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Schweiz. Wieder ein Beweis für den Zusammenhang der Socialdemokraten mit den Anarchisten ist in einer neulichen Versammlung zu Gunsten der Chicagoer Mörder in Zürich geliefert worden. Der deutsche socialdemokratische Führer Fischer erklärte nämlich, die sieben Verurtheilten seien keine Anarchisten, sondern nur revolutionäre Socialdemokraten, was sic ja Alle auch seien. Sic predigen nicht die Gewalt als Theorie, a-te sie verschmähen es natürlich nicht, in der Praxis dann und wann von derselben Gebrauch zu machen. Anch dagegen könne man nichts ein wenden, wenn die Arbeiter einmal statt Knüppel und Revolver sich einer Dynamitbombe bedienen,, „insofern man damit nur sein Ziel erreiche." Was helfen da die Phrasen des St. Gallener Beschlusses mit ihrer theorethischen Verdammung des Anarchismus. Italien. Rom, 8. November. Der Dampfer „Amerika" ist mit dem General San Marzano an Bord heute in Massauah eingetroffen. General Saletta hatte mit San Marzano, welcher morgen das Oberkommando übernimmt, 'eine längere Unter redung. — Wie der „Agenzia Stefani" aus Massauah untcrm 9. d. gemeldet wird, erläßt General San Marzano heute bei der Uebernahme des ObercommandoS einen Tagesbefehl an die Truppen und ein Manifest an die Colonie. In dem Tagesbefehl heißt es, daß Italien, um seine Rechte auf diese Gegenden gegenüber allen An sprüchen zu wahren, ein starkes ExpeditionScorps concentrirt habe. „Wir werden, welche Ereignisse anch eintreten mögen, dem Vertrauen des Königs und des Vaterlandes zu entsprechen wissen und haben die Zuversicht, Jedermann werde stets seine Pflicht thun." In dem Manifest versichert der Obercommandant, er werde die Rechte der Colonie schützen. Die imposante Macht, welche in Massauah concentrirt werde, beweise, daß Italien jetzt mit Liebe auf dieses Gebiet blicke, an dessen Zukunft es großes Interesse habe. Die befreundeten Stämme könnten an Italiens kräftigen Schutz glauben. Türkei. Die Beziehungen Bulgariens zu dem Sultan haben sich neuerdings recht freundlich gestaltet.. Ein Drahtbericht auS Sofia meldet darüber:: Die Thronrede, sowie die Antwort der Sobranje auf dieselbe haben in türkischen Palastkreisen des guten Eindrucks nicht verfehlt. Ein aus der . nächsten Umgebung des Sultans hierher gelangtes Schreiben verleiht demselben Ausdruck und fügt hinzu, daß die ottomanischc Regierung, welche in dem gegenwärtigen Zustand Bulgariens keinen Grund zur Unzufriedenheit findet, stets von dem Wunsche beseelt sei, zu einer günstigen Lösung der bulgarischen Krisis im Verein mit den Mächten nach Kräften beizutragen. Amerik a. New-Jork, 9. Nov. In Chicago werden Anstalten für die auf den 11. d. M. angesctzte Hinrichtung der sieben zum Tode verurtheilten Anarchisten getroffen. Sic werden in zwei Gruppen gehängt werden, zuerst vier, dann drei, da der Galgen nicht groß genug ist, um sieben gleich zeitig aufzuknüpfen. Etwa 1500 Mann Truppen mit einer Batterie Artillerie werden in den Arse nalen in Bereitschaft gehalten werden, um nöthigcn- falls den 1100 Polizisten von Chicago in der Aufrechterhaltung der Ordnung behilflich zu sein. — August Spieß war es, welcher dem Sheriff des Gefängnisses verricth, daß Lingg Bomben in seiner Zelle habe, daß dieselben mit stärkstem Dynamit geladen und für den sofortigen Gebrauch, präparirt seien. Die Polizei fand gestern im Hause eines Anarchisten noch elf derartige Bomben.. Lingg erhielt die bei ihm vorgefundenen Bomben in Delikatessenbüchsen mit doppeltem Boden. Es wird als zweifellos angesehen, daß Lingg, der als einer der erbittertsten Anarchisten bekannt ist^ das Gefängniß in die Luft sprengen wollte. New-Jork, 9. Novbr. Bei den heutigen: Wahlen in den Vereinigten Staaten zu Legis laturen der einzelnen Staaten, sowie zur Be setzung der höchsten Staatsämter siegten die De mokraten im Staate New-Jork mit einer Mehrheit von 10,000 Stimmen. In der Stadt New-Jork war ein sehr erregter Kampf. Die demokratischen Blätter sehen die Wahlen als günstig für die Wiederwahl ClevelandS zum Präsidenten und für die Niederlage für den republikanischen Präsident schaftskandidaten Blaine an. Bei den Wahlen in Pennsylvanien, Massachusetts, Ohio und Ne braska siegten die Republikaner, in Virginien, Maryland, Newjersey die Demokraten. Die Stadt Chicago wählte republikanisch. Afrika. Nach letzten Berichten aus Mekinez herrscht im Palaste des Sultans von Marokko der Typhus», dem mehrere Frauen im Harem bereits erlegen sind. kundigungen einzuziehen. Die Prinzessin war in begreiflicher Erregung, die sich in Thränen Luft machte. — Allgemein wird dagegen die Fassung des Kronprinzen gerühmt, der die Telegramme an seine kaiserlichen Eltern selbst niederschreibt, da er seit dem letzten Sonnabend nicht mehr spricht. — Die „N. Z." hört: Nach der Unter suchung am Mittwoch machten der Kronprinz und die Kronprinzessin ihre gewöhnliche Spazier fahrt. — Prinz Wilhelm telegraphirte nach Berlin und an die nahestehenden Höfe: „Papa sieht gut auS, morgen große Consultation." — Aus Darmstadt wird von gut unterrichteter Seite mitgetheilt, daß Prinz Heinrich und die Frau Erbprinzessin von Meiningen heute Mittag ebenfalls nach San Remo abzureisen gedachten — ein Plan, der mit Rücksicht auf die immer wahrscheinlicher werdende Rückkehr des Kron prinzen nach Berlin vermuthlich wieder auf gegeben ist. Wien, 9. November. Fortgesetzt beherrschen auch hier die Nachrichten über das Befinden des deutschen Kronprinzen das allgemeine Interesse. In allen Kreisen wird dieses Thema erörtert. Die Blätter bringen in jeder Nummer spaltenlauge Telegramme, daneben auch ärztliche Ansichten; beides jedoch enthält für Berlin nichts Neues. Fünf Morgenblätter veröffentliche» heute Leit artikel, die in tiefempfundenen Worten den deutschen Kronprinzen feiern und das innigste Mitgefühl mit seinem Leiden ausdrücke». Professor vr. von Lauer, der Leibarzt des Kaisers, muß seit einigen Tagen das Bett hüten. Infolgedessen hat der Kaiser seit 3 Tagen täglich dreimal nach dem Befinden Lauer's aufs Teil nehmendste sich erkundigen und zugleich jedes Mal melden lassen, wie es im kaiserlichen Palais steht. Lauer, der iu Berlin 1823 seine Studien begann, ist hochbetagt und schon deshalb genöthigt, sich zu schonen. Allein gerade sein jetziges Krank sein dünkt ihm doppelt schwer, weil es ihn ver hindert, um den Kaiser zu sein. Posen, 9. November. An der russischen Grenze in den Provinzen Posen und Wcstprcußen traten gestern und heute wieder mehrere aus Rußland ausgewiesene deutsche Familien auf deutsches Gebiet über. — Dem „DziennikLodzki" zufolge stehen weitere Ausweisungen Deutscher bevor. — Der „Kuryer Warszawski" meldet die Ausweisung aller fremden Juden aus Tiflis. O e st e r r e i ch. In Pest erregt die Revolte einer Abtheilung des Infanterie-Regiments Rvdig großes Aufsehen. Die vor Kurzem eingestellten Rekruten griffen ihren Exerzier-Unteroffizier mit gefälltem Bajonnet an und verwundeten ihn; auch ein Offizier, welcher die Revoltanten zum Gehorsam zwingen wollte, wurde verwundet. Die Abtheilung wurde erst nach heftiger Gegenwehr entwaffnet. Wien, 9. November. Der Heeresausschuß der ungarischen Delegation bewilligte nach fünf stündiger Debatte, in welche der Kriegsminister wiederholt eingriff, unverändert mit großer Mehr heit den für das Repctirgewehr eingestellten Be trag von 15^ Millionen. Frankreich. Paris, 9. November. General Coury, ehe maliger Oberstcommandirender in Tonking, ist gestorben. Angeblich war derselbe ausersehen, in einem Kriege mit Deutschland die zwischen Saint Di4 und Epinal zu concentrirende Angriffsarmee zu commandiren. Dänemark. Kopenhagen, 9. November. Nach vor läufiger Bestimmung reist der Kaiser von Rußland mit Familie am 16. oder 17. November nach Berlin; Tags darauf begiebt sich die Prinzessin von Wales mit ihren Kindern in Begleitung des Königs von Dänemark nach Lübeck. Rußland. Petersburg. Gut unterrichtete Kreise glauben hier, daß der Czaar, nachdem er einige Stunden in Berlin geweilt, unterwegs wieder mit der Czaarin und seinen Kindern zusammen treffen wird. Großfürst Wladimir und Gemahlin, welche bekanntlich am 1. d. nach Skierniwice äb- gereist sind, gehen wahrscheinlich ebenfalls nach Berlin. Dagegen hält man es für fehr wahr scheinlich, daß Giers der Zusammenkunft beiwohnen wird. Vermischtes. — AuS Bercelli wird der »Mazdh. Ztp." vom 3. V M. geschrieben: „Gestern früh reiste der Kronprinz von Deutschland fammt Familie und Gefolge von Baveno nach San Rem». 4» Alessandrea wurde telegraphisch-im Bahn! San Remo, S. Nov. Se. K. Hoheit der Prinz Wilhelm ist heute Abend hier eingetroffen. Berlin, 10. November. Der „Nat.-Ztg." wird aus San Remo vom 10. November früh telegraphirt: Nachdem Prinz Wilhelm gestern Abend angekommen, fand um 9 Uhr Abends eine Besprechung der Aerzte mit demselben statt, zu welcher auch der kurz vorher hier eingetroffene Professor Hering auS Warschau zugezogen wurde, lieber die vorausgegangene Berathung vom Nach mittag ist nur noch zu melden, daß die Auffassung der Aerzte eine sehr ernste war. Ein abschließen des Urtheil derselben ist erst nach der heute statt findenden Berathung zu erwarten. Führt dieselbe zu dem Beschluß der Kehlkopf-Operation von außen, so dürfte die Abreise nach Berlin unmittel bar bevorstehen, die Aerzte müßten dann etwa Gefahr im Verzüge schenk Es ist jedenfalls unverkennbar, daß die Ansicht in der Umgebung des Kronprinzen vollständig umgeschlagen ist und kein Versuch mehr gemacht wird, die ernste Sach lage zu bestreiten. — Ein weiteres Telegramm der „Nat.-Ztg." aus San Remo vom 10. Nov. Vormittags lautet: Bei der heute stattgehabten Consultation aller Aerzte hat sich ergeben, daß wegen Schwellung im Eingang des Kehlkopfes eine genügende Einsicht nicht genommen werden konnte und daß erst das Schwinden der Schwellung abgewartet werden muß, welches in etwa zwei Tagen erfolgen kann. Mit höchster Wahrschein lichkeit wird angenommen, daß eine krebsartige Neubildung vorliegt. Die Aerzte bleiben hier. Berlin, 10. November. Aus London tele- graphirt man der „Nat,-Ztg." unterm 10. Novbr. Die „Times" constatirt in ihren letzten Nach richten von San Remo, daß Mackenzie noch hoff nungsvoll und noch sehr gegen jede Operation sei. Der „Standard" meldet aus San Remo als das Ergebniß der gestrigen Consultation nach der Untersuchung durch Schrötter und Krause, daß der Zustand keine besorgnißerregende Symp tome zeigt und nicht alarmirend sei. Mackenzie's Behandlungsweiseseifortzusetzen. „Daily News" dem entgegen sagt, das Resultat der Untersuchung sei sehr unbefriedigend und zeige die Anzeichen einer höchst bedenklichen Complication. Mackenzie sei mit diesem Befund einverstanden. „Morning Post" meldet aus Rom: „Diritto" melde, Prof. Durante, ein berühmter italienischer Arzt, geht nach San Remo, um an der Consultation theil- zunehmen. Dem „Berliner Tageblatt" entnehmen wir unterm 10. November folgende neue Nachrichten: Heute Morgen fand eine abermalige Untersuchung des Halses des Kronprinzen seitens aller vier Specialisten (Mackenzie, Schmidt, Schlütter Krause) statt und dieselben beschlossen, daß für die nächsten Tage bloß lindernde Mittel ange wendet werden sollen, bis die Oedem-Anschwcllung entweder ganz verschwindet oder kleiner wird. Morgen findet eine abermalige Berathung aller Aerzte statt, worauf Prof. Schrötter ab reisen wird. Höchst wahrscheinlich wird nach Mackenzie's Abreise vr. Krause neben vr. Howell als permanent behandelnder Arzt in der Um gebung des Kronprinzen bleiben. Jede weitere Entscheidung bezüglich irgend welchen operativen Eingreifens hängt von der Beseitigung des Or derns ab. Jede Extrahirung selbst des kleinsten Theilcs der Spriessung ist unter den jetzigen Umständen möglichst zu vermeiden und die Aerzte müssen daher möglichst auf die Befeitigung des Oedems bedacht sein. Falls solche Extrahirung bis nächsten Montag, an welchem Tage vr. Mackenzie nach London zurückkehren will, un- thunlich bleibt, dann wird Vr. Kraust später die selbe vornehmen, sobald ein günstiger Augenblick erscheint. Des Kronprinzen allgemeines Befinden, sein Appetit und sein Schlaf ist vorzüglich. In bester Laune entschuldigte er sich heute förmlich bei den Aerzten, daß er sich trotz ihrer Anzahl so wohl fühle. Doch empfahlen die Aerzte dem Kron prinzen heute nicht auszufahren. Die „Post" briugt die auffällige Meldung, daß nach einer in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag in Berlin eingetroffenen Depesche der Kronprinz bereits gestern (Donnerstag) San Remo verlassen und heute (Freitag) hier eintreffen solle. Abgesehen davon, daß die Fahrt von San Remo bis Berlin immerhin 40 Stunden in An spruch nimmt, ist die Nachricht überhaupt verfrüht. AuS verschiedenen Blättern stellen wir im Folgender» eine Reihe kleinerer, an sich nicht be- langreicher Meldungen zusammen, die gleichwohl in ihrer Gesammtheit manches Interessante bieten. Wie der „B. B. K." erfährt, ist vor gestern Prinzessin Wilhelm bei dein Professor von Bergmann vorgefahrcn um über den Zustand des Kronprinzen und die Lage der Dinge Er