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— m II. den in einem Jahre zum zweiten Male erledigten Thron seiner Väter bestieg, war zwischen ihm HO Km Fürsten BiSmarck kein neue- Verhältnis aufzurichten. Aphl War eß forEn ein VerhÄtniß zwischen König und Unter- than, aber her netze Herrscher wußte, Wessen Verdienst es tvar, dich tr die Kron« WilhemS I. ungeschmälert an Ehre und Würde, an Macht und Ansehen überkam. In anderer Art als das voraufgegangene kündigte das neue Regiment sich an mit den zündenden Worten an Heer und Flotte, mit der entschlossenen Sprache der ersten Thronre-e. Hatte der politische Compaß während der vergangenen Monate nach England gewiesen, Kaiser Wilhelm II. richtete ihn sofort nach Peters burg, um darzuthun, daß ihm nichts ferner liege, als eine prinzipiell antirufsische Politik, welche Deutschlands Interesse nicht erfordert. Seitdem haben wir den Kaiser zweimal in FriedrichSruh gesehen. Ueber die Wege, welche der Monarch inne zu halten gewillt ist, konnte im Jnlande wie im Auslande füglich kein Zweifel bestehen. Als dennoch Jntrigue und ParteiegoiS- muS glaubten, aus der Geffcken-Angelegenheit Giftpfeile gegen den Canzler schnitzen zu können, enthob der NeujahrSgruß, welchen der Monarch dem Fürsten Bismarck sandte und der durch die von ihm befohlene Veröffentlichung an der Spitze des „Reichsanzeigers" noch eine besondere, für Jedermann verständliche Sprache führte, die Minirer von rechts und links ihrer vergeblichen Arbeit. Aber unsere Zeit ist schnelllebig. Daß Kaiser Wilhelm am Abend des 31. December seine Politik abermals mit ernstem Nachdruck festgelegt hat, als er die Bitte zu Gott aussprach, „noch lange mit dem Canzler vereint für die Größe und Wohlfahrt des Vaterlandes wirken zu können", — darf anscheinend um die Mitte Februar schon wieder vergessen sein. Für eine gewisse Species deutscher Zeitungsschreiber und auch für die Leser solcher Zeitungen wäre beinahe erforderlich, daß an jedem Tage eine derartige Kundgebung er schiene. Wer die Berliner Vorgänge nur einiger maßen verfolgt, vermöchte aus den vielfachen Auszeichnungen, deren Gegenstand Graf Herbert Bismarck fortgesetzt seitens seines Monarchen ist, wohl einen Rückschluß auf die Beziehungen zwischen Kaiser und Canzler zu machen, er braucht dazu nicht einmal von der huldvollen, ja fast liebe vollen Form Kcnntniß zu haben, welche der Monarch im geschäftlichen Verkehr mit dem Fürsten Bismarck beobachtet. Doch es giebt Leute, welche besonders weise zu sein meinen, wenn sie auf den großen Alters unterschied zwischen dem Kaiser und seinem ersten Berather Hinweisen und — die Einen fürchtend, die Anderen hoffend — behaupten, ein solches Berhältniß werde nicht lange durchführbar sein. Diese Rechner vergessen nur, daß, wenngleich Kaiser Wilhelm II. verhältnißmäßig jung an Jahren, immerhin etwas älter als Friedrich der Große und Friedrich Wilhelm m. zur Regierung ge langt ist, die seinem Regierungsantritt vorauf gegangenen drei Monate so reich an schmerzlichen Erfahrungen aller Art waren, wie sie in der neueren Geschichte vielleicht einzig dastehen und jedenfalls kaum je einem Thronerben beschicken gewesen sind. In dieser Zeit ist die altersgereifte Weisheit des Fürsten Bismarck wie für Deutsch land selbst, so auch für den Thronerben von un schätzbarem Werthe gewesen. Der Unterschied der Jahre könnte in Betracht kommen, wenn nicht einerseits der Kaiser an den Grundanschauungen der Bismarck'schen Politik aus vollster Ueber- zeugung sesthielte, andererseits Fürst Bismarck nicht der ergebene Lehensmann des Hauses Hohenzollern wäre, als welcher er sich nun bald 27 Jahre hindurch im höchsten Siaatsamt erwiesen hat. Als Prinz Wilhelm im September 1887 dem Canzler persönlich in FriedrichSruh zum 25jäyrigen Ministerjubiläum gratulirte, hat er sicher nicht vorausgesetzt, daß Fürst Bismarck schon ein Jahr später auch noch sein Minister sein werde. Daß es dennoch so geworden, hat sicherlich Niemand mehr als eine große Gnade der Vorsehung empfunden, denn Kaiser Wilhelm II. Mögen immerhin gewisse Blätter — Ausdruck vorhandener Wünsche und Stimmungen — sich den Anschein geben, als hätten sie einen Nach folger für den ersten Canzler womöglich schon zu dessen Lebzeiten bereit, — sic haben die Rech nung ebenso ohne den Wirth gemacht, wie die Interessenten der antibismarck'schen Politik unter Kaiser Friedrich die Rechnung ohne den Wirth gemacht hatten, jo lange der Kaiser zu regieren vermochte. DaS „Niemals", welches einst Kaiser Wilhelm I. an das letzte Entlassungsgesuch deS Fürsten Bismarck gesetzt, steht sicherlich ebenso lief und fest in das Herz seines Enkels einge schrieben. Und wenn vereinst, nach hoffentlich noch langen Jahren, Gotte-Allmacht dem irdischen Wirken des Staatsmannes ein Ziel setzt, um welchen alle Völker unS beneiden und der für UNS Heere aufwiegt, so wird Fürst BiSmarck die Augen in der Zuversicht schließen dürfen, daß über der mühevollen Arbeit seines Lebens Niemand treuer und sorglicher wachen wird, als sein könig- kicher Herr. Mit ihm die Nation in ihrer großen und dankbaren Mehrheit." Deutsches Reich. Se. Majestät der König begiebt sich dem Vernehmen nach am nächsten Donnerstag nach Leipzig, woselbst Se. Majestät bis zum folgen den Montag zu bleiben gedenkt. Ob Ihre Maj. die Königin an der Reise theilnimmt, ist noch nicht bekannt. Der in Leipzig Anfangs in Aus sicht genommen gewesene Ball wird nicht abge- halten werden. Laut einer Bekanntmachung deS Ministeriums des Cultus und öffentlichen Unterrichts, die Reife zeugnisse der Gymnasien und Realgymnasien betr., tritt die zwischen den deutschen Bundesregierungen über die gegenseitige Anerkennung der von den Gymnasien und Realgymnasien (Realschulen I. Ordnung) ausgestellten Reifezeugnisse mit dem 1. März d. I. in Kraft. — Wir lesen in dem „Sächsischen Postillon" folgende Notiz: „Es ist neuerdings die Wahr nehmung zu machen gewesen, daß die in diesem Winter außergewöhnlich große Belästigung des Publikums durch Bettler in letzter Zeit be deutend nachgelassen, ja ganz aufgehört hat. Diese erfreuliche Thatsache verdanken wir haupt sächlich einer Einrichtung unserer Polizeiverwal tung, nach welcher stets mindestens ein Polizei aufseher den Dienst in Civilkleidern zu verrichten und sein besonderes Augenmerk auf Bettler und sonstige herumstreichende Individuen zu richten hat. Dieses Verfahren hatte zunächst zur Folge, daß in den letzten Monaten eine viel größere Anzahl Bettler und Vagabonden zur Haft ge bracht und bestraft worden sind, als wie es in dem gleichen Zeiträume in einem der Vorjahre der Fall gewesen ist. Sodann aber ist es in den betheiligten Kreisen überraschend schnell be kannt geworden, daß Löbau kein Pflaster für Bummler und Bettler ist. Und so wird unsere Stadt jetzt von einer gewissen Sorte von Menschen gemieden, nach welchen man überhaupt keine be sondere Sehnsucht zu hegen braucht." Von Bischofswerda darf man dieselbe Wahr nehmung berichten, hier ist durch die Ein richtung der Verpflegstation das Bettler unwesen fast ausgestorben. Wenn das Publikum sich außerdem streng an das behördliche Ersuchen hält, jeden Bettler ohne Weiteres abzuweisen, so dürften weitere Maßregeln überflüssig sein. ES giebt zwar immernochallzu mitleidige Seelen, welche einem in zerlumpten Kleidern und zerrissenen Stiefeln vorsprechenden „armenHandwerksburschen" nichts abschlagen können und die Warnung der Behörde nicht beachten, diese würden schnell kurirt sein, wenn sie beobachten könnten, auf welche Weise das Geschenkte verwendet wird. Fast in allen Fällen wird derartiges Geld in Schnaps umge setzt. Unser humanes Zeitalter sorgt für wan dernde Arbeitslose genügend, die Behörde bedarf in ihren Maßnahmen aber auch der Unterstützung des Publikums, welche darin besteht, jeden Bett ler ohne Weiteres abzuweisen, bei unverschämtem Auftreten eines solchen aber sofort die Schutz mannschaft zu benachrichtigen. — (Frühlingsboten.) Aufmerksame Beob achter können jetzt Ende Februar schon die in Wuchs und Größe der Hausgans sehr ähnliche Graugans (^. oinorous LI.) ankommen sehen. Sie kommt, in 2 ungleichen Dreiecksschenkeln fliegend, vom Süden zurück, der erste Bote besserer Zeiten. Sie wohnt an Teichen und Seen Mittel europas, legt im März weißliche Eier und ist jedenfalls das Stammthier unsrer Hausgänse. — Die Staore, unsere ersten und wohl zuver lässigsten Frühlingsboten, sind bereits unterwegs. Aus Triest berichten die dortigen Zeitungen, daß am 15. d. M. an mehreren Punkten der Stadt größere Schwärme von Staaren gesehen worden sind, die aus der Heimreise nach Norden begriffen waren. (AuS mehreren sächsischen Städten wird übrigens bereits die Ankunft der Staare gemeldet.) — Wie im Jnseratentheil der heutigen Nummer d. Bl. zu lesen, wird künftigen Montag, den 25. d. M., im land- und forstwirthschaftlichen Verein zu Bischofswerda ein interessantes Thema zur Sprache kommen. Ein Vereinsmitglied, Herr Th. Hörnig aus Goldbach, wird berichten über die Exkursion sächsischer Landwirthe rc. im vorigen Sommer nach den badnischen ViehzuchtSgebieten deS Bar- und Hoygau, insbesondere über die Bezirke Billingen, Donaueschingen, Engen und Meßkirch, sowie über die BeobachtWae» und Erfahr^igen, welche er al» practischKMnvwirch dabei zu gewinnen Gelegenheit grWt hat. Im Verein sind Übrigens tzuich Mitglbwer eingeführte «äste stets hochwillkontMen. 8. Rauschwitz bei Elstra. In der am Sonntag, den 17. d. W., Nachmittags 4 Uhr, im Saale deS hiesigen Gasthmes stattgefundenen Sitzung deS landwirthschaftlichen Verein» am Höchstem, welche sehr zahlreich von Mitgliedern und Gästen besucht war, hielt Herr Gutsbesitzer Theodor Hörnig aus Goldbach einen sehr inte ressanten Vortrag über seine im vorigen Jahre- ausgeführte Reise nach Baden. In einfacher, allgemein verständlicher Weise berichtete Herr Hörnig über die Verhältnisse und Einrichtungen des badischen Oberlandes und die ganze Reise so ausführlich und anregend, daß alle Zuhörer gleichsam die ganze Reise im Geiste mit durch lebten und dem Bortrage vom Anfang bis zum Ende mit größtem Interesse lauschten. Nach. Schluß des Vortrages wurde Herrn Hörnig der wohlverdiente Dank deS Vereins ausgesprochen: und von allen Anwesenden durch Erheben von- den Sitzen kund gegeben. Stolpen, 19. Februar. Laut Beschluß deS Stadtgemeinderathes soll in unserem Orte nunmehr auch eine Pflichtfeuerwehr in's Lebeir treten und sind hierzu 80 Mann in Aussicht genommen worden, wozu die jüngsten, das sind die zuletzt Bürger gewordenen Personen, demnach verpflichtet sind. Als Branddirector wählte mam mit großer Majorität Herrn Messerfabrikant Ehrhardt. Neustadt bei Stolpen. Im vorigen Jahre verstarb der hiesige Bürger und frühere Tuch fabrikant Friedrich Mildner im 60. Lebensjahre. Kürzlich ist nun dessen bei hiesigem Amtsgericht niedergelegtes Testament eröffnet worden, .über dessen Inhalt Folgendes verlautet: 30,000 Mk- überweist der Verstorbene hiesiger Stadtbehörde zur Verwaltung, deren Zinsen zur Hälfte an hiesige Arme und Kranke jährlich zur Vertheilnng^ gelangen, während mit der anderen Hälfte armeir Kindern eine Weihnachtsfreude bereitet werden soll; 1500 Mk. vermachte er jedem seiner drei Pathen als Geschenk; 6300 Mk. erhalten ein undzwanzig mit Namen aufgeführte hiesige bedürftige Personen, mithin jede 300 Mk.; die hiesige Schützengesellschaft, deren Mitglied der Testator war, sowie der die Wohlthätigkeit pflegende Frauenverein sind mit ansehnlichen Vermächtnissen bedacht; 1000 Mk. sind den hungernden und frierenden Vögeln ausgesetzt, wovon die Zinsen zur Errichtung von Futter plätzen im Winter zu dienen haben. Auch sein Dienst- und Arbeitspersonal hat der Verstorbene mit Geschenken bedacht. Die Volksschule in Burk bei Bautzen ist wegen Erkrankung der Schulkinder an Masern auf bezirksärztlichen Antrag auf 14 Tage ge schlossen gewesen. Da die Krankheit noch an dauert, muß der Unterricht auf weitere 8 Tage ausgesetzt werden. Löbau, 18. Februar. Die unter Vorsitz des Herrn Amtshauptmann Geh. Regierungsrath von Thielau am 15. Februar hier stattgefundene zweite diesjährige öffentliche Sitzung des Bezirks ausschusses beschäftigte sich auch mit der gutacht lichen Auslassung über die in Anregung gekom mene Frage betreffs Beschränkung der Kirmes- feste und sonstiger öffentlicher Lustbarkeiten, sowie mit der Beschlußfassung über den Erlaß eine« revidirten Tanzregulativs. Löbau, 19. Februar. Am Sonnabend Abend wurde hier von einem leider noch uner mittelte» Mann ein falscher 50-Markschein (Reichs schuldschein vom Jahre 1882) auSgegeben. Der nichts ahnende Geschäftsmann gab denselben weiter an einen Kaufmann, der viel Papiergeld benöthigt und erst als dieser den Schein bei der Post einzahlte, wurde er als falsch erkannt. Wie bestimmt mitgetheilt wird, ist am Diens tag das große Fabriketablissement von Hermann Wünsche in Ebersbach i.S. in dieHände einer Aktien gesellschaft übergegangen. Die 3. Classe der 115. königlich sächsischen Landeslotterie wird am 4. und 5. März diese» Jahres gezogen. Die Erneuerung der Loose ist nach 8 5 der dem Plane zu dieser Lotterie an gefügten allgemeinen Bestimmungen vor Ablauf deS 23. Februar 1889 bei dem Colleeteur, dessen Name und Wohnort auf dem Loose aufgedruckt und aufgestempelt ist, zu bewirken. In den jüngsten Tagen ist bei der Königl. Altersrentenbank zu Dresden (Landhaus, König Johannstraße) da- zehntausendste Einlagebuch auSgegeben worden. Damit hat die Anzahl der Versicherten in kurzer Zeit eine Höh« erreicht, wie man e» vor eiiier Reihe von Jahr« "