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und das offene Hervortreten seines Prätendenten- thumS, welches letztere dadurch sich besonders kundgab, daß er beständig von seiner Partei, seiner Politik und seiner Fahne sprach. Der jubelnde Empfang, den Tausende von Revanchelustigen am 20. d. dem Thierarzt Antoine aus Metz bei seinem Eintreffen in Paris auf dem Bahnhofe bereiteten, bewies, daß Boulanger bereits einen Nachahmer gesunden hat. Die Pariser Handels kammer sprach dem Finanzminister Rouvicr und der Bank von Frankreich ihren einstimmig be schlossenen Dank für die patriotische Hilfsleistung bei der schweren Krisis des Eomptoir d'Escompte aus. Dem boulangistischen Deputaten Laur gegenüber, der am 21. d. dieselbe Angelegenheit zu Ausfällen gegen den Minister, gegen daS Haus Rothschild und die Bank von Frankreich benutzte, trat der Minister Rouvier mit der bestimmten Erklärung entgegen, daß alle Diejenigen, welche zur Verhütung einer in ihren Folgen unberechen baren Krisis beitrugen, den Dank der Nation verdienten. Angesichts der Ausfälle der mit den Parnelliten verbundenen Radikalen im englischen Unter hause und in der Presse seit dem unerwarteten Ausgange des „ Times "-Processes erklärte der Premierminister Salisbury, die Regierung sei bereit, einem Tadclsvotum des Unterhauses zu weichen. Zu einer solchen Entscheidung forderte der Staatssecrctär Smith die Opposition am 19. d. M. förmlich auf. Im Namen der letzteren erklärten aber Harcourt und Labouchere, sie würden kein solches Tadelsvotum beantragen, sondern versuchen, durch endlose Bekämpfung jeder Geldforderung die Regierungsmaschine zum Still stand zu bringen. Berlin, 25. März. Der Kaiser empfing am Sonnabend Nachmittag um 5 Uhr den Reichskanzler Fürsten Bismarck, um mit dem selben bis halb 7 Uhr gemeinsam zu conseriren. — Prinz Karl von Schweden ist gestern Abend 10 Uhr 40 Min. auf Bahnhof Friedrichstraße zu mehrtägigem Aufenthalte in Berlin eingetroffen und ist beim hiesigen königl. schwedischen Gesandten Baron von Lagerheim abgestieqen. Aus Kiel, 24. März, wird gemeldet: Se. Kgl. Hoheit der Prinz Heinrich empfing heute Mittag den Bürgermeister und den Stadtverord- netenvorstehcr, welche die Glückwünsche der Stadt Kiel darbrachten. — Das Befinden Ihrer Kgl. Hoheit der Frau Prinzessin Heinrich und des jungen Prinzen ist ein fortgesetzt gutes. Ueber die dem Bundesrath vorgelegtcn Gesetz entwürfe, betreffend Verschärfungen des Straf gesetzbuches und des Preßgesetzes, wird der „Allg. Ztg." noch berichtet, daß zunächst die Bestimmungen des Strafgesetzbuches über die politischen Verbrechen eine Verschärfung erfahren; fernere Bestimmungen betreffen die Angriffe gegen die Grundlagen des Staatswesens, der Monarchie, der Ehe und des Eigenthums. Wer auf Grund dieser Bestimmungen verurthcilt worden ist, kann auf bestimmte Zeit ausgewiesen werden. Zeitungen und Vereine können verboten, bez. aufgelöst werden. Berlin. Nachdem namentlich die Herren Rickert und Munckel im preußischen Abgeordneten hause jede Beziehung zwischen der deutschfreisinnigen Partei und der verbotenen Berliner „Volks-Ztg." abgeleugnet haben, gewinnt eine Auslassung der „Schief. Ztg." an Interesse, welches über die internen Verhältnisse des Blattes schreibt: Das verbotene Blatt gehört einer Actiengesellschaft, an deren Spitze der Director des Berliner Aquariums, vr. Hermes, steht. Namentlich bei seiner Eigenschaft als Vertreter der Haupt- und Residenzstadt der preußischen Könige hätte man erwarten können, daß er die schäumenden Aus brüche des Hasses gegen das preußische Königs haus in dem unter seinem Einflüsse stehenden Blatte nach Möglichkeit gezügelt und dazu bei getragen haben würde, der Zeitung eine besonnenere und taktvollere, mit der monarchischen Staats form verträgliche Haltung vorzuschreiben. Wie es jedoch heißt, ist die Absicht des Directors der Gesellschaft, May, in der demokratischen, »ach der Socialdemokratie hinzielenden Sprache des Blattes eine Wandlung zu einer gemäßigteren Tonart cintreten zu lassen, gerade an dem Widcr- sprnche des AufsichtSrathes unter dem Vorsitze des Vr. Hermes gescheitert. Nach amtlichen Angaben existirten im Etats jahre 1887/88 an militärischen Pensionären in Preußen 50 Generale der Infanterie und Eavallerie, 173 Generallieutcnants, 188 General majors, 438 Obersten, 475 ObcrstlieutenantS, 1045 Majors, 1018 Hauptleute und Rittmeister, 124 General- und Oberstabsärzte, 640 Premier- und Secondekieutenants, 179 Stabs- und Assistenz ärzte, an welche zusammen in dem genannten ' Zeiträume 12,922,577 Mk. gezahlt wurden, sowie 28 Auditeure und 1516 Militärgeistliche und Verwaltungsbeamte. In Sachsen wurden zu derselben Zeit Pensionen gezahlt an: 1 General, 16 Generallieutenants, 17 Generalmajors, 45 Obersten, 36 OberstlieutcnantS, 73 Majors, 82 Hauptleute und Rittmeister, 15 General- und Oberstabsärzte, 39 Premier- und Secondelieute- nants, 8 Stabs- und Assistenzärzte und 89 Beamte. In Württemberg war der Stand der militärischen Pensionäre folgender: 3 General lieutcnants, 6 Generalmajore, 12 Obersten, 29 Oberstlieutenants, 33 Majore, 80 Hauptleute und Rittmeister, 32 Lieutenants, 5 General- und Oberstabsärzte, 12 Stabs- und Assistenzärzte, 6 Auditeure und 46 Verwaltungsbeamte. Jns- gesammt wurden an militärischen Pensionen in Deutschland mit Ausschluß Baierns im Jahre 1887/88 16,605,902 Mk. 99 Pf. gezahlt. Auch im 3. Wahlkörper der Stadt Wien sind die Gemcinderathswahlen zu Gunsten der Antisemiten ausgefallen. Von 17 gewählten Gemeinderäthen gehören 11 der antisemitischen Partei an. Paris, 23. März. Bei dem gestern Antoine zu Ehren von achtzig Personen gegebenen Bankett erklärte dieser, er sei nach Frankreich gekommen, weil die Elsaß-Lothringer fürchteten, daß die Franzosen wegen der inneren Zwistigkeiten die Befreiung Elsaß-Lothringens vergäßen. Antoine erinnerte unter jubelndem Beifall an das Wort Gambcttas: „Wenn das Land materielle Kraft und intacte Grenzen hat, kann es sich mit politi scher Metaphysik beschäftigen; wenn nicht, ist dies Sakrilegium verbrecherisch". Dem Bankett wohnten Deputirte nnd Senatoren, aber kein Mitglied der Regierung bei. Aus Paris, 24. März, wird der „N.-Z." gemeldet: Gestern Abend fand eine Berathung der Vorstände beinahe sämmtlicher hier so zahl reichen elsässisch-lothringischen Vereine über ein beabsichtigtes Bankett zu Ehren Antoines statt. Wie die boulangistischen Organe berichten, hat der größte Theil abgclchnt, sich an einem Bankett zu betheiligen, weil sie mißbilligen, daß Antoine sich habe nach Paris berufen lassen, um als Trumpf gegen Boulanger ausgespielt zu werden. Das Bankett wird aber doch stattfinden. Paris, 25. März. Gegenüber einer früheren Mittheilung der „Temps", betr. die Betheiligung des Hauses Rothschild an dem Knpfcrconsortium, wird von betheiligter Seite erklärt, daß das Haus Rothschild niemals weder direct, noch in direkt an dem Consortium oder dem Syndikat, noch an irgend einer Verständigung über das Kupfergeschäft bctheiligt war. Die Londoner Regierung hat zur Verhin derung des Einschleppens der Maul- und Klauen seuche das Landen von Vieh aus Deutschland verboten. Brüssel, 23. März. Der Petersburger Correspondeut des „Nord" meldet, die russische Regierung habe die Gewißheit erlangt, daß weder Deutschland noch Oesterreich in die inneren Ver hältnisse Serbiens sich einmischen würden; auch Rußland werde die gleiche Politik verfolgen, so daß nirgendwo die Ursache zu einer europäischen Verwicklung vorhanden sei. Rom, 23. März. Die aus Heidelberg hier cingetroffenen Professoren und Studenten be suchten heute die Universität und wurden beim Erscheinen mit den Rufen: Es lebe Deutschland! Es lebe Kaiser Wilhelm! empfangen. Die Stu denten antworteten mit einem Hoch auf Italien und den König Humbert. Später wohnten die selben einer Vorlesung des Professors Linana bei. Die römischen Commilitonen gaben ihnen alsdann das Geleit nacb dem Bahnhof. Gegen Mitte April gedenken die Heidelberger Studenten wieder hier einzutreffcn und wird dann ihnen zu Ehren ein Bankett veranstaltet werden. Rom, 24. März. Infolge des Zwischenfalls in der Kammer am vergangenen Freitag fand zwischen dem Deputaten Cavalotti und dem General Corvetto ein Säbelduell statt. Letzterer wurde im Gesichte und am Arme verwundet. Cavalotti blieb unverletzt. Der „Secolo" bringt die sensationelle Nach richt, daß Papst Leo XIII. in den letzten Tagen mehrere Ohnmachtsanfälle hatte, welche die Car- dinäle veranlaßten, mit dem Cardinal Ricci das zukünftige Conclave zu besprechen. Haag, 25. März. Heute Vormittag be gaben sich Ministerpräsident Mackay, der Minister des Acußern Hartscn und Justizminister Ruys von Beerenbroek nach Schloß Loo, um mit der Königin Emma endgiltig die Frage der Einsetzung einer Regentschaft zu regeln. Die Ernennung HermSkeraS zum Regenten erfolgt deshalb, weil Königin Emma die Uebernahme der Regentschaft trotz der Bitten der Regierung verweigert hat. Buenos Ayres, 23. März. Der Finanz minister hatte, um die Wirkung allzustarker Schwankungen des Agios auf den Goldwerth zu verhindern, ein Decret erlassen, demzufolge jedes Termingeschäft in Metallen als Hazardspiel an zusehen und zu bestrafen sein sollte. Die Börse protestirte gegen diese Maßregel, weshalb der Minister an die Polizei den Befehl erließ, dieselbe zu schließen. Der Admiral des deutschen Geschwaders vor Zanzibar gewährte dem Führer der aufständischen Araber, Buschin, eine Waffenruhe für die Um gebung Bagamoyos. Die „Schwalbe" beschoß am Sonnabend Saadani. Sachsen. Die Verlegung des Hoflagers nach der Villa in Strehlen erfolgt am 3. April. Bischofswerda. Da das warme Frühlings wetter wieder zum Ausfahren der kleinen Kinder lockt, so möchten wir an die Mütter und Kinder wärterinnen die Mahnung richten: Schont die Augen der Kinder! Im Kinderwagen soll man niemals ein Kind auf den Rücken legen, auch selbst dann nicht, wenn kein Sonnenschein ist,, weil auch daS durch die Wolken dringende Licht etwas blendet. Die Rückenlage ist überhaupt keine gesunde und sollte auch bei den Kindern nicht angewendet werden. Außerdem vermeide man, weiße Bettchen in den Kinderwagen zu legen oder über denselben rothe oder weiße Decken anzubringen. Der Hals der Kleinen darf niemals mit dicken Tüchern verbunden werden, weil da durch die Kinder leicht zum Schwitzen gebracht werden und sich leicht erkälten können. — Die Brandversicherungs-Beiträge für den ersten Termin 1889 sind den 1. April d. I. zahlbar. Nach Bekanntmachung der Königlichen Brandversicherungskammer soll der erste Termin dieser Beiträge auf das Jahr 1889 bei der Ge- bäudeversicherungs-Abtheilung mit einem Pfennig und für die Versicherung industrieller und land- wirthschaftlicher Bctriebsgegenstände mit 1^/z Pf. von der Beitragseinheit erhoben werden. Des gleichen ist bis längstens Ende dieses Monats der erste Termin der Landrcnten und Landcs- kulturrentcn zu bezahlen. — Die Gebühr für Telegramme nach Groß britannien und Irland beträgt vom 1. April ab 15 Pfennige für das Wort. Als Mindest gebühr wird für ein Telegramm 80 Pf. erhoben. — Eine Warnung vor dem Genüsse rohen Schweinefleisches veröffentlicht neuerdings wieder das Berliner Polizei-Präsidium, da, wie die Erfahrung gelehrt hat, das Publikum noch immer nicht die Thatsache genügend beherzigt,, daß selbst dann, wenn eine gut organisirtc und zuverlässige Fleischschau am Wohnort »ür alle geschlachteten Schweine besteht, doch garuicht oder mangelhaft untersuchtes Schweinefleisch in den Verkehr gelangen und große Gefahren für Leben und Gesundheit der Consumenten herbei führen kann. Es wird daher vor dem Genuß jeglichen rohen Schweinefleisches gewarnt und ferner darauf hingewiesen, daß lediglich ei» voll kommenes Garkochen (Durchbraten) der Fleisch stücke wie sämmtlicher Zubereitung aus Schweine fleisch (Fleisch-, Blut-, Lcberwürste, Klüse, Sülzen rc. im Stande ist, die etwa vorhandenen Trichinen zu tödten und dadurch jede Gefahr einer Gesundheitsschädigung auszuschließen. Um das Garkoche», Durchbraten größerer dicker Stücke (Schinken, Genickbraten rc.) zu ermög lichen, ist es nothwendig, tiefe, etwa 8 Ccntimeter. von einander entfernte Einschnitte in die be treffenden Stücke zu machen, damit auf diesem Wege die Siedhitze auch auf die tiefst gelegenen Fleischschichten hinreichend einzuwirken vermag. f* Demitz, 21. März. In letzter Sitzung des landwirthjchaftlichen Vereins wurden 25 Eingänge erledigt und mitgetheilt, daß der land- wirthschaftliche Kreisverein das umfängliche Buch: „Die Entwickelung der Landwirthschaft im König reich Sachsen bis 1885 rc." vom Generalsekretär Oeconomierath von Langsdorfs für die Bibliothek gesendet. Das Werk wurde als ein Werk großer Arbeit und ungemeinen Fleißes gerühmt nnd auf einige Stellen desselben besonders aufmerksam gemacht. So wurde u. A. angegeben, daß Demitz bei der Versendung von Milch unter den Stati onen der Lausitz an 4. Stelle sich befinde, indem es über 33,000 Kilogramm im vorigen Jahre versendet. Ferner waren dem Vereine 7 Bild nisse L 1 Mark von dem verstorbenen Professor vr. Heiden zugegangen, wovon der Reinertrag in die zu gründende „Hcidenstistung" fließen solU- Aus derselben sollen Schüler der landwi lichen Schule zu Bautzen Htij