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Amtsblatt der Kgl. Amtshauptmannschaft, der Kgl. Schnlinspeetion u. des Kgl. Hanptsteucramtcr zu Bautzcu^ sowie des Kgl. Amtsgerichts und des Stodtrathes zu Bischofswerda. -den bei allen Postanstaltrn A»f«ntte, welche in diesem Blatte die weiteste Brrbrettmeg lür Bischofswerda und Umgegend fmden, werden bis Dienstag und Freitag früh S Uhr Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten Donnerstag, de« 1» März 1881, Abends 7 Uhr. Am 16. März d. I. in Pulsnitz kein Viehmarkt gängigmachung der neuesten Paßzwangverschärfung bittet. Dieses Schriftstück aber erkennt unum wunden die durch den Frankfurter Frieden ge schaffenen Thatsachen an. Einige elsaß-lothringische Abgeordnete haben schon früher deutschfreundliche Erklärungen abgegeben; zu einer Gesammtkund- gebung des Hauses in diesem Sinne aber ist eS noch nicht gekommen. Wenn die Adresse besagt, daß die Vertreter der elsaß-lothringischen Abge ordneten treu auf dem Boden des Gesetzes und der bestehenden Verhältnisse beharren, jede Ein mischung seitens fremder, dazu nicht berechtigter Elemente auf das Entschiedenste zurückweisen, und daß keine aus dem Auslande kommende Agitation je geeignet sein wikd, diese Gesinnung zu erschüttern," so ist das eine Erklärung, an der sich nicht drehen noch deuteln läßt. Sie muß jeden berechtigten Anspruch befriedigen und den leisesten Zweifel an einer ehrlichen deutsch freundlichen Gesinnung der Elsaß-Lothringer ver stummen machen. Um so mehr dürfen die Be wohner der Reichslande darauf rechnen, daß die deutsche Regierung, nachdem der kalte Wasser strahl in Frankreich eine nachhaltige Wirkung hervorgebracht, und sobald es die Verhältnisse gestatten, die gewünschten Erleichterungen ein treten lassen wird. Noch ein anderes Ereigniß der vorvergangenen Woche hat seinen Schatten bis auf diese Tage geworfen: die unumwundene Absage des Reichskanzlers an die freisinnige Partei. Mögen die durch diese Erklärung Ge troffenen darüber spotten und witzeln wie sie wollen: der Jubel, den die Worte des Kanzlers bei den Kartellparteien hervorgerufen; ist ein wahlberechtigter; er gilt der nach mehrmonat licher Verwirrung endlich eingetretenen Klärung der innerpolitischen Lage. Die Aufnahme, welche die Absage des Reichskanzlers bei der freisinnigen Presse gefunden, ist eine gctheilte. Einige dieser Blätter erwidern in demselben kampflustigen Tone, welchen Herr Richter alsbald angeschlagen. Andere lassen deutlich erkennen, daß die Rede des Reichskanzlers einen sehr schmerzlich empfundenen Strich durch die Rech nung gemacht. ES fehlt nicht an komischen Vcr- suchen, mit den falschen Vorstellungen, welche Herr von Caprivi zerstörte, dennoch weiter zu arbeiten. Dahin gehört die Entdeckung, daß der selbe gar nicht von der deutschfreisinnigen Partei gesprochen habe, sondern nur von der Fort schrittspartei, welche nicht mehr existire — weil er nämlich diese, auch manchen anderen Leuten geläufigere Bezeichnung angewendet hat! Dazu gehört auch die Andeutung, Herr von Caprivi habe seine Meinung ausgesprochen, aber die deS Kaisers sei doch wohl eine andere! Dieses Winden und Drehen zeigt am deutlichsten, wie schmerzlich man die Wendung der Dinge empfindet. Ver einzelt. findet man jedoch in der freisinnigen Presse auch die Erkenntniß, daß die verfehlte Taktik der Partei selbst an dem Vorkommniß die Schuld trage. So schreibt die freisinnige „Weserzeitung": „ES wäre den Freisinnigen bei aller Schonung ihrer Parteigrundsätze sehr wohl Bestellungen werden des deutschen Reiches, l" ... . „ tn brr Expedition dieses Blatte- angenommen. ,Inden, werden bis Dienstag und Freitag stich v Uhr angenommen und kostet dir dreigespalteneEorpuSzrile lOPs., unter „Eingesandt" 20 Pf. Geringster Jnseratenbetrag2dPf. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und LmmabenSS, und kostet einschließlich der Sonnabends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark üv Pf. Einzelne Nummer 10 Pf. Im Gehöfte der Wittwe weiland des Schwarzviehhändlers Hermann Uttfche hier, Nr. 308 des Brd.-Cat. für Bischofswerda (Nr. 7 am Meumarkt daselbst) ist die Maul- und Klauenseuche ausgcbrochen. Stadtrath Bischofswerda, den 9. März 1891. - rr«z . Politische Weltschall. Die hochgchcndcn Wogen der Erregung, die diesseits wie jenseits der Vogesen das wider wärtige Gebühren der Pariser Revanchebrüller Hervorgernfen, haben sich im Laufe voriger Woche wieder geglättet. In den maßgebenden deutschen Kreisen haben die Pariser Vorgänge, wie offiziös festgestellt wird, weit weniger Entrüstung als geringschätzendes Erstaunen erregt. Man findet in ihnen gleichzeitig eine Lehre für die Zukunft, iie Lehre, daß auch heute noch, wie seit 20 Jahren, eine jede französische Regierung zu schwach ist, um sich dem Anstürmen des Pöbels erfolgreich zu widersetzen. Die Franzosen haben sich wieder einmal als das am leichtesten zu leitende Volk gezeigt, denn einige Dutzend unverantwortlicher Schreihälse und Renommisten haben genügt, in achtundvierzig Stunden eine vollständige Um wandlung in der öffentlichen Meinung herbei zuführen und aus einem „friedfertigen" Frank reich eine von der Leidenschaft blindlings fort gerissene Nation zu machen. In Paris ver schließt man die Augen nicht gegen diese That- iache. Ein Gefühl der Beschämung hat, wenig stens in den Kreisen der Verständigeren, Platz gegriffen, doch wir werden uns hüten, dieses Ge fühl als einen Vorboten der Umkehr zur Ver nunft zu betrachten: Frankreich bleibt unver besserlich, oder vielmehr es ist unheilbar. Nicht wenig hat das rasche, entschiedene Vorgehen der deutschen Regierung dazu beigetragen, die fran zösischen Hitzköpfe einigermaßen wieder zur Be sinnung zu bringen. Diplomatische Vorstellungen in Paris zu erheben, wäre nutzlos gewesen, da die Schwäche undOhnmacht der französischen Regierung dieser Bewegung gegenüber offenkundig war, und die französische Regierung, soweit ihre Kräfte reichten, wohl Alles gcthan hat, um den Ausbruch chau- vinistischen Wahnwitzes möglichst glimpflich ver laufen zu lassen. Der einzige Weg war eben nur der, den 1888 auch der Fürst Bismarck zu gleichem Zwecke eingeschlagen hatte, und den im vorigen Jahre General Caprivi mit dem richtigen Ausdruck bezeichnet hatte: „Vertiefung des Grenzgrabens". Noch einmal wird in un zweideutiger Sprache den ruhigen und besonnenen Franzosen vergegenwärtigt, daß die Reichslande dauernd von Frankreich loSgerissen sind, und daß, je mehr sie sich von einer kleinen Anzahl von Schreiern und Hetzern an der Nase herum ziehen lassen, sie um so leichtsinniger mit dem Kriegsfeuer spielen, das ausschließlich auf fran zösischem Boden brennt und geschürt wird. Die Wiederausfrischung der Paßverordnung im gegen wärtigen Augenblicke ist daher und kann daher nichts Anderes sein als eine Mahnung und ein Mittel, den europäischen Frieden zu wahren und zu sichern. Sie hat bereits einen erfreulichen Erfolg aufzuweisen: Der elsaß-lothringische Landesausschuß hat sich zu einem Schritte ver anlaßt gesehen, dem große politische Bedeutung nicht abgesprochen werden darf. Er hat eine Adrffse an dep Kaiser angenommen, die um Rück T a g e s o rd n u n g : 1) Vortrag der Verhandlungsakten und Beschlußfassung wegen Uebernahme der Bahnhofstraße, beziehentlich Abtretung von Areal vom Bahnfiskus an die Stadtgemeinde. 2) Antrag des Stadtverordneten Herrn A. Täubrich, die anderweite Unterbringung «iiies Geldschrankes. — Hieraus geheime Sitzung. Gräfe Lu»., Vorsteher. Ker jachWe ZG Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpe« und Umgegend möglich gewesen, für die Unterosfiziersprämien zu stimmen und dadurch den Beweis eines Ent gegenkommens zu geben, das die ganzen Verhält nisse auf lange Zeit hinaus günstig hätte beein flussen können. Statt dessen haben sie deu Gegnern einen Triumph bereitet. Sie mußten sich sagen, daß die Gefahr eines Rückfalles der Regierung in die Kartell-Tendenzen stets sehr groß sei, und daß sie durch vorsichtiges versöhn liches Verhalte» Alles äusbieten mußten, um dies zu verhindern und um die gegenwärtige Regierung sowohl zu unterstützen, als ihr auch deren Unabhängigkeit von den Kartcllparteien zu ermöglichen. Statt dessen haben sie in einer ganz gleichglttigcn Sache (der Frage der Unter- osfiziersprämien) einen so großen Eigensinn ge zeigt, daß die Regierung sich wieder zu den Kartcllparteien hingezogen fühlte. DaS ist ein schwerer Fehler, der auS der gewohnten Ne- girungslust entsprungen ist und auf lange hinaus nachwirken wird." Auch in der Arbeiter frage hat die Regierung während der letzten Woche eine Kundgebung erlassen, welche die über die Stellung der Regierung speziell zur Berg arbeiterfrage erregten Jrrthümer in sachlicher Darlegung der für das Verholten der Regierung maßgebenden Gründe zu beseitigen geeignet war. Wie viel man auf die wohl etwas sanguinischen Mitthrilungen eines angesehenen konservativen, wie auch eines gewöhnlich gut unterrichteten nationalliberalen Blattes geben darf, nach welchen wieder direkte Beziehungen zwischen dem Fürsten Bismarck und der jetzigen Regierung angeknüpft seien — das „Deutsche Tagebl." schrieb: „So hoffen wir aufrichtig, daß wir am Morgen einer neuen Periode stehen, in der eine unheilvolle Kluft sich schließt und der unschätzbare, in Treuen gebotene Rath unseres alten Reichs kanzlers dem Kaiser und dem Vaterlande, in welcher Forni auch immer, wiedergewonncn wird" — mag vorläufig dahingestellt bleiben. Die Verhandlungen des Reichstages ließen, wenigstens während der ersten Tage der Woche, Gesichts punkte von allgemeinerem Interesse vermissen. Erledigt wurden in zweiter Lesung der Rest des Militäretats, der Reichseisenbahnetat, wobei die Kohlenlieferungen in das Ausland und die Frage der Berechtigung der Kartelle eine Haupt rolle spielten, und ein Tbeil des Marineetats. Ein österreichisches Blatt durfte man in de» letzten Tagen gar nicht in die Hand nehmen: Wahlresultate und nichts als Wahlresultate füllen die Spalten — ein für den Fernerstehcn- den schier ungenießbarer Lesestoff. Noch sind die Wahlen bei der eigenthümlichen Wahlverfassung nicht beendet, doch kann man bereits mit Be stimmtheit erkennen, daß die bisherige Mehrheit des Reichsrathes vernichtet ist und in ihrem bisherigen Bestand nicht wieder zusammengefügt werden kann. Ihre Trümmer bestehen aus einander bekämpfenden Gruppen. Geschlossen gehen aus den Wahlen nur die Polen und die Deutschliberalen hervor. Letztere haben zwar Schädigungen trfahren, theils durch die Wahl