinterland. Die Linie Bern-Luzern ist theil- weise zerstört. Großer Schaden an Häusern, Brücken, Straßen und Kulturen. — Zürich, 29. Juni. Unter großem Menschenandrang begannen heute die Assisenver- handlungen, betreffend den Aufstand in Tessin, welche wahrscheinlich 14 Tage dauern werden. — Brugg, 26. Juni. Der Zusammenstoß zweier Eijenbahnzüge im Bötzbergtunnel erfolgte, weil ein heftiger Nordwind den Rauch nach Süden blieS und dadurch die rothe Signal-Laterne nicht sichtbar war. (s. vor. Nr. d. Bl.) — Wie aus Paris gemeldet wird, ist der ber—ühmte Stelzenläufer Dornon per Bahn nach der französischen Hauptstadt zurückgekehrt. Derselbe beklagte sich bitter über die schlechte Aufnahme, die er in Deutschland gefunden habe. — Davon, daß der Stelzenläufer weite Strecken in Deutschland gemächlich per Bahn gefahren ist, hat der biedere Franzose wahrscheinlich nichts erzählt. — (Luftballon verunglückt.) Der Luft ballon „Patrie", der am 24. Juni Morgens in Antwerpen aufstieg, platzte während der Fahrt. Der Luftschiffer Gautier, sowie die beiden Insassen des BallonS stürzten herab und blieben auf der Stelle todt. — (Noch ein verunglückter Luftballon.) In Petersburg hat sich, wie die „P. C." von dort meldet, am 21. d. in einem Gaswerk in folge des plötzlichen Ausstieges eines Luftballons ein gräßlicher Unfall ereignet. Ein dem Luft schiffer Grasen Apraxin gehöriger Luftballon von bedeutender Größe erhob sich vorzeitig und riß beim Ausstiege vier Arbeiter mit sich. In einer Höhe von etwa zwanzig Klaftern platzte der Ballon und die vier Unglücklichen stürzten zu Boden, wo sie mit zerschmetterten Gliedern liegen blieben. — (Pocken bei rnssischen Aus wanderern.) Bei den Kindern einiger in Berlin im städtischen Obdach untergebrachter Familien russischer Auswanderer sollen die Pocken ausgebrochen sein. Vorläufig sind seitens der Aerzte 12 Fälle sestgestellt, jedoch sind dieselben leichterer Art. — (Große Feuersbrunst.) Die Stadt NasiclSk im Gouvernement Radom in Rußland ist von einer furchtbaren Feuersbrunst heimge sucht worden. Mehr als 120 Häuser, darunter das Post- und Telegraphengebäude, sind eingc- äschcrt und 8 Personen verbrannt. — London, 27. Juni. Bier Fünftel aller Wcißblcchsabriken von SüdwaleS haben wegen Ueberfüllung der amerikanischen Märkte heute den Betrieb eingestellt; ungefähr 30,000 Personen sind durch diese Maßnahmen arbeitslos geworden. — (Gewitter in England.) In England entluden sich am 25. Juni starke Gewitter. Der Thurm einer Kirche in Liverpool wurde von einem Blitzstrahl getroffen. In vielen Ortschaften wurden die Straßen durch den strömenden Regen überfluthet. Mehrere Personen wurden vom Blitz erschlagen. -- (Die letzten Veteranen von Waterloo.) AuS Anlaß des Jahrestages der Schlacht von Waterloo am 18. Juni d. I. stellten englische Zeitungen fest, daß nur mehr vier Osfiziere der verbündeten Armeen leben, welche die berühmte Schlacht mitgckämpft haben. Es sind dies: General Georges Whichcote, geboren 1794, der bei Waterloo im 52. leichten Infanterie regimente diente; Oberstlieutenant William Hewett, geboren 1795, im Jahre 1815 Kapitän beim 3. Bataillone des 14. englischen Linienregimentes; Fähnrich Ferdinand Scharnhorst und M. Eduard Trittan, beide in der deutschen Legion. — (Warnung vor der Auswanderung »ach Australien.) Aus Melbourne vom 19. Mai erhält die „K. Z." folgende Zuschrift: In einer Versammlung deS Deutschen Vereins von Victoria zu Melbourne wurde einstimmig be schlossen, die meistgelesenen Zeitungen Deutsch lands zu bitten, vor der Auswanderung nach den australische» Kolonien, besonders von Hand- luugsbeflissenen, öffentlich zu warnen. Diese jungen Leute, welche meistens ohne genauere Kcuutniß ber englische» Sprache und ohne ge nügende Geldmittel hier ankommen, werden, wenn sie körperlich stark genug dazu sind, entweder gewöhnliche Arbeiter oder sie gehen elendiglich zu Grunde. In der Hoffnung, daß Sie unsere Bitte berücksichtigen und daß dadurch mancher junge Mann vor sicherem Elende bewahrt werden möge, zeichnen hochachtungsvoll für den Deutschen Verein von Victoria W. A. Wischer, Präsident. A. Caro, Schriftführer. — Daß Friedrich der Große ost den Schalk im Nacken hatte, mußte — so erzählt der „Bär" — unter Anderen auch der alte General von Kökeritz erfahren, den der König wegen seiner dürren, komischen Figur gern hänselte. Einmal aber gelang es dem Kökeritz trefflich, sich aus der Affaire zu ziehen. Friedrich schenkte ihm nämlich eines guten Tages eine Tabatiere, deren Deckel eine Elfenbeinplatte mit einem possirlichen Affen zierte. Der General nahm das Angebinde mit respektvollem Dank entgegen, schickte aber sofort einen Boten mit der Dose nach Berlin, ließ den Affen herauSnehmeu und dafür das Bildniß des Königs einsetzen. Am nächsten Tage während der Tafel schnupfte er wiederholt mit sichtlichem Behagen aus seiner Dose. Der König bemerkte dies und fragte mit sarkastischem Lächeln: „Nicht wahr, Kökeritz, die Dose gefällt Ihm?" „Sie ist mir," antwortete Jener ergeben, „um so lieber, als Euer Majestät verehrungswürdiges Bildniß darauf prangt." Der König war starr. „Kökeritz," Hub er end lich an, „reich' Er mir doch einmal die Dose her!" Kökeritz gehorchte. Als Friedrich die Veränderung bemerkte, lachte er hell auf. „Der Einfall ist gut und macht Ihm alle Ehre," schmunzelte er wohlwollend, indem er die Dose zurttckgab. Nach aufgehobener Tafel winkte er den General ein wenig zu sich in s Kabinet. „Ich bin auf Seiner Dose nicht gut getroffen, hier ist ein ähnlicheres Bildniß von nur", mit diesen Worten überreichte er ihm eine goldene Tabatiere, die auf dem Deckel deS Königs Bild in Brillanten trug. — (Ein Senfpflaster im Schlafwagen.) Folgendes Reisegeschichtchen wird unter dem Siegel der Verschwiegenheit kolportirt und wir wollen dieses Siegel auch nicht brechen. Ein kranker Herr und dessen Gattin haben zwei Plätze in einem Schlafwagen inne, der ziemlich besetzt ist. Gegen Mitternacht erwachte der Kranke unter heftigen Schmerzen im Rücken und bittet seine Frau, ihm schnell ein Senfpflaster aufzu legen. Das gute Weibchen macht das Pflaster zurecht und läuft dann zum anderen Ende deS Wagens, um das Pflaster am Lampenlicht zu wärmen, damit es „recht zieht". Aus dem Rück gänge zum kranken Gatten geräth die kleine Frau jedoch unglücklicherweise an daS unrechte Bett, in welchem ein Weinreisender schläft. Schnell den Vorhang zurück, die Bettdecken in die Höhe und klatsch! sitzt das Pflaster im breiten Rücken des schlafenden Reisenden. In diesem Moment ruft der kranke Ehemann: „Aber Mary, wo bleibst Du denn?" Jetzt erst bemerkt die Frau den Jrrthum. Mit drei Gazellen sprüngen ist die Arme bei ihrem Gatten, dem sie daS Geschehene im Flüstertöne mittheilt. Trotz seiner Schmerzen muß der Kranke lachen und lacht, bis ihm seine Schmerzen vergehen. Plötz lich dringen ans dem Bette des Weinreisenden SchmerzenSruse und Flüche im wilden Gemisch: „Himmelkreuzmillionendonnerwetter! WaS sitzt mir da im Kreuz? Hu, wie brennt das! Wasser! Das Bett brennt! Donner und Doria! Mein Rücken! Wasser!" — Wie'S weiter kam, erzählt unser Geschichtchen nicht, aber schön war'S für den wider Willen Gepflasterten nicht! Verhandlungen der Stadtverordneten. Oeffentliche Sitzung am Sonnabend, den 27. Jnni 18SL, Abends « Uhr. Nach vorhergegangener Besichtigung der Bischofsstraße am Wesenitzmühlgrabcn eröffnet der Unterzeichnete kurz nach '/«7 Uhr die Sitzung und tritt man sofort in die Tagesordnung ein. Das Kollegium berathct eingehend die Raths vorlagen, betr. die Ueberbrücknng des Wesenitz- mühlgrabens in der Breite der Bischofsstraße durch eine gewölbte Steinbrücke, Beschlcußung eines TheileS der letzteren und Gewährung von Mk. 500,— Beihilfe an den Kürschnermeister Fickert zu dem Umbau seines Hauses und tritt denselben einstimmig bei, beantragt jedoch: „die zu dem Brückenbau erforderlichen Schmiede- bez. Schlosserarbeiten nicht, wie beabsichtigt, mit der Brücke an einen einzigen Bauunternehmer, son dern besonders durch Submiffion zu vergeben." Die Serviskassenrechnuug wird vorgetragrn und einstimmig richtig gesprochen, ebenso tritt das Kollegium einstimmig dem zu dem vorliegen den Gesuche des Gustav-Adolf-Vereins vor liegenden Rathsbeschlusse bei, „für die im Jahre 1892 event. in Bischofswerda abzuhaltende 50- jährige Jubelfeier des Landesvereins, die zum würdigen Empfange der Gäste nothwendigen Kosten aus den Mitteln der Kämmerei z» be willigen." Nach erfolgtem Bortrage einiger geschäftlicher Eingänge Schluß der Sitzung b/<8 Uhr. Gräfe jun., Vorsteher.