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Vermischtes. — Fürst Bismarck wird am zweiten kommenden Monats in Kissingen erwartet. — Die fort geschriebene Bevölkerungszahl Berlins betrug für den 26. Juni: 1,385,991 gleich 663 mehr als am 19. Juni. In der BerichtSwochc vom 26. Juni bis 2. Juli sind 2011 Personen zu gezogen, 2212 weggezogen. - Der „Nat.-Ztg." zufolge verhaftete die Berliner Polizei in der Nacht zum Sonntag das aus sieben Personen bestehende socialistische Centralcomitce, welches die Spitze der geheimen Organisation bildete. ES organisirte die Ver breitung von Flugblättern und bildete eine Art Ucberwachungscomitee über die socialdemokratischcn Abgeordneten. In dasselbe wurden nur solche Socialdemokratcn gewählt, die bisher in der Oeffentlichkeit absolut nicht hervorgetretcn waren. — In einem Hause der Brüderstraße in Berlin stürzte sich am Sonnabend der Oberst lieutenant a. D. von Sch. aus ' dem Fenster seines im dritten Stock belegenen Schlafzimmers auf den gepflasterten Hof hinab und blieb auf der Stelle todt. Anscheinend hat Sch. die That in einem Anfalle von Geistesgestörtheit ausgeführt. - (Der Fluch des Zuhausebleibens.) Frau H. in Berlin, eine Dame der besten Ge sellschaft, hatte in diesem Jahre den Muth gehabt, der herrschenden Rcisemode zu trotzen und, während an der Ostsee nnd in den Bergen Alles überfüllt ist, ruhig in Berlin in ihrer kühlen, behaglichen Wohnung zu bleiben. Sie war hierauf nicht wenig stolz und dünkte sich weiser, als ihre sämmtlichen in der Ferne weilenden und dort mit Unbequemlichkeiten aller Art kämpfenden Freundinnen. Neulich geht sie auf den Markt, um zu Einmachezwecken einen größeren Posten Erdbeeren und dergleichen einzukauscn. Sie tritt an den Stand einer Obsthändlern«, kann aber, mit ihr nicht Handelseins werden. Als letztere sieht, daß aus dem Geschäft nichts zu werden scheint und die Käuferin sich schon anschickt, weiter zu gehen, erhebt sie ihre holde Stimme und ruft weithin hörbar: „Na ja, natürlich, dat is Ihnen zu dheicr; hab ick mir jedacht! Hätt' ick Ihnen jleich an die Nase anschcn können. Denn wat kann an Ihnen d'ran sein, wenn Sic jetzt nich mal verreist sind. - - * Herr Lehrer Cantor Nikisch zuWürgs- dorf bei Bolkenhain feierte sein 50jährigcs Amts und Ortöjubiläum. — Zu Giehren i. Schl, wurde Pastor Urim. Fricke mit seiner jungen Frau festlich cingcholt und feierlich cingcwiescn. — Für den neuen Thurm der evangelischen Kirche zu Jordansmühl bei Nimptsch wurden 3 neue Glocken geschafft und eingeweiht. — Das goldene Ehejubiläum feierten: Herr Baron v. Rosen in Neudorf a. Gr.; Herr Schneidermeister Berner zu Harpersdorf bei Goldberg und Herr Weber Hartig in Gebhardsdorf. — In Penkendorf bei Schweidnitz vernichtete ein Feuer das Wohnhaus des Häuslers Wilde, wobei die 21jährige Tochter ihr Leben verlor. — Der 70jährige Kaufmann Strehlitz in Tremesscn (Preußen) wurde in seiner Wohnung ermordet. — In dem Dorfe Terpc, Kreis Sprcmberg, brannten 5 Gehöfte vollständig nieder. — Breslau, 14. Juli. Hier ist ein Be trüger - Consortium zur Haft gebracht worden. Der ehemalige Gutsbesitzers Fr. Reichelt und der ehemalige Oeconom Hermann Müller, Beide schon bestraft, hatten sich vereinigt, um ohne jegliche Geldmittel Güterkäufc abzuschließen und die Ver käufer dann zum Zurücktretcn von dem Verkaufe Tage die Notiz, daß die neuen Nickel-Zwanzig pfennigstücke, weil sie sich nicht bewährt hätten, wieder eingezogen werden sollten. Ein Görlitzer Münzforscher hat sich mit einer darauf bezüg lichen Anfrage nach Berlin gewandt und von zuständiger Seite die Mittheilung erhalten, daß zene Nachricht durchaus unbegründet ist. Die Legirung der Zwanzig-Pfennigstücke ist dieselbe, wie die der Fünf- und Zehnpfennigstücke, so daß ein Schwarzwerden durchaus nicht zu befürchten ist. Der Ausschuß der deutschen Turnerschaft hat zum Deutschen Turnertag, der am 19. und 20. Juli in Coburg zusammentritt, folgenden Antrag eiugebracht: „Es sei das Grundgesetz dahin zu ändern, daß Turnvereine, welche den Frieden in der Turnerschaft, den Kreisen oder Gauen störe», dem Grundgesetz sich nicht unter werfen oder den guten Ruf der Turnsache in sittlicher und nationaler Beziehung, sowie durch Einmischen von Zwecken, die der Turnsache fremd sind, schädigen, vom Ausschuß der Deutschen Turnerschaft auf Antrag des Kreises mit der anwesenden Mitglieder aus der deutschen Turner schaft ausgeschlossen werden können." dürften nur wenige gekommen sein. Die Ge- sangSaufführungen waren durchgängig sehr gute. DaS Concert währte bis gegen 8 Uhr, die Ge- sangeSvorträg« der einzelnen Vereine überspannen sich einem Sängerkriege gleich bis in die späte Nacht fort. Elstra, 15. Juli. Heut« ist am LeipSberge ein Hirsch (ein ungerader 8-Ender) vom Wald aufseher Berndt aus Rauschwitz erlegt und ein anderer Hirsch (12-Ender) angeschossen worden. Ersterer wog über 150 Pfund. Am 14. Juli stürzte das 3jährige Söhnchen des TagearbeiterS Carl August Kreische in Reichen bach bei Kamenz in einem unbewachten Augen blick in den Pulsnitzbach und fand dabei seinen Tod. Nach weiteren Meldungen aus Neustadt bei Stolpen wurde bei der in der Ernst Knecht- schen Wohnung von Seiten des Amtsgerichts vorgenommenen Aussuchung die Uhr des zu Langburkersdorf ermordeten Pietschmann aufge funden. Die Handels- und Gewerbekammer in Dresden hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, die Ab zahlungsbazare gleich den Pfandleihgeschäften unter behördliche Controlle zu stellen. Die Kgl. Altersrentenbank in Dresden (Altstadt, Landhausstraße 16, im Landhaus) läßt auch in dem Ergebniß des verflossenen Monats Juni an 620 Einlagen mit 370,563 M. eine fortdauernde steigende Benutzung ihrer Einrichtungen erkennen, denn gegen den gleichen Monat des Vorjahrs, welcher 556 Einlagen im Betrage von 365,931 M. aufwies, beträgt die Zunahme nahezu 12 "/<> der Einlagen. Zu dem erst angegebenen Resultate hat, wie bisher immer, die Stadt Dresden das verhältnißmäßig Meiste, nämlich 132,592 M., beigetragen, dann folgt mit 52,056 M. die Amtshauptmannschaft Zwickau, mit 48,184 M. die Stadt Leipzig, mit 47,582 M. die Amtshauptmannschast Dresden- Neustadt und mit 12,108 M. die Amtshaupt mannschaft Döbeln, während der Rest sich auf die übrigen Verwaltungsbezirke und die Stadt Chemnitz vertheilt. Die hohen Einzahlungsbeträge aus den vorgenannten 3 Amtshauptmannschaften legen erfreuliches Zeugniß dafür ab, daß auch außerhalb der großen Städte unseres Landes der Altersrentenbank immer mehr Freunde ent stehen. Von Bienen getödtet wurde in Klotzsche bei Dresden unlängst ein Imker. Die schwärmenden Thiere haben ihn tatsächlich zu Tode gestochen! Für ca. 70,000 Thaler verfallene Coupons und Cassenscheine sind vor einigen Tagen an den Cassen einiger Bankinstitute in Leipzig präsentirt worden, deren Honorirung selbst verständlich verweigert wurde. Dieselben entstammen angeblich dem Nachlasse einer vor einiger Zeit verstorbenen Dame. Ein schweres Unglück hat den Chemnitzer- Schutzmann Pavel betroffen. Durch Krankheit in der Familie und schwere Sorgen lange nieder gedrückt, hatte er mit Frau und Kindern den Ort Ober-Oppach aufgesucht, um sich und den Seinen etwas Erholung zu gönnen und hier entriß ihm der Diphtheritis innerhalb vier Tagen seine drei Kinder im Alter von 3, 4 und 5 Jahren. Am Donnerstag entlud sich während der Abendstunden über Zwickau und Umgebung ein bedeutendes, mehrere Unglücksfälle im Gefolge führendes Gewitter. So wurde im Stadtbezirk Zwickau abseits der Reichenbacher Straße von fünf Personen, welche vor dem nicderströmendcn Regen Schutz in einer kleinen hölzernen Hütte gesucht hatten, durch niedergehenden Blitz eine Frau sofort getödtet, eine zweite am Rücken arg verbrannt, die drei übrigen dagegen nur leicht betäubt. Auf Marienthaler Flur bei Zwickau ist am Abend des 14. d. die 27jährigc Bergarbeiters- Ehefrau Hartitzsch und auf einem Felde zu Neu mark zu derselben Zeit die Ehefrau Schmidt sammt ihrem Kinde vom Blitze getroffen und getödtet worden. In Zöblitz ist der durch seine Erdbcbenthcoric in weiten Kreisen bekannt gewordene Astronom Falb als Sommerfrischler angemeldet worden und dürfte derselbe schon nächster Tage dort eintreffen. Da werden die Leute dort nun immer das Wetter ganz genau vorherwissen! In der Gegend von Langenbach im Vogt lande ist in voriger Woche auf einigen tiefgelegenen Feldern das Kartoffelkraut erfroren. Straßgräbchen, 13. Juli. Gestern Morgen hatte Herr Gastwirth Max Schneider besonderes Jagdglück, indem es ihm gelang, unweit der Ziegelei einen stattlichen Hirsch zu erlegen. Durch eine Reihe von Blättern ging dieser zu veranlassen, indem die Letzteren durch Helfers-- Helfer vor den Käufern gewarnt wurden. Die- Verkäufer zahlten, um sich vor größerem Schadeir- zu bewahren, dann ein Abstandsgeld, in welches sich Reichelt, Müller und Genossen theilten. Mit den beiden Erstgenannten sind auch die Com- missionäre Franz Bartsch und LaSkowitz, Kreis Ohlau, und Julius Langwitz auS OHlau verhaftet worden, da sie bei jenen Geschäften eine wesent liche Rolle spielten. — Das Pfandhaus zu Frankfurt mußte letzten Sonnabend geschlossen werden, nachdem es an einem Tage für 40,000 Mark Pfänder ab gelehnt hatte! ! — Essen a. d. Ruhr, 18. Juli. Heute Vormittag fand das Begräbniß des Geheimen Commerzienraths Alfred Krupp unter Betheiligung, der hervorragendsten Industriellen der Rhein provinz und Westfalens statt. Im Auftrage des Kaisers war Prinz Neuß zur Theilnahme an der Trauerfeierlichkeit erschienen. — Von der „alten Burschenherrlichkeit" bröckelt ein Stückchen nach dem andern ab. Jetzt soll^ o Jammer, der vielumstrittene Frühschoppen wirklich mit aller Schärfe des Gesetzes aus gemerzt werden. In Kiel beschied, nach der „Kieler Ztg.", der Rector der dortigen Universität kürzlich die Vertreter der farbentragenden Verbindungen zu sich und theilte denselben mit,, es sei eine Verfügung vom Ministerium ein getroffen, wonach fortan das Abhalten von officiellen Frühschoppen untersagt sei. — Windt- horst, der Gegner des Frühschoppens, wird zu frieden sein. — In Dassel (Prov. Hannover) herrscht der Typhus in so schrecklicher Weise, daß ein Achtel der Einwohnerschaft (200 Personen von 1600 Einwohnern) an der Seuche erkrankt ist. Todesfälle sind bis jetzt fünf gemeldet. Da die Aerztc in Dassel selbst erkrankt waren, sind aus Göttingen Acrzte und barmherzige Schwestern cingetroffen. — Schmölln, 14. Juli. Erst vor zwei Wochen wurde auf der Strecke der Glauchau-Geraer Eisenbahn bei Großstöbnitz ein Kind überfahren, das sich auf die Schienen gesetzt hatte, und schon heute haben wir hier einen ganz ähnlichen Fall erlebt. Das zweijährige Mädchen des Maurers Gör»er befand sich auf dem Geleise, als der Mittagszug von Gera heranbrauste. Im Aus weichen begriffen, wurde cs von der Locomotive erfaßt und ihm der eine Arm abgefahren. An der schweren Verletzung starb das Kind bald darauf. — Der wegen Beleidigung Bülow's anläßlich der bekannten Prager Vorgänge zn 100 Mk. Geld strafe vcrurtheilte Rcdacteur Goscwitsch der „Hess. Morgenztg." bat ein Gnadengesuch an den Kaiser gerichtet, demzufolge die Strafe auf 15 und die Kosten auf 5 Mk. ermäßigt worden sind. — Ein biederer Ostthüringer, welcher soeben bei dein 72. Regiments in Torgau eine 12tägige Uebung als Reservist mitgemacht hat, erzählt folgendes drollige Schießstandsvorkommniß: Ein Pechvogel von einem Reservisten, mit dem nicht ganz gewöhnlichen Namen „Schinder" benannt, hat seine 5 Patronen auf die Scheibe verschossen und diese auch nicht einmal getroffen. Bekannt lich hat jeder Soldat das Ergebniß seiner Schüsse zu melden. Nach seiner ungewöhnlichen Leistung faßt denn Schinder auch sein Gewehr an und macht dem diensthabenden Offizier stramm die Meldung: „Reservist Schinder, mit 5 Patronen die Scheibe — nicht beschädigt!" — Ein Reservist aus Olpe, der bei der Gestellung zur Uebung den Bezirkscommandeur thätlich angegriffen hatte, wurde vom Kriegs gerichts zu 4 Jahren 1 Monat Festung verurtheilt. — In einer Fabrik von Grottacalda er folgte eine Kesselcxplosion, welche das ganze Fabrikgebäude zerstörte und vierzehn Personen um's Leben brachte. — I» Oberelsbach in Franken wurden durch Feuer 200 Gebäude in Asche gelegt. Nur wenige waren versichert. — Beim Ueberschreiten eines über den Niagara gespannten Drahtseils hat der amerikanische Seiltänzer Pier den Tod gefunden. Der vierzig jährige Mann, der den Weg schon öfter zurück gelegt hatte, war berauscht und stürzte infolge dessen in die Tiefe. — In der münsterländischen Stadt Beckum sind die Bäcker zusammengekommen, um eine Er höhung der Backwaarenpreise wegen — der neuen Branntweinsteuer zu beschließen. Als Grund wird angeführt, daß die Hefepreise gestiegen seien, angeblich um 75 Proz. Letzteres dürste wohl kaum richtig sein, und ist zu bewundern, was doch alles auf den Rücken der Branntweinsteuer- Erhöhung gepackt wird. Die ältesten Leute werden sich nicht zu erinnern wissen, daß infolge^