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« Bekanntmachung. O «Ms königliche Ministerium de« Innern beabsichtigt im Laufe des künftigen Jahres eine allgemeine polizeiliche derlUmum^ und sowie der und anzuordnen. Die Gewerbtreibenden des hiesigen Bezirks werden hiervon mit der Aufforderung in Kenntlich gesetzt, ihre Maaße, Gewichte u. s. w.,. soweit deren fortdauernde Zulässigkeit im Verkehr zweifelhaft erscheint oder bei denen in Folge des Gebrauchs die Aichstempel nicht mehr erkennbar sind, schon innerhalb der nächsten 3 Monate, also noch var der Revision, dem nächsten Aichamt zur Prüfung bez. Wiederaichung zuzuführen. ES empfiehlt sich dies auch auS dem Grunde, weil erfahrungsgemäß unmittelbar nach Ausführung einer allgemeinen Maaß« und Gewichtsrevision die Aichämter mit Prüfung und Wiederaichung solcher bereits im Verkehr gewesener Aichgegenstände derartig überhäuft werden, daß dieselben erst in längeren, zum Theil mit einer Hemmung de» Gewerbebetriebes verbundenen Fristen zurückgegeben werden können. Außerdem setzen sich diejenigen Gewerbtrsibenden, in deren Geschäftsräumen bei der Revision unrichtige, unzulässige oder ungestempelte Maaße und Gewichte, sowie Waagen und Meßwerkzeuge vorgefunden werden, nach 8 369,, des Reichsstrafgesetzes nicht nur der Einziehung der frag lichen Maaße und Gewichte rc., sondern auch ihrer Bestrafung (mit Geld bis zu 100 Mark oder Haft bis zu 4 Wochen) aus. Königliche Amtshauptmannschaft Bautzen, am 27. December 1888. v. Boxberg. Ostld. Donnerstag, den 3. Januar 1889, von Nachmittags 1Z Uhr an, sollen im Amtsgerichtshofe hier 18 Sack Roggenmehl, 3 Sack Weizenmehl, V/. Sack Kleie, 1 Sack Schwarzmehl und 1 fettes Schweim versteigert werden. Königliches Amtsgericht Bischofswerda, den 29. December 1888. Appolt, Ger.-Vollz. Wir bringen hierdurch in Erinnerung, daß jeder Logiswechsel pünktlich auf hiesiger Polizeiexpedition anzuzeigen ist und daß bei Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 30 Mark kein Bermiether eine« Abmiether eher bei sich aufnehmen darf, als bis letzterer den erforderlichen WohmmaSanmeldeschei« dem Bermiether ausgehändigt hat. Ungleichen ist jeder Dienst- und Arbeitswechsel und jedes neue Dienst- und ArbeitSverhältnist von den betreffenden Dienstherr schaften, Lehrmeistern und Arbeitgebern bei ebenmäßiger Strafe ungesäumt anher anzumelden. Stadtrath Bischofswerda, den 31. December 1888. Sinz. L Hum mmn Fahr! So ging es denn, das alte Jahr, von hinnen Denn im Gedächtniß lebt noch in uns Allen - Lin bitt'rer Winter kam! Und als zu hemmen wo ist ein Äug', das drob die Thräne näßt? Das Schreckensvolle, das es uns gebracht. Des Nordwinds wuth, der holde Lenz erschien, wo ist ein Herz, das sich im Busen drinnen vom Thron herniedersteigend mußten wallen r Da brachen wilde Flüsse aus den Dämmen, Voll Trauer regt, weil jenes uns verläßt? Zwei Kaiser zu des Grabes dunkler Nacht. von seiner Scholle mußt' der Mensch entflieh'n. wir können durch den Abschied nur gewinnen, Ach! Viel der Tage, die uns nicht gefallen Er sah die grimmen Wasser überschwemmen Drum sei willkommen, frohes Neujahrsfest? j Hat sie gebracht die dreifach böse Acht. Sein Land, das ost so herrlich war gedieh'n Das Jahr, so du uns bringst, muß sich gestalten, Ls war, als wollt' nur finst're Nacht sie lenken Und in den tiefen, wildbewegten Fluthen Doch besser als des alten Jahres walten. < Um eine Welt in Trauer zu versenken. ? Sein Hab' und Gut und alle Hoffnung ruhten^ So schien das Glück gesenkt in tiefen Schlummer Und wachend nur das herbe. Mißgeschick. Am Thron, im Volke Sorgen, bitt'rer Kummer Und überall nur thränenvoll der Blick, wir schrieben zitternd eine jede Nummer, Der schwarze Rand er wich nicht mehr zurück. Schwer drückten wahrlich des Chronisten Pflichten, Von diesem letzten Jahre zu berichten. Und jetzt, da dies versunken und begraben, Beut' 89 besfre Tage dar. Nur „frohe Zeitung" solls zu künden haben Dem Einzelnen aus unsrer Leserschaar. Dem Staate, der Familie bring' es Gaben Nur freud'ger Art! Vergeßt denn was da war Und laßt das Jahr, das heut sich will erschließen Uns durch ein frohes „Prosit Neujahr" grüßen! Heinrich Blankenburg. Politische Weltschau. Ein stiller Gottesfriede waltete in dieser Festwoche im ganzen deutschen Reiche und von den Alltagskämpfen, welche von dem politischen Leben unzertrennlich scheinen, war nirgend eine Spur zu entdecken. Die festliche Stimmung konnte durch die Nachrichten von der Aufstellung der Candidatur Boulangers in Paris, von einer neuen russischen Riesenanleihe und von der Un haltbarkeit der Lage, in Serbien nicht ernstlich getrübt werden. Deutschland ist jetzt militärisch so gefestigt und wehrhaft, das; es keine Even tualität der auswärtigen Politik mehr zu fürchte» braucht. Auf dem Gebiete der inneren Politik wird die jetzige friedliche Stille wohl mit den Weihnachtsferien der Parlamente wieder zu Ende gehen. Nach der Wiedereröffnung des deutschen Reichstages am 9. Januar dürfte in Anwesenheit des ReichScanzlerS eine Vorlage über Deutsch- Ostafrika Stoff zu heftigen Auseinandersetzungen geben. Auch im preußischen Landtage, der sich spätestens Mitte Januar in Berlin versammeln wird, sind scharfe Debatten infolge der großen Meinungsverschiedenheiten über die Neuordnung der Landgemeinde-Verfassung zu gewärtigen. Die Weihnachtsartikel der großen deutschen Blätter lieferten diesmal keine politische Ausbeute. Die „Nordd. Allg. Ztg." rühmte das Vermächt- niß des Kaisers Wilhelm I., das Loos der ärmeren Classen zu erleichtern und führte dabei aus, daß die den Staat seitdem beherrschende Idee des praktischen Christenthums sich keines wegs an das Bekenntniß binde, auch außerhalb Deutschlands warme Anhänger gefunden habe und der Leitstern der Neuzeit sein werde, die bemüht sei, Friede auf Erden zu schaffen. Un berührt von der allgemeinen Friedensstimmung, setzte in den letzten Togen die „Köln. Ztg." die Angriffe gegen den britischen Botschafter in Petersburg, Sir Robert Moricr, fort und be zeichnete dessen Berufung auf eine im Jahre 1888 von dem Marschall Bazaine zu seinen Gunsten abgegebene Erklärung als bedeutungslos, da der Marschall früher selbst die Aeußerung gethan, daß die ersten Nachrichten, die er 1870 in Metz über den Vormarsch der deutschen Truppen er halten habe, von dem damaligen Vertreter Eng land» in Darmstadt, Robert Morier, ausgegangen seien. Die „Köln. Ztg." erklärte sich bereit, diese Behauptung durch Zeugenaussagen erhärten zu lassen, so daß die Sache immerhin für den eng lischen Staatsmann eine recht unangenehme Wendung nehmen könnte. Ganz unauffällig, wie etwas ganz Selbstverständliches, erschien am 24. December eine von dem preußischen Kultus minister von Goßler genehmigte Verordnung des Oberpräsidenten von Schleswig, wonach vom 1. April 1889 an in den nordschleswigschen Schulen die deutsche Sprache als Unterrichtssprache ein- zuführcn und eine gewisse Ausnahme hierbei nur im Religions-Unterrichte zulässig ist. Für Posen und Westprcußen erging vor geraumer Zeit eine ähnliche Verordnung und erinnert man sich, welcher Lärm darüber von den Polen erhoben wurde und wie schwere Angriffe deshalb wider den vermeintlich mit der Verordnung einverstan denen Erzbischof Dinder gerichtet waren. Der damalige Widerstand hat den Polen natürlich nichts genützt, da die preußische Staatsregierung in allen Fragen der Schule und der deutschen Sprache mit größter Consequcnz zu Werke geht. Am ersten Weihnachtsfeiertage wurde in der österreichischen Kaiserfamilie ein doppeltes Familienfest begangen, der Geburtstag der Kaiserin Elisabeth und die Verlobung der Erzherzogin Marie Valerie, der jüngsten Tochter des öster reichischen Kaiserpaares, mit dem Erzherzog Franz Salvator, dem zweiten Sohne des Erzherzogs Carl Salvator und Enkel des Großherzogs von Toskana. Der Wehrausschuß des österreichischen Herrenhauses trat unmittelbar nach dem Feste zusammen, um die Berathung der Wehrvorlagc noch während der Neichsrathsfcrien zu erledigen. In der außerordentlichen Session des Landtages von Steiermark, welche am Mittwoch in Graz ihren Anfang nahm, wird über die Umwandlung der Grundentlastungsschnld und der anderen LandcSschuldcn Beschluß gefaßt werden. Die Landtage von Böhmen und Galizien nehmen erst nach Neujahr ihre Arbeiten wieder auf. Der von der äußersten Linken in der italie nischen Dcputirtenkammer noch vor den Ferien gegen den Cvnscilpräsidcnten Crispi in Scene gesetzte Ansturm ist kläglich mißglückt. Das Vertrauensvotum für die Regierung gelangte mit der überwältigenden Mehrheit von 231 gegen 45 Stimmen zur Annahme. Ebenso wurden die militärischen Vorlagen mit großer Stimmen mehrheit genehmigt. Der Deputirte Mancini, welcher im letzten Ministerium Deprctis die aus wärtigen Angelegenheiten Italiens leitete, verstarb am 26. December in der Villa Capodimonte bei Neapel. Der italienische Senat entsandte eine Abordnung zu dem Leichenbegängniß, das am 29. December in feierlicher Weise in Neapel stattfand. Wie alljährlich, fo brachten auch dies mal die Cardinäle am Weihnachtsabend dem Papste ihre Glückwünsche dar und überreichten eine Ergebenheits-Adresse, welche der Cardinal- Bischof Sacconi verlas. Se. Heiligkeit antwor tete zunächst mit herzlichen Dankesworten, ging aber dann zu ziemlich herben politischen Aeuße- rungen über, welche die unerträgliche Lage des Papstes niit bemerkenswcrther Schärfe betonten. Ein Versuch der belgischen Socialisten, die am-24. December von den Behörden Brüssels untersagte Volksversammlung unter freiem Himmel auf dem Canal bei der Brücke von Lacken ab zuhalten , wurde durch die Polizei vereitelt. Später kam es aber noch zwischen der Polizei macht und den socialistischen Demonstranten, die trotz des Verbotes Brüssel mit rother Fahne durchziehen wollten, zu einem ernsteren Hand gemenge, bei dem die Polizisten von der Waffe Gebrauch machten. Gegen 20 Ruhestörer wurden- in Haft genommen. In recht trüber Stimmung verbrachte die Hauptstadt Frankreichs ihr Weihnachtsfest, da der ununterbrochene Regen den Straßenver kehr außerordentlich beeinträchtigte, der von vielen. Wenigbemittelten schwer empfundene Panama- Krach die Freudigkeit Iweiter Kreise empfindlich trübte und die Aufstellung der Candidatur Bou langers in Paris die Aussicht auf neue Unruhen eröffnete. Durch den Tod des Deputirten Hude ist ein Mandat für Paris frei geworden, was Äoulanger in die Nothwendigkeit versetzte, der. Prahlerei seiner Anhänger, die Mehrheit Ser Pariser Bevölkerung halte zum BoulangismuS, Rechnung zu tragen. Im anderen Falle würde er von seinen Gegnern unbedingt der Feigheit, geziehen werden. Seine Wähler des Nord- Departements, meint Boulanger, würden ihm deshalb nicht zürnen, da er ihnen nur versprochen hätte, ihr Vertreter »u bleiben, so lange sich im Seine-Departement keine Vacanz zeige« wüche^