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lenk für den vermeintlich „angestammten Herzog", ihren Vater, gehegt, an ihren künftigen Hohen- zollern'fchen Herrscher über. Fünf prächtige Knaben sind aus dieser glück lichen Ehe entsprossen, davon der jüngste Prinz OSlar, erst nachdem sein Vater bereits den .Kaiserthron bestiegen hatte (im September 1888; daher ein „por^k^rogsnitas" d.i.ein „in Purpur geborener" Prinz). Mit freudiger Theilnahme blickt heute das Volk den schönen KönigSkngben nach, wenn sie in Berlin des Nachmittags zu ihrer gewohnten Spazierfahrt die Linden hinunter zum Brandenburger Thor hinaus nach dem Thiergarten fahren und mit ihren frischen Ge sichtern und blanken Augen zu den Wagenfenstern hinausschauen, besonders wenn der älteste Kron prinz Friedrich Wilhelm (geb. 6. Mai 1882), mit gemessenem, militärischen Ernst die Hand an seine Militärmütze legend, die Honneurs der Brandenburger Thorwache erwidert. — Seit 16. October 1886 zum Commandeur des Gardehusarenregiments in Potsdam ernannt, bei welchem er bereits seit vier Jahren Dienst that, hatte Prinz Wilhelm im Marmorpalais dieselbe Wohnung inne, wo er jetzt als Kaiser während des Sommers residirt. Von der Decke des Treppenhauses schwebt ein weitflügelnder Adler hernieder, welchen Kronprinz Rudolf ge schossen und ihm verehrt hat. Die vielen Hirsch geweihe, Hörner von Auerochsen, auch Gems- gehörne, welche die Wände schmücken, zeugen von der Jagdleidenschaft und dem Jagdglück« des Prinzen. Im Vorzimmer steht hochaufgerichtet eine riesige ausgestopfte Bärin, welche der Prinz <1886) von einer Bärenjagd in Rußland bei dem Fürsten Radziwill als Beute heimbrachte. Da es in Rußland Sitte ist, daß, wer die Bärin erlegt, ihre Jungen aufzuziehen hat, so brachte der Prinz von dieser Jagd seinen Söhnen drei lebendige junge Bären als Spielgefährten mit. Auf dem Bornstedter Felde bei Potsdam leitete der Prinz die Hebungen seines Husaren regiments, das in ihm einen ebenso schneidigen mnd energischen Commandeur als wohlwollenden Vorgesetzten verehrte. Wenn er dann auf seinem prächtigen arabischen Schimmel seinen halb in Staub gehüllten, rothschimmernden Schwadronen in sausender Attacke voranflog, dann sah man ihm an, daß er sich recht in seinem Elemente fühlte. Am 27. Januar 1888 wurde Prinz Wilhelm zum Generalmajor und Commandeur der 2. Garde- Jnfanterie-Brigade ernannt. Als er im Früh jahr desselben Jahres seine Brigade auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin excrcirte, da lernten auch seine neuen directen- Untergebenen in ihm -einen strengen Herrn erkennen, der seine Anforde rungen nicht niedrig stellte. Das fühlte auch ein wohlbeleibter Capellmeistcr, der Mühe hatte, Auf dem höckerigen und sandigen Boden im Tact vorwärts zu kommen. „Aber", sagte er, als er in einem Privatgcspräche während einer Pause des von ihm geleiteten NachmittagsconcertS, nach dem er an demselben Vormittage an dem Excrcircn Iheilgenommen, dieses Geständniß ablegte, „unter -einem solchen Herrn kann man ja die Haltung nicht verlieren." Neben seinen militärischen Pflichten verab säumte der Prinz auch die Erfüllung anderer Obliegenheiten nicht, welche ihm zur Vorbereitung lür seinen künftigen hohen Beruf dienen sollte. Nachdem er im Winter 1882 unter Anleitung des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg Staatsministcrs Achenbach sich mit den ver schiedenen Zweigen der Staatsverwaltung ein gehend bekannt gemacht hatte, lernte er im Winter 1886/87 im Auswärtigen Amte den Geschäfts gang der auswärtigen Politik kennen, für deren genialen Leiter, den Reichskanzler Fürsten Bis marck er eine aufrichtige Verehrung hegte. Dabei Irat er. auch dem Sohne des Reichskanzlers, dem Grafen Herbert Bismarck näher, der sich -urch seinen politischen Tact und sein verständ- nißvolles Eingehen auf die Ideen und Pläne seines Vaters bei Ausführung wichtiger Missionen das volle Vertrauen des Prinzen erwarb. Die gewonnenen Kenntnisse bereicherte und vertiefte der Prinz auf verschiedenen Reisen, namentlich mach Wien und Petersburg, sowie nach England. Es ist zu verwundern, wie Prinz Wilhelm -bei einer so vielseitigen Beschäftigung auch die Zeit fand, sein Interesse für die Kunst, nament lich für die Oelmalerei und die Musik zu be- thätigen, wie die von ihm auSgeführten Marine stücke und die von ihm als Protektor dcS Richard Wagner-Vereins von Berlin Potsdam erzielten -Erfolge bezeugen. Es war em herrlicher, durch zahlreiche bild liche Darstellungen veranschaulichter Moment mp» der Geschichte des Hohenzollern'schen Hauses, al» bald nach der Geburt unsere» heutig Kronprinzen der alte Kaiser Wilhelm I., zwischen seinem Sohne und seinem Enkel sitzend, seinen Urenkel vor sich auf den Knien, in seiner Freude über da- Fortblühen seine» Stammes in vier Generationen in die Worte ausbrach: „Hurrah, vier Könige!" — Aber ein solches Glück konnte nicht von Dauer sein. ES kam das verhängniß- volle Jahr 1888, in welchem zuerst Kaiser Wilhelm I., der Gründer des Deutschen Reiches und der treue Führer seines Volke« in Krieg und Frieden, nach Gottes Rathschluß aus dem Zeitlichen abberufen ward. Auch sein Sohn und Nachfolger, Kaiser Friedrich III., lag an schwerer Krankheit danieder. Aber noch standen die Männer, welche jenem bei der Vollendung seines großen Werkes mit Rath und That bei gestanden hatten, zum Tröste deS Volkes in Kraft und Rüstigkeit auf ihrem Posten. Damals sprach Kronprinz Wilhelm am Geburtstage des deutschen Reichskanzlers, den 1. April 1888, bei der Festtafel die folgenden Worte: „Ew. Durchlaucht! Unter den vierzig Jahren, welche Sie soeben erwähnten, ist wohl keines so ernst und schwerwiegend gewesen, als das jetzige: der Kaiser Wilhelm ist heimgegangen, dem Sie 27 Jahre lang treu gedient! Mit Begeisterung jubelt da« Volk seinem jetzigen hohen Herrn zu, der Mitbegründer der Größe unseres Vater landes ist. Ew. Durchlaucht werden ihm wie wir alle mit derselben altdeutschen Mannestreue dienen, wie dem Dahingeschiedenen. Um mich eines militärischen Bildes zu bedienen, so sehe ich unsere jetzige Lage an, wie ein Regiment, das zum Sturm schreitet. Der Regiments- Commandeur ist gefallen, der Nächste im Com- mando reitet, obwohl schwer getroffen, noch kühn voran. Da richten sich die Blicke auf die Fahne, die der Träger hoch emporschwenkt. So halten Ew. Durchlaucht das Reichspanier empor. Möge cs, das ist unser innigster Herzenswunsch, Ihnen noch lange vergönnt sein, in Gemeinschaft mit unserem geliebten und verehrten Kaiser das Reichs banner hochzuhalten. Gott segne und schütze denselben und Ew. Durchlaucht!" Seitdem hat sich die Lage abermals ver ändert, auch der Zweite im Commando ist gefallen, aber tapfer und unerschrocken voll frischen Jugend- muthes und männlicher Thatkraft hat sein Nachfolger das Regiment übernommen und das deutsche Reichsbanner weht noch, von rüstigem Arme getragen, hcllleuchtend ihm zu Häupten, um es mit Gott zu neuem Ruhm und neuen Ehren zu führe» und so rufen wir denn heute an seinem Geburtstag frohen Herzens: „Gott segne «nd schütze Se. Majestät, unser« deutschen Kaiser Wilhelm H. und seinen Canzler und Reichsbannerträger." Deutsches Reich. Dresden, 25. Januar. (Telegramm des sächs. Erzählers.) Se. Majestät König Albert und Se. Königl. Hoheit Prinz Georg begeben sich morgen Sonnabend Nachmittags mittelst Extrazuges über Zossen nach Berlin. Bischofswerda, 24. Januar. In der gestrigen Rathssitzung wurde der Unterförster- candidat und derzeitige stellvertretende Förster allhier, Herr Richard Zimmermann aus Ebersbach, einstimmig zum Rathsförster erwählt, lieber 60 Gesuche um diese Stelle waren ein gegangen. - Schon seit einigen Wochen treten hier unter den Kindern die Masern epidemisch auf, sodaß die zwei unteren Classen der Schule geschlossen werden mußten. — Der hiesige Bc- zirkslehrcrvcrein hielt am 19. d. M. eine Ver sammlung ab, bei welcher Herr Lehrer Hennig aus Neukirch einen Vortrag über „das Spielen der Kinder als SchuldiSciplin" hielt. Referent verbreitete sich zuerst ausführlich über den Nutzen körperlicher Hebungen aller Art im Allgemeinen als unabweisbares Bedürfniß der Kinder der Gegenwart, da Nervenschwäche und andere Zeit krankheiten stark im Zu nehmen begriffen sind, die nur durch körperliche Uebunge» und Spiele im Freien, Spaziergänge in Wald und Flur rc. wirksam bekämpft werden können. Darauf schil derte er den großen Werth solcher Uebunge» und Spiele für Unterricht und Erziehung. Zuletzt bot noch der Vorsitzende, Herr Oberlehrer sm. Ritter Pache, eine Geschichte des sächsischen PestalozzivereinS von seiner Gründung bi» zum Jahre 1848, für eine spätere Versammlung die Fortsetzung zusagend. Das Gebotene wurde mit Beifall ausgenommen. Nach der Versammlung wurde, wie dies schon längst gebräuchlich, eine Sammlung von freiwilligen Beiträgen für den Pestalozzi-Verein veranstaltet. V. Tischofrwerda. Äon einer ^-,-^— lung von besonder» hierzu geladenentzerren au» allen Theilen Sachsen» wurde am vergangenen Dienstag, den 22. Januar, in Dresden ein Landesverein des evangelischen Bundes für da» Königreich Sachsen begründet und zu dessen Vorsitzenden Herr Kirchenrath 8up. sm. Schmalz in Dresden erwählt. Der evangelische Bund bezweckt in erster Linie die Stärkung deS evan gelisch-protestantischen Bewußtseins in den Ge meinden und die gemeinsame Abwehr aller Uebergriffe von Seiten des jetzt in der römischen Kirche nach der Herrschaft strebenden JesuitiSmuS. Der Bund zählt bereits in Deulschland etwa 100,000 Mitglieder. Auch in Sachsen haben sich eine größere Anzahl von Zweigvereinen gebildet, die nun, entsprechend der Organisation deS Bundes, zu einem Landesverein zusammengefaßt worden sind, der seinen Sitz in Dresden hat. Der Oberlausitzer Zweigverein, zu dem auch Bischofswerda gehört, hat feinen Sitz in Zittau und steht unter der Leitung des Herrn k. prim. Schweißer daselbst. Ein Aufruf zum Beitritt zu dem Verein wird erfolgen, sobald derLandeS- vercin die nachgesuchte staatliche Genehmigung erhalten hat. Wie auf politischem, so gilt auch auf kirchlichem Gebiete der Grundsatz: Wer den Frieden will, muß für den Kampf sich rüsten. Die beste Rüstung des evangelischen Christen aber ist die Stärkung seines Glaubens, wie ihn das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit mit den evangelischen Christen in ganz Deutschland gewährt, die in dem evangelischen Bunde ihren Ausdruck gefunden hat. Gewiß werden sich auch unter uns, wie in Zittau, Löbau, Zwickau, Frei berg und anderen Orten, viele evangelische Männer finden, welche das Bedürfniß eines engeren Zu sammenschlusses aller evangelischen Christen em pfinden. Sobald dieses Bedürfniß sich regt, wird auch hier ein Ortsverein deS evangelischen Bundes begründet werden. — 25. Januar. Der Militärverein veran staltet zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm II. am Sonntag, den 27. Januar, Abends */,8 Uhr, in den Sälen des Gasthauses zur goldnen Sonne einen Familien abend. — Die Schützengesellschaft veranstaltet am gleichen Tage in den unteren Räumen des Schützenhauses einen Festcommers. — Wie schon in voriger Nummer mitgetheilt, findet Sonntag Nachmittags 2 Uhr ein Festessen im Gasthaus zur goldnen Sonne statt. — Zcitungsexpeditioncn machen zuweilen die unangenehme Erfahrung, daß Anzeigen auf gegeben werden, in welchen entweder die Unter schrift direkt gefälscht ist, oder bei deren Aufgabe fremde Namen mißbräuchlich genannt werden, ohne daß die Annahmestelle in der Lage ist, selbige auf ihre Echtheit prüfen zu können. Nach einer dieser Tage erfolgten gerichtlichen Ent scheidung ist nun erkannt worden, daß ein An- zeigenbestcllzettel als eine Urkunde im Sinne des Gesetzes zu betrachten ist. Wer also eine ge fälschte Anzeige aufgiebt, macht sich einer Ur kundenfälschung schuldig. So wurde unter Anderem der Aufgeber einer gefälschten Anzeige, der sich mit dieser nur einen Scherz machen wollte, trotz mildernder Umstände wegen Ur kundenfälschung zu 1 Monat Gefängniß ver- urtheilt. — Auch in unserer Geschäftsstelle hat es schon zum Oesteren Veranlassung gegeben, Anzeigen gedachter Art zu beanstanden, trotz der von den Einsendern bezw. Aufgebern er hobenen Einwendung: „'s soll bloß ein schlechter Witz sein!" Ein jedweder derartige Witzbold mag also aus obiger gerichtlichen Entscheidung erkennen, daß das Gesetz auf solchen Spaß nicht eingeht. — In der „Ausstellung für Gas- und Koke verbrauchsgegenstände" zu Dresden werden von jetzt ab bestimmte Vorführungen und Prüfungen zu ge wissen Tageszeiten in folgender Reihenfolge statt finden: Montags 10—12 Uhr: Heizöfen und Koch herde für Koke, Gasmaschinen; 5—7 Uhr: Lampen und Brenner, Messungen derselben. DienStagS, 10—12 Uhr: Gaskochherde. Mittwochs 10—12 Uhr: Kleinere Gaskochbrenner und GaSheiz- apparate; 5—7 Uhr: Plättvorrichtungen mit Gasheizung. Donnerstags 10—12 Uhr: GaS- hcizöfen. Freitags 10—12 Uhr: Warmwasser heizung für Kokefeuerung, Gasmaschinen; 5—7 Uhr: Lampen und Brenner, Messungen derselben. Sonnabends 10—12 Uhr: Badeöfen mit Gas heizung, Druckregula torcn; 5—7 Uhr: Lampen- und Brenner-Messung derselben. — Vom 1. April dieses Jahres ab erhalten sLmmtliche Rückfahrkarten von Stationen der sächsischen GtaatSeisenbahnen nach Stationen der preußischen GtaatSeisenbahnen und umgekehrt, welche bisher 2 Tage giltlg waren, ohne An»-