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Heimst. Um den verbüßten deutschen Boden nicht zu berühren, hatte sich der Bramarbas auf dem russischen Dampfer „Constantin- eingeschifft, der aus der Fahrt von Kronstadt nach Kopenhagen unweit der Insel GottSka Sandö, nörolich von Gothland, auf Grund gerieth und wrack wurde. Ein nach Lübeck fahrendes Schiff koll, der „Franks. Ztg." zufolge, die Schiffvrüchigen an Bord genommen und in der alten Hansastadt gelandet haben. Herr Döroulsde hat zwar in Deutschland wegen seines als Kriegsgefangener 1870 gebrochenen Ehrenwortes noch etwas auf dem Kerbholze, trotzdem dürfte er, falls sich die Nachricht von seiner Landung auf deutschem Boden bestätigen sollte, von den deutschen Be hörden nichts zu befürchten haben. ES hieße dem Narren zu viel Ehre erweisen, wenn man ihn zum Gegenstand eines möglichen diplomati schen Notenwechsels machen wolle. Die Strafe, 24 Stunden in Deutschland weilen zu müssen, wäre hart genug für den famosen Maulhelden. Niederlande. Rotterdam, 8. Sept. Die hiesigen Socia- listen hatten gestern Abend in einem Bolkskaffeehause eine Festlichkeit für den hier eingetroffenen Socia- listenführer Domela Nieuwenhuis vorbereitet. Als letzterer mit mehreren seiner Anhänger vor dem Kaffeehause erschien, suchte die auf der Straße versammelte große Volksmenge seinen Eintritt zu hindern, so daß die Polizei den Weg erst freimachen mußte. Die Menge griff das Kaffee haus mit Steinwürfen an und riß die an dem selben befindliche rothe Fahne herab, welche auf der Straße verbrannt wurde. Trotz der Be mühungen der Polizei, es zu verhindern, drang die Volksmenge in das Kaffeehaus, welches völlig demolirt wurde. Die Socialisten waren inzwischen aus dem Hause geflüchtet. Die antisocialistischen Kundgebungen dauerten den ganzen Abend fort, erst um Mitternacht gelang es der Polizei, die Ruhe wieder herzustellen. Bulgarien. Vielleicht tritt schon in den nächsten Tagen in der bulgarischen Frage abermals eine Wendung ein. In Pest ist das Gerücht verbreitet, daß Fürst Ferdinand von Bulgarien die Absicht habe, in den nächsten Tagen sein Land wieder zu ver lassen, um auf seinem ungarischen Landsitze Aufent halt zu nehmen, angeblich nur für einige Wochen. Die Bulgaren würden in einer solchen Reise aber nur einen Rückzug sehen, weil der Fürst sich in Sofia nicht mehr halten kann oder will. Tod." — „SM, det Schaffner!" „Bitte um I fernen vermochte, so die Billet», meine Herren!" schnarrt e», und ' dem Gequälten da unten klingt die Stimme wie die Posaune d«S jüngsten Gerichts. Eine Pause, in welcher der Dicke mechanisch das Kupiren der Billets zählt. Da! ES hat sechs Mal geknipst, und der Schaffner sagt: „DaS sind ja sechs BilletS, wo ist denn der sechste Mann?" — „Dem ist nicht gut, der hat sich da unten etwas zur Ruhe gelegt." Und da brachen die Fünf in ein Gelächter aus, das gar nicht enden wollte. Sie hatten eS ja schon allzu lange krampfhaft zurückdrängen müssen. Langsam tauchte nun auch der Dicke auS seiner Versenkung auf, aber in welcher Verfassung! . . . — Königsberg i. Pr., 7. Septbr. Heute Nachmittag stürzte die Decke des Anatomie gebäudes ein, wo eine Etage aufgesetzt wurde. Nach den bisherigen Ermittelungen sind sieben Personen verletzt, wovon drei bereits todt sein sollen. — Oldenburg, 5. September. Stadt und Umgegend wurden hier in die größte Aufregung versetzt durch die Nachricht, daß gestern Abend bei Huntlosen, einer Station der Oldenburg- OSnabrücker Bahnlinie, ein Doppelmord und zwar, wie es heißt, ein Lustmord verübt worden ist. Die muthmaßlichen Thäter sind ein Hilfs wärter der Oldenburger Bahn und ein Schlächter. Die Mörder haben sich zu Opfern zwei kleine Mädchen im Alter von 5 und 6 Jahren, welche zum Kühe hüten aus dem Felde waren, gewählt, von welchen das eine mit aufgeschlitztem Bauch und durchschnittenem Hals und das andere mit abgetrenntem Kopfe vorgefunden wurde. Der Hilfswärter wurde heute Abend bereits dem hies. Gefängniß eingeliefert, während man dem Andern schon auf der Spur sein soll. — Großes Aufsehen erregt in Bielefeld wie der „Köln. Z." geschrieben wird, die Ver haftung eines Diakonen, der gegenwärtig an dem mit den von Bodelschwingh'schen Anstalten ver bundenen Bruderhause seine Probezeit macht. Derselbe ist verdächtig, bei den letzten beiden Feuersbrünsten, von denen die v. Bodelschwingh- schen Anstalten für Epileptische heimgesucht wurden, die Brände angelegt zu haben. Wie es heißt, ist der Mann vor seinem Eintritt in das Dia konenhaus schon wegen Diebstahls bestraft, auch schon einmal wegen Brandstiftung längere Zeit in Untersuchungshaft gewesen. — Folgendes Warnungssignal für deutsche Fabrikanten kommt aus Elberfeld: „Vor einiger Zeit besuchten drei Franzosen als Einkäufer eines Pariser Export- und Commissionshauses den hiesigen Platz und ertheilten bei verschiedenen Seidenwaarenfabrikanten sehr belangreiche Auf träge. Nach eingezogenen Erkundigungen ist die betreffende Firma in Paris völlig unbekannt, ebenso betrafen die gegebenen Referenzen theils im Fallitzustande befindliche und theils feinere Firmen, denen die Verhältnisse des Pariser Hauses gänzlich unbekannt waren. Da es hier ohne Zweifel nur darauf abgesehen war, deutsche Fabrikanten zu beschwindeln, so sei hierdurch vor etwaigen ähnlichen Versuchen gewarnt und zur größten Vorsicht gemahnt." — Lübeck, 7. Septbr. Der Pächter der städtischen Mühlen und Inhaber des größten Mühlengeschäfts in Lübeck und Umgebung, Namens Oltmann, wurde wegen Diebstahls und Ver leitung zur Brandstiftung verhaftet. — Neben falschen Fünfmarkstücken circuliren seit einigen Tagen in Magdeburg auch falsche Zehnpfennigstücke. > — 8 In Züllichau in Schlesien hat der Gerichtsdiener Schwarz seine Frau und ein Kind erschossen, ein anderes Kind und sich selbst lebens gefährlich verletzt. — Der Turnverein zu Fried land in Böhmen feierte das 50jährige Jubiläum seines Bestehens. — Mit 23 Mark in Silbermünzen im Leibe und einem Thalerstück in der Kehle wurde in der Nacht zum Sonntag ein 18 Jahre alter Arbeiter Namens Gast in einer Sanitätswache in Berlin eingeliefcrt. Gast, der in einem Wirthshauskeller der Admiralstraße eine Wette eingegangen war, jedes Geldstück zu verschlucken, hatte bereits 23 Mark in Drei-, Zwei- und Einmarkstücken in seinen Magen verschwinden lassen. Ein Dreimarkstück, das er alsdann noch hinunterschlucken wollte, blieb ihm aber in der Kehle stecken, eS rückte und rührte sich nicht, obgleich er ein Seidel Bier nach dem anderen »achgoß. In der Sanität-wache nahm er selbst einen langen Zollstock und steckte sich denselben wiederholt anderthalb Fuß tief in den Schlund, ohne aber den gewünschten Erfolg zu erzielen. Da man auch Seiten« der Sanität»- wachcnangestellten da« Thalerstück nicht zu ent- führung de» „Künstler«" nach dem Krankenhau se. Dort erklärte plötzlich der Patient, daß eS ihm soeben gelungen, auch das stecken gebliebene Drei markstück „hinunterznkriegen" und er entfernte sich mit kurzem Gruße eilendst. — Am 5. d. M. erschoß in Berlin die? Schildwache der Gardepioniere bei den Schanzen einen Arbeiter, welcher den Posten trotz wieder holter Warnung provozirte. — Die Gewohnheit, Obstreste auf Trottoirs und Straßenübergänge, Treppen, Stufen und in Hausflure zu werfen, hat schon manchs Unglück: herbeigeführt. Dieser Tage hat sich wieder in Zeitz eine alte Frau, welche auf einem dahin geworfenen Obstreste auSglitt und niederstürzte» den Arm ausgefallen. ES kann nicht dringend' genug empfohlen werden, das Auswerfen solcher Reste an bezeichneten Stellen zu unterlassen. — In BarbacS bei Oedenburg ist anr Sonntag eine Feuersbrunst ausgebrochen, wobei dreißig Häuser, viele Wirtschaftsgebäude un5 die katholische Kirche ein Raub der Flammen: wurden. — Auf eine grauenerregende Weise tödtete kürzlich in Kiebingen (schwäbische Alp) eine Frau ihre neunjährige Stieftochter. Das Kind war ihr seit ihrer Verheirathung ein Dorn im? Auge, sie mißhandelte es bei jeder Gelegenheit» bis sie sich am 3. d. M. desselben ganz entledigte- Wegen irgend eines geringfügigen Versehens der Kleinen gerieth sie in solche Wuth, daß sie die selbe mit einem Holzprügel niederschlug und sich dann an den Qualen ihres Opfers weidete. Da aber der Tod ihr offenbar nicht rasch genug eintrat, oder auch um den Verdacht von sich abzulenken, übergoß sie das in den Todeszuckungen liegende unglückliche Kind noch mit Petroleum und setzte dieses in Brand. — Aus Lemberg, 5. Sept., wird gemeldet: Die Gemeinde Uherce (Bez. Rudki) ist gänzlich abgebrannt, über 200 Insassen sind obdachlos; auch ein Menschenleben wird beklagt. — Aus Keszthely in Ungarn wird unter dem 3. d. M. geschrieben: „In dem von hiev anderthalb Stunden entfernt liegenden Dorfe Zalamar wüthete gestern Nachmittags ein ver heerender Brand, dem 60 Gebäude, darunter 3L Wohnhäuser, und alleindenselbenuntergebrachten. Frucht- und Futtervorräthe zum Opfer fielen. Der Schäden wird annähernd auf 20,000 fl. veranschlagt, dürste jedoch weit mehr betragen. — Der nördliche Theil Veszprims in Ungarn wurde am 4. d. durch eine Feuersbrunst ver nichtet. Mehr als 200 Gebäude sind eingeäschert.. Leider sind auch mehrere Menschenleben zu be klagen. Eine alte kranke Frau und zwei kleine Kinder wurden verkohlt aufgefunden, und noch werden mehrere Kinder vermißt, die gewiß eben-- falls dem Brande zum Opfer gefallen sind. — Aus dem italienischen Manöverterrain wird gemeldet, daß dieser Tage bei einem 6stün- digen Marsch infolge der großen Hitze 200- Soldaten ohnmächtig wurden und 70 krank in's- Lazareth geschafft werden mußten. Von letzteren: starben zwei. — In der Provinz Pistoja kam. in kurzer Reihenfolge der 18. Straßenraub vor, ohne daß es der Behörde gelang, die organisirte Räuberbande auszuheben. — London. Die Details, welche über den? am 5. dss. stattgehabten Theaterbrand in Exeter bekannt werden, sind geradezu haarsträubender Natur. Das Feuer brach, Anfangs von dem Publikum unbemerkt, aus der Bühne aus, und da der Vorhang alsogleich niederging, verflossen einige Minuten, ohne daß Jemand an Rettung dachte. Aber bald erscholl Feuerlärm; Flammen schossen hervor und nun entstand eine furchtbare Panik in dem allenthalben dicht gefüllten Theater. Alles eilte nach den Ausgängen. Die Flammen griffen mit rasender Schnelligkeit um sich. Dein Publikum im Parquet, im Parterre und ersten Range gelang eS, rechtzeitig das brennende Ge bäude zu verlassen, obwohl in dem schrecklichen Gedränge viele Personen Verletzungen davontrugen. Schlimmer erging eS dem Publikum auf der Galerie, die nur einen einzigen AuSgang hatte- Die Folge davon war ein entsetzlicher Verlust? von Menschenleben. Bis Mitternacht waren 130 Leichen aus diesem Thrile des Theaters geschafft? und 23 Verwundete nach dem Hospital gebracht,! wo drei derselben sofort verstorben. Die Zahl der Todten dürfte 200 erreichen. DaS Theater ist gänzlich ausgebrannt. Da« Theaterpersonalwurde- mit genauer Noth gerettet. Bor Ankunft der Rettungsleitern war da» Schauspiel ein grausige». Biele Insassin der Galerie hatten sich ans di« Balkon» geflüchtet; Manche, darunter-Annm» sprangen auf di« Straß« auf das brennende Dach, da» MMjW Vermischtes. — Eine heitere Jagdgeschichte, die indeß schon in ähnlicher Weise vor Jahren .... in den Fliegenden Blättern passirt ist, macht jetzt in neuer, zeitgemäßer Ausstattung wiederumdie Runde. Sie ist jedoch so hübsch, daß sie selbst Denjenigen Vergnügen bereiten wird, die in ihr den alten Bekannten wiedererkennen, und darum wollen auch wir sie weiter erzählen: Sechs Nimrodsjünger zogen dieser Tage auf die Hühnerjagd aus. Einer derselben, ein Mann von besonderer Gewichtigkeit, pustet auf dem Wege zum Bahnhof immer hinter drein; bei seiner Dicke pflegt er stets etwas zurück zubleiben, namentlich wenn das Portemonnaie herausgezogen werden soll. Keuchend erreicht er auf dem Bahnhofe die Genossen, einer derselben hat selbstredend schon die Billets gelöst, und hinein in's Coupee lootst sich der Dicke, zwei Plätze für sich allein belegend. Der Zug stöhnt. „Uff", stöhnt der Dicke, „werhat denn unsere Billets?" „Unsere?" tönt eS dagegen; „ich habe nur fünf, ich glaubte, Du hättest schon ein Billet gelöst." Da saß der Drückbruder, es wurde ihm noch heißer als vor her, der Schweiß perlte ihm auf der glänzenden Stirn und lief in großen Tropfen auf die Wäng- lein herab. Ein Held ist er eigentlich nicht, und vor dem Protocolliren, Strafezahlen und was damit zufammenhängt hat er gewaltige Angst. Am liebsten möchte er sich vor dem Schaffner verstecken, und suchend gleiten die Augen durch das Coupee. „Da hilft nichts", meinen die tbeilnehmendeu Freunde, „Du mußt unter die Bank". Und von deu Fünfen geschoben, gestoßen und geknetet, lag der Koloß in der nächsten Minute auf dem Boden, sich krümmend wie ein Igel. Das war eine fürchterliche Viertelstunde, die nun folgte. Alle Augenblicke trampeln die Füße der Freunde recht unsanft auf seinen Gliedmaßen herum, und dabei heißt es immer: „Duck Dich, der Schaffner kommt! Zieh' die Beine mehr ei», man steht Dich! Pst, Du schnaubst ja lauter al« die Lokomotive." Und unter der B«ck her klagt'S in Jammer- jönrn: „DaS halt ich nicht au», da» ist mein