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Amts- Wh Azchebllltt Atonrremerrt »iertelj. 1 M. 2b Pf. einschlteßl. de» „Jllustr. UnterhaltungSbl.* u. der Humor. Beilage .Seifen- blasen* in der Expedition, bei unseren Boten sowie bet allen Reichspostanstalten. relrgr.-Adrrßr: Amtsblatt. für den Syirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. JnsertionspreiS: di« kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fernsprecher tlr. 2M. SS. ------------ 55. Jahrgang. ------- Dienstag, den 3. März LS»8 Wegen Reinigung bleiben die Geschäftsräume für nicht dringliche Angelegenheiten geschlossen. Eibenstock, am 21.-Febmar 1908. Tagesgeschichte. — Deutschland. Der Termin für die Kaiserreise ist in die Zeit vom 20. bis 2b. März festgesetzt, da der Kaiser vorher wegen Erledigung dringender Geschäfte seine Reise nicht wird antreten können. Die von österreichischen Blättern gebrachte Meldung von einer Zusammenkunft Kaiser Wil helms mit Kaiser Franz Josef auf hoher See ist eine Ente. — Der dem Reichstag noch während der Amtszeit des Grafen Posadowsky zugegangene Entwurf zum „kleinen Befähigungsnachweis* trägt den aus den Hand werkerkreisen hervorgegangenen Wünschen, wie auch ver schiedenen Resolutionen des Reichstages aus den Jahren 1905, 1906 und 1907 Rechnung. Auf Grund dieser Anre gungen haben hauptsächlich die 88 1 29 und 133 der Gewerbe ordnung einschneidende Aenderungen erfahren. Erstgenannter Paragraph beschäftigt sich mit den Bestimmungen über die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen, Paragraph 133 Absatz 1 mit der Berechtigung zur Führung des Meister titels. — Abgesehen von den Sozialdemokraten und Polen stehen sämtliche anderen Parteien dem Entwurf wohlwollend gegenüber. Bemerkenswert ist der Umschwung der Ansichten der Freisinnigen, welche früher von keinem auch noch so be scheiden gearteten Ansatz eines „Befähigungsnachweises etwas wissen wollten. Auch jetzt hegen die freisinnigen Redner die Befürchtung, daß der Entwurf nur den ersten Schritt zum „allgemeinen Befähigungsnachweis* bedeute und man deshalb diesen Schritt recht vorsichtig machen müsse. Auf der rechten Seite des Hauses und im Zentrum möchte man im Gegen teil viel weiter eilen, begnügt sich aber mit dieser „vorläufigen Abzahlung oder, wie Abg. v. Malkewitz sich ausdrückte, mit dem „Flicken auf dem Rock". — Das preußische Herrenhaus führte in seiner Donnerstags-Sitzung die Entscheidung über die Ost markenvorlage herbei. Nachdem Justizminister vr. Beseler nochmals den Rechtsstandpunkt erörtert, Finanz minister Frhr. v. Rheinbaben es als erste Aufgabe einer staatserhaltenden Politik, vorbeugend zu wirken, bezeichnet und Fürst Bülow nochmals in warmen Worten unter leb haftem Beifall die Annahme der Vorlage empfohlen und an das stets bewährte nationale Gefühl des Hauses appelliert hatte, wurde zuerst das Amendement v. Wedel-Piesdorf, wo nach von der Enteignung alle Güter, die vor 1886, dem Termin des Inkrafttretens des Ansiedlungsgesetzes, in dem jetzigen Besitz waren, ausgeschlossen sein sollen, und sodann mit 143 gegen 111 Stimmen der Antrag Adickes auf Wie derherstellung der Ostmarkenvorlage in der Fassung des Ab geordnetenhauses und danach die ganze Vorlage angenommen. — Rußland. Petersburg, 28. Februar. Die Petersburger Telegraphen - Agentur meldet: Die in der Presse fortdauernden Gerüchte über das Flottenbau - Programm und die dafür bevorstehende Verausgabung von zwei bis drei Milliarden Rubel entbehren jeder Be gründung. Die Regierung ist tatsächlich mit der Frage des Wiederaufbaues der Flotte beschäftigt, beabsichtigt indessen im Verlause der nächsten Jahre für diesen Zweck blos unge fähr 30 Millionen Rubel ,ährlich zu verausgaben. — Der „Wiener Neuen Freien Presse" ist am 1. ds. spät nachts aus Petersburg die Nachricht zugegangen, daß Stolypin vorgestern seine Demission gegeben habe, die vom Zaren auch angenommen worden sei. Als Grund wird ange geben, daß der Zar den Präsidenten des Verbandes der wahrhaft russischen Leute vr. Dubrowin in Sonderaudienz empfangen und besonders ausgezeichnet babe. In Dubro win verkörpern sich die reaktionären Bestrebungen, sodaß Stolypin, wenn sich die bisher unbestätigte Meldung bewahr heitet, zurückgetreten wäre, weil er für sein Reformprogramm nicht mehr die Zustimmung des Zaren zu besitzen glaubte. — Marokko. General d'Ama de verlangt keine Truppenverstärkungen. Er hält sich für stark genug, die Ma rokkaner zu schlagen und hat die Operationen gegen den Medakrastamm, der den Franzosen so schwere Verluste beigebracht hat, wieder ausgenommen. DaS ist der Inhalt der nach 4tägigem Warten in Paris eingetroffenen Antwort des Oberbefehlshabers in Casablanca auf die An frage der Regierung. Und die französische Regierung hat darauf d'Amade volle Aktionsfreiheit gelassen. Hoffentlich benutzt General d'Amade diese Vollmacht nicht zu einer Aus dehnung seiner Operationen und emem Vorstoß noch weiter in das Innere Marokko». Die Gefahr liegt immerhin vor. Im Hinblick hierauf sowie auf die wuhrscheinlich bevorstehende Entsendung bedeutender Verstärkungen möchten wir darauf Hinweisen, daß Pichon in der französischen Deputiertrnkammer die bündige Erklärung abgegeben bat, Frankreich plane keine Ausdehnung der Operationen in Marolko. — Aus franzö- am 6. und 7. März dieses Jahres Königliches Amtsgericht. stscher Quelle wird weiter berichtet, daß auch die Lage an der marokkanisch-algerischen Grenze bedenklich sei. Nach einem Telegramm aus Paris wird aus Südoran gemeldet, daß die Lage in Tafilet infolge der Treibereien der Sendling- Mulay Hafids bedenklicher sei, als bisher zuge geben wurde. Eine Kolone wurde ausgerüstet, um gegen die Beni Gil vorzugehen, deren Gebiet der Hauptherd der Agitation ist. Man verbreitet in Tafilet Briefe Mulay Hafids, in denen cs heißt: „Ich brauche Euch nicht gegen die Franzosen in Casablanca. Mit denen werde ich schon fertig. Aber greifet die Franzosen im Osten an, nm einen Teil ihrer Streitkräfte abzulenken.* Auch an der algerisch-marokkanischen Grenze beginnen also die Operationen der Franzosen von neuem. — Persien. In Teheran wurden am Freitag nachmittag 3 Uhr vom Dache eines in einer engen Gasse gelegenen Hauses gegen den Schah von Persien, der sich nach Doshantapeh begab, wo er mehrere Tage verweilen wollte, 2 Bomben geschleudert. Die erste explo dierte in der Luft, die zweite erreichte den Boden beim Au tomobil des Schahs, tötete einen Vorreiter und verwundere den Chauffeur und ungefähr 20 andere Personen. Der Schah befand sich nicht in dem Automobil, sondern in einem Wagen, welcher in einiger Entfernung folgte. Der Schah stieg ent setzt aus dem Wagen und begab sich in das nächstgelegene Haus. Einige Augenblicke darauf begab er sich, von einer Wache umgeben, nach dem Palais, wo er unversehrt eintraf. In dem Hause, von dessen Dach die Bombe geschleudert worden war, wurde Haussuchung vorgenommen, ebenso in den Nachbargebäuden. Bisher sind die Nachforschungen nach dem Täter ergebnislos geblieben. — Teheran, 29. Februar. Nach der Bomben-Ex- plosion eröffnete die den Schah begleitende Kavallerieeskorte ein Feuer nach allen Richtungen, durch das zwölf Personen getötet wurden. Es ist Militär bereitgestellt, um bei etwa ausbrechenden Unmhen einzugreifen. — Teheran, 1. März. Gestern Nachmittag wurde ein Attentat auf den früheren Präfekten, den verhaßten Wesir Makfuß, einen Intimus des Schahs verübt. Die Bombe zerriß mehrere Passanten. Wie es heißt, ist eine kürzlich beschlagnahmte Sendung von achtzehn Dynamitpa tronen spurlos verschwunden. — Amerika. Nach einem Telegramm aus Buenos Aires wurde am Freitag abend auf den Präsidenten der Republik Argentinien Alcorta eine Dynamitbombe geschleudert, die jedoch nicht explodierte. Der Präsident kam in seinem Wagen vom Regierungsgebäude und wollte vor seiner Privatwohnung absteigen, als die Bombe geworfen wurde. Der Täter flüchtete, wurde jedoch sofort vom Ad jutanten des Präsidenten und mehreren Polizeibeamten mit drei anderen verdächtigen Personen verhaftet. Er heißt So lano Reji, ist 22 Jahre alt, und Argentinier von Geburt. Der Präsident wartete vor der Tür seiner Privatwohnung, bis der Täter, den er vorher gefragt hatte, wer ihn gedungen habe, abgeführt wurde. Ueber das von der Polizei vorge nommene Verhör wird noch Stillschweigen beobachtet. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 2. März. Gleichwie anderwärts, ist auch in der Nähe unserer Stadt der Versuch mit einer Rodelbahn gemacht worden, und zwar im sog. Graupner- Grund. Auf der etwa 600 Meter langen Strecke herrschte gestern reges Leben. Gegen 200 Personen gaben sich dem herrlichen Vergnügen hin. Auch für die Zuschauer war das Treiben interessant. Schon der Anblick der zu Tal sausenden Schlitten und allerlei Szenen dabei gaben viel Vergnügen. Es freute sich alt und jung. Der Besuch und die Benutzung der Bahn, die ihren Ablaufspunkt nahe dem Mehnert'schen Teich am Nonnenhäuserberg hat, ist dringend zu empfehlen. Die Absicht deS ErzgebirgSzweigvereins, die Bahn im nächsten Winter noch weiter auSzubauen, kann nur mit Freude be grüßt werden. — Eibenstock. Für^das auf dem AuerSberge auf zustellende Fernrohr hat'Herr Max Bauer in Geit hain 150 Mark gestiftet. Wir wollen nicht unterlassen, ge nanntem Herrn, welcher bereits bei der Ausschmückung unse re» neuen Rathauses durch seine hochherzige Stiftung seine treue Anhänglichkeit an die Heimat bewiesen, für dieses er neute Zeichen warmen Gedenkens auch an dieser Stelle auf richtigst zu danken. — Eibenstock. Bei der Fleischbeschau eines hier am 28. Februar geschlachteten und hier aufgezogenen Schwei ne» wurden Finnen in unzähligen Exemplaren gefunden. Die Finnenkrankheit der Schweine ist in Deutschland sehr erheblich zurückgegangen und ist daher der hiesige Befund al» ein äußerst seltener zu bezeichne». Seit der Einführung der Fleischbeschau in unserer Stadt sind Finnen bet Schweinen überhaupt noch nicht gefunden worden. Besonders zahlreich befanden sich die Finnen am Herzen und in der Zunge betr. Schweines. Beide Organe wurden der pathot. anatom. Sammlung des städtischen Schauamtes einverlcibt. Das Muskelfleisch des beanstandeten Schweines wurde als „un genießbar* der Kavillerei übergeben, während das Fett im ausgeschmolzenen Zustande auf der hiesigen Freibank Ver wertung gefunden hat. Der dem Besitzer erwachsene Scha den wurde durch die staatl. Schlachtoiehversicherung gedeckt. Ein größeres Quantum des finnigen Fleisches wurde dem pathol. anatomischen Institut in Dresden als Unterrichts material eingesendet. — Eibenstock. (Kaufmännischer Verein.) Vortrag: Humor in der Musik. Ein auswärtiger be kannter Musikreferent (Plauen) schrieb dieser Tage über Dl. Otto Neitzel, Köln, er habe sich in dem Träger dieses berühmten und vielgenannten Namens insofern getänscht, als er in ihm einen ruhigen, gediegenen, etwas zur Pedan terie geneigten und trockenen Musikgclehrten suchte und da für einen jovialen, zu Scherz und Humor aufgelegten Herrn fand — eine Täuschung, die überall, wo sie eintritt, all eine sehr angenehme empfunden werden wird. Herr I)r. Neitzel sucht zunächst in seinem humorvollen Vortrag sich mit seinen Zuhörern in eine freundschaftliche Verbindung zu setzen, er knüpft Fäden mit seinem Publikum an und führt es daun in der liebenswürdigsten Weise auf angenehmste Art in das Wesen der Kunst ein. Ueber den Humor in der Musik plauderte er in der amüsantesten Weise und am Kla vier zeigte er sich als meisterhafter und geistvoller Pianist. Reicher Beifall lohnte auch hier wie überall den Vortrag, der sich eines sehr guten Besuches, wie immer, erfreuen konnte. Vielleicht sehen wir Herrn I)r. Neitzel fpäter ein mal wieder und hören dann seinen ebenso schönen Vortrag über Strauß' Salome. — Eibenstock. Unsere Vorbildersammlung, in der gegenwärtig eine Auswechselung von Vorbildern statt fand und die sich fortgesetzt eines guten Besuches erfreut, hat auch im letzten Jahre wieder eine Steigerung der Be sucherzahl aufzuweisen Die Benutzung der Bibliothek ist auch eine regere geworden. Viel wird jetzt nach graphischen Vorbilderwerkengearbeitet.diemitunserenJndustrieerzeugnissen, für welche die Neuheiten geschaffen werden, fast in gar keiner Beziehung stehen. Es ist dies ein Beweis dafür, daß es sich bei unserer Vorbildersammlung nicht etwa uni die Fort setzung eines alten Systems handelte, wonach der Industrie durch Musterabonnements nur solche Vorlagen geboten wer den sollen, die ohne viel eignes Hinzutun unmittelbar kopiert werden können, sondern darum, die Fähigkeit allmählig her anzubilden, künstlerische Vorlagen, wie sie zum Beispiel in Werken enthalten sind, in selbständiger Weise für die eigenen Zwecke umzugestalten und neue Gedanken zu erzeugen. Nur in solcher Schaffenswcise liegen die Fortschritte verbürgt, die erstrebenswert sind und erstrebt werden, und nur von diesem Gesichtspunkte aus darf eine solche kunstgewerbliche Sammlung als segensreich für die Industrie bezeichnet werden. — Die sogenannten „Nouvenutös" für die verschiedenen Industriezweige werden schon seit fast einem halben Jahr hundert von Paris nach Deutschland geliefert; es sind dafür Millionen nach Frankreich fleflosseli, ohne daß damit ein ent sprechender Nutzen für die künstlerische Entwickelung und Selbständigkeit der heimischen Industrie erzielt worden ist, allerdings darf man nicht verkennen, daß diese Musterab schnitte insofern einiges Interesse bieten, als sie die Mode richtung der laufenden Saison veranschaulichen. Der weit aus wichtigere Teil unserer Sammlung ist die Bibliothek; sie ist die unerschöpfliche Quelle für immer wieder neue Ge danken und Combinauonen, und sie wird den Stoff umso reichhaltiger spenden, wenn eigne Phantasie und die Fähig keit vorhanden ist, selbständige Ideen zu entwickeln und in die Erscheinung treten zu lassen. Dasselbe wie von der Bibliothek ist auch über den vorbildlichen Wert der in der Sammlung enthaltenen, von künstlerischen Gesichtspunkten ausgewählten und mustergiltigen Erzeugnissen der modernen Textilindustrie zu sagen. — ES geht daraus ohne weiteres hervor, daß für die Wertschätzung und die Benutzung solcher Sammlungen die Persönlichkeit deS Besuchers von unmittel barster Bedeutung ist, und daher diejenigen den größten Nutzen aus den gebotenen Vorbildern ziehen, die entweder selbst zeichnen können, oder den richtigen Blick besitzen, das für sie wertvolle auszuwählen und für die eigenen Zwecke zu übertragen und umzubilden. — Statistisch wurde die Vorbildersammlung in den letzten Jahren wie folgt besucht: 1903/04 306 Besucher, 1904/0» 428 Besucher, 1905 06 1277 Besucher, 1906 07 1420 Besucher, 1907/08 1681 Besucher. Entleihungen zur Benutzung als Vorbilder für die Industrie außer der Anstalt fanden durch Mitglieder des Vogtl.-Erzgeb.