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— Frühling oder noch länger Winter? Diese Frage schwebt jetzt auf aller Llppen. Jeder mann ist herzlich „wintermüde", und wir haben wahrhaftig das Recht dazu. Drei Winter, die nicht „von schlechten Eltern" waren, unmittelbar hintereinander — das ist selbst für Eskimo-Naturen zu viel. Im diesmaligen Winter und nament lich im Monat Februar haben wir uns aber ganz besonders verrechnet. Schien es Anfangs, vor Weihnachten nämlich, daß wir uns mit der frohen Hoffnung tragen dürften, nur etwas Kälte zu bekommen und dann den warmen, lieblichen Frühling einziehen zu sehen, so enttäuschte uns bereits der Januar gründlich, indem er erhebliche Schneemassen sandte. Der Februar wiederum hob mit milden, sonnigen Tagen an und brachte solch' laue Luft, daß Frühlingsahnungen jede Brust bewegten. Aber auch Dieser war nur ein Heuchler, der hinterher seine wahre Seite zeigte: was wir in den letzten zwei Dritteln des ver flossenen Monats an Kälte und Schnee erlebt haben, genügte gerade so. Und der März? Nun, merkwürdig ist zum mindesten die Witterung, die uns die letzten Tage daher zu Theil wurde. In den Mittagsstunden thaute es gewöhnlich ziemlich kräftig, aber Abends kehrte dafür wieder eine höchst unangenehme feuchte Kälte ein, welche die Nasen röthete und die Ohren steif machte. Es ist nichts Anderes, als der verzweifelte Kampf des Frühlings mit dem Winter. Die Sonne wird, es kann nicht anders sein, mit dem Fort schreiten der Wochen immer sieghafter, aber der Winter hält mit Aufgebot aller Kräfte seine Stellung fest. Nun, endlich muß er doch einmal weichen! Am Mittwoch Abend blieb der Kälte rückschlag aus, es war angenehm mild, vbwohl'S immer noch gefror. Sollte warmes Wetter für die Dauer in Aussicht sein? Zu wünschen wäre es, denn die Geschäftswelt leidet unter dem langen Sichhinziehen der Wintertage. Man ist gewöhnt, in jetziger Zeit die Bestellungen auf die Früh jahrsbedürfnisse an Kleidern, Hüte» rc. zu em pfangen, aber unter den obwaltenden Umständen beeilt sich das Publikum nicht, sich frühlingsmäßig einzurichten. Hoffentlich wird's recht bald anders. Der strenge Nachwinter verursacht dem Wild stande und den Jagdbcsitzern nicht unbeträchtlichen Schaden, denn wiederholt wurden Hasen und Hühner, trotzdem auf vielen Revieren reichlich gefüttert wurde und noch gefüttert wird, verendet aufgefunden. Nach drei strengen Wintern, wie die letzten waren, haben die Jagdbcsitzer alle Ursache mit Sorge der kommenden Jagdsaison entgegenzusehcn und es kann jedem Einzelnen derselben nicht warm genug empfohlen werden, noch zu thun, was möglich ist, um seinen Wild stand vor dem Untergange zu bewahren. Endgiltiger Bestimmung zufolge finden in diesem Herbst beim königl. sächsischen Armeecorps Kaiser-Manöver statt und zwar in der ersten Hälfte des Septembers. Dieselben dürften in der Gegend von Lommatzsch abgchalten werden und ist mit ihnen selbstverständlich auch eine große Kaiserparade verbunden. Bautzen, 6. März. In der heutigen Sitzung des Kgl. Landgerichts wurden als Ge schworene der zweiten diesjährigen Quartals session des hiesigen Schwurgerichts durch Loos- ziehung ernannt: Gutsbes. und Gemeindevorst. Trenkler in Zittel, Prokurist Grillich in Seif hennersdorf, Gemcindevorst. Weber in Wölkau, Rittergutsbes. Heiber auf Birkau, FabrikantHöhne in Beiersdorf, Rentier Wenzel in Niederstrah- walde, Fabrikant Fährmann in Großschönau, Regierungsasscssor Frhr. v. Teubern hier, Gutsbes. und Gemeindevorst. Krische in Oberseifersdvrf, Fabrikbes. Römer in Löbau, Gutsbes. Bahr in Alteibau, Brauereibes. Krampf daselbst, Königl. Revierförster Grohmann in Halbendvrf b. Guttau, Rentier Laugenberg in Schirgiswalde, Gutsbes. Weber in Höckendorf, Kaufm. Angermann hier, Kausm. Hennig in Löban, Bleichereibe'. Kießling in Ebersdorf, Gutsbes. Tranitz in Talpenbcrg, Rittergutspachter Möbius in Jiedlitz, Gutsbes. Hähnel in LangburkerSdorf, Gemcindevorst. Golds in Niedercunnersdorf, Gutsbes. Rcntsch in Maltitz, Grundstücksbes. und Fabrikant Michel in Nicdcr- odcrwitz, Graveur Weigelt in Neustadt b. St., Kaufm. Schütz in Herrnhut, Kaufm. Kämpf in Löbau, Zimmermstr. Poppe in Zittau, Fabrikbes. Bürger in Markersdorf und Kaulm. Berthold in Löbau. (B. N.) -/Umschau in der sächs.-preuß. Lausitz und dem Meißner Hochland, 7. März. Durch Feuer wurden vernichtet: die Gebäude der Nahrungsbesitzerin Wittwe Dürrlich zu Jenkwitz; WohyhauS und Stallung des Häuslers Brcsek zu Weihwasser; das Haus des Maurers Weber zn Oybint M Gebäude des Gutsbesitzers Lange zkDer Schleifer Josef Hennlein aus HainSpach wurde unweit Rumburg über fahren und verlor ein Bein. — Der Weichensteller Hoffmann in Görlitz glitt auf einer Treppe aus und brach ein Bein. — Einem Knaben zu Eise- rode bei Löbau wurde beim Schlittenfahren ein Finger zerquetscht, die anderen derselben Hand arg verletzt. — Der Weber Walter aus Renners dorf wurde todt (wahrscheinlich erfroren) auf gefunden. — Der Maurer Ledwon in Görlitz fiel von einem Neubaue in eine Kalkgrube und erhielt verschiedene, auch schwere Verletzungen.— Der Brauereiarbeiter Mosig aus Ebersdorf ist in Löbau durch einen Unfall schwer im Gesichte verletzt worden. — Der Steinarbeiter Käufer aus Putzkau, verheirathet und Vater von 4 Kindern, ist in einem Demitzer Steinbruchc lebensgefährlich verletzt worden. — Das Erscheinen der 5000. Nummer der „Zittauer Nachrichten" wurde fest lich begangen. — Der Frauenverein zu Grünberg hatte im vorigen Jahre 3935 Mark Einnahmen und 2327 Mark Ausgaben. — In Bautzen ist Herr Rechtsanwalt Jacob verschieden. — Herr Oberforstmeister Gerlach in Schandau feierte sein 25jähriges Dienstjubiläum. — Der Gesangverein „Immergrün" in Forst gab ein Wohlthätigkeits- concert, das 510 Mk. einbrachte. — Durch Herrn Oberkirchenrath vr. Keller-Bautzen wurde der Oanä. tkool. Göhring als Pfarrverweser zu Berthelsdorf (für den erkrankten Pastor Streit) feierlich eingeführt. — Der Verein zum Bau der Marien- und Marthakirchc in Bautzen hat 15,820 Mk. zusammengebracht. Im vergangenen Jahre betrugen die Einnahmen desselben 1170 Mk. 19 Pfg. — Im Gewerbeverein zu Neustadt hielt Herr Pastor Satlow einen Vorträg über „Thier schutz." — Die Acticnbrauerei zu Löbau (vorm. Nätze u. Schreiber) hat im vergangenen Jahre einen Gewinn von 167,500 Mark gemacht. Es sind 121/2 0/0 Dividende in Vorschlag gebracht. — Der Vorschußverein zu Schandau gewährte eine Dividende von 6 "/«. — Die Lehrer von Schmiedefeld und Seeligstadt besuchten mit ihren Schulkindern per Schlitten die „Bethlehemsaus stellung" zu Stolpen. — Bei der Liquidation des Vorschußvereins zu Bautzen können nach Deckung aller Kosten noch 70°/, zur Vertheilung kommen. — Die 26 Sparkassen der Lausitz hatten beim letzten Monatsabschluß 1,287,087 Mk. Ein- und 863,135 Mk. Rückzahlungen. (Bautzen hatte 256,436 Mark Ein- und 173,930 Mark Rückzahlungen, Bischofswerda 92,445 Mk. Ein- und 71,856 Mark Rückzahlungen). — Für die sächs.-preuß. oberlausitzer Fernsprechung haben sich 263 Theilnehmer gemeldet. — Bei der zu Ebersbach abgehaltcncn Gauturnrathssitzung wurde beschlossen, in Zittau bei Gelegenheit des 25jährigen Jubiläums des dortigen Vereins ein Gauturnfest abzuhalten. (Der Oberlausitzer Gc- birgsgau zählt 17 Vereine mit 2548 Mitgliedern, der zu Zittau 19 Vereine mit 2003 Mitgliedern. Dresden, 5. März. Im Gebirgsverein schreiten die Vorbereitungen zu dem, anläßlich des Wettiner Jubiläums geplanten dauernden Erinnerungszeichen immer weiter vorwärts. Das schöne Vorhaben besteht, wie schon erwähnt, in der Errichtung eines stattlichen Obelisken auf dem, das ganze Gebiet der sächsischen Schweiz beherrschenden Gipfel des Lilienstcins; die Ge nehmigung der zuständigen Behörden ist bereits in Aussicht gestellt und wird denselben der be treffende Plan demnächst unterbreitet werden. Ebenso gelangen nun die mit einer Abbildung des Bauwerkes gezierten Sammelbogeu an die Sektionen des Gebirgsvcreins und bei der Be geisterung, welche unter den Mitgliedern für das patriotische Unternehmen herrscht, hofft man, daß ausreichende Mittel zur Durchführung desselben zur Verfügung gestellt werden. Die andauernde reiche Schneedecke hat bis jetzt eine genaue Fest stellung des für das Denkmal zu erwählenden Standortes verhindert. Am Mittwoch Abend 6 Uhr fand im Stadt- verordiiete»saale in Dresden die zweite Sitzung des für die Jubelfeier des sächsischen Königs hauses gewählten Festausschusses statt. Herr Oberbürgermeister vr. Stübel ergriff zunächst das Wort und constatirte mit Bedauern, daß der für die Jubelfeier geplante historische Fest zug als gescheitert anzusehen sei, wobei der Redner mit großer Sachlichkeit und Ausführlich keit die Schwierigkeiten besprach, an welchen der geplante, von den Künstlern mit der größten Aufopferung in der Idee vorbereitete Festzug Schiffbruch erlitt. An die Stelle desselben wird indessen auf Vorschlag des LandcsauSschusscs ein in der Wirkung nicht minder schöner Hul digungszug treten, an dem sich, wie man mit Bestimmtheit hofft, das ganze Land betheiligt und in welchem im Gegensatz zu dem frühere» Festzuge in der Hauptsache — historische Gruppen nicht ausgeschlossen — da« geistige, industrielle' und gewerbliche Leben Sachsens in der Gegen wart zum sichtbaren Ausdruck gebracht werdeir soll. Die Versammlung nahm die nach Dieser Seite hin gemachten Vorschläge mit Befriedigung, entgegen und wählte in die neue FestzugScom-- mission die Herren Stadtrath Teucher, vr. Mehnert,. Weigand und Stadtverordneten Carl, welche iw Gemeinschaft mit dem Landesausschuß die neuen, von den Herren Kammerpräsident von Zehmen und Carl entworfenen diesbezüglichen Festzugs- Pläne zu berathen und für die Ausführung fertig zu stellen hat. Der alten Festzugscommission, welche sich weigerte, an diesen Arbeiten theil- zunchmen, wurde von der Versammlung für ihre bewiesene aufopferungsvolle Thätigkeit der ein stimmige Dank des Gesammtausschusses zu er kennen gegeben. Herr Branddirector Hermann Teichmann iw Werdau wurde bei der am 1. d. stattgehabten Wahl in Waldheim mit 367 Stimmen zum Mitglieds des Landcsausschusses sächsischer Feuerwehren gewählt. Auf den sächsischen Staatseisenbahnen sind in der Woche vom 17. bis 23. Februar 1889 13,353 Wagenladungen zu 5000 Kilogramm böhmische Braunkohlen transportirt worden. Die Einfuhr in der entsprechenden Woche des Vorjahres betrug. 13,007 Ladungen. Ueberhaupt an Kohlen wurden in genannter Woche 32,662 Wagenladungen be fördert. Auf jeden Tag kommen durchschnittlich» 4666 Ladungen. Wie wir hören, hat die Kaiserin im Laufe der vorigen Woche mehrere Damen, darunter auch die Gemahlin des Hofprediger Stöcker, empfangen, um von denselben Glückwünsche zu ihrem Hochzeitstage entgegen zu nehmen. Kiel, 5. März. Die Kaiserin Friedrich- machte in den letzten Tagen mit der einen oder anderen der Prinzessinnen - Töchter wiederholt Spaziergänge durch die Stadt, ohne von Diener schaft rc. begleitet zu sein. Gestern Nachmittag unternahm Prinz Heinrich mit seiner Mutter und seinen Schwestern eine längere Schlittenfahrt, wobei derselbe das Gespann selbst leitete. Wie mitgetheilt wird, beabsichtigt die Kaiserin nach dem noch mehrere Wochen dauernden Aufenthalte in Kiel sich auf einige Zeit nach Berlin zu be geben, um alsdann mit den Prinzessinnen eine längere Reise nach Italien zu unternehmen. Die Villa Cronberg im Taunus, welche von der Kaiserin zu rund 700,000 Mark angekauft ist, wird in diesem Jahre noch nicht beziehbar sein,, da größere Erweiterungsbauten an diesem präch tigen Sitz noch auszuführcn sind. Die Erbschaft der Herzogin Galicra für die Kaiserin beträgt nach gut unterrichteten englischen Blättern infolge mannigfacher Legate gegen 4,400,000 Mk. Die Regelung derselben liegt bekanntlich in den Händen des deutschen Botschafters in Paris, des Grasen Münster. An der Stellung des Reichskanzlers, so glauben die Berliner Officiösen in der Wiener „Politischen Corrcspondenz" nochmals feierlich versichern zu müssen, habe sich absolut nichts geändert. Der Canzler erfreue sich eines guten Gesundheits zustandes und einer geistigen Frische, welche gepaart mit der unerschütterlichen Vertrauensstellung bei Kaiser Wilhelm H. mit Zuversicht hoffen ließen, daß an dieser Stellung auf lange Zeit nichts geändert werde. Es wird alsdann hervorgehoben, daß das Verbleiben des Reichskanzlers im Amte die denkbar stärkste Gewähr für die Erhaltung des europäischen Friedens biete. Berlin, 6. März. Die Berathungen des Reichstages werden am Mittwoch den 13. d. M. Nachmittags 2 Uhr wieder aufgenommen werden. Auf der Tagesordnung der Sitzung befinden sich zwei kleinere Vorlagen und die Denkschrift über Verlängerung des kleinen Belagerungs zustandes in Berlin, Stettin, Frankfurt a. M., Hamburg und Leipzig. Wie man der „Weser-Ztg." aus Kiel meldet, nimmt man in dortigen Marine-Kreisen an, daß ein Probemobilmachnngsversuch der Marine in Kiel eventuell in Gegenwart des Kaisers statt finden wird. Potsdam, 7. März. Von zuständiger Seite wird betreffs der von verschiedenen Zeitungen gebrachten Mittheilungen über den Feldwebel Hauk vom 1. Gardcregiment mitgetheilt, daß derselbe seit langen Jahren in Bezug auf seine Ehrenhaftigkeit, Tüchtigkeit und Pünktlichkeit keinen Vorwurf ausgesetzt ist und daß seine Bestrafung den Militärgesetzen gemäß lediglich auf Veran lassung eines reinen Dienstvergehens erfolgt ist. Schweiz.