Volltext Seite (XML)
des Hauptverfahrens gestellt worden, bl Anzeigen wurden an die zuständigen Amtsanwälte und 37 Anzeigen an andere Behörden zur'weiteren straf rechtlichen Verfolgung abgegeben, während in 182 Fällen nach Ermittelung des Sachverhaltes daS Verfahren eingestellt worden ist. DaS hiesige Königl. Landgericht hat in 122 Fällen die Er öffnung des Hauptverfahrens vor dem Schwur gerichte, beziehentlich der Strafkammer und in 116 Fällen die Urberwcisung an die zuständigen Schöffengerichte nach 8 7b des Gerichtsverfassungs gesetzes beschlossen. In 9 Fällen wurden vom Königl. Landgerichte die Angeklagten außer Ver folgung gesetzt und in 6 Fällen ist die beantragte Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden. Hauptverhandlungcn wurden 113 und zwar 8 vor dem Schwurgerichte und 105 vor der Straf kammer gegen 153 Angeklagte abgehalten, von denen 25 zu Zuchthaus (Gesammtstrafe 61 Jahre 9 Monate), 80 zu Gefängniß (Gesammtstrafe 48 Jahre 2 Monate 14 Wochen 6 Tage), 26 zu Geldstrafe verurtheilt, dahingegen 22 frei gesprochen worden sind. Die Staatsanwaltschaft war in 3 Verhandlungen durch Herrn Oberstaats anwalt Petri, in 18 Verhandlungen durch Herrn Staatsanwalt Schaarschmidt, in 33 Verhand lungen durch Herrn Staatsanwalt vr. Leuner, in 43 Verhandlungen durch Herrn Assessor Nagler und in 16 Verhandlungen durch Herrn Assessor Dr. Ginsberg vertreten. Außerdem kamen noch 48 Berufungen gegen schöffengerichtliche Urtheile, darunter 43 unter Mitwirkung der Staatsanwalt schaft, welche in 1 Falle durch Herrn Oberstaats anwalt Petri und in 42 Fällen durch Herrn Staatsanwalt Schaarschmidt vertreten war, zur Verhandlung und ist in 27 Fällen das schöffen gerichtliche Urtheil bestätigt, in 21 Fällen abge ändert worden. — Im verflossenen Jahre sind bei der hiesigen Königl. Staatsanwaltschaft über haupt 2206 Anzeigen über verübte, die land gerichtliche Zuständigkeit begründende Verbrechen und Vergehen eingegangcn, 99 Anträge auf Ein leitung der Voruntersuchung und 841 Anträge auf Eröffnung des Hauptverfahrens bei dem hiesigen Königl. Landgerichte gestellt worden. Das Letztere hat in 417 Fällen die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Schwurgerichte, be ziehentlich der Strafkammer und in 404 Fällen die Ueberweisung an die zuständigen Schöffen gerichte beschlossen. Hauptverhandlungen wurden 377 und zwar 27 vor dem Schwurgerichte und 350 vor der Strafkammer gtgen 485 Angeklagte abgchalten, von denen 91 zu Zuchthausstrafe, 42 zu Geldstrafe und 1 zu einem Verweise vcr- urtheilt, 70 aber freigesprochen worden sind. "."Umschau in der sächs.-preuß. Lausitz und dem Meißner Hochland, 10. Jannar. Durch Feuer wurde vernichtet: das Wintertrocken haus der Neuter'schen Pappfabrik zu Neudorf a. d. Spr. — In Görlitz wurde ein l ljähr. Knabe über fahren und erlitt einen Rippenbruch. — Die 70- jährige Auszüglern, Sommer in Stolpen fand durch Kohlendunst ihren Tod. — Der 11jährige Weidner in Pvrschendorf wurde überfahren und 10 verletzt, daß er nach zwei Tagen starb. — Einer Frau in Leipa mußte eines alten Nebels wegen das eine Bein abgelöst werden. — Der 84jähr. Lehrer Wurmann in Sommerfeld erlitt einen Ober schenkelbruch. — Ein verheiratheter Müllergeselle zu Bobersberg stieß sich ein Messer in die Brust und verletzte sich lebensgefährlich. — Der 8jähr. Vollprecht in Ludwigsdorf fiel die Treppe hinab, brach ein Bein und wurde sonst noch vielfach verletzt. — Der 60jährige Arbeiter Hanisch in Reichenau stürzte in der dortigen Brauerei in den Keller und beschädigte sich so, daß er bald darauf starb. — Ein früherer Schlosser aus Zittau wurde bei Gabel todt aufgefunden. (Man nimmt an, daß er beraubt und erdrosselt worden.) — Der Weber Schubert aus Bensdorf stürzte ins Wasser und brach dabei ein Bein resp. einen Fuß. — Zwischen Liebethal und Ullersdorf sind durch ruchlose Hände eine^anze Reihe von Bäumchen angeschnitten worden. — Die große silberne Medaille „Für Treue in der Arbeit" erhielten: der Schirrmeister Krause und Teichwärter Zähne in Großhennersdorf. — Dem in den Ruhestand getretenen Steuereinnehmer Herrn Wicdemeyer zu Sommerfeld wurde nach 50jähriger Dienst zeit der Titel Ober-Steucr-Controleur verliehen. — Der Militärverein zu Großschönau, welcher 219 Mitglieder zählt, hat ein Vermögen von ! 2733 M. 25 Pf. — In Hochkirch brachten die Collecten im Jahre 1888 ein u. A. für die Mission 471 M. 94 Pf., für den Gustav-Adolf- , KZerein 283 M. 81 Pf., im Ganzen aber 1150 M. i "15 Pf. — Die kirchlichen Collecten der Parochie Ruppersdorf brachten 314 M. 21 Pf. ein; die ° zu Hainewalde 237 M. 52 Pf.; die zu Cunne- avalde 308 M. 18 Pf.; die zu Wilthen über 200 M. — Dsr Hauptgewinn von 25,000 M. fiel bei der 115. Lotterie in die Collection des Herrn Schäfer zu Löbau. — Die Stadt Stolpen ernannte ihren vormaligen Bürgermeister, Herrn Rechtsanwalt Fiebiger, zum Ehrenbürger und ließ ihm daS darauf bezügliche Diplom durch eine Deputation überreichen. — Die BolSbibliothek in Schirgiswalde hat 1267 und die Schüler bibliothek 440 Bände. — Herr Bezirksfeldwebel Rüßler zu Herrnhut feierte sein 40jähr. Dienst jubiläum und erhielt u. A. einen Ehrensäbel. — Herrn Steuereinnehmer Henschke, bisher in Herrn hut, jetzt in Bischofswerda, wurde daS Verdienst kreuz vom AlbrechtSorden verliehen. — Bei der Treibjagd des Reichsgrafen Brühl auf Pförten wurden ca. 650 Hasen erlegt. — Im Standes- amte zu Guben wurde am 30. December v. I. die 1000. Geburt angemeldet. Nach längeren Leiden entschlief in Dresden am 7. d. M. Nachmittags '/<3 Uhr der königl. sächs. Hoforgelbauer Karl Eduard Jehmlich, der in seinem Fach als einer der besten Meister galt und sich in Freiberg durch die treffliche Wieder herstellung der sehr schadhaft gewordenen Orgel der Nicolaikirche ein bleibendes Andenken ge stiftet hat. Dresden, 10. Januar. Gestern Abend gegen 7 Uhr ist ein 4 Jahre alte» Mädchen, welcher in Begleitung seiner 7 Jahre alten Schwester von einer Besorgung auf der Kaiserstraße in die auf der Ludwigstraße gelegene Wohnung der Eltern zurückkehren wollte, obwohl wegen eines herrannahenden Eisenbahnzuges der zur Absper rung der Straße dienende Schlagbaum herab gelassen war, trotz der Ermahnungen der älteren Schwester hinter dem Uebergangswärter hinweg über das Gleis gelaufen, von der Locomotive erfaßt und überfahren worden. Dem Kinde wurden beide Füße abgequetscht. Meißen. Einen recht dummen Scherz machten hiesige Schülerinnen mit einem schon ziemlich großen Schulmädchen, indem sie ihm einredeten, daß man die Engel im Himmel schön singen höre, wenn man einen eisernen Laternen pfahl anlecke. Das Mädchen hat nun zwar nicht gleich diese sonderbare Telephonleitung probirt, konnte aber doch, als eS sich allein sah, der Versuchung nicht widerstehen und leckte mit der Breite ihrer ganzen Zunge einen eisernen Laternenständer kräftig an. Aber, o weh, der „Engelsgesang" schien das Mädchen durchaus nicht zu entzücken, denn kaum hatte sie die Zunge mit dem kalten Eisen in Verbindung gebracht, als sie aus Leibeskräften zu schreien anfing, weil die Zunge natürlich festgefroren war. Mit der Zunge am Laternenständer klebend und laut schreiend stand nun daS arme Mädchen da und mußte sich von den schnell sich ansammelnden Neugierigen in dieser unangenehmen Situation bewundern lassen. Endlich aber löste sich die Zunge wieder ab, doch blieb die äußere Haut leider am Eisen kleben. Die stark blutende Zunge zum Munde heraussteckend und laut heulend eilte das für seine Neugier hart bestrafte Mädchen nach Hause, und dem dabei gefaßten Vorsatz, nie wieder Engelsstimmen hören zu wollen, wird sie wohl auch treu bleiben. Abschiedsscenen haben für gewöhnlich etwas Wehmüthiges an sich. Anders war es bei einer solchen vor einigen Tagen am Bahnhofe zu Freiberg, die viele der Augen- und Ohrenzeugen zur Heiterkeit veranlaßte. Zwei biedere Landleute verabschiedeten sich von ihrem bei den Jägern dienenden Sohne, welcher letztere noch kurz vor Abfahrt seinen gutmüthigen Vater durch eine nicht mißzuverstehende Geberde bewog, etwas baare Münze herauSzurückcn und dafür durch stramme Stellung und Ehrenerweisung dankte, während die Mutter überglücklich und von der militärischen Erscheinung des Sohnes entzückt ausrief: „Nee, aber Roter, wie unser alter Junge fcheene als Suldat aussieht, mer Hot doch seine Freede dran." Leipzig, 8. Januar. (Tuchmeßbericht der „L.Z.") Wenn das Jahr 1889 nicht ungünstiger für das Tuchgcschäft ivird als 1888, io dürfen wohl die Interessenten (Käufer wie Frbrikantcn) zufrieden sein. Im Allgemeinen war das Ge schäft in allen Tuchdistricten ein belebte». Aachen hatte ein Wintergeschäft wie noch nie. Alle dortigen soliden Fabrikanten waren vollauf be schäftigt und hatte» Noth, um allen Anforde rungen für rechtzeitige Lieferung nachzukommen. Auch unsere niederlausitzer Fabrikanten waren mit dem Geschäfte im Jahre 1888 zufrieden; mit Ausnahme von Cottbu», das von dem bösen Sommerwetter noch zu leiden hatte. Die säch sischen Städte Crimmitschau und Werdau ver suchten, der Steigerung ver Wolle entsprechend, einen höheren Preis für ihre Fabrikate zu er langen, verkauften aber schließlich zu alten Preisen. Luckenwalde hatte der Mode zufolge für seine ESkimoS und Velour» ein brillantes Geschäft gehabt und dürfte wohl blo» Weniges auf Lager geblieben sein. Auch für nächsten Sommer hat eS alle Aussicht, eine hübsche Ab nahme für seine Fabrikate zu finden, da Strich- waaren zu Paletot» doch immer wieder sehr begehrt sind. Zur Neujahrsmesse war nur wenig Waare angefahren worden, da die Haupt lieferanten für den Meßverkehr, Forst und Spremberg, ein sehr lebhaftes Geschäft kurz vor der Messe besonders in billigen Strichwaaren gehabt hatten und auch hier jedes Quantum darin verkauft wurde. Fabrikanten, die gute Qualitäten und gediegene Muster Velour» und Strichwaaren arbeiten, fanden auch gern und willig Käufer. Kleine niedliche Carreaus und Streifen werden in letzterem Genre mit Vorliebe genommen. Auch Crimmitschau und Werdau hatten nicht viel Waare zur Messe gebracht, da sie täglich Käufer zu Hause gehabt hatten, die hübsche, gangbare Muster in guter Waare auch willig kauften zu alten Preisen. Großenhain versucht jetzt auch Kammgarne zu verarbeiten, da sie in feiner Waare den Vorzug vor Streich garnen bei der Kundschaft genießen. Recht schöne . Sachen wurden darin offerirt und reichliche Be stellungen für den Herbst ertheilt. Finsterwalde verläßt auch immer mehr seine glatten Tuche und fügt sich mit großem Erfolg der Stofffabri kation an, die ein größeres Feld bietet. Cottbus, Guben, Zeitz haben kein glänzendes Geschäft ge habt, da ihr Haupterfordern'ß, warmer Sommer, für ihre leichten, gefälligen Zwirne gefehlt hat und die Aufträge mangelhaft eingegangen sind. Kamenz, Grünebcrg, Neudamm sind mit dem Geschäft recht zufrieden, da besonders Neudamm durch die Mode begünstigt ist, auch Kamenz in schwarzen CroisSs und Satins den ganzen Win ter flott beschäftigt war. Sorau, Sagan, Schwiebus waren mit Aufträgen von Damen tuchen reichlich für das heimische Geschäft, be sonders Berlin, und für Export, versehen. Kirch berg und Lengefeld mit ihren billigen Tuchen hatten ihr normales Geschäft. In welcher Schnelligkeit bei dunklen kurzen Tagen für viele Millionen Mark Tuche umgesetzt werden zur Leipziger Messe, was für große Bestellungen noch extra ertheilt werden, davon haben der Branche Fernstehende gor keine»« Begriff. Der Strömung folgend werden bald alle Fabrikanten der Wollwaarenindustrie nicht mehr unterlassen, ein paar Tage zur Leipziger Messe zu gehen, wenn anch ohne Waare. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Leipzig nach der Einbezirkung sämmtlicher 23 Vororte bald eine halbe Million Einwohner haben wird, denn das Wachsthum dieser Ortschaften dauert noch immer fort, wie sich am deutlichsten aus der Zunahme der Kinderzahl in den Schulen ergiebt. Leipzig, 10. Januar. Der nach Unter schlagung von Wechseln im Betrage von min destens 70,000 Mk. flüchtig gewordene Procurist des hiesigen Bankhauses Hammer L Schmidt, Hahnemann, wurde in Port Said am Suezcanal mit dem größten Theile deS Geldes verhaftet. Plauen. Bei der hiesigen Stadtcasse sind im Jahre 1888 11,706 dl Doppel- oder Lagerbier und 7282,40 kl Einfachbier als von Auswärts hier ein geführt versteuert und aus dieser Versteuerung 7309,73 M.vereinnahmt worden. 1887wurden ver steuert 10,347,90 dl Lager- und 7645,80 dl Einfachbier und daraus vereinnahmt 6703,11 Mark. Die Einfuhr von Lagerbier ist gegen daS Vorjahr uin 1358,10 dl gestiegen, die Ein fuhr von Einfachbier nm 363,40 dl gefalle», die Einnahme hat sich gegen da» Vorjahr um 600,62 Mark erhöht. Verfassungsgemäß hat in diesem Jahre wiede rum ein Drittel der Mitglieder der 2. Stände kammer auSzuscheidcn und die deshalb erforderlich werdenden LandtagSwahlcn werden voraussichtlich im August zur Ausschreibung gelangen. Was dieser Thatsache aber ganz besonderes Interesse verleiht, ist der Umstand, daß diesinal die Man date einer großen Zahl unserer hervorragendsten Kammermitglieder zur Erledigung kommen. Mit Berücksichtigung eines durch Tod erledigten Mandats macht sich bis zur Stunde die Neu wahl von 28 Abgeordneten erforderlich. ES handelt sich dabei um 17 Sitze der conscrvativen, 3 der nationalliberalen, 6 Her fortschrittlichen und 1 der socialdemokratischen Partei. Dresden hat in drei Bezirken zu wählen und zwar im 2. Bezirk an Stelle de» au-scheidenden Abg. Schulrath Heger (cons.), im 3. Bezirk an Stelle des AkH. Bürgermeister Bönisch (fortschr.) und im 5. Bezirk an Stelle de» zum Bezirksingenieur