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Stadtverordneten-Kollegium angehe«, „dahin zu wirken, daß baldmöglichst eine breite Verbindungs straße zum Neumarkt von der Wilsdruffer Vor stadt aus durch Verbreiterung der Sporergasse hrrgestellt werde." Die Planung hat die Beseiti gung der staatsfiskalifchen Häuser jener Straßen trakte im Auge, um dadurch die gewlinschte Verbreiterung herzustellcn, und dadurch auch eine bessere Zufahrt zum Residenzschlosse herbeizuführen. S Am 2. d. M. und folgende Tage hat eine abermalige AuSloosung Kgl. Sachs. Staats papiere stattgefnnden, von welcher die 4 °/<» Staatsschulden - Cassenscheinc vom Jahre 1847 und 3 v/<> Staatsschulden - Kassenscheine vom Jahre 1855, inglrichen die am 1. Juli 1891 mit 10'/,"/, Prämienzuschlag rückzahlbar werden den 4 °/o sächsisch-schlesischen Eisenbahnaktien be troffen worden sind. Die Inhaber der ge nannten Staatspapiere werden hierauf noch besonders mit dem Hinzufügen aufmerksam ge macht, daß die Listen der gezogenen Nummern in der Leipziger Zeitung, dem Dr. Journ. und dem Dr. Anz. veröffentlicht, auch bei sämmtlichcn Bczirksstcuer-Eiunahmen und Gemeindevorständen deS Landes zu Jedermanns Einsicht ausgelegt werden. Mit diesen Listen werden zugleich die in früheren Terminen ausgeloosten, aber noch nicht abgehobenen Nummern wieder aufgerufen, deren große Zahl leider beweist, wie viele Interessenten zu ihrem Schade» die Ausloosungen übersehen. Es können die selben nicht genug davor gewarnt werden, sich dem Jrrthume hiuzugeben, daß, so lange sie Zinsscheine haben und diese unbeanstandet eingclöst werden, ihr Capital ungekündigt sei. Die Staatskassen können eine Prüfung der ihnen zur Zahlung präsentirteu ZinSscheine nicht vor nehmen und lösen jeden ächten Zinsschein ein. Da nun aber eine Verzinsung ausgelooster Capitalc über deren Fälligkeitstermin hinaus in keinem Falle stattfindct, so werden die von den Betheiligtcn infolge Unkenntnis; der Aus lassung zu viel erhobenen Zinsen seinerzeit am Capitale gekürzt, vor welchem oft empfindlichen Nachtheile sich die Inhaber von Staatspapieren nur durch regelmäßige Einsicht der Ziehungslisten (der gezogenen wie der restirendcn Nummern) schützen können. Krippen, 8. März. Dieser Tage mußte ein vierjähriges Mädchen, welches von einem kleinen Hund gebissen wurde, unter ärztliche Beobachtung nach Dresden übergeben werden. Der besagte Hund ist als der Tollwuth verdächtig in der kgl. Thierarzneischule getödtet worden. Am Freitag früh mußten hier weitere 5 Hunde, welche von diesem Thiere ebenfalls gebissen worden lind, erschossen werden. Meißen, 6. März. Gestern Abend hat sich der Besitzer des Ballctablissements zum „Thurm haus" daselbst erschossen. Der Verstorbene war ein tüchtiger Musiker und diente Mitte der siebziger Jahre bei der Marine-Infanterie in Kiel, bis er eine Anstellung bei dem damals noch in Meißen liegenden 2. Jägerbataillon Nr. 13 als Musikdirektor erhielt. Diese Stellung ver tauschte er später mit der eines Musikdirektors deS 9. Infanterie-Regiments Nr. 133 in Zwickau, welche Stellung er jedvch krankheitshalber alsbald wieder aufgeben mußte. Ein schweres körper liches Leiden scheint die Ursache zu dem Selbst mord gewesen zu sein. Riesa, 7. März. Die gegenwärtig hier in Garnison liegende Feldartillerie wird bestimmt am 1. April oder spätestens am 1. Mai nach Dresden verlegt werden, da sich die derzeitige Besitzerin deS früher Degener'jchen Grundstückes, in dem die Abtheilung größtenthcils untergebracht ist, weigert, dasselbe weiterhin zu Garnisons zwecken zu vermiethen und die erforderlichen Räume anderweit in der Stadt schwer zu be schaffen sein dürsten. * In Dresden ist ein Kranker dadurch um's Leben gekommen, daß er mehr Morphium ge nommen, als ihm verordnet war. Die Unart mehr zu nehmen, als der Arzt verordnet, wird leider oft geübt. — Eine Frau in Annaberg brach beim Fall ein Bein. — Dem Waldarbeiter Uhlig in Kämmerswalde wurde durch eine fal lende Fichte die Hirnschale eingedrückt. — Bei Zadel wurde eine ca. 30jährige Unbekannte aus der Elbe gezogen. — Der Dienstknecht Fehre aus Cölln bei Meißen hatte sich bei der Rekru- tirung so betrunken, daß er starb. — Der Bremser Schlinger in Wurzen wurde überfahren und ge tödtet. — Ein Pole hat sich in einem Dresdner Restaurant durch einen Schuß in selbstmörderi scher Absicht schwer verletzt. — Gleiches gilt von einem Kaufmann in Leipzig. - Herr Pri- vatuS Lauterer in München spendete der Schul gemeinde Schliersee 80,000 Mark zum Bau Der sächsische Erzähler Geile 1«. einer neuen Schule. — Dir fiskalischen Straßen bäume brachten 1890 150,623 Mark 55 Pfg. — Herr Rechtsanwalt Meyer in Leipzig hat der dort bei der Taubstummenanstalt befindlichen Heinickestiftnng 10,000 Mark zugewendet. -- Die beiden Webermeister Schwarz »nd Hoffmann in Plauen i. V. feierten das 50jährige Bürger jubiläum. — Ausgezeichnet wurde» die Herren Major a. D. von Mutius auf Börnchen durch das Komthurkreuz I. Klasse des Albrechtsordcns; stellvertretender Bürgermeister Glvgner in Hohen- fricdberg durch das Albrechtkreuz; Kammersänger Riese in Dresden durch das Ritterkreuz I. Kl. des Eruestiuischen HauSordeuS; der Oberst- lieutenaut von Eys in Magdeburg durch das Osfizierkrcuz des Albrechtsordens und Haupt mann Fischer durch das Ritterkreuz I. Klasse desselben Ordens. — Für die in Dresden zu begründende Dienstbotenlrhranstalt wurden ano nym 1600 Mk. gespendet. — Der Schulbezirk Dresden Land hatte 1890 36,210 Kinder in 144 Schulen und 845 Klassen und wurden von 538 Lehrern unterrichtet. Vermischtes. — Freiburg i. Schl., 6. Mürz. Neber Königszelt entlud sich gestern ein ziemlich starkes Gewitter, verbunden mit heftigem Regenguß, welches einen Eisenbahndammrutsch zur Folge hatte. — Nürnberg, 6. März. Zwei Mitthcil- habcr der Gcrbercifirma Elias Kohn bestimmten 200,000 Mark zur Errichtung einer Stiftung für ihre Arbeiter.' — Brombcrg, 6. März. Der wegen Straßenraubes zu acht Jahren Zuchthaus ver- urtheilte Arbeiter Wozniak versuchte Nachts aus dem Gerichtsgefäugniß zu entfliehen, wurde jedoch vom Wachtposten bemerkt und, da er aus dessen dreimaliges Halt nicht stehen blieb, von diesem erschossen. — Der Vater Rhein muß sich zur Zeit bei seinem überaus niedrigen Wasserstande alles mögliche gefallen lassen. So belustigten sich am vorletzten Sonntage bei Kehl auf dem an vielen Stellen völlig ansgetrockneten und nur noch aus mächtigen Sandbänken bestehenden Rheinbctt Hunderte bei den Klängen eines aus einer Sand bank ausgeschlageucn Karroussels (!) und bei den Getränken verschiedener Erfrischungszelte. Der jetzige Wasserstand ist am ganzen Oberrhein der allcrniedrigste des Jahrhunderts. — (Die Reise des Grafen Ennatzky.) Der genannte russische Offizier berührte am 3. März Saarbrücken. Bis zum Ablauf der Wette, also der Ankunft des Grafen in Paris, sollen noch 14 Tage Zeit sein, so daß der Graf seine Wette wohl gewinnen wird. — Baden-Baden, 8. März. Bei einem gestern Nacht ausgebrochenen Feuer brannte der Dachstock des Sanatoriums ab. Alle Bewohner wurden wohlbehalten gerettet und für die Unter bringung der Patienten Sorge getragen, so daß die Kur derselben keinerlei Unterbrechung erleidet. Auch das Gebäude dürfte binnen einigen Wochen wieder bezogen werden können, da eS, hauptsäch lich in Stein und Eise» gebaut, verhältnißmäßig wenig Schaden gelitten hat. — Altenberg, 8. März. Einen furcht baren Schrecken hatten vorgestern früh gegen 4 Uhr die 3 Miethsparteien eines hiesigen Hauses. Infolge der überaus heftigen Regengüsse der letzten Tage war der nach Norden zu gelegene Theil des Giebels von dem massiv gebauten Hause so durchfeuchtet worden, daß der Mörtel sich aufgelöst hatte und die aus großen Steinen bestehende Giebelmauer einfiel. Eine Schlaf kammer im oberen Stock wurde dadurch offen gelegt und die dort schlafende, eben erst geweckte Frau, welche im Begriff gewesen war, die Lampe zu entzünden, rollte mit dem Mauerwerk hinab, wobei sie sich einige Verletzungen zuzog. Der Manu im Untergeschoß hatte inzwischen eiligst die Kuh aus dem Stalle gezogen und so vor der Vernichtung gerettet. Zertrümmert wurde eine Bettstelle, die mit hinabstürzte. Der Giebel ist aus der Nordseite vom Dache aus bis zu dem unteren Stockwerke eingefallen und fiel später noch weiter ein. — Greiz, 7. März. Ein bedauerliches Un glück hat sich heute Vormittag im Nachbarort HermannSgrün ereignet. Der Brunnenbauer Keil nebst 23jährigem Sohn stürzten beim Hin absteigen in einen Brnnnen infolge Betäubung durch angesammelte Gase in die Tiefe; beide wurden todt herausgezogen. — (Ueberfall eines Feldwebels durch Zivilisten.) Au» Forbach (Lothringen) 3. März, schreibt man: Vorgestern Abeno gegen 12 Uhr hatten sich in einer hiesigen Wirthschaft 10 18GL bi» 15 Burschen vereinigt, um einem Feldwebel der 144er auszulauern. Man fiel über den Gr- nannten mit Messern und Stöcken her und ver setzte ihm mehrere Stiche in die Brust, Lunge und Rücken, so daß der Uebrrfallene im Sterben liegt; ebenso wurde ein Sergeant schwer am Kopfe verwundet, auch mehrere Gemeine, die helfend beigesprungen, wurden durchgeprügelt. Kleine Reibereien vom letzten Sonntage waren die Ursache. Fünf Burschen sitzen bereit» hinter Schloß und Riegel. — Wien. Infolge rapiden TauwetterS ist ganz Niederösterreich und Mähren vom Hoch wasser bedroht. Viele Ortschaften und ganze Landstriche stehen bereit» unter Wasser. Der Schaden, den die Wassermassen bisher verursacht haben, ist sehr bedeutend. — Tetschen. Bei Leipa hat daS Hoch wasser sämmtliche Brücken zerstört. Alle Land ungsplätze an der Elbe sind überschwemmt. — London, 9. März. In Nord-England ereignete sich ein starker Schneefall. In ver schiedenen Gegenden liegt der Schnee 6 Zoll hoch. — (DaS Telephonkabel Paris-London.) Am 3. März wurde in Calais mit den Vor arbeiten zu dem Legen des englisch-französischen Telephonkabels begonnen. Bis zum 15. d. dürfte die Telephonverbindung zwischen Paris und London vollständig fertig hergestellt sein. — (Wölfe in Serbien.) Aus Belgrad wird der „T. R." geschrieben: Der strenge Winter hat Wölfe dicht vor die Thore der Stadt geführt. In einer der letzten Nächte haben sogar zwei der Bestien eine Schildwache bei den kgl. Stallungen, die unmittelbar vor der Stadt sich befinden, angegriffen. Der Soldat hielt die Thiere in der Entfernung für große Hunde und meinte, daß sie an ihm vorübereilen würden; als sie dann auf ihn lossprangen, hatte er kaum Zeit, sich mit dem Bajonet zu vertheidigen, wo bei er eines der Thiere verwundete, er gab dann Feuer, worauf die Wölfe vor den herbeieilenden alarmirten Soldaten der Wachstube flüchteten. — Im königl. Thiergarten bei Topschider, nahe bei Belgrad, brechen die Wölfe täglich ein, zer reißen dort Hirsche und Rehe, und holen sich aus der Heerde von Merinoschafen leckere Beute. ES gelang bisher nicht, die frechen Räuber zu vertreiben. Wölfe sind sonst in Serbien selten, weil die Bauern alle bewaffnet sind. In de» letzten Jahren waren Donau und Save zugefroren, und nun kamen die Bestien in Schaaren aus Ungarn und Slawonien über das Eis und fanden im Gebirgsstock des Apala bei Belgrad gute Schlupf winkel. Die große Vermehrung der Wölfe in Ungarn und Slavonien ist eine Folge der dortigen Gewehrsteuer, die den Bauer gegenüber den ge fährlichsten Feinden seines Viehstandes wehrlos macht. Es giebt jetzt in Ungarn mehr Wölfe, als vor zehn Jahren, und darunter leiden auch die Grenzgebiete. — Das Wachsthum von Städten in der nordamerikanischen Union. Der Aufschwung der Vereinigten Staaten von Nordamerika ist am besten aus dem Wachsen der Hauptstädte zu er sehen. Ende Juni 1890 ist bekanntlich in der Union die elfte Volkszählung vorgenommen worden. Die Einwohnerzahl betrug: 1790 1880 1890 in New-York 23,131 1,206,299 1,627,227 in Philadelphia 42,520 847,170 1,040,499 in Brooklyn 1,603 566,663 930,671 Die Stadt Chicago hatte 1840 erst 4479 Ein ¬ wohner, 1880 schon über eine halbe Million (503,185) und 1890, also nur 10 Jahre später, war die Million weit überschritten. - Die Zählung ergab 1,123,487 Einwohner. Solche Veränder ungen sind eben nur in Amerika möglich. Die Gesammtbevölkerung der Union hat von 1880 bis 1890 sich von 58 Millionen aus 64'/, Mill, vermehrt, also um über 25 Proz. — Der berühmte Theologe Schleiermacher hatte sich einst in einer Krankheit von dem eben falls berühmten königlichen Leibarzte vr. Gräfe — dem Vater des unvergeßlichen Augenarztes — behandeln lassen. Nach seiner Genesung schickte Schleiermacher dem Arzte ein höfliche» Dankschreiben und legte demselben vier Louisdor bei, indem er bat, diese Kleinigkeit al» Beweis seiner Erkenntlichkeit für die gehabten Bemühungen anzunehmen. Am nächsten Tage erhielt er die Goldstücke zurück, begleitet von folgenden lakonischen Zeilen des Generalstabsarztes: „Arme kurire ich umsonst; Wohlhabende zahlen nach der Medizinaltaxe; Reiche honoriren mich nach Be lieben anständig." Darauf ertheilt« der Geist liche die noch lakonischere Antwort: „Die vier Louisdor erhielt mit Dank zurück — der arme Schleiermacher."