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Bekanntmachung August Winkler, Vorsitzender. Für den Rähunterricht der Schule zu Thumitz wird eine geeignete Person gesucht. Bewerberinnen um vorge nannte Stelle wollen sich bis zum 13. Juni d. I. beim Unterzeichneten melden. Thumitz, den 26. Mai 1891. V v » Bekanntmachung. Am 13. dss. Mts. wurde der Schulknabe Robert Wünsche von hier von seinem Pflegevater in einem Geschäftsauftrage nach Neustadt bei Stolpen geschickt. pp. Wünsche ist aber von dort bis jetzt nicht znrückgekehrt. Alle Nachforschungen nach dessem Verbleib haben sich als erfolglos erwiesen, pp. Wünsche hat im Januar d. I. das 12. Lebensjahr vollendet. Statur: mittel. Haare: dunkelblond, kurz geschnitten. Gesicht: länglich, blaß; trug bläuliche Stoffhosen, graue Weste, bräunliches Jaquett, gescheckten Strohhut und war barfuß. An alle Polizeiorgane und Menschenfreunde ergeht hierdurch die Bitte und das ergebenste Ersuchen, etwaige über pp. Wünsche gemachten zweckdienlichen Erfahrungen, welche geeignet sind seinen Aufenthalt zu ermitteln, gefälligst nach hier gelangen zu lassen. Wehrsdorf, am 24. Mai 1891. Politische Wcltschau. Der deutsche Kaiser weilt im Osten des Reiches, im Jagdschloß Schlobitten, um für wenige Tage der Ruhe zu pflegen, und der sonst täglich erscheinende Hofbericht fehlt seitdem in den Berliner Blättern. Eine der letzten Mel dungen, die der Telegraph über die Reise des Kaisers übermittelte, war eine Friedensbotschaft: In Elbing hat Kaiser Wilhelm beim Empfang der Behörden die Zuversicht ausgesprochen, daß der Friede voraussichtlich auch für die nächsten Jahre erhalten bleiben werde. Mit Freuden verzeichnet man jede derartige Aenßcrung von berufener Stelle. Hierbei sei noch eines ähnlichen Ausspruches des Leiters der englischen Politik gedacht. Lord Salisbury äußerte am Mittwoch in Glasgow in einer politischen Ansprache, daß Alle, die für die Leitung der europäischen Politik verantwortlich seien, den sehnlichen Wunsch hegten, die Geißel deö Krieges zu vermeiden. Je mehr Jahre verflössen und je mehr die furchtbaren Folgen eines Krieges für Jedermann sichtbar würden, desto mehr trete die Gefahr eines Krieges zurück. In der schwülen politischen Atmosphäre, in der wir uns bewegen, ist jede dieser beruhi genden Aeußerungen ein kühlender Lustzug, den Alle mit Dank empfinden. Auch eine halbamt liche Mittheilung, welche von den Pariser Blättern veröffentlicht wird, ist in diesem Sinne bemerkcns- wcrth. Nach dieser Mittheilung sind alle Mel dungen, daß auch dieses Jahr ein französisches Armeekorps mobilisirt werden soll, wie vor drei Jahren das siebzehnte, ganz aus der Luft ge griffen. „Kein Armeekorps", heißt es in dieser Mittheilung, „wird mobil gemacht werden; die Korpskommandanten haben keinerlei Anweisung erhalten. Ucbrigens könnte von einer solchen Maßregel ohne die Ermächtigung der Kammern nicht die Rede sein, und der Kriegsminister, der ohne eine solche kein Bataillon mobilisiren darf, hat keine Ermächtigung nachgesncht und wird es auch nicht thun". Als ein bemerkenswerthes Zeichen einer friedlichen Gestaltung der politischen Dinge können auch die verschiedenen Mittheilungen über die Verhandlungen behufs Abschlusses von Handelsvereinbarungen gelten. So wird be richtet, daß zwischen der deutschen, italienischen und österreichischen Regierung in Rom zum Zwecke des Abschlusses eines gegenseitigen Handels vertrages aus Grundlage der Wiener Abmachungen vertrauliche Vorverhandlungen eröffnet worden sind. Von verschiedenen Seiten wird ferner ge meldet, daß auch die einleitenden Schritte für ein deutsch-russisches Zoll-Abkommen bereits er folgt sind, und daß eine hervorragende Persön lichkeit sich von Berlin nach Petersburg begeben hat, um zunächst Vie Grundlagen kennen zu lernen, auf welchen künftige Verhandlungen, für die auch in Petersburg guter Wille vorausgesetzt werden darf, sich zu bewegen hätten. Die Sache hat freilich einen bedenklichen Haken. Man kennt die rücksichtslose russische Zollpolitik, die Ab neigung Rußlands gegen den Abschluß irgend eines bindenden Handelsvertrages. Nur durch das Angebot ganz besonderer Vortheile könnte sich Rußland zu irgend welchem Zugeständniß entschließe». Nach den Veröffentlichungen des deutschen Reichsamts für Statistik, die über den Waarcnverkehr Deutschlands mit andern Ländern von 1880—1889 Ausschluß geben, führte Ruß land im Jahre 1889 folgende Gegenstände in den bezeichneten Werthmengen nach Deutschland ein: Roggen im Werthe von 99 Millionen Mark, Weizen für 43, Raps für 37, Holz für 67, Flachs für 35, Hanf für 27, Hafer für 28, Kleie für 14, Borsten für 10, Häute und Felle für 16, Eier für 13, Pferde für 11 Millionen Mark. Die sonstigen Einfuhrartikel hatten einen geringeren Werth als 10 Millionen Mark. Zollfrei von diesen Gegenständen sind Flachs, Hanf, Kleie, Börsten, Häute und Felle. Das Interesse Rußlands an Zollerleichterungen in Deutschland, beschränkt sich also auf die Herab setzung der Getreidezölle, neben denen höchstens noch die Holzzölle und die deutschen Zölle auf Eier und Pferde in Betracht kämen. Es begreift sich daher, wenn ein in Rußland lebender Ge währsmann der „Kreuzztg.", allerdings unter dem Widerspruche dieses Blattes, die angeblichen Verhandlungen über einen deutsch - russischen Handelsvertrag, soweit Rußlands Einwilligung dazu in Frage kommt, hauptsächlich auf Verein barungen über eine Ermäßigung des deutschen Getreidezolls auf 3 Mark 50 Pfg. für Rußland zurücksührt. Ob außerdem auch noch ein Nachlaß an den Zöllen aus Holz, Eier und Pferde in Frage kommt, muß abgewartet werden. WaS Rußland der deutschen Ausfuhr an Gegen leistungen dafür gewähren will, wird noch als „unbestimmt" bezeichnet. Interesse in dieser Beziehung hat Deutschland an Eisen und Eisen- waarcn, deren Ausfuhr nach Rußland noch heute den Betrag von 22 Mill. Mark übersteigt. Droguen und Chemikalien werden sür 15 Mill. Mark, Instrumente, Lokomotiven und Maschinen für 11 Mill. Mark aus Deutschland nach Ruß land ausgeftthrt. An Rohseide und Seide aller Art führt Deutschland für 20 Mill. Mark, an Wollengarn und Wollenwaaren für 11 Mill. Mark, an KoakS und Kohlen sür 3 Mill. Mk. nach Rußland ein. Jedenfalls aber ist schon aus diesen Zahlen zu ersehen, daß der Löwen- autheil an den Vortheilen einer Vereinbarung zweifellos Rußland anheimfallen würde. Dazu kommt, daß es in Oesterreich sicher verschuupfen würde, wenn dem russischen Getreide dieselben Zuge ständnisse gemacht würden, wie den österreichischen Produkten. Was aber unsere deutschen Land- wirthe zu solchen Abmachungen sagen würden, deren Kosten sie allein zu tragen hätte», darüber kann wohl kein Zweifel entstehen. — Trotz der üblen Ersahrnngen vom letzten Bergarbeiteraus stand im rheinisch-westfälischen Gebiet werden Versuche, einen neuen Bergarbeiter« uS st and zu erregen, jetzt im Saargebiet angestellt. AuS Saarbrücken wurde am 21. Mai gemeldet: Nachdem am Mittwoch von den Leitern deS Rechtsschutzvereins auf sämmtlichcn Berg inspektionen Versammlungen abgehaltcn worden waren, bei welchen der Versuch gemacht wurde, die Belegschaft zum Streiken zu überreden, ist Sonnabend früh, soweit bisher bekannt, auf den Gruben Hüttlingen (Viktoria) und Sulzbach ein Theil der Belegschaft ausständig. Für die streikenden Gruben wurde von der Bergwerks direktion die nachfolgende Bekanntmachung er lassen: „Nachdem aller Warnungen ungeachtet heute ein Theil der Belegschaft unter Vertrags bruch die Arbeit niedergelegt hat, machen wir hierdurch bekannt, daß alle Bergleute, welche bis zum 25. d. M. die Arbeit nicht wieder aus genommen haben, unnachsichtlich die Abkehr er halten." Eine weitere Depesche sagt: Von der 29,611 Mann betragenden Gesammtbelegschaft des hiesigen Direktionsbezirkes sind bis jetzt 944 Mann ausständig. Die letzten Meldungen wissen von einer Zunahme des Ausstandes .zu berichten. In der Hauptstadt Oesterreichs tagt gegen wärtig der Weltpostkongreß. Nachdem der erste Kongreß im Jahre 1874 zu Bern, der zweite von 1878 in Paris, der dritte von 1885 in Lissabon stattgesunden, und jeder dieser wichtigen Tage den internationalen Postverkehr ein mächtiges Stück weiter gefördert hat, wird sich die Wiener Zusammenkunft mit frischen Aufgaben zu beschäftigen haben. Ihre Berathungsgegen- stände sind wichtig genug. Der zugelassenc internationale Postanweisungdverkehr war bisher auf einen Höchstbetrag von 400 Mk. beschränkt; die in Zukunft mit Postanweisungen zu ver- Augsten, Gemeindevorstand. sendenden Summen sollen sich auf 800 Mark belaufen dürfen. Postkarten mit bezahlter Rück antwort waren bisher nur in einem Theile der Weltpostvereinsstaaten zulässig, sie sollen künftig auf diese sämmtlich ausgedehnt werden. Eine Versicherung von Werthsendungen im internatio nalen Verkehr war nur bis zum Betrage von 8000 Mark für jeden Brief gestattet, in Zukunft soll die Versicherung an eine Werthgrenze nicht mehr gebunden sein. DaS Gewicht für Post- packete mit und ohne Werthangabe im Weltpost verkehr betrug bis jetzt 3 Kg. Es soll hinfort auf Antrag Belgiens auf 5 Kg. erhöht werden. Nach dem Wunsche der Schweiz soll solchen Packeten künftig eine Rechnung für die in ihnen beförderten Maaren beigegeben werden dürfen, während endlich die deutsche Reichspostverwaltung den Antrag gestellt hat, solche Packete im Um fange von höchstens einem Meter nach den Ländern des Weltpost-VereinS zu befördern. Auch dieser Antrag enthält eine Erweiterung der bisherigen Bestimmungen, nach welchen die Aus dehnung solcher Packete auf 60 Zentimeter und ihr Inhalt auf 20 Kubik-Dezimeter beschränkt war. Den Schluß der Tagesordnung des Wiener Weltpost-Kongreffes bildet die Regelung der Bezugsbedingungen im internationalen Zeitungs-Verkehr. Neber hundert Vertreter der größten und kleinsten Staaten der Welt, von denen sich bis jetzt im Wesentlichen nur noch die australischen Kolonien, der Kapstaat, die Trans- vaalrcpublik, der Oranjefreistaat und das „Reich der Mitte", China, auSschließen, berathen in dem internationalen Postparlamcnt an den Usern der schönen blauen Donau. Die österreichische Re gierung hat sie gastlich empfangen und ihre Zusammenkunft durch die Eröffnung eines interessanten Postmuseums gefeiert. Unter den Vertretern befindet sich selbstverständlich der Vater des Weltpostvereins, der deutsche Staats sekretär von Stephan. Der Ausstand der belgischen Grubenarbeiter hat mit einer Niederlage der Streikenden ge endet. Um ihr vollständiges Fiasko zu ver bergen, hat die Versammlung des Gcneralrathes der Arbeiterpartei und deS Bergarbeiterbundes beschlossen, „angesichts der Abstimmung der Zentralsektion über die Versassungsrevision" den AnSstand im ganzen Lande von heute ab auf hören zu lassen. Nun lautete aber die für die Theilnehmer am Streik ausgegebene Loosung bekanntlich dahin, daß das allgemeine Stimm recht durchgefochten werden sollte, welches die Zentralsektion in ihrem Beschlüsse keineswegs in Aussicht genommen hat. Vielmehr hat sich der parlamentarische Ausschuß lediglich für den Grundsatz der Verfassungsrevision ausgesprochen. Die Mehrheit äußerte die Ansicht, daß die Ver fassungsrevision den Bedingungen angepaßt werden müßte, die in den verschiedenen seitens der Zentralsektion angenommenen Beschlüssen aufgestellt sind. Welche Meinungsverschieden heiten im AnSschusse vorhanden sind, erhellt unter anderen daraus, daß über die Frage des sogenannten Referendums, durch welches der König mit der Befugniß ausgestattet werden soll, vor oder nach einer bedeutsamen parla mentarischen Entscheidung durch eine Art Volks abstimmung die Wählerschaft zu befragen, hef tiger Streit zwischen dem klerikalen Ministerpräsi denten und dem liberalen Parteiführer Fröre- Orban entbrannte, ohne daß ein Ausgleich er folgt wäre. Jedenfalls aber gab sich der Generalrath der Arbeiterpartei den Anschein, als lasse er sich vorläufig mit den gefaßten Be schlüssen genügen, und beschloß die Wiederauf nahme der Arbeit. Den ausständigen Arbeitern war dieser Beschluß nur willkommen, denn die meisten von ihnen befanden sich bereits in einer jammervollen Lage. Der Präsident der französischen Republik?