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Somcabend, den 15. Juni. 48 188S. Besiellungen werde» bei allen Pvstanstallen deö deutichen !)icichcs, siir Bftchosswerda nnd llingegend in de. Expedilivn dieses Blattes aiigenoinmen. Brerundvierzigster Jahrgang Dieic Keilschrift erschcinl wöcbenllich zwei Mal, Mittwochs nnd Sonnabends, und kastel einichlieiftich de: Lonnabendo erscheinenden „belletristischen Beilage nierlcljiibrlich l Mark 00 Pf. (rinzelne Änininer 10 Ps. Per süchUche LrMser, Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt der Kgl. AuushmiMamischast, der Kgl. SlhulinsMtimi ii. des Kgl. Hnuplsicucramtcs zu Bautzcu, sowie Kes W. Amtsgerichtes und des Stadtrathes zu Bischosswerda. ' ------------- Inserate, welche in diesem Blatte die wettest« Berbreilung nnden, werden bis Dienstag und Freitag srnh S Ubr angendinmen u. kostet die dreigespaltene Carpuszeile 10 b'., unter „Cingeiandi" 20Ps. GeringsterJnseratenbelragPt. Tas Hans Wettin. Bon Franz voll Hvbentbal. I. In unserer Zeit der Bcrgänglichkeiteu, llm- wälzuugcn und Umgestaltungen ans allen Ge bieten deS staatlichen und gesellschastlichcn Ledens berührt cs nnS ganz eigenartig, einem erlanchten Fürstcustamm zu begegnen, dessen Wurzeln in grauer Barzeit, iu sagenhafter Vergangenheit, gegründet sind, einem Fürsteustamme, dessen Blätter noch in frischer Lebensflille grünen wie vor acht Jahrhunderten und dessen gewaltige Lebenskraft voraussichtlich die Geschlechter über dauern wird. Die Ehrfurcht vor dem Alter allein aber ist cS nicht, welche im ganzen sächsi schen Volke die Idee wachgcrufcn, daS Jubiläum deS achthundcrtjährigen Bestehens des Hauses Wettin durch Huldigungszüge und festliche Ver anstaltungen aller Art im Elb-Athen in den Tagen vom 16. bis zum 19. Juni d. I. zu feiern, fondcrn das lebhafte Gefühl der Dankbar keit für den Wohlstand, daS Emporblühcn von Handel nnd Industrie und die gesicherten staat lichen Zustände in allen Landen derRautcnkroue. Tas Haus Wettin zählt jetzt fünf regierende Fürstenhäuser: den König Albert von Sachsen, den Großhcrzvg von Sachsen-Weimar und die Herzoge von Sachsen-Coburg-Gotha, Sachsen- Altenburg und Sachscn-Mciuiugen: sic alle waren nnd sind Mehrer des Reiches an allen Werken der Vaterlandsliebe, des Friedens und der Wohl fahrt ; sie sind Beschützer der Künste und Wissen schaften und verfassungsmässige Monarchen, welche die Rechte des Volkes mit echt eonstitutioncllcr Gewissenhaftigkeit wahrnchmcn. Ist cs da nicht natürlich, das; namentlich die Bewohner des Königreichs Sachsen das lebhafte Herzensbedürf nis; empfinde», dem erlauchten König Albert, dem Vertreter des mächtigsten Wcttin'schen Landes, zu huldigen und ihrer jubelnden Freude Ausdruck zu geben? Doch nicht allein die gegenwärtigen Wcttin- schen Herrscher verdienen die Liebe nnd Verehrung aller Sachsen im Besonderen und aller Deutschen im Allgemeinen — die Geschichte der verflossenen achthundert Jahre beweist, daß diese glorreiche ^lmastic zahlreiche Glieder hatte, welche sich, 'hrs Länder und Völker mit Ruhm bedeckten; Helden auf dem Schlachtfelde, erleuchtete Staats männer, Fackelträger der religiösen Aufklärung, wie sie sich in der Reformation knndgab, Pionnicre der Bildung, Gönner und Beschützer unserer Dichter- und Musikerhcroen — diese hervorragen den gekrönten Häupter haben ihre Namen mit goldenen Lettern iu die Tafeln der Geschichte eingegrabe» und sie verdienen es, das; die Nach welt ihres Lebens und Wirkens mit Dank nnd Anerkennung sich erinnert: denn gar Viele unter ihnen folgten lediglich dem Drange ihres Herzens, sie herrschten zu einer Zeit, als eS noch keine Verfassungen gab, welche den Fürsten neben Rechten auch Pflichten anfcrlcgten. Blättern wir in der Geschichte dieses acht hundertjährigen Hauses Wettin, so werden wir die Wahrnehmung machen, daß gleich der Hohen- zollcru'schen Dynastie auch die Wcttin'sche ans kleinen Anfängen sich zu jetziger Größe und Macht entfaltet hat. Als Stammsitz des Hauses gilt die Burg Winkel, die gegenwärtig zu einem Nittcrgutc bei Wettin im Hallcschen Saalkreisc gehört. Nach dieser Wcttin'schen Burg nannte sich nun daS Geschlecht, obschon mit der Zeit diese Heimstätte der Dynastie nicht mehr im Besitze der letzteren war. Der erste von den Ouclleuschriststcllern mit einiger Sicherheit nachgcwicsenc Ahnherr der Wettiner war Dietrich l.; dessen Vorfahre scheint Thictmar gewesen zu sei», welcher Kil ben späteren König Heinrich I. bei Grvna befreite. Während die Gestalt Dietrichs noch immer eine sagenhafte ist, erscheinen dessen beide Söhne Dedo ss 100!») und Friedrich (1017) schon mehr historisch beglaubigt. Ersterer herrschte im nördlichen Hesscgau und war mit Thictburg, einer Tochter des Markgrafen Dietrich von der Nordmark, vermählt. Ter zweite beherrschte das ganze Land, welches sich vom linken Saalenfcr bis an das rechte der Mulde erstreckte. Nach dem kinderlosen Tode Heinrichs fielen die Be sitzungen an Dietrich II., Dedo'S Sohu, zurück. Von den sechs Söhnen dcö ersteren wurde Dedo II. 1062, nachdem der letzte Lausitzer Markgraf Otto kinderlos gestorben war, mit der Markgrafschast Lausitz und, nach Markgraf Eck berts von Meißen Tode, auch mit der vormund schaftlichen Verwaltung der Mark Meißen be dacht. Der erste Markgraf von Meißen aus dem Hauic Wettin war der Sohn DedoS II., Heinrich von Eilenburg, gewöhnlich der Acltere genannt, denn er erhielt 1086 von Heinrich IV. die Mark Meißen als Lehen. Das Jahr 1089 ist also epochemachend in der Ge schichte deS Hauses Wettin — diese Grundstein legung zur Macht der Wcttin'schen Dynastie soll nun, wie gesagt, in diesen Tagen gefeiert werden. Einer der Nachkommen Heinrichs: Conrad von Meißen, auch Conrad der Große ge nannt 11-57-, gehörte bereits zu den mächtig sten deutschen Reichsfürslen seiner Zeit: er be herrschte alles Land von der Neiße bis Thüringen. Es entwickelten sich in der Markgrafschaft Meißen allmählich auch die Anfänge der Cnltnr; der Boden wurde angebaut, Wälder gelichtet, Moräste auSgctrocknet und die Elbufcrabhängc wurden hier und da sogar mit Rcbcupflanzungen ge schmückt. Ebenso begann sich das Städtewescn nnd Bürgcrthum zu entfalten. Es entstanden zu jener Zeit bereits Innungen (Einigungen) oder Zünfte, von Obrigkcitswcgcn functionirte Handwerksgcnossen: unter den Handelsleuten kommen außer den Lombarden auch Juden vor, die als sogenannte kaiserliche „Kammcrkncchte" hoch besteuert, aber auch mit gewissen Vorrechten auögcstattct waren. Trotz seiner Macht wurde Conrad der Große regicrnngSmüdc. Im Jahre 1156 dankte er feierlich ab, nachdem er das Land unter seine fünf Söhne vertheilt hatte und zog sich ins PetcrSvergcr Kloster zurück, wo er auch ein Jahr darauf starb. Der Grundsatz der Primogenitur gelangte damals noch nicht zur Herrschaft, die Läudcrtheilungeu trugen auch in späteren Zeiten nur dazu bei, die Grundfesten des Reiches zu erschüttern nnd Erbstreitigkeiten zu entflammen. Nach der von Conrad getroffe nen Erbtheilnng erhielt sein ältester Sohn Otto die Markgrafschaft Meißen, während die übrigen vier Söhne die anderen Länder erbten. Bon unberechenbarer Wichtigkeit für Meißen war die Auffindung der Freiberger Bergwerke; infolge deren entstanden in der wilden Gegend deS Erz gebirges alsbald blühende Städte und Dörfer, und der Bergbau breitete sich iu Freiberg, Chem- intz, Mittweida, Wolkenstein, Dippoldiswalde, Scharfenberg .'e. aus. Otto verstand cS, den ihm durch die Bergwerke zufließcndcn Reichthnm zum Segen seines Landes zu verwcrthen. Wir übergehen die Kämpfe, die zwischen Otto und seinem Sohne Albrecht herrschten, welcher sich hinsichtlich scincs Erbrechts in der Mark grasschaft Meißen zurückgesctzt glaubte, ebenso auch den Streit zwischen Albrecht dem Stolzen und seinem Bruder Dietrich, und erwähnen nur, daß damals schwere Tage dem Meißner Lande beschieden waren. So veranlaßte z. B. die Parteinahme Dietrichs für den Hohenstaufen