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Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, MMtvochS und Sonnabends, und kostet einschließlich der Sonnabends erscheinenden „belletristischen Beilage vterteljöhrlich 1 Mark SO Pf. Einzelne Nummer 10 Pf. Politische Wrltschmi. Der deutsche Reichstag hat sich am Freitag -auf unbestimmte Zeit (wahrscheinlich bis zum 15. März) vertagt, da die vorhandenen Aufgaben -erledigt, die Altersversorgungs- und die Genossen schaftsgesetz-Vorlage in den Commissionsberath- ungen aber noch nicht so weit gediehen waren, um das Plenum beschäftigen zu können. Beide Commissionen werden auch während der jetzigen Ferienpause ihre Verhandlungen in Berlin eifrig fortsetzen, um dem nach einigen Wochen wieder zusammentretenden Reichstag die wichtigsten Be- rathungsstoffe möglichst bald unterbreiten zu .können. Die letzten Sitzungen der deutschen Volksvertretung boten manches Bemerkenswerthe. Am vorletzten Montag rief der socialdemokratische Antrag auf Aufhebung der Getreidezöllc eine 'sehr lebhafte Debatte hervor. Selbst der deutsch freisinnige Abg. Rickert erklärte eine sofortige Wiedcraufhebung der Getreidezölle für eine Un möglichkeit. Der nationalliberale Führer von Bennigsen wies darauf hi«, daß aus den Preis verhältnissen kein genügendes Motiv für diesen Antrag zu entnehmen sei, daß der Arbeiter bei den seit den fünfziger Jahren gestiegenen Löhnen mehr Brot als früher kaufen könne. Namens der Centrumspartei bekämpfte Abg. Orterer den Aütrag, dessen Annahme nach seiner Ansicht den Ruin der Landwirthschaft und eine Schädi gung der Reichsfinanzen zur Folge haben würde. Da eine commissarische Berathung mit großer Mehrheit abgelehnt wurde, wird eine weitere Berathung des unter den gegenwärtigen Ver hältnissen völlig aussichtslosen Antrages im Plenum stattfinden. Anläßlich der Berathung des Etats des Reichscanzleramtes lenkte am Dienstag der deutschfreisinnigc Abg. Munckel die Aufmerksamkeit des Hauses auf den Fall Geffcken. Der neue preußische Justizminister von Schelling vertheidigte die Veröffentlichung der Anklageschrift, fowie die bemängelte Beschlagnahme des vertrau lichen Schriftwechsels in einer Weise, welche in der Presse viel besprochen und besonders von der conservativen „Neuen Preuß. Ztg." einer scharfen Critik unterzogen wurde. Die freiconser- vative „Post" billigte zwar den Standpunkt des Justizministers und erklärte sich mit der Ver öffentlichung der Anklageschrift gegen Geffcken einverstanden, meinte aber doch, daß die Mit theilungen aus dem Privatbriefwechsel nicht hätten an die Oeffcntlichkcit gelangen sollen. Am Mitt woch und Donnerstag setzte der Reichstag die dritte Lesung des Etats fort. Zum Etat des Reichsschatzamtes lag ein von zahlreichen Mit gliedern der beiden conservativen Fractionen und des Centrums unterstützter Antrag der Abgeord neten von Helldorff und von Kardorff vor, welcher dahin ging, „die verbündeten Regierungen zu ersuchen, falls England die Initiative zur Wieder herstellung des Silber« als WährungSmetall ergreift, die Bereitwilligkeit Deutschlands zu einem gemeinsamen Vorgehen mit England auszusprechen." Abg. Graf Mirbach begründete diesen Antrag mit den Bortheilen, welche für die Industrie und -Hie Landwirthschaft aus einer Rehabilitirung des ^Wers^rwäch^m^ürdem'^äch^e^bllndlgen^ Erklärung des Schatzsecretärs von Maltzahn, daß die deutschen Münzverhältnisse schlechterdings keine Veranlassung für eine Veränderung des Standpunktes der Negierungen böten und daß die Frage nur dann erwogen werden könne, wen» das Vorgehen anderer Regierungen hinreichende Bürgschaften für das Aufgcben der jetzt geltenden Währung schaffe, zog Abg. von Kardorff den von ihm mitgestellten Antrag wieder zurück. Auf der Tagesordnung der Freitags-Sitzung stand der Rest des Etats und die Vorlage über die Geschäftssprache in Elsaß-Lothringen. DaS preußische Abgeordnetenhaus verwies am Mitt woch den Gesetzentwurf über die Erhöhung der Krondotation ohne jede Debatte an die Budget commission, welche am Tage darauf gegen die Stimmen der Abgg. Richter und Virchow be schloß, die Vorlage zur Annahme zu empfehlen. Der dem preußischen Abgeordnctenhause von dem Minister der öffentlichen Arbeiten vorgelegte Gesetzentwurf über die Erweiterung und bessere Ausrüstung des Staatseisenbahnnetzes verlangt für die Herstellung von Eisenbahnen 36,248,000 Mk., zur Anlage von zweiten, bez. dritten und vierten Geleisen 13,694,000 Mk., zur Erwerbung der der niederländisch-westfälischen Eiscnbahngesell- schaft gehörenden Bahnstrecken 6,254,251 Mk., zu verschiedenen Bauausführungen und Erweite rungen 527,000 Mk. und zur Beschaffung von Betriebsmitteln für die bereits bestehenden Staats bahnen 50 Mill. Mk., zusammen 156,723,251 Mk., wofür Schuldverschreibungen ausgegeben werden sollen. Die Mitglieder der jetzt in Berlin verweilenden marokkanischen außerordentlichen Ge sandtschaft sind von dem ihnen am kaiserlichen Hofe zu Theil gewordenen glänzenden Empfang ganz überwältigt. Die am Mittwoch erfolgte Auffahrt der marokkanischen Mission bot ein wahrhaft prächtiges und malerisches Schauspiel. Unter Vermeidung jeden Gepränges wurde am 5. d. die Leiche deS österreichischen Kron prinzen in der Kapuzinergruft zu Wien beigesetzt. Die Theilnahme, welche der von diesem Trauer fall so hart betroffenen österreichischen Kaiserfamilie von allen Seiten gezollt wurde, war innigcrgreifend und wohl geeignet, Balsam in die schweren Wunden zu träufeln. Allgemeine Bewunderung erregte die Haltung des seines einzigen geliebten Sohnes so unerwartet beraubten Kaiser Franz Joseph, der sich an den Tröstungen der Religion und an seinem strengen Pflichtgefühl aus seinem tiefen Schmerz emporrichtete und in einem an den Ministerpräsidenten Grafen Taaffe gerichteten Handschreiben mit dem Dank an seine Völker die Versicherung verband, nach wie vor muthig und zuversichtlich auSharren zu wollen in unablässigen Bemühungen um das allgemeine Wohl und die Erhaltung der Segnungen des Friedens. Ein gleiches Manifest des Kaisers wurde auch in Ungarn veröffentlicht und erweckte daselbst den selben sympathischen Wiederhall wie in Oesterreich. Die Bewohnerschaft von Budapest rüstete sich, das dort am 11. d. eingetroffene österreichische Kaiserpaar in ebenso herzlicher al« großartiger Weise zu empfangen. Für da« durch die Miß- Bekanntmachung. Die nächste der Liß» und findet Sei» Ä4. Nachmittags 3 Uhr, im L!»Ii»g«»tvI»r zu «a»tSt»»«I» statt, wozu alle Mitglieder, welche großjährig und im Besitze der bürger ¬ lichen Ehrenrechte sind, eingeladen werden. Tagesordnung: 1) Erhöhung der Beiträge. 2) Vorlegung der Jahresrechnung. 3) Neuwahl der Krankencontroleure. 4) Geschäftliches. Die Präsenzliste wird Punkt 4 Uhr geschlossen. Emil Gnanck, Vorsitzender. ^wbdei^lnze^ner^aragräphc^e^euenWehr'- gesetzes in eine sehr mißliche Lage gerathene ungarische Ministerium Tisza ist das persönliche Erscheinen des Kaisers Franz Joseph in der ungarischen Hauptstadt von unermeßlichem Nutzen, da das Parlament Ungarns gerade in der jetzigen Stimmung kaum eine Vorlage ablehnen wird, auf deren unveränderte Annahme der Monarch den höchsten Werth legt. Das mit dem Prinzen Balduin nach Wien gereiste belgische Königspaar kehrte wieder nach Brüssel zurück, ohne die schwergeprüfte junge Wittwe des Kronprinzen Rudolf mit nach ihrer belgischen Heimath zu nehmen. — Die Arbeiter verhältnisse in Belgien tragen nach wie vor einen sehr unbefriedigenden Character. Am 5. d. M. kam es in Quenast zwischen feiernden Stein bruchsarbeitern und Gendarmen zu einem Zu sammenstoß, wobei zwei Arbeiter tödtlich ver wundet wnrden. Der traurige Zwischenfall ver anlaßte eine Anfrage in der belgischen Repräsen tantenkammer, auf welche der Minister des Innern erwiderte, daß in Quenast die Freiheit der Arbeit bedroht gewesen und die bewaffnete Macht pro- vozirt worden sei. Die eingelcitete Untersuchung werde erst ergeben, wer die Verantwortung für den Zusammenstoß trage. Eine besondere Bedeutung erhielt die Adreß- verhandlung der italienischenDeputirtcnkammer diesmal durch das geschickte Eingreisen des Ministerpräsidenten Crispi in den Gang der Er örterungen. Derselbe benntzte den Anlaß zu einigen inhaltsreichen Bemerkungen über die aus wärtige Politik des Ministeriums, welche zwischen dem Wünschenswerthen und dem Erreichbaren eine scharfe Grenze zogen. „Entwaffnung" und „Friede" sind nach Crispi das wünschenswerthe Ideal — er nannte die Worte sogar „heilig". Als praktischer Staatsmann sagte er sich aber, daß der Friede ohne Waffen gegenwärtig unmög lich ist und gab dieser Ueberzeugung einen der Kammermehrheit so einleuchtenden Ausdruck, daß der von ihm gebilligte Adreßentwurf gegen die alleinigen Stimmen der Radikalen Annahme fand. An die Stelle des aus dem Cabinet Floquet geschiedenen französischen Justizministers Fer- rouillat trat der radikale Deputirte Guyot Dessaigne, der ehemals unter dem Kaiserreich als Staats anwalt in Jssoire und dann als Generaladvocat in Riom wirkte, seine spätere Stellung als Unter suchungsrichter im Seine-Tribunal im Jahre 1880 aber freiwillig aufgab und 1885 von dem De partement Puyde Döme in die Kammer gewählt, sich dort der radikalen Partei anschloß. Sein erstes Auftreten als Minister war ein glückliches. Die Interpellation des Deputirten SaliS über die Verzögerung des ProcesieS gegen Numa Gilly gab ihm Gelegenheit zu der mit Beifall aufge- nommcnen Erklärung, es sei Zeit, daß der Scandal aufhöre; so lange er Minister sei, werde er die Gesetze niemals ungestraft verletzen lassen. SaliS zog darauf seine Interpellation zurück. Der französische Kriegsminister Freycinet verhängte mit lobenSwertbem Muth DiSciplinarsttafe« über den General Riu, der eine von ihm in einer ge schlossenen Gesellschaft gehaltene politisch« Rede. Freitag, den 15., uno Sonnabend, den 16. dieses Monats, werden die Localitäten des unterzeichneten Königlichen Amtsgerichts gereinigt und daher nur dringliche, unaufschiebbare Geschäfte erledigt. Bischofswerda, am 7. Februar 1889. Königliches Amtsgericht. Schmalz. er lüciMe Lrzähker, Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpe« und Umgegend. Amtsblatt der Kgl. Amtshau-tmamischast, der Kgl. Schillitls-ettion u. des Kgl. HauMeueramlcs zu Bmchea, sowie des Kgl. Amtsgerichtes und des Stadttathes zir Bischofswerda. Bestellungen werden bei allen Postanstalten Jaserate, welche in diesem Blatte die weiteste Verbreitung des deutschen Reiches, für Bischofswerda und Umgegend finden, werden bis DienStag und Freitag Wh » Uhr in der Expedition dieseS Blattes angenommen. angenommen u. kostet die dretgespaltene EorpuSzrile 10 Ls., vieruadwiergiafter Jahrgaaa unter „Eingesandt" 20 Ps. Geringster Jnseratenbetrag 2üB«.