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Fragen, sondern nur um dringliche innere poli tische Angelegenheiten gehandelt haben. Unter den jetzt versammelten österreichischen Landtagen beansprucht tzer böhmische Rumpflandtag, ein , besondere» Interesse, da die Fungezechen ihren vermehrten Einfluß kräftig auSbeuten und den Altczechen derart zu schaffen machen, daß diese mehr al» zuvor da» Fernbleiben der deutschen Abgeordneten beklagen. Unter den von den Jungczechen gestellten Anträgen befindet sich auch em solcher auf Ergreifung von Repressalien gegen die Gctreidezölle de» Auslandes. Ueber die Absichten der Altczechen verbreitete sich eine angeblich aus offiziöser Wiener Quelle geflossene Mittheilung eines Münchener Blattes dahin, daß die Anhänger Riegers es für unzeitgemäß halten, das böhmische Staatsrecht und die Königskrönung in Prag gegenwärtig anzustreben, weil ohne vorausgegangene Verständigung mit den Deutsch böhmen jede desfallsige Bemühung vergeblich sein würde. Was sie zunächst erstreben, ist ein auf beiderseitiger Verständigung beruhendes und dann von der Krone zu beschwörendes unabänderliches Landesgrundgesetz. — Dem ungarischen Abgeordnetenhaus unterbreitete der Finanzminister Weckerle den Voranschlag für den 'Staatshaushalt pro 1890, dessen Fehlbetrag sich nur auf 404,399 Gulden bezifferte. Von dem Parlament wurde die beigegebene Erläuterung des Ministers mit begeisterten Eljeu-Rufen aus genommen. Mit diesem überraschend günstigen Budget hat das Cabinet Tisza ein dort vor zwei Jahren von dem ungarischen Minister präsidenten gegebenes Versprechen glänzend eingelöst und allgemeine Anerkennung erworben. „Es liegt fast eine finanzielle Cocettcrie in dem winzigen Deficit," meint die Wiener „N. F. Pr.", „denn die ungarische Regierung wäre leicht im Stande ge wesen, auch diese wenigen hunderttausend Gulden noch verschwinden zu lassen. Der Finanzminister legte offenbar den größten Werth darauf, den Eindruck der Ehrlichkeit hervorzubringen, und deshalb figurirt der kleine Passiv-Saldo im Staats-Voranschlage." Jedenfalls hat Ungarn einen großen Fortschritt zur Regelung seiner Finanzen zu verzeichnen. Sehr erfreulich ist es auch, daß der kroatische Landtag mit überwältigen der Mehrheit dem finanziellen Ausgleich mit Ungarn zustimmte und die betreffende Regierungs vorlage genehmigte. In Anwesenheit zahlreicher Volksvertreter hielt der italienische Ministerpräsident Crispi bei einem ihm zu Ehren in Palermo veranstalteten Festmahl eine großartige Programm-Rede, in der er besonders mit großer Entschiedenheit die unantastbare Stellung Roms als Hauptstadt Italiens betonte. Dabei wies der Leiter der italienischen Politik auf die Gewährleistung der unbeschränkten Ausübung der religiösen Befug nisse der katholischen Kirche hin, gleichzeitig aber auch als Schranke für dieselbe die Achtung der Rechte der Nation hinstellend. Die wirthschaft- liche Lage des Landes, sowie die Erfolge der afrikanischen Politik malte Crispi in den rosigsten Farben. Den Besuch des deutschen Kaisers bezeichnete er als einen Beweis für die ehrenvolle Stellung Italiens im europäischen Völkerrathe. Ungewöhnlichen Beifall fand seine Erklärung, daß Italiens Bündnisse und Rüstungen keinen anderen Zweck hätten, als die Erhaltung des Friedens. In demselben Sinne äußerte sich der italienische Staatsmann im demokratischen Verein zu Palermo, wo er ausdrücklich erklärte, daß Italien weder den Krieg herbeiführen, noch denselben fürchten dürfe. König Humbert sandte an Crispi ein Telegramm, in dem er ihn zu seiner Bankettrede beglückwünschte und ihn nach Monza einlud, wohin sich der leitende italienische Staatsmann am Donnerstag begab, um bei dem Empfange des Kaisers Wilhelm und der Kaiserin Augusta Viktoria zugegen zu sein. Zur größten Genugthuung der französischen Republikaner sagen sich zahlreiche Monarchisten und Bonapartisten öffentlich von Boulanger los, dessen muthloseS Verhalten von ihnen aufs Schärfste gegeißelt wird. Boulanger ist der Verlassenheit auf der einsamen Insel Jersey bereit» gründlich überdrüssig und beabsichtigt deshalb nach Brüssel überzusiedeln, was aber von der belgischen Regierung kaum geduldet werden dürfte. Der in Paris verweilende König Milan von Serbien empfing die Berichterstatter de» „Soleil" und des „Journal de DsbatS", denen gegenüber er sich über sein Verhältniß zur Königin Natalie und über die Lage Serbien- ziemlich offen äußerte. Auch Prinz Ferdinand von Coburg ist in Pari- angckommen, wohin ibn finanzielle Angelegenheiten gerufen haben dürften, da der mit der Wiener Länderbank versuchte Abschluß einer bulgarischen Anleihe auf Schwierigkeiten stieß. Mailand, 19. October. Das deutsche Kaiserpaar traf heute Vormittag 9 Uhr 12 Minuten mittelst Sonderzuges hier ein und setzte nach kurzem Aufenthalt die Reise nach Monza fort. Auf Empfehlung de» Ministerrathes chqt die I Königin von England imschottischen Schlosst mehrtägiger Besuch Balmoral einen Schutzbrirf für die peugegründete wird. PorauSstchtli britische südafrikauffche Gesellschaft unterzeichnt, " an deren Spitze u. L. auch der Herzog v. Fife steht. Der englische Staatssekretär de» Innern Matthews empfing am 16. d. Nachmittag» eine Abordnung der Wähler von Birmingham, der gegenüber er die treffliche Leitung der auswärtigen Angelegenheiten durch den Marquis v. Salisbury mit besonderer Wärme heroorhob. Aus Serbien sind der Correspondent des „Standard", sowie der gemeinschaftliche Corre spondent der „Daily News", der „Vossischen Ztg." und der „Frankfurter Ztg." wegen angeb lich gewerbmäßig betriebener Ausstreuung falscher Nachrichten ausgewiesen worden. Seit der Be gegnung des Königs Alexander mit der Königin- Mutter Natalie scheint übrigens die Stimmung in Belgrad völlig beruhigt. Die Meinungs verschiedenheiten im Schooße der radikalen Partei gelten als beseitigt, da sämmtliche Mitglieder des radikalen Clubs die neuen Statuten eigenhändig unterzeichneten. Am Sonntag soll die feierliche Eröffnung der Scupschtina durch Verlesung einer Botschaft der serbischen Regentschaft erfolgen. OctobermonatS auSdehnen, worauf ,rr Besuch in Konstantin-iM^folgen jorauSstchtlich wird, der Kaistf dort Di» zum. 6/ November verbleien, Dst Rückftchrt erfolgt Aber Brindisi, wo-da» Kaiferpäar etwa am 9. Noyembrr Abend» einzutreffen gedenkt. Auf der weiteren Rückreise ist ein Besuch Venedig geplant. Bor Mitte November ist das Wieder eintreffen des Kaiscrpaares in Berlin nicht zu erwarten. ..., Die von dem Kaiser auf der Reise nach Athen und Constantinopel mitgeführten Orden erreichen , (nach der „K.Z.") die Zahl 252, unter denen sich auch kostbare Stücke befinden, welche den Werth von 6000 Mark übersteigen. Der Generalsuperintendent vr. Kögel begiebt sich, wie die „Kreuzztg." meldet, auf Befehl des Kaisers nach Athen, um der Trauung der Prinzessin Sophie beizuwohnen. Nach einer Meldung des „Standart" wäre es dem Fürsten Bismarck gelungen, den Czaaren von der friedlichen Tendenz des Dreibundes zu überzeugen. Dom 18. Oct ober. Am Freitag, dem Ge burtstage Kaiser Friedrichs, kamen die Kaiserin Friedrich und die Prinzessinnen Morgens 9 Uhr nach dem Dorfe Bornstedt bei Potsdam, in dessen Kirche der Gedenkgottesdicnst stattfand. Bei demselben nahmen die hohen Herrschaften das Abendmahl. Es war der letzte Tag, an dem die Prinzessin Sophie, die Braut des griechischen Kronprinzen, an der Stätte ihrer Monza, 19. October. Das deutsche Kaiser paar ist hier heute Vormittag 9>/, Uhr ein getroffen, von dem italienischen Königspaare, von allen Mitgliedern des italienischen Königs hauses, dem Hofstaate und dem hiesigen Gemeinde- rathe am Bahnhofe empfangen worden. Die Begrüßung war eine sehr herzliche. Der Kaiser und der König, die Kaiserin und die Königin umarmten und küßten sich wiederholt. Der Ministerpräsident Crispi begrüßte den Staats sekretär Grafen Herbert Bismarck wärmstens. Unter stürmischen Jubclrufen der Bevölkerung, welche die Straßen und die Fenster füllte, fuhren die Majestäten nach dem Königsschloß. Die Stadt war reich beflaggt und prachtvoll geschmückt. Monza, 21. October. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm und Ihre Majestät die Kaiserin Augusta Victoria sind heute um 9 Uhr Morgens nach Genua abgereist. Die Häuser hatten sämmtlich den reichen Festschmuck behalten, den sie zur Begrüßung des hohen Paares bei der Ankunft angelegt hatten. Um 8 Uhr 40 Min. traf von Mailand der Herzog von Genua auf dem hiesigen Bahnhofe ein, um sich von den Majestäten zu verabschieden. Um 8 Uhr 50 Min. erschienen Se. Majestät der Kaiser Wilhelm und Ihre Majestät die Kaiserin Augusta Victoria, von dem italienischen Königspaare, dem Prinzen von Neapel und dem Ministerpräsidenten Crispi begleitet, mit dem Grafen Herbert Bismarck auf dem Bahnhofe. Hier verabschiedeten sich die Allerhöchsten Herrschaften in der herzlichsten Weise von einander. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm und König Humbert, sowie Ihre Majestät dieKaiserin Augusta Victoria und Königin Margherita umarmten und küßten sich wieder holt. Ihre Majestät die Kaiserin Augusta Victoria sandte noch vom Waggon aus der Königin Margherita ihre Abskhiedsgrüße und rief ihr zu: „Auf Wiedersehen!" KönigHnmbert und Crispi nahmen im kaiserlichen Salonwagen Platz. Eine zahlreiche Menge begrüßte in den Straßen und bei der Abfahrt die hohen Herr schaften mit enthusiastischen Zurufen. Genua, 21. October. Das Kaiserpaar traf um 12»/i Uhr unter brausendem Jubel des zahlreichen Publikums hier ein. Infolge un unterbrochenen Regens wurde die Abreise auf morgen früh verschoben. Venedig, 20. October. Anläßlich der An wesenheit Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich und Ihrer K. K. H. H, der Prinzessinnen-Töchter, sowie der erbprinzlich meiningischen Herrschaften war am Abend trotz des ungünstigen Wetters das St. Markus-Bassin prächtig durch bengalisches Licht erleuchtet. Die Fischer brachten Ihrer Majestät eine glänzende Ovation dar. Ueber die Dauer der Reise des Kaiserpaares nach dem Orient, sowie des Aufenthalts auf den einzelnen Hauptstationen sind, soweit nicht die auf bestimmte Tage festgesetzten Hochzeitsfeierlich keiten in Athen darauf Einfluß üben, feste Be stimmungen nicht vorher getroffen worden. Im Allgemeinen geht das Reiseprogramm dahin, daß nach einem zweitägigen Aufenthalt in Monza am 22. October die Reise über Genua fortgesetzt werden wird. Der Aufenthalt in der griechischen Hauptstadt dürfte sich bi» zum letzten Tage de» Jugend verweilte. Sie nahm herzlichen Abschied von allen Leuten des Amtshauses, von dem Kinderheim und dessen Pflegerinnen. Der zweite Besuch galt dem Mausoleum der Friedenskirche. Hier empfing Prof. Raschdorf die Kaiserin, um deren letzte Anordnungen betreffs des Baues zu empfangen. Dann traten sie in die Sacristei ein, die Grabstätte Kaiser Friedrichs. Hiei7 legten sie frische Kränze auf den Sarg de- Kaisers nieder. Lange verweilten sie hier; es war der Abschied der Prinzessin Sophie von diesem Ort der Trauer und Thränen. Daß der Tag der Erinnerung an Kaiser Friedrich gewidmet war, zeigte sich vielfach in den Straßen Berlins. Die Purpurstandarte der Kaiserin Friedrich auf der Zinne des Palais war mit schwarzen Trauer schleifen geschmückt, schwarz auch waren die Bänder an den drei Fahnen, die von der Balkon brüstung herniederhingen. Die Kaiserstandarten auf dem Schloß und dem Palais Kaiser Wilhelm- Waren nur auf Halbmast gezogen. An den An schlagsäulen war angezeigt, daß die königlichen Theater geschlossen bleiben. Viele Kunsthand lungen hatten ihre Schaufenster mit Bildern, Kaiser Friedrichs und seiner Familie decorirt„ auch Büsten, mit Lorbeer geschmückt oder von Veilchen umgeben, bemerkte man in vielen Läden. München, 21. Octbr.. Wie die „Münchener- Neuesten Nachrichten" vernehmen, ernannte der Prinzregent durch Erlaß d. s. Berchtesgaden, 19. October, den Bischof Thoma von Passau, zum Erzbischof von München. Ludwigsburg, 20. October. Derpräsumtive ThronfolgerPrinzWilhelmvonWürttembergwurde auf der Fahrt zur Kirche von einem Attentat bedroht. Ein junger Mensch, Namens Klaiber aus Ulm, schoß in den Wagen, der Schuß ging fehl. Der Thäter ist augenscheinlich geistesgestört; er sagte aus, es sei die höchste Zeit, daß Württemberg einen katholischen König bekomme.. Stuttgart, 21. October. Prinz Wilhelm traf, nachdem er glücklich dem Attentate ent ronnen, gestern Mittag, vom Hublikum stürmisch begrüßt, in Ludwigsburg ein. ADas erste Verhör des Attentäters hat Prinz Wilhelm selbst vor genommen. Der Attentäter wurde auf dem Wege nach dem Gefängniß von der erregten Volksmenge fast gelyncht. Er verneint persön lichen Haß, gab an, daß er der Herzogslinie zur Regierung verhelfen wollte. Die Namen der Mitverschworenen müsse er verschweigen. Stuttgart, 21. Octobcr. Wie verlautet^ ist der junge Mensch, welcher am Sonntag auf den Prinzen Wilhelm von Württemberg schoß,, nicht geistesgestört; der Name Klaiber ist erdichtet. Ferner wird gemeldet, daß der Thäter die An gabe betreffs eine» katholischen König- nicht aufrecht erhalte, vielmehr behaupte, er sei ein Mitglied des Anarchistenbundes, der beschlossen habe, alle Fürsten aus dem Wege zu räumen. Das Loos, den Prinzen Wilhelm zu tödten, sei auf ihn gefallen. Ein amtlicher Bericht liegt noch nicht vor. Stuttgart, 21. October. Der „Würtem- bergische Staatsanzeiger" schreibt in seiner heu"^ Ausgabe: „Die» ist da» erste Alten "" in Würtemberg, soweit die auf ein Mitglied unsere«