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für den Wrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hanncbohn in Eibenstock. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Insertionspreis: die kleinspaltige Zeile l2 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. /rrnsprcchrr Nr. 2lll. Abonnement viertel;. I M. 25 Pf. einschließl. de» „Illuftr. Unterhaltungsbl" u. der Humor. Beilage »Seifen blasen* in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Irlrgr.-Adrrsie: Amtsblatt. 8». 54. Jahrgang. ------- Dienstag, den 23. Inti LO«S Tagesgeschichte. — Deutschland. Nach den letzten Dispositionen wird der Kaiser auf der Rückkehr von der Nordlandreise am I. August in Swinemünde eintrcffen und dort eine Flotte nbesichtigung vornehmen. — Aus Petersburger Hofkreisen verlautet nach der Wiener Neuen Freien Presse, daß die Zusammenkunft des Deutschen Kaisers mit dem Zaren, deren Programm gegenwärtig ausgearbeitet wird, in den ersten Tagen des September in der Nähe von Danzig auf hoher See stattfinden soll. Den Zaren würden der Hofminister, der Marineminister und ein größeres Gefolge begleiten. — Zu den Gerüchten über neue Reichs st euer» bemerkt die Neue politische Korrespondenz: Mit den erhöhten Anforderungen an den Etat müssen die Einnahmequellen wachsen, und das kann nur durch die Einführung neuer Steuern geschehen. Es sind also in der nächsten Reichstags session neue Sleuervorlagen zu erwarten; worauf diese sich beziehen, ist jedoch unmöglich, schon jetzt festzustellen. Die Anmeldungen zu dem neuen Etat liegen in dem Reichsschatz amt noch gar nicht vor. Auf Grund dieser Anmeldungen allein aber lassen sich die neuern Steuern bearbeiten. Bei der Wichtigkeit dieser Materie beschäftigt sich die Regierung selbst verständlich schon lange mit diesen Arbeiten; aber es ist ein Nonsens, bestimmte Angaben über die voraussichtliche Art der neuen Steuern zur jetzigen Zeit zu bringen. — Frankreich. Die Budgetkommission der französi schen Kammer hat dem Kriegsminister Picquart Kredite in Höhe von 5 Millionen Franken für die Erbauung lenk barer Luftschiffe und für neue Mitrailleusen bewilligt. — Schweiz. Der Verwaltungsrat der schweizerischen Bundesbahnen beschloß die Herstellung eines zweiten Simplontunnels, der als Parallelstollen zu dem bereits bestehenden Tunnel angelegt werden soll. — Serbien. Die halboffiziöse Wiener „Allg. Ztg." erfährt aus diplomatischen Kreisen als Tatsache, daß eine weitverzweigte neue Verschwörung in Serbien besteht, um den König zur Abdankung zu zwingen. Die innere Lage in Serbien ist übrigens trostlos. Die Zahl der Morde, Raub anfälle und Brandstiftungen steigert sich stetig, und die Gen darmerie ist völlig unfähig, der Anarchie im Lande Herr zu werden. Dazu kommt das vollständige Stocken des Handels, die Not unter der dünnen Schicht des serbischen Kleinbürger tums, welchem infolge der exorbitant hohen Zölle die Lebens haltung doppelt erschwert ist. Als dritter schwieriger Punkt kommt die Gärung in der Armee, die sich nicht mehr auf die Kliquen der Verschwörer und Antiverschwörer erstreckt, sondern zu einer ganzen Reihe anderer Spaltungen geführt hat, die durch den eingerissenen die letzten Bande der Ordnung zer setzenden Parteidespotismus nur allzu erklärlich sind. — England. London, 20. Juli. „Tribüne" er fährt, daß gemäß den gegenwärtigen Anordnungen der König am 14. August nach Marienbad abreisen und voraussichtlich am 15. August mit dem Kaiser Wilhelm auf Wilhelmshöhe eine Zusammenkunft haben werde. — Amerika. Zu der angeblichen Entsendung der amerikanischen Schlachtflotte in den Stil len Ozean veröffentlicht die „World" eine halbamtliche Erklärung, in der es heißt, daß Präsident Roosevelt niemals Befehl zur Entsendung der Schlachtflotte nach dem Stillen Ozean gegeben habe und nichts davon wisse, daß überhaupt ein solcher Befehl ergangen sei. Ueber Manöver der Schlacht flotte seien bereits seit einiger Zeit Beratungen gepflogen, die aber in keinem Zusammenhangs mit der japanischen Frage ständen; es sei möglich, daß die Flotte nach dem Stillen Ozean ginge, eine endgültige Bestimmung über den Ort der Manöver sei aber noch nicht getroffen. — Die Londoner „Daily News" meldet aus Washing ton, daß das Marine-Departement eine Bekanntmachung erließ, derzufolge das Schlachtschiff Virginia und die Kreuzer Colorado, Pennsylvania und Westvirginia von der asiatischen Flotte Befehl erhielten, anstatt in die japanischen Gewässer nach den Philipinen zu gehen. — Nach einer telegraphischen Meldung aus New-York fand Sonnabend in dem Orte Salem in Michigan ein Zusammenstoß statt zwischen einem Fracht- und einem Personenzuge, in dem sich 800 Ausflügler befanden. Gegen vierzig Personen wurden getötet und etwa hundert verletzt. — Asien. Aus Söul wird die Abdankung des Kaisers von Korea zugunsten seines Sohnes gemeldet. In dem Erlaß, in dem der Kaiser seine Abdankung kundgibt, drückt er sein Bedauern darüber aus, daß während seiner 44jährigen Regierungszeit nationale Unglücksfälle rasch ein ander gefolgt seien. Das Unglück des Volkes sei jetzt so groß geworden, daß er es an der Zeit erachte, die Krone gemäß dem Brauche der Vorfahren dem Kronprinzen zu übertragen. — Schon seit Jahrhunderten streben die Japaner danach, sich in den Besitz der Halbinsel Korea zu setzen. Blutige Kämpfe wurden deswegen geführt, in denen japanische Er oberer einst ganze Schiffsladungen abgeschnittcner Ohren ge fallener Koreaner und Chinesen nach der Heimat sandten, um daraus den „Ohrenhügel" bei Kioto zu errichten. So erzählt eine japanische Sage. Jetzt endlich ist das Sehnen der Japaner in Erfüllung gegangen. Das, was aufmerksame Beobachter ostasiatischer Fragen schon seit geraumer Zeit haben kommen sehen, ist eingetrelen. Japan hat Korea völlig unter seinen Einfluß gebracht. Denn durch die Abdankung des Kaisers von Korea, Ui höng, ist Korea gänzlich in das Schlepptau der japanischen Politik geraten. Das aber ist nur der erste Schritt, und man wird mit weiteren Maßnahmen der Japaner rechnen müssen. Wenn auch infolge der Ab dankung des Kaisers Yi höng Korea noch nicht seine ganze Selbständigkeit verliert, so wird es doch völlig abhängig von Japan. — Der Thronwechsel hat in Söul zu inneren Un ruhen und zu Blutvergießen geführt. Nach dem Polizeibericht wurden durch aufrührerische Koreaner 25 Ja paner getötet bezw. verwundet. Ferner entwichen koreanische Soldaten, die meuterten, aus den Baracken und griffen eine Polizeistation an; nachdem sie mehrere Salven abgefeuert hatten, zerstreuten sie die Polizisten und begannen dann, durch Pöbel, der sich mit Keulen und Steinen bewaffnet hatte, verstärkt, einzelne Japaner und das japanische Stadt viertel anzugreifen, wohin die Japaner geflüchtet waren, um Schutz zu suchen. Eine japanische Truppenabteilung kam der Polizei zu Hilfe und machte sich an die Verfolgung der Meuterer. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 22. Juli. Das auf Montag den 15. ds. anberaumte, wegen der ungünstigen Witterung verschobene Schauturnen der hies. Schuljugend fand bei zwar windigem, jedoch schönem Wetter am gestrigen Sonntag statt. Nach 2 Uhr zogen die Schüler und Schülerinnen, letztere größtenteils in weiß gekleidet, unter Voranmarsch der Stadt kapelle und in Begleitung der Herren Lehrer durch die Straßen der Stadt nach dem Festplatze. Herr Schuldirektor Petzold hielt daselbst eine Ansprache, in welcher er u. a. erwähnte, daß überall wo die Jugend vereint ist, sie auch des Vater landes und des erhabenen Herrschers gedenken soll; auf beide brachte der Redner zum Schluß seiner Ansprache ein dreifaches „Gut Heil" aus, in welches besonders die Jugend begeistert einstimmte. Sodann marschierten die Mädchen zu den Frei übungen auf. Dieselben wurden unter Leitung des Herrn Oberlehrers Her klotz ausgeführt. Mit Interesse verfolgten die Zuschauer die weiteren Hebungen der Knaben am Barren, Sprungtisch sowie mit Stäben und Keulen, welch' letztere, da besonders exakt ausgeführt, allgemein gefielen. Hierauf traten die Knaben zu den Freiübungen an, die, wie die vorherigen Uebungen, den Beweis brachten, daß die Kinder unter einer tüchtigen Leitung stehen. Ball- und Reigenspiele gaben der Jugend Gelegenheit, sich so recht nach Herzenslust herumzu tummeln. Für die Zuschauer war leider der Aufenthalt auf dem Festplatze nicht gerade angenehm, da ein kalter Wind trotz des herrschenden Sonnenscheines sich empfindlich bemerkbar machte. Während des Umzuges sowohl wie auf dem Festplatze konnte man aus den freudigen Mienen der Kinder lesen, daß dieselben mit Stolz und Eifer bei der Sache waren. Mit diesen Vorführungen hat das Gauturnfest noch einen befriedigenden Abschluß gefunden. — Dresden, 18. Juli. Die Verhaftung eines jungen Amerikaners, der mit seinem Automobil eine Frau überfahren und tödlich verletzt hat, bildet hier immer noch das Tagesgespräch. Es handelt sich um den 18 Jahre alten Studenten Simon aus New-York, dessen Mutter hier auf dem „Weißen Hirsch" zur Erholung weilt. Der junge Amerikaner wollte seine Mutter von Berlin aus besuchen und fuhr deshalb mit seinem Automobil nach Dres den. Auf der Chaussee bei Luckenwalde soll er, wie Augen zeugen berichten, im Zickzack gefahren und dabei eine in Luckenwalde wohnhafte Frau Schulz tödlich verletzt haben. Trotzdem sich die Frau hinter einen Baum zu retten versuchte, wurde sie von dem Wagen erfaßt und in den Chausseegraben geschleudert. Ihr wurde der Brustkorb eingedrückt, außerdem erlitt sie einen Schädel- und einige Beinbrüche. Die Ver letzungen waren so schwere, daß die Bedauernswerte bereits eine Stunde, nachdem sie im Krankenhause untergebracht war, verstarb. Simon setzte seine Fahrt, ohne sich um die Verletzte zu kümmern, fort, doch war seine Automobilnummer notiert worden und die Anzeige über sein rücksichtsloses Verhalten telegraphisch weitergegeben worden. Als das Auto in Dres den ankam, wurde Simon sofort verhaftet und der Königl. Staatsanwaltschaft zugeführt. Trotz der sofort von seiner Mutter eingeleiteten Verhandlungen und trotz einer von ihr angebotenen Kaution in Höhe von 50000 Mk. ist der junge Amerikaner in Haft behalten worden und sieht jedenfalls einer schweren Bestrafung entgegen. Wie man hört, hat sich seine Mutter nach Berlin begeben, wahrscheinlich, um bei dem dortigen amerikanischen Gesandten wegen der Freigabe ihres Sohnes zu intervenieren. Simon soll, wie auch von anderer Seite bestätigt wird, in geradezu rücksichtsloser Weise drauflos gefahren sein. — Dresden, 19. Juli. Das Gardereiterregi ment beging heute die Feier seines 100jährigen Garde-Jubi läums in der festlich geschmückten Kaserne. Die Feier, welcher der König und Prinz Johann Georg in der Uniform des Gardereiterregiments beiwohnten, begann vormittags ' ^0 Uhr mit einer Paradcaufstellung des Regiments zu Pferde auf der Hinteren großen Reitbahn mit anschließendem Parade marsch. Der König gedachte in einer kurzen Ansprache der ruhmreichen Vergangenheit des Regiments. Hierauf folgten reiterliche Darbietungen in historischer Uniform. Das Offiziers korps vereinigte sich im Kasino zu einem Festmahl; für die Mannschaften fand eine Festspeisung statt. — Meißen, 18. Juli. Einen guten Fund machten dieser Tage zwei Heidelbeeren suchende Frauen im Golker Walde bei Löbsal. Sic fanden im Heidelbeerkraute versteckt ein Beutelchen mit Goldstücken. Die Gesamtsumme betrug 1100 Mark. Bald darauf trafen aber an der Fundstelle zwei Damen, welche sich zur Sommerfrische in Diesbar aufhalten, ein und suchten eifrig und ängstlich. Als sie dann die in der Nähe befindlichen Frauen fragten, ob sie Geld gefunden hätten, wurde ihnen natürlich eine bejahende Antwort zuteil, und da sie über die Höhe des Betrages und über die näheren Um stände genaue Auskunft geben konnten, so händigten ihnen die Frauen ohne weiteres den gefundenen Betrag aus, worauf ich die „Damen" mit einem „Danke schön" schleunigst cnt- ernten. Ob sich die Finderinnen mit diesem „Danke" zu- riedcn geben, dürfte zu bezweifeln sein, da ihnen die Ver- ustträgerin bekannt ist. -- Chemnitz, 19. Juli. Der mit verunglückte Feuer wehrmann Scheibe ist dem erlittenen Schädelbruch in letzter Nacht erlegen. — Plauen i. V., 18. Juli. Der Stadtgemeinderat hat heute in einer außerordentlichen Sitzung die Aufhebung der Einrichtung des Stadtgemeinderatcs und der Trenn ung der städtischen Kollegien mit 42 gegen 10 Stimmen beschlossen. Da nach dem Ausfall der letzten Stadtverordnetenwahlen vorauszusehen war, daß der im Juli vorigen Js. von einer Anzahl Stadtverordneten eingebrachte aber abgelehnte Antrag auf Trennung wiederkommen würde, haben der Verfassungsausschuß und der Rat selbst die Ini tiative ergriffen und einen entsprechenden Antrag dem Stadt gemeinderate vorgelegt. Das entsprechend abgeänderte Orts gesetz wurde mit einigen unwesentlichen Aenderungen ein stimmig angenommen. — Schneeberg, 20. Juli. Zum Direktor an der hiesigen Handelsschule wurde an Stelle des verstorbenen Direktors Kreßner von 18 Bewerbern der Lehrer an der Handelsschule zu Annaberg, Herr Guido Berthold gewählt. — Buchholz, 20. Juli. Vor wenigen Monaten ging die Nachricht durch die Zeitungen, daß in der hiesigen Stadt- kasse ein aus früherer Zeit stammendes größeres De fizit entdeckt worden sei. Wie unser gegenwärtiger Herr Bürgermeister Rudolph in einer der letzten Ratssitzungen mit teilte, ist es ihm gelungen, dieses Defizit durch mehrere Mehr einnahmen und Minderausgaben derart zu tilgen, daß voraussichtlich schon im nächsten Jahre wieder mit einem Ueberschuß zu rechnen sein wird. — Die Rekruteneinstellung hat, soweit deren Festsetzung noch vorbehalten ist, nach näherer Anordnung der Generalkommandos in der Zeit vom 8. bis einschließlich 10. Oktober zu erfolgen. — Die Stellung der Mittelstandsverein igung zum neuen Wahlgesetzentwurf. Einer uns zugehenden Mitteilung entnehmen wir folgendes: Der neue Wahlgesetzentwurf wurde in einer Sitzung des geschäfts führenden Ausschusses der Mittelstandsvereinigung im König reich Sachsen einer Würdigung unterzogen. Allgemein war man der Meinung, daß man die Regierungsvorschläge trotz verschiedener Bedenken nicht ohne weiteres von der Hand weisen dürfe. Die Mittelstands-Vereinigung bedauert es, daß die politischen Parteien die Wahlreform unter dem Gesichts punkte beurteilen, ob sie Mandate gewinnen oder verlieren, und daß für sie die Bedürfnisse der Berufsstände, für die doch eigentlich die Parlamente die Gesetze machen, erst in 2. und 3. Linie kommen. Der Vorstand der Vereinigung wird die einzelnen Bestimmungen des Entwurfs in gewissenhafter Weise prüfen und in den nächsten Tagen seine Stellung in einer öffentlichen Erklärung zur allgemeinen Kenntnis bringen. So viel kann schon heute gesagt werden, daß die Mittel stands-Vereinigung keine Sonderoorteile erstrebt, sondern lediglich darnach trachtet, daß die allgemeinen Mittelstands- Interessen, die mit dem Staatswohl und dem Gesamtwohl identisch sind, bei der Wahlreform zu der ihnen gebührenden Anerkennung gelangen. — Welche hohen Anforderungen mitunter an den Spür sinn unserer Postbeamten gestellt werden, und wie diese unverdrossen bemüht sind, auch die weitgehendsten Wünsche des korrespondierenden Publikums zu erfüllen, beweist wieder