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*1 D«r sächsische Erzähler. Seite». 18»1 Licitation. Der Bau eines neuen Pfarrhauses in Frankenthal soll auf's Mindestgebot vergeben werden. Geehrte Bewerber werden ersucht, bei dem Rechnungsführer des Kirchenvorstandes, Herrn Clemens Hackert, Zeichnungen und Bedingungen einzusehen, sowie BlanquetteS entgegen zu nehmen. Donnerstag, am IS. Miirz, Nachmittags S Uhr, soll der Licitationstermin im Grbgeeicht zu Frankenthal öffentlich erfolgen. Der Kirchenvorstand behält sich die Auswahl unter den Licitanten vor. Frankenthal, am 12. März 1891. Der Kirchenvorstand. ' gez. A. Gröhel, Pfarrer. Bekanntmachung -er Ortskrankenkaffe für Hartha« und Umgegend. Die nächste findet 8v»»tsx, am 22. Mrr, Xaekmittaxs 3 Ilkr, im Crbgericht zu Goldbach statt, wozu alle Kassenmitglieder, welche großjährig und im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sind, hierdurch eingeladen werden. Schluß der Einzeichnungsliste punkt 4 Uhr. Tagesordnung: 1) Ablegung der Jahresrechnung. 2) Allgemeines. ^au^aw^oM^^ Vom Fürsten Bismarck. Als sich die Bismarckhetze noch im ersten Stadium befand, wenige Monate nach dem Rück tritt des Fürsten, wurde mehrfach die Frage er örtert, ob es nicht besser sei, dem Fürsten Bis marck die Möglichkeit zu verschaffen, im Reichs tage seine Meinung frei zur Geltung zu bringen, als daß derselbe auf Unterredungen mit Ver tretern der Presse und auf eigene journalistische Kundgebungen angewiesen bleibe. Ein großer Theil der Presse wollte eS dem verabschiedeten Reichskanzler überhaupt verwehren, in öffentlichen Angelegenheiten jemals wieder das Wort zu er greifen. Er sollte sich in seiner politischen Rumpelkammer mäuschenstill verhalten und sich lediglich als eine historische Persönlichkeit be trachten, die einer „glücklich überwundenen, ver fehlten Wirthschaftsperiode" angehörte. Man muthete dabei dem Fürsten zu, die unerhörtesten, thörichtsten Anschuldigungen ohne Erwiderung über sich ergehen zu lassen und stumm mit an zusehen, wie seine mißgünstigen Gegner Blatt auf Blatt auS seinem Ruhmeskranze weg- eskamotirten und vasür Dornen und Disteln ein fügten. Selbst angesehene konservative und nationalliberale Blätter, deren sonstiger politischer Haltung man die Anerkennung nicht versagen kann, wurden mit in den Strudel hineingezogen, den die unerhörte Agitation der Bismarckgegner künstlich aufgerührt hatte. Sie glaubten der Regierung einen Dienst zu erweisen, wenn sie dem Manne, dessen staatsmännischem Genie das neue Deutschland seine weltgebietende Stellung ver dankt, den Rath ertheilten, auf jede politische Aeußerung zu verzichten und gutwillig hinter jedem biederen Stammtischpolitiker zu rangiren, der es als sein gutes Recht betrachten darf, seine Meinung über politische Fragen frei gegen Jedermann zu äußern. Es war eine Art poli tischer Zustaudsvormundschaft, unter die auch die eben bezeichnete Presse — Namen brauchen nicht genannt zu werden — in einer Anwand lung von Byzantinismus den ersten Kanzler des deutschen Reiches im trauten Vereine mit den radikalen Blättern stellen wollte. Das deutsche Volk — zu seiner Ehre sei's gesagt - hat gegen diese unwürdige Behandlung des Mannes, dem es seine Einheit dankt, in seiner über wiegenden Mehrheit protestirt, und ein Blatt nach dem anderen ist, dem Druck der öffentlichen Meinung folgend, beschämt von dieser würde losen Haltung zurückgekommen. Nur die radikale Presse, die nichts gelernt und nichts vergessen, steht heute noch auf dem alten Standpunkt und spricht sich damit selbst ihr Urtheil. Eine erfreuliche Kundgebung ganz jm Sinne der obigen Ausführungen liegt jetzt aus dem Lager der sächsischen Nationalliberalen vor. Wir lesen in der in Leipzig erscheinenden „Nationallib. Korresp." über die Stellung der sächsischen Nationalliberalen zur inneren Lage des Reiches u. A. auch Folgendes: „Inmitten der Debatte, die für und gegen den „neuen KurS" geführt wird, ist auch der frühere Reichs kanzler, Fürst Bismarck, Gegenstand eines lebhaft geführten Streites geworden. Man hat ihn, weil er seine Meinung über manche Schritte seines Nachfolgers freimüthig ausgesprochen, mit Borwürfen überhäuft, wie einen Unmündigen ge- hofmeistert, förmlich auf die Anklagebank gesetzt, ja geradezu dem Staatsanwalt denunzirt. Und zwar ist dies nicht blos von radikalen Blättern (von denen es nichts Auffallendes hat), sondern auch von konservativen und zu unserem Be dauern, auch von einigen nationalliberalen ge schehen. Von anderer Seite hat man ihn warm vertheidigt, wobei es eigenthümlich ist, daß die wärmsten Kundgebungen unveränderter und un wandelbarer Anhänglichkeit an den Fürsten ge rade aus solchen Staaten kommen, die einst ihm als Feind gegenübergestauden und als Besiegte seine eiserne Hand gefühlt hatten, auS den süddeutschen Staaten und aus Sachsen, während seine heftigsten Gegner und seine unzuverlässigsten Freunde dem preußischen Staate angehören, den er groß gemacht. ES ist nicht unsere Absicht, in jenem Streit Partei zu nehmen; wohl aber fühlen wir uns gedrungen, über das Verhältniß unserer Partei hier zu Lande zum Fürsten Bismarck uns auszusprechen, und wir glauben dabei des Einverständnisses aller unserer Parteigenossen uns versichert halten zu dürfen. Wir sächsischen Nationalliberalen haben allezeit treu zu Kaiser und Reich ge standen und werden dies allezeit thun. Wir haben unsere Anhänglichkeit an das große Ganze des deutschen Vaterlandes schon zu einer Zeit bethätigt, wo dies noch nicht so leicht und ge fahrlos war, wie heute. Wir glauben aber an jener unserer Treue zu Kaiser und Reich keinen Raub zu begehen, wenn wir daneben in unent wegter Pietät zu dem großen Staatsmann be harren, dem Kaiser Wilhelm I. neidlos das Hauptverdienst an der Gründung des neuen Reiches zugewiesen und dem daher auch wir Sachsen es verdanken, daß unser engeres Vater land, glücklich unter der weisen Regierung seines allgeliebten Königs Albert, zugleich ein lebens- und schaffenskräftiges Glied eben jenes mächtigen Reiches, wir selbst aber vollberechtigte Bürger eines solchen größeren Gemeinwesens geworden sind." Aehnliche Aeußerungen einer ruhigeren, staatS- männischeren Auffassung unserer politischen Lage sind in den letzten Wochen mehrfach zu ver zeichnen gewesen. Hierzu gehören auch die be reits in der letzten politischen Weltschau erwähn ten, bisher ohne Widerspruch gebliebenen Mel dungen eine« konservativen und eines national liberalen Blattes, nach welchen künftig Gelegen heit gefunden werde, den bewährten Rath des Fürsten Bismarck dem Kaiser und dem Vater lande, in welcher Form auch immer, wieder zugewinnen. In diesem Sinne glaubten auch die nationalliberalen Wähler des 19. hannoverschen Wahlkreises zu handeln, wenn sie dem Fürsten BiSmarck das erledigte Mandat des Wahlkreises anboten. Wie schon, erwähnt, hat Fürst BiSmarck privatim seine Zustimmung zur Ausstellung seiner Reichstagskandidatur gegeben, will sich aber über eine etwaige Annahme eines ReichStagSmandatS erst dann erklären, wenn sich das endgiltige Wahlergebniß übersehen lasse. Jedoch behält sich der Fürst auch noch eine andere Entschließung vor, was von der allgemeinen Aufnahme seiner Aufstellung abhänge. Der erwähnte Wahlkreis umfaßt die reichen hannoverschen Marschen: daS Land Fehdingen, das Land Hadeln, daS Land Wursten, sowie die starkbevölkerten Gegenden der Wesermündung mit den Handelsstädten Geeste münde und Lehe. Es ist ein reicher Distrikt. Die „Marschbauern" sind längst reiche oder wenigstens wohlhabende Gutsbesitzer geworden, sie sind wirthschaftlich vielen Rittergutsbesitzern der Provinz weit überlegen. Die Bevölkerung der beiden Städte, die nahe bei einander liegen und nur von Bremerhafen getrennt sind, hat denselben halb seemännischen Charakter, wie dieser Bremische- Ort. Die Vertretung eines solchen Wahlkreises würde also der Würde des Fürsten Bismarck recht wohl entsprechen. Auch die Parteiverhält- nisse liegen dort so, daß an einer Abweisung der Kandidatur des Fürsten nicht wohl zu denken ist. So stehen wir also vor dem Ereigniß, daß Fürst Bismarck, falls er nicht doch noch aus persönlichen Gründen auf die Annahme des ihm zugedachten Mandates verzichten sollte, als Mit glied des Reichstages in nicht zu ferner Zeit wieder berathend in die Geschicke des Reiches wird eingreifen können. Ein weltgeschichtlicher Augenblick wird e« sein, wenn der Altreichs kanzler zum ersten Male wieder in dem Hause das in früheren Jahren so oft in athemloser Stille unter dem Eindruck seiner mächtigen Rede gestanden, das Wort ergreifen wird. ES wäre kleinlich gedacht, wollte man die Befürchtung hegen, daß das Eingreifen des Fürsten Bismarck in die parlamentarischen Verhandlungen für die Regierung eine Erschwerung ihrer Aufgaben be deuten könne. Allerdings ist nicht zu verkennen,, daß die Worte des Fürsten Bismarck ein ganz anderes Gewicht haben werden, als die eines jeden andern Abgeordneten, davor aber, daß der frühere Kanzler eine Art Gegenregierung im Reichstag bilden könnte, bewahrt ihn sein jeder zeit königstreuer, vaterländischer Sinn. Und außerdem: Giebt es dann, nachdem sich Herr von Caprivi im Reichstag offen über die Haltung, der Regierung ausgesprochen, nachdem auch durch die der Regierung nahestehende Presse Mißver ständnisse aller Art beseitigt sind, überhaupt noch Punkte, in denen ein grundsätzlicher Gegen satz zwischen den Anschauungen des Fürsten Bismarck und der gegenwärtigen Regierung fest zustellen wäre? Mögen die Absichten der jetzigen Regierung im Anfänge auch anderer Art gewesen sein, die Verhältnisse haben dazu geführt, daß man mehr und mehr auf die Regierungs- und Wirthschaftsgrundsätze des Altreichskanzlers zurückgreifen muß: „BiSmarck'sche Politik ohne Bismarck!" Deutsches Reich. Se. Majestät der König erschien am 11. d. M. auf dem Bahnhofe in Dresden, um dort Se. Hoheit den Erbprinzen und Ihre Königl. Hoheit die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen zu empfangen, welche in Begleitung der Hofdame Fräulein von Ramin und des Adjutanten Ritt meister v. Bergen von Berlin über Zossen in Dresden eintrafen. Die hohen Herrschaften begaben sich alsbald nach dem Königlichen Residenzschlosse und nahmen in den Gemächern Ihrer Majestät der Königin, welche auf ärztlichen Rath das Zimmer hüten muß, da» Frühstück ein. Darnach begaben siH der Erbprinz und die Frau Erb- prmzessin in daS Palais der Langestraße und statteten Sr. Kgl. Hoheit dem Prinzen Georg«, einen Besuch ab. Am Nachmittag unter-