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Freiwillige Tuchfabrikversteigerung. Auf Antrag der Besitzer soll Donnerstag, den 28. Januar 1890, «NU IO Uhr IM, das auf Folium 342 des Grund- und Hypothekenbuchs für Bischofswerda eingetragene, an der Dresdener Straße allhier gelegene, mit Dampf« und» Wasserkraft versehene, sich auch zu anderer Fabrikation eignende Tuchfabrikgrundstück, die Wiesenmühle genannt, mit de« de« Besitzer« gemeinschaftlich gehörige« Maschinen nnd maschinellen Anlagen — zusammen, ohne Berücksichtigung der Oblasten, auf 54,354 Mk. — Pf. geschätzt — " durch das unterzeichnete Königliche Amtsgericht an Amtsgerichtsstelle hier versteigert werden. Es soll zunächst das Ausgebot der einzelnen Maschinen und maschinellen Anlagen, soweit dieselben nicht mit dem Grundstücke ausgeboten werden, dann das AuSgebot des Grundstücks mit Dampf kessel, Dampfmaschine u. s. w. und zuletzt das Ausgebot des Grundstücks mit allen Maschinen und maschinellen Anlagen erfolgen und der Zuschlag gegen daS Meistgebot, je nach dem sich auf die eine oder andere Weise ein Mehrerlös ergiebt, bewirkt werden. Solches wird unter Bezugnahme auf den an der hiesigen Gerichtstafel aushängenden Anschlag, aus dessen Anhänge die ungefähre Beschreibung, die Taxen, das Verzeichniß der einzelnen Maschinen rc., die Reihenfolge, in welcher letztere ausgeboten werden, und die Versteigerungs bedingungen zu ersehen sind, mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß der vorgedachtc Anhang auf Verlangen gegen Zahlung der Schreibgebühren abschriftlich mitgetheilt wird und die Besichtigung der Fabrik und der Maschinen rc. nach Anmelden bei den Besitzern unter deren Führung vor der Versteigerung jeder Zeit, namentlich während des Betriebes, erfolgen kann. Bischofswerda, am 23. November 1889. Königliches Amtsgericht. Schmalz. Appolt. L. Das Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts hat die Bearbeitung des 2. Berichts über das Sächsische Schulwesen beschlossen und bedarf hierzu der Unterlagen über den Bestand vom 2. December 1889, bez. über die Ergebnisse des entsprechenden Rechnungsjahres. Deshalb werden den Schulvorständen 3 Fragebogen L. 0. in je 3 Exemplaren und für jede Lchrerstelle eine Zählkarte zugehen. Der Schulvorstand hat mit thunlichster Beschleunigung für die Ausfüllung der in diesen Schulstücken enthaltenen Fragen nach dem Stand vom 2. Dezember a. o. Sorge zu tragen, wie dafür, daß dann die Zählkarten und von dem 3. Fragebogen je 2 Exemplare spätestens bis zum 12. Dezember e. an mich zurückgereicht werden, während der Schulvorstand das 3. Excemplar zu seinen Akten zu nehmen hat. Bautzen, den 30. November 1889. Der Königliche Bezirks-Schul-Jnspektor. Schulrat llr. Wild. Aö. An einige Schulvorstände müssen irrtümlich statt Tudvllo 0. Fragebogen für die Bezirks-Schulinspektionen geschickt worden sein- Die betr. Schulvorstände wollen diese Fragebogen zurücksenden, damit sie die Tabelle 0. erhalten können. Die Trottoirs sind stets von Schnee und Eis frei zu halten und bei eintretendcr Glätte sofort und so^oft als nöthig mit Asche, Sand oder Sägespähnen zu bestreuen. Unterlassungen dieser Verpflichtungen werden auf Grund § 366„> des Reichsstrafgesetz-Buchs mit Geldstrafe bis zu 60 Mark geahndet. Stadtrath Bischofswerda, am 2. December 1889. ——Sinz. Schlachtsteuer betreffend, und der Antrag Bebel und Genossen, die Aufhebung des Schulgeldes in den Volksschulen betreffend, berathen und schließlich einer Commission überwiesen. Auch der badische Landtag ist seit Ende voriger Woche versammelt und mit ständischen Arbeiten beschäftigt. Mit dem am Mittwoch erfolgten Schlüsse des Tiroler Landtages hat die Session der österreichischen Landtage ihr Ende erreicht nnd wendet sich nun die allgemeine Aufmerksam keit dem in wenigen Tagen in Wien zusammen tretenden ReichSrathe zu, in dem sich unzweifel haft eine Nachwirkung der in den Landtagsstubcn stattgefundenen leidenschaftlichen Kämpfe zeigen wird. Noch in der letzten Sitzung vor der Ver tagung sind arge Scandalscencn im böhmischen Landtage dadurch hervorgerufen worden, daß von jungczechischer Seite die Anbringung einer Huß- Gedenktafel am böhmischen Museum beantragt wurde. Prinz Karl Schwarzenberg bezeichnete im Verlaufe der stürmischen Debatte die Hussiten als die Communisten des 15. Jahrhunderts und die Jungczechen als Neuhussiten. Das Czechcnblatt „Narodni Lisch" bezeichnete Schwar zenbergs Erklärung als einen Faustschlag in's Gesicht des böhmischeifVolkeS und berichtete, daß die Prager Polizei Maßregeln traf, um feindselige Kundgebungen vor den Palästen des Fürsten Karl Schwarzenberg sen. und des Prinzen Karl Schwarzenberg zu verhüten. Das Tischtuch zwischen dem „historischen Adel" Böhmens und der Mehrheit der Czechen scheint völlig zer schnitten zu sein. Auch im ungarischen Abge ordnetenhause ist eS neuerdings zu Auftritten gekommen, welche jeder Beschreibung spotten und dem Parlamentarismus Wunden geschlagen haben, an denen er lange zu kuriren haben wird. Wenn jemals eine parlamentarische Fehde rein vom Zäune gebrochen war, so gilt das von den Aus fällen der ungarischen Opposition bei Verhand lung des Budgets. Es ist der ungarischen Ne gierung gelungen, ein so gut wie deficitloses Budget vorzulegen, dazu kann sie außerdem noch auf den glänzenden finanziellen Erfolg der durch geführten Conversivn Hinweisen; sachlich ist mit« hin ihre Stellung vor der Volksvertretung eine vorzüglich gedeckte. Das hindert die Opposition nicht, den Rücktritt des ihr verhaßten Minister präsidenten TiSza zu fordern und den Letzteren durch fortwährende Beleidigungen regierungSmüde zu machen. Die Mitglieder der liberalen Re« gierungSmchrheit beschlossen im Einverständniß mit den Ministern Szapary undSzilagyi diesem rohen Treiben dadurch rin Ziel ' " sic von dem Präsidenten des uns Temperatur wurde aber noch schwüler, als die Abgg. v. Bennigsen/ v. Kardorff und Hammacher dem Abg. Richter vorwarfeu, nicht national zu sein und kür fremde Interessen einzutreten. Zur förmlichen Explosion kam es aber, als der Abg. Richter die Vorlegung der Protocolle der Samoa-Conferenz forderte und der Staats- secretär des Auswärtigen mit einer Bemerkung antwortete, welche der Abg. Richter als eine Insinuation gegen seine Partei auffaßte. Der daran sich knüpfende Wortwechsel Zeigte eine ganz ungewöhnliche Schärfe und hinterließ einen recht peinlichen Eindruck. Auch am Mittwoch machte sich das Bestreben des Oppositions führers bemerkbar, die deutsche Colonialpolitik als völlig aussichtslos hinzustellen. Der Antrag Richters, die Einstellung colonialer Localetats in den Reichsetat betreffend, ging nach einer ab lehnenden Erklärung des Schatzsecretärs von Maltzahn an die Budgetcommission. Die Be hauptungen Richters, daß das Togoland nur ein Absatzgebiet für Branntwein und Munition, im Uebrigen aber ein Schlupfwinkel des Schmuggels und des SclavenhandelS sei, wurden von dem Bundescommissar Krauel und dem Abg. Wörmann widerlegt. Lebhaftes Interesse erregten bei Be- rathung des nächsten Titels die von dem StaatS- secretär Grafen Herbert Bismarck über die Zu stände im südwcstafrikanischen Schutzgebiete abge gebenen beruhigenden Erklärungen. Am Donners tag setzte der Reichstag die zweite EtatSberathung bei dem Titel „Gesandtschaften, Consulate und Schutzgebiete" fort, wobei die Abgg. v. Kardorff und Wörmann für die Colonialpolitik, Abg. Barth gegen dieselbe sprach. Aehnliche Debatten sanden auch bei der Berathung der nächsten Titel statt. Die Verhandlung über den Nach tragsetat für die Expedition Wißmann bot dem Grafen Bismarck Gelegenheit zu einer öffentlichen herzlichen Anerkennung der Leistungen des deutschen RcichScommissars für Ostafrika. Dieser DankeSbezeugung schlossen sich die Abgg. Windthorst und Hobrccht an, worauf der Nachtragsetat mit großer Mehrheit be willigt wurde. Am Freitag beschäftigte sich der Reichstag abermals mit dem Bankgesetz: die Verhandlung kam zu keinem Abschluß und wurde schließlich zum Montag vertagt. Gleich zeitig mit dem Reichstage sind jetzt verschiedene Einzellandtage versammelt. Die Berathungen der bairischen Kammer nehmen ihren Fortgang und steht zu hoffen, daß die Beschlüsse der Reichsrathskammer den Wünschen des CabinctS Lutz entsprechen und dessen Stellung festigen. In der zweiten sächsische» Kammer wurden der Antrag Starke auf Einrichtung einer LandeSver« sicherung gegen Wasserschäden, der Antrag Politische Weltschau. Mühselig schleppen sich die Verhandlungen im deutschen Reichstage weiter; die Etats- berathung wird scheinbar absichtlich von der Opposition benutzt, um mit möglichster Breite gegen die Colonialpolitik loszuziehen und dabei Material für den bevorstehenden Wahlfeldzug zu sammeln. Der Wunsch der Neichsregierung. die Entscheidung über das Socialistengesetz der jetzigen regierungsfreundlichen Reichstagsmehrheit zu überlassen, erweist sich als völlig unvereinbar mit der ursprünglich gehegten Absicht, die Session noch vor dem Weihnachtsfest zu schließen. Die zweite Lesung des Socialisten- gesetzes hat zwar in der Reichstagscommission bereits stattgefunden, doch mußte die Beschluß fassung über die Artikel, welche die Geltungsfrist und das Ausweisungsrecht betreffen, bis zum nächsten Montag ausgesetzt werden, weil darüber noch keine Verständigung zwischen der Regierung und der Commission erzielt werden konnte. Wie die „Nationallib. Correspondenz" annimmt, wird Fürst Bismarck demnächst nach Berlin kommen, um eine solche Verständigung zu ermöglichen, die bisher durch die Unbekanntschaft mit den endgiltigen Entschließungen der Reichsregierung erschwert wurde. Unter den obwaltenden Ver hältnissen dürften die nächsten Wahlen erst im Februar 1890 stattfinden können nnd wird der neue Reichstag voraussichtlich bald darauf zu einer Frühjahrs-Session znsammentreten müssen. Am 25. November beschäftigte sich die deutsche Volksvertretung wieder mit den Anträgen Aich- bichler und Genossen und Lvhren betr. den Arbeiterschutz (Sonntags-, Frauen- und Kinder arbeit). Da eine commissarische Berathung nicht beantragt wurde, soll die zweite Lesung im Plenum stattfinden. Am Tage darauf setzte ver deutsche Reichstag die am 22. d. M. wegen Beschlußunfähigkeit des Hauses abgebrochene zweite Berathung des Etats des Auswärtigen Amtes fort. Dabei kam der Staatssekretär Graf Herbert Biömarck auf den Niederlassungs vertrag mit der Schweiz zurück. Was er über die Geneigtheit der deutschen Regierung, mit der Schweiz über einen neuen Nicderlassungövcrtrag zu verhandeln, sagte, rief den wohlgemeinten Wunsch hervor, diese Angelegenheit im deutschen Reichstage zunächst u «erörtert zu lassen. Bei Berathung des Titels „Gesandtschaft in London" äußerte sich Abg. Richter über die im letzten Weißbuche erörterten Beschwerden gegen die englische „Royal Niger Company" in solcher Wrjse, daß Graf Bismarck erklärte, er müsse sich nach dieser Aeußerung erst darauf besinnen, daß er im deutschen Reichstage sei. Die