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Generalrathswahlen Boulanger wirklich, wie er vorder ankündigte, in 80 Cantonen gewählt aus P< worden ist. Die dem französischen Kriegsminister langerS Candidatur qm Sonntag mindesten» in Frehcinet nach beendigter Inspektion der Cavallerie-. ISO Cantonen ausgestellt wird. Hierbei verweigert Schule von Saumur durch den verabschiedeten jedoch das boukangistische ComitS zu erklären, in Offizier Ponneau zugefügte grobe Beleidigung hatte kffne politische Bedeutung, da Ponneau als geistesgestört bekannt und sofort nach dem ärgerlichen Zwischenfall in'S Irrenhaus überführt worden ist. Am vorletzten Montag legte der erste Lord des Schatzes, Smith, dem englischen Nnterhause den Ausschußbericht über die Apanagen für den Prinzen Albert Victor und die Prinzessin Louise von Wales vor. Bei der Berathung dieses Be richts beantragte der Radikale Labouchere am Donnerstag eine Resolution, in der erklärt wird, daß die zur Verfügung der Königin und der übrigen Mitglieder der Königlichen Familie stehenden Gelder ohne weitere Anforderungen an die Steuerzahler ausreichend seien. Gladstone näherte sich dagegen bei dieser Angelegenheit der Regierungspartei und wurde deshalb von dem linken Flügel der liberalen Partei mehrfach an gefeindet. Der Premierminister Salisbury be stritt öffentlich die ihm in den Mund gelegte Aeußerung, daß die jetzt in vollem Aufruhr be findliche Insel Kreta schließlich doch von der Türkei getrennt werden würde. Der Exkönig von Serbien, Milan, reiste am vorletzten Montag von Constantinopel nach Belgrad ab, nachdem er noch am Tage vorher vom Sultan in Abschiedsaudienz empfangen worden war und an einem ihm zu Ehren ge gebenen Festmahl theilgenommen hatte. Der Empfang m Belgrad gestaltete sich sehr herzlich. Milan umarmte seinen auf dem Bahnhof er schienenen Sohn, den König Alexander, sprach längere Zeit mit dem Metropoliten Michael, ge dachte dabei seines jüngsten Aufenthalts im heiligen Lande und trat dann, nachdem er noch einige Worte an den Ex-Metropoliten Theodosius ge richtet, ins Königszimmer, wo er Begrüßungen mit den Diplomaten und Ministern austauschte. Schließlich fuhr Milan mit seinem Sohne unter Zurufen der nicht sehr zahlreichen Zuschauer nach dem Schlosse. Berlin, 28. Juli. Se. Majestät der Kaiser ist gestern Vormittag in bestem Wohlsein von seiner Nordlandsreise zurückgekehrt und an Bord des „Hohenzollern" in Wilhelmshaven unter herzlicher Begrüßung eingetroffen. Abends nahm der Monarch in Begleitung Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Heinrich an dem im Offiziercasino stattfindenden Stabsoffizieressen theil. Heute Vormittag begab sich Se. Majestät nach dem Panzerschiff „Baden". Aus Rom wird der „Köln. Volksztg." tele- graphirt: Es verlautet nunmehr, das deutsche Kaiserpaar werde im September nach Italien kommen, Rom aber nicht berühren. Eine Zu sammenkunft mit dem italienischen König ist da durch natürlich nicht ausgeschlossen. In dem Gefolge des Kaisers auf der Reise nach England werden sich unter anderem befinden Gras Herbert Bismarck, Generallieutenannt v. Hahnke, Oberhofmarschall v. Liebenau, General lieutenannt v. Wittich, Generalarzt Vr. Leuthold und Marinemaler Saltzmann. Graf Waldersee wird darnach also nicht mit nach England reisen. Karlsruhe, 29. Juli. Bei dem Erbgroß- Herzog ist das Fieber seit gestern weiter zurück gegangen, Katarrh und Husten haben gleichfalls abgenommen, so daß die Nacht recht gut ver laufen ist. Die Temperatur ist nahezu normal, der Kräftezustand sehr befriedigend. Pest, 29. Juli. Dem „Pester Lloyd" zu folge hat der deutsche Reichskanzler von dem Verbot der Schweineeinfuhr eine Ausnahme für Sachsen in der Weise gestattet, daß einstweilen lebende, aus Steinbruch in Ungarn mittelst der Eisenbahn ankommende Schweine nach zehntägiger Quarantäne selbst, unter genau bestimmten veterinär polizeilichen Vorsichtsmaßregeln, über Bodenbach eingesührt werden dürfen. In Luhn bei Rom wurden drei französische Offiziere in Civil verhaftet, welche FestungSpläne ausgenommen hatten. Und dabei sprechen die Franzosen von fremden Spionen. Paris, 28. Juli. Trotz der wegen Ver öffentlichung von Schriftstücken des Staats- gerichtshofeS gestern erfolgten Verhaftung des Redacteurs der „Cocarde", Mermeix, veröffent licht der „ Jntransigeant" heute ein neues Schrift stück des Staatsgerichtshofes; dasselbe betrifft die Aussage Buret», worin Boulanger bezichtigt wird, die Offerte BuretS, eine von Armeelieferanten zugesicherte Commission mit ihm zu theilen, an genommen zu haben. wahrscheinlich. Zur Zeit ist weder über die Be rufung de» deutschen Reichstages, noch über die Anberaumung der nächsten Reich-tagswahlen irgend eine entscheidende Bestimmung getroffen, doch herrscht in Berlin die Ansicht vor, daß der Reichstag diesmal etwas früher wie in den letzten Jahren zusammentreten wird. Bei dem Aus- MärtigM AM hat der Ausschuß des deutschen Emin Pascha-ComitSS darüber Beschwerde geführt, daß der Befehlshaber des englischen Blokade-Ge- schwaderS der Expedition des vr. PeterS das Betreten des Festlandes innerhalb der englischen Blokadelinie verboten und den von Peters ge charterten Dampfer „Neära" an dem Anlaufen eines Hafens verhindert habe. Das Auswärtige Amt beantwortete diese Beschwerde dahin, daß der deutsche Coniul in Zanzibar aufgefordert sei, Bericht über das Sachverhältniß zu erstatten, um auf Grund desselben ein bestimmtes Urtheil zu gewinnen. Die Ernennung des bisherigen Rathes im österreichischen Ministerraths-Präsidium, vr. Karl von Jäger, zum Landespräsidenten von Schlesien deutet darauf, daß der Einfluß des Ministerpräsidenten Graf Taaffe noch völlig un vermindert ist. Die bisher unwidersprochen ge bliebene Aeußerung des Kaisers Franz Joseph zu dem mährischen Delegirten Fanderlik zeigte deutlich, daß die Stimmung in der Wiener Hof burg unverändert und eine Aenderung des Taaffe'schen Systems zunächst nicht zu erwarten ist. Seit jener kaiserlichen Kundgebung ist der gesunkene Muth der Altczechen wieder gewachsen und denken dieselben nicht mehr daran, ihre Mandate freiwillig niederzulegen. Das jung- czechische Blatt „Narodni Listy" zählt jetzt alle altczechischen Reichraths-Abgeordneten auf, in deren Landtags-Wahlbezirken jungczechische Candidaten gewählt wurden, und knüpft daran die Folgerung, daß hinter diesen Abgeordneten nicht mehr die Majorität der Wähler stehe. Das klingt wie eine Aufforderung zu Niederlegung der Mandate, wird aber von altczechischer Seite sicher unbe achtet bleiben. — Anläßlich des Lottoschwindels in Temesvar dringen verschiedene ungarische Blätter auf Aufhebung des kleinen Lottos und verlangen, daß an dessen Stelle in beiden Staaten der Monarchie die Classenlotterie eingeführt werde. Die „Budapest. Corresp." weist darauf hin, daß Ungarn an dem kleinen Lotto in viel geringerem Maaße als Oesterreich betheiligt ist, da das un garische Lottogefälle nur 1,400,000 Gulden, das österreichische aber 8,500,000 Gulden Reinerträg- niß giebt. Bei der Subscription auf die schweizerische Zi/zprocentige Anleihe von 1889 sind statt der er forderlichen 25 Mill, in der Schweiz 32 Mill. Francs und im Auslande 13 Millionen Francs gezeichnet worden. Die vielfach verbreiteten Mittheilungen über Zoll- und Paßscheerereien an der deutsch-schweizerischen Grenze haben sich als unzutreffend erwiesen. Rach den Andeutungen italienischer Re gierungsblätter beabsichtigt der Ministerpräsident Crispi demnächst wieder dem deutschen Reichs kanzler einen Besuch abzustatten. Großen An klang fand in Rom die Aeußerung der „Nordd. Allg. Ztg." über den neu einzurichtenden Blitz zug zwischen Berlin und Rom, wonach die günstigen commerziellen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien, die sich bei dem engeren politischen Verhältnisse zwischen den beiden Staaten mehr und mehr erweitern, eine Näher- rückung auch in örtlicher Beziehung dringend Wünschenswerth erscheinen ließen. Die Drohung der vaticanischen Organe mit der Abreise des Papstes von Rom hat die italienischen Patrioten durchaus nicht eingeschüchtert. Die „Riforma" bezeichnet es als eine Fabel, daß die italienische Regierung Vorsichtsmaßregeln ergriffen habe, um zu verhindern, daß der Papst ohne ihr Wissen von Rom abreisc. Sicherem Vernehmen nach wird der fran zösische Senat am 8. August als Staatsgcrichts- hof zur Aburtheilung von Boulanger und Ge nossen zusammentreten. Erst nach Beendigung des Proccsses vor dem SenatShof kann eine Aburtheilung BoulangerS wegen Unterschlagung vor dem Kriegsgericht stattfinden, welches letztere unter dem Vorsitz des Marschalls Canrobert verhandeln wird. Die von dem Generalstaat«- anwalt QueSnoy de Beaurepaire verfaßte An klageschrift erfuhr vielfachen Tadel und bot den Boulangisten nur Gelegenheit zu neuen Angriffen auf die Regierung. Den von dem Minister des Innern, Constans, wegen boulangistischer Gesin nung entlassenen Beamten versprechen die Bou- langlsten Fortbezahlung ihrer Gehalte und später reiche Belohnungen. Sehr gespannt ist man darauf, ob bei den am Sonntag stattgefundenen Man meldet der „Nat.-Ztg." un Pari«: ES ist nunmehr gewiß, daß Bou ;erS Candidatur^ Mi Sonntag mindesten» in jedoch das boulanglstische ComitS zu erklären," in welchen achtzig Cantonen Boulanger officiell candidirt, gemäß BoulangerS ursprünglicher An kündigung, eS werde vielmehr erst nach der Wahl bekannt gegeben werden, in welchen Cantonen Boulanger wirklich candidirt. Dieser leicht durchsichtige Kunstgriff soll die befürchtete Nieder lage verdecken. Im Uebrigen tobt zwischen Boulangisten und Antiboulangisten der Kampf mit gegenseitigen Aufdeckungen von Gemeinheiten und schmutzigem Scandal munter fort, wobei augenblicklich die Briefe BuretS, eines bestraften Jnvustrieritters, früherer Intimus BoulangerS und jetzigen Zeugen gegen ihn, eine Hauptrolle spielen. Paris, 29. Juli, 6 Uhr 30 Min. Nachm. Nachdem die vom „Jntransigeant" und „Gaulois" noch heute Mittag verbreiteten Siegesdepeschen sich schnell als ganz infame Lügen herausgestellt haben, tritt Boulangers gänzliche Niederlage immer mehr in den Vordergrund. Von 1257 bis jetzt bekannten Wahlen ist Boulanger nur in zwölf Cantonen gewählt. Die Republikaner verlieren bis jetzt 77 Sitze und gewinnen 51, doch läßt sich voraussehen, daß das Schluß resultat diese Differenz ausgleichen wird. Die Republikaner verlieren die Majorität in den Generalräthen nur im Departement Ille et Villaine, am Canal la Manche, einem der Centren des Boulangismus. Die Republikaner behalten also die Majorität in 75 Departements von 90, und die vereinigten Reaktionäre und Boulangisten in 15 Departements. Wilson unterlag in seinem alten Wahlort Loches bei Tours, ebenso der boulangistische Deputirte Leherisse. Bis jetzt ist bekannt, daß 139 Stichwahlen nöthig sind; doch sind weitere Candidaturen Boulangers nach der bestehenden Gesetzgebung unzulässig, so daß die Angelegenheit definitiv zum Nachtheil des Bou langismus entschieden ist. Alle candidirenden Minister und Inhaber hoher Staatsämter und politisch einflußreichen Persönlichkeiten sind wieder gewählt. Sieben republikanische und sieben monarchische Deputirte wurden nicht wiedergewählt. Der Eindruck dieses Resultates ist ein außer ordentlicher und vielleicht von günstigem Einfluß auf die bevorstehenden Deputirtenwahlen. Alle, welche an Boulangers Triumpheinzug im October glaubten, sind etwas stutzig geworden. Die gestrigen Wahlen sollten besonders auch die Casse Boulangers heben, die arg erschöpft zu sein scheint. Paris, 29. Juli, Abends 7 Uhr. Nach den gegenwärtig aus 1344 Bezirken vorliegenden Wahlergebnissen wurden 764 Republikaner und 419 Conservative gewählt, in 12 Wahlbezirken wurde Boulanger gewählt, in 149 Wahlbezirken haben Stichwahlen stattzufinden. Das Gesammt- ergebniß aller Wahlen wird erst morgen voll ständig vorliegen. Die Königin Natalie ist über die Heimkehr ihres früheren Gemahls Milan nach Belgrad sehr erbost. Sie richtete höhnische Telegramme an den König Alexander und den Metropoliten Michael. Ersteren beglückwünschte sie zur Aus söhnung mit dem „Russenfreunde" Michael und bemerkte ironisch: „Welche Wendung durch Gottes Fügung!" Durch solchen Eigensinn wird sich die leidenschaftliche Frau schwerlich Sympathien erringen. König Milan speiste bei dem deutschen Gesandten in Belgrad. Der Erfolg der Pariser Ausstellung hat die Amerikaner sofort zur Nacheiferung angercizt. Wie eine Depesche aus New-Dort meldet, faßte die dortige Handelskammer einen Beschluß' zu Gunsten der Abhaltung einer Weltausstellung in N^w-Dork im Jahre 1892 und wählte eine Commission, welche mit anderen geeigneten Per sönlichkeiten zur Förderung dieses Vorhabens in Verbindung treten soll. Zanzibar, 28. Juli. Nach Aussage eines hier eingetroffenen Mitglieds der cnglisch-ost- afrikanischen Gesellschaft ist der deutsche Beamte Nielsen in Mwapwa von dem Häuptling Buschirf persönlich getödtet worden. Sachsen. Se. Majestät der König genehmigte, daß der Geheimkämmerer Laßmänn und der Leibjäger Noack die vom Könige von Württemberg ihnen verliehenen OrdenSdecorationen und zwar Ersterer die goldene Civilverdienst-Medaille und Letzerer die silberne Civilverdienst-Medaille annehmen und tragen. Bischofswerda. Beim Herrannaheu der militärischen Herbstübungen wich HqvaMU gemacht, daß e» sich empfiehl^