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also ist der Roggenzoll an der Erhöhung des BrotpreiseS mit 2 M. betheiligt, also mit etwa einem Fünftel. Gleichwohl wird dreist behauptet, der größte Theil der Erhöhung des BrotpreiseS sei auf den Roggenzoll zurückzuführen!! „Aber," kann schließlich der Gegner der Ge treidezölle, wenn er auch die Richtigkeit dieser Ausführungen nicht bestreiten kann, doch ein wenden, „bei der jetzigen Höhe der Roggenpreise ist es ja schon ein bedeutender Vortheil, wenn die Erhöhunb von 2 M., die nach dieser Rech nung dem EmgangSzoll zur Last fiel, — künftig in Wegfall käme." Ja, wenn man nur bei der Aufhebung der Getreidezölle mit Sicherheit darauf rechnen könnte, daß der Betrag des wegfallenden Zolles auch den inländischen Konsumenten zu Gute käme! Von den Befürwortern des jetzigen Schutzzolls wird dies entschieden verneint, und selbst von den eifrigsten Vertretern des Frei handels — zu denen jetzt wieder die „National zeitung" zählt — wird nicht in Abrede gestellt, daß die Folge einer Aufhebung oder Herabsetzung der Getreidezölle in erster Linie dem — Aus lande zu Gute kommt. So schreibt die eben erwähnte „Nationalzeitung": „Man wendet gegen die vollständige Aufhebung oder zeitweilige Er mäßigung der Zölle zunächst ein, daß die Preise möglicher Weise nicht um den ganzen Zollerlaß geringer werden, daß die ausländischen Importeure einen Theil desselben sich aneignen würden. Be treffs deS Roggens wollen wir das nicht unbe dingt bestreiten; vor Kurzem ist an dieser.Stelle bei der Erörterung eines eventuellen deutsch russischen handelspolitischen Abkommens unter Anführung der Conrad'schen Untersuchung dar gelegt worden, daß die russischen Landwirthe nach der Einführung und resp. nach der Erhöh ung der deutschen Getreidezölle wahrscheinlich um einen Theil des deutschen Zolls ihre Verkaufs preise für Roggen herabgesetzt haben; somit ist nicht ausgeschlossen, daß sie versuchen, dieselben nach der zeitweiligen Aufhebung oder Ermäßigung des Zolles einigermaßen zu erhöhen. Das kann aber schon vermöge der Konkurrenz der Verkäufer wiederum nur um einen Theil desselben geschehen, und es wäre daraus nur zu folgern, daß man sich nicht auf die Suspension eines kleinen Theils deS Zolles beschränken darf, wenn die Maßregel ausreichend wirken soll. Eine zweite Befürchtung ist, daß der jetzt durch die Unsicherheit gehemmte deutsche Getreidehandel nach der Aushebung durch seine Nachfrage aus dem Weltmarkt die Preise steigern könnte. Aber der deutsche Bedarf muß doch unter allen Umständen irgendwie gedeckt werden. Der sogenannte Loko-Preis (am Orte des Konsums) ist infolge der Unsicherheit schon jetzt höher, als der WcltmarktspreiS unter Zu rechnung des Zolles; selbst wenn — was wir dahingestellt sein lassen — der Preis für Lieferung in den nächsten Monaten jetzt durch die verlangte Aufhebung der Zölle einigermaßen gesteigert würde, so wäre dies doch besser, als wenn die Deckung des Bedarfs der nächsten Monate immer bis auf den letzten Augenblick verschont bliebe und dann erst recht zu hochgeschraubten Preisen erfolgen müßte." Das freihändlerische Blatt giebt also — dankenSwerth ist immerhin die Offenheit desselben — ziemlich unumwunden zu, daß die verlangte Herabsetzung der Getreidezölle für's Erste aller Wahrscheinlichkeit nach eine -- Erhöhung der Getreidepreise erzielt hätte und, daß ein Theil des erlassenen Zolles dem Auslande zu Gute kommen würde! Für das Eintreten dieser un erwünschten Folge spricht auch folgende Mit theilung der „Bank- und Handelszeitung": „Die Abgcordnetenhausverhandlung vom 27. Mai wurde am 28. Mai in Rußland bekannt. Be reits um 11 Uhr waren ausnahmslos sämmt- liche Roggenangebote bei den Berliner Agenten zurückgezogen, während in der Börsenzeit Ange bote für die DonnerStag-Börse auf 160 vik (d. h. einschließlich Fracht, Verladung rc) in Stettin eintrafen. Am 27. Mai war dieselbe Waare vergeblich mit 156 M. eik Stettin angeboten worden. Bei anderen Firmen sah man Gebote russischer Exporteure, welche die Zurückregulirung früher verschlossener Roggendampfer bezweckten. Wer also glaubt, daß die zeitweilige Ermäßigung des Zolles auf 2,50 M. dem Jnlandkonsumentcn voll zu Gute kommen würde, der möchte wohl später stark enttäuscht werden." Genügt dieser Fall nicht, um darzuthun, daß eine Aufhebung der deutschen Zölle durch die dadurch gesteigerte Nachfrage nach Getreide die Preise des Welt marktes nur in die Höhe getrieben und dadurch mit den bisher dem deutschen Reiche durch die Zölle zufließenden Einnahmen nur die Taschen der ausländischen Exporteure gefüllt haben würde? Alle diese Erwägungen lassen es nur gerecht- D-- sächsische Erzähler. Seite ». fertigt erscheinen, daß die maßgebenden Faktoren der deutschen Regierung es ablehnen, dem Drängen der Freihändler nach sofortiger Herabsetzung der Getreidezölle nachzugeben. Durch die bestimmt ablehnende Erklärung deS Reichskanzlers wird das solide Getreidegeschäft in der Lage sein, wieder handelnd auf dem Markte aufzutreten, und wir werden — wenn auch die enttäuschten Spekulanten für die nächsten Tage die Preise noch mehr in die Höhe treiben — in allernächster Zeit billigeres Getreide haben, als wenn wir die Getreidezölle abgethan hätten. Deutsches Reich. Dresden, 3. Juni. Se. Majestät der König trifft am Freitag Nachmittag mit dem fahrplanmäßigen Schnellzug 3 Uhr 52 Minuten von Sibyllenort hier wieder ein und begiebt sich vom Böhmischen Bahnhof mittels Wagen nach Villa Strehlen. Ihre Majestät die Königin be giebt sich Donnerstag nach Morawetz in Mähren und trifft am Sonntag hier ein. Am Montag findet im königlichen Residenzschlosse die große Tafel für die Mitglieder der Landessynode statt. Bischofswerda. Ueber den Empfang der zurUcberreichung des Ehrenbürgerbrieses der Stadt Bischofswerda an den Fürsten Bismarck gewählten Herren: Bürgermeister Ritterrc. Sinz, Stadtrath F. A. Scheumann, Stadtverordneten- Vorsteher Heinrich Gräfe fr., Stadtverordnete Richard Huste und Heinrich Francke geht uns folgender Bericht zu: Die zur Ucberreichung des Ehrenbürger briefes*) der Stadt Bischofswerda an den Fürsten Bismarck gewählte Abordnung, bestehend aus zwei Rathsmitgliedern und drei Stadtverordneten, wurde Dienstag, den 2. Juni, Mittags 1 Uhr, in Friedrichsruhe von vr. Crysander begrüßt und vom Altreichskanzler empfangen und sofort von demselben durch eine längere Anrede geehrt. Herr Bürgermeister Ritter rc. Sinz über reichte hierauf den Ehrenbürgerbrief unter be wegten Worten des Dankes und der Verehrung, die Millionen treuer deutscher Herzen mit uns für ihres Volkes geachteten Sohn empfinden und welche täglich das heiße Gebet zum Himmel empor senden: „Gott erhalte uns noch lange unseren Fürsten Bismarck". Sichtlich ergriffen dankte der Fürst und sprach namentlich darüber seine hohe Freude aus, daß eine so alte Kursächsische Stadt ihn in dieser Weise ehre, eine Stadt, die nicht wie große Städte von der großen politischen Welle so er griffen würde, daß man die ihm erwiesene Ehre und Anerkennung als aus politischen Partcikämpfen hervorgcgangen betrachten könne, er nehme sie entgegen als mitten aus dem Herzen deS Volkes kommend und erblicke darin eine Anerkennung dafür, daß er als Reichskanzler sein Bestes ge- than und es sei um so werthvoller für ihn eine solche Kundgebung aus einer jetzt Königl. sächs. Stadt zu empfangen, nachdem er nicht mehr Reichskanzler sei, aus einem Lande, dessen König ihm stets derselbe gnädige Fürst und Herr ge wesen und bis heute geblieben sei. Mit hoher Anerkennung sprach dabei der Fürst von den großen militärischen Verdiensten unseres ritter lichen Königs Albert als General im Dienste des Reiches und fügte hinzu, daß er überzeugt sei, daß Se. Majestät unser allergnädigster König gewiß mit diesem Schritt Bischosswerda's ein verstanden sei und es sicher billigen werde, wenn unsere Bürgerschaft neben der Verehrung und Liebe, die wir unserem König schulden, auch heute noch sein Wirken als Reichskanzler unter Kaiser Wilhelm I. in dieser Weise ehrten. Hierbei hob der Fürst besonders hervor, daß er sich voll bewußt sei, daß der preußische PartikulariSmus zu keiner Zeit den deutschen Landsmann in ihm erstickt habe, er freue sich deshalb herzlich darüber, daß gerade aus Sachsen und auch aus Baiern ihm immer wieder Beweise dankbarer Anerkennung entgegengebracht würden, ein Zeichen, daß der Zwist von 1866 vollständig vergessen sei. Der unterzeichnete Stadtverordneten - Vor steher bat nun Se. Durchlaucht, auch die Chronik von Bischofswerda huldvollst entgcgen- zunehmen und wies namentlich auf die wechsel vollen Schicksale hin, die unsere Stadt «rlitten, auf die Gründung derselben durch das Bisthum Meißen als einen vorgeschobenen Posten nach Osten mit der Bestimmung: „eine Schanze des DeutschthumS, eine Pflanzstätte des Christen- thums zu sein, welche noch heute in den Gefühlen *) Der Wortlaut deö EhrrnblirgerbriescS befindet sich in der vorigen Nummer dieses Blatte« abgedruckt. der Treue und des Glaubens in den Herzen ihrer Bürger lebendig sei". Mit sichtlicher Freude nahm der Fürst die Chronik entgegen und versprach dieselbe eifrig zu lesen, da ihm die Geschichte der Stadt, der er nun als Bürger angehöre, lebhaft interessire. Nun ehrte der Fürst die Abordnung durch eine Einladung zur Frühstückstafel, wobei die Mitglieder derselben dadurch ausgezeichnet wurden, daß man ihnen die Ehrenplätze an der Spitze der Tafel neben Sr. Durchlaucht und zwischen der Fürstin, der Gräfin Rantzau, dem Grafen Herbert Bismarck anwies, die, außer dem Grasen Lehndorf nebst Gemahlin, vr. Crysander und anderen Gästen der Familie, an der Tafel theil- nahmen. Kurz nach Eröffnung der Frühstückstafel ergriff Fürst Bismarck das Wort und brachte als Bürger Bischosswerda's ein begeistert auf- genommeneS Hoch auf Se. Majestät König Albert von Sachsen aus, wiederholt die hohen Verdienste desselben feiernd. Herr Stadtrath Scheumann brachte hierauf im Namen der Deputation und der ganzen Bürgerschaft Bischosswerda's seinen Trinkspruch unserem neuen großen Ehrenbürger, wofür Se. Durchlaucht wiederholt dankte. Der zwangloseste Verkehr entwickelte sich nun an der Tafel und manch bedeutsames Wort des Fürsten, sowie die überaus freundliche Unter haltung der fürstlichen Familie mit der Abord nung wird den Mitgliedern derselben eine unver gleichliche hohe Erinnerung bleiben. Kurz vor ^3 Uhr verabschiedete sich die Deputation, wobei der Fürst an seine Mitbürger in Bischofswerda seinen Dank und seine Grüße auftrug. Ganz besonders wurden die Mitglieder der Deputation dabei noch durch die Begleitung des Grafen Herbert bis an daS Parkthor geehrt und ausgezeichnet. Einen ausführlichen mündlichen Bericht wird der Unterzeichnete noch nach seiner Rückkunft in Form eines öffentlichen Vortrages erstatten. Gräfe sr., Stadtverordn.-Vorsteher. Bischofswerda. Mit Rücksicht auf die be vorstehende Blüthezeit des Zierstrauches „Gold regen" sei darauf aufmerksam gemacht, daß diese Blüthc ein stark wirkendes Gift enthält. Eltern und Erzieher mögen daher ihre Kinder darauf aufmerksam machen und sie warnen, die Gold- regenblüthen mit Mund und Nase in Berührung zu bringen. — Die amtliche Gewinnliste 5. Klasse der 119. königl. sächs. Landeslotterie ist zur Aus gabe gelangt. Wir empfehlen jedem Spieler in unserer sächsischen Landeslotterie, sich bei seinem Kollekteur nach dem Schicksale seiner Nummer zu erkundigen. Viele erleiden dadurch Verluste, daß sie der irrthümlichen Ansicht sind, ihr LooS sei nicht gezogen, da sie die Nummer desselben, wie eS leicht möglich ist, in den TageSgewinn- listen übersehen haben. — (Taschenapotheke.) Die schon in Nr. 43 dieses Blattes besprochene patentirte Taschen apotheke, welche als außerordentlich praktisch er kannt werden muß und sich für jeden Touristen und Spaziergänger als höchst brauchbar erweisen muß, kann man auch im Droguengeschäst deS Herr» Schachert, große Kirchgasse, käuflich erhalten. Der billige Verkaufspreis von nur 60 Pfg. wird diesem willkommenen Gegenstände bald überall Eingang verschaffen. — Es wird von Neuem darauf aufmerksam gemacht, daß den Landbriesträgern auf ihren Bestcllgängen außer Briespostsendungen auch Postanweisungen, Nachnahmesendungen, kleinere Packete, Sendungen mit Werthangabe im Einzelnen bis zum Werthbetrage von 150 Mark, sowie Baarbeträge zum Ankauf von Postwerthzeichen rc. und zur Bestellung von Zeitungen bei den Post anstalten übergeben werden dürfen. Die Land briefträger sind verpflichtet, die empfangenen Sendungen, ausschließlich der gewöhnlichen Briefe,, sowie die ihnen übergebenen baarcn Geldbeträge für Zeitungen, Werthzeichen rc. in ein Annahme buch einzutragen, welches nach jedem Bestellgange der Postanstalt vorgelegt wird. Zum Einträgen der Sendungen rc. ist auch der Auflieferer befugt; es empfiehlt sich, von dieser Befugniß in jedem Falle Gebrauch zu machen. Hat der Landbrief- tr/rger die Eintragung selbst bewirkt, so muß er dem Auflieferer auf dessen Verlangen durch Vorlegung des Annahmebuchs von der stattge- l-rbten Eintragung Ueberzeugung gewähren. Die Ertheilung des Einlieferungsscheins über die vom L.indbriefträger angenommenen Sendungen mit Werthangabe, Einschreibsendungen, Postanwei sungen und Nachnahmesendungen erfolgt erst durch