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".-der Regierung-^ lud sind mehrere italienische Soldaten gedödtet und zahlreiche Mannschaften verwundet worden, doch steht noch nicht fest, ob ein Zufall oder eine verbrecherische Hand die Ursache diese- Unglücks war. Das milltärische Ehrengericht, welches mit der Prüfung der Anklage gegen den General Genö, den Vorgänger Salettas, betraut war, stellte diesem früheren Leiter der Massauah- Expcdition das Zeugniß ehrenhaftester Pflicht erfüllung aus. Nach dem westlichen „Wetterwinkel", wie man jetzt Frankreich häufig bezeichnet, war in den letzten Tagen die Aufmerksamkeit der ganzen Welt gerichtet, der es fast ausnahmslos Be friedigung gewährte, daß sich das Cabinet Rouvier der Schwierigkeit der Lage gewachsen zeigte. Mit deutlichem Hinweis auf die letzten Boulanger- Scandale bezeichnete es der Unterrichtsminister Spullec am vorvergangenen Sonntag anläßlich der Preisvcrtheilung der Politechnischen Gesell schaft als einer republikanischen Jugend unwürdig, sich unter die Räder eines Wagens zu werfen, der nur ein Götzenbild, nur einen Eintags-Tri umphator trägt. Mit derselben Entschiedenheit trat am Tage darauf der Conseilpräsident Rouvier in der Kammer dem Boulangismus erfolgreich entgegen, so daß die ihren Liebling vertheidigcn- den Radikalen Clemenceau und Leasant ver stummen mußten und die Kammer dem Ministe rium mit 357 gegen 111 Stimmen ein Ver trauensvotum ertheilte. Die Drohung der Radikalen, daß das Pariser Volk der Kammer- Mehrheit darauf bei dem Nationalfeste am Donners tag eine scharfe Antwort ertheilen werde, erfüllte sich nicht, da die Regierung energische vorbeugende Maßregeln getroffen hatte, welche Rochefort rechtzeitig veranlaßten, seinen Anhängern von Ausschreitungen abzurathcn. Der Zug der Patriotenliga nach dem Standbild der Stadt Straßburg auf dem Pariser Eintrachtsplatze er wies sich als eine harmlose Manifestation, die ohne besonderen Zwischenfall verlief. Ebenso wenig kam es bei der Truppenschau in Long- champs zu erheblichen Ruhestörungen. Bei der Ankunft des Präsidenten Grevy und der Minister auf dem Paradefeld wurde aus der Volksmenge, die in großer Masse dem militärischen Schauspiele beiwohnte, der Ruf: Hoch Boulanger! und einiges Pfeifen laut. Diese Kundgebung wurde aber durch die Hochrufe auf die Republik bei Weitem überwogen. Der Vorbeimarsch der Truppen begann um 4 Uhr 10 Minuten, er endete um 5 Uhr 40 Minuten und fand den lebhaftesten Beifall der Volksmenge. Bei der Heimfahrt des Präsidenten wiederholten sich die Scenen wie bei der Hinfahrt. Die Boulangisten durchzogen dann brüllend die elysoeischen Felder, doch als eine Bande versuchte, nach dem Elysoe einzubiegen, wurde dieselbe energisch zurückgewiesen. Im englischen Unterhause vollzog sich die Berathung der bereits vom Oberhausc ange nommenen irischen Bodcngesetzvorlage unter fort währenden heftigen Unterbrechungen der Par- nclliten. Die warme Empfehlung, welche der Unionist Chamberlain am vorvergangenen Montag der Vorlage im Unterhause angedeihen ließ, kenn zeichnete dagegen die freundliche Haltung, welche die liberalen Unionisten derselben gegenüber ein nehmen. Das Oberhaus hat am Donnerstag die irische Strafrechtsbill in zweiter Lesung nach vierstündiger Debatte angenommen. In den englischen Regierungskreisen ist man von den neuesten aus Mittelasien eingegangcnen Nach richten sehr befriedigt und hält daran fest, daß der Ausstand der Ghilzai-Bergstämmc durch die Truppen des Emirs von Afghanistan bewältigt worden ist. Trotzdem der Sultan noch immer zögert, die englisch-türkische Convention zu rati- ficiren, giebt die englische Regierung auch das Spiel in Constantiuopcl noch nicht verloren, da die Geldverlegenheit der Pforte stündlich be ängstigender wird und den Sultan sehr bald zur Nachgiebigkeit zwingen dürfte. Uebereinstimmenden Meldungen aus Ruß land zufolge ist die Gesundheit des Panslavisten- führcrs Katkow durch die üble Aufnahme, die er bei dem Czaaren fand, ernstlich erschüttert worden. Der von ihm so tief verletzte Minister v. Giers begnügte sich damit, zu bestätigen, was dem er zürnten Czaaren durch den Grafen Schuwalow über Katkows Umtriebe in Verbindung mit Tatischtschew und Bogdanowitsch berichtet worden war. Der in Tirnowa erfolgten Wahl des Prinzen von Coburg zum Fürsten von Bulgarien Alhz^Ztg." eine vollständige Perversion der sitt lichen Grundsätze, wenn man jetzt den mit 200 Francs monatlich besoldeten Spion Klein als Held und Märtyrer zu preisen wagt. Der von dem Schriftsteller Cooper verherrlichte Spion aus dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg habe sein trauriges Hoüdwerk nur aus Vaterlands liebe, nicht für Geld ausgeübt. Die am vorver- gangencn Sonnabend auf dem Lyoner Bahnhofe in Paris und am vorvergangenen Sonntag und Montag in Clermont-Ferrand dem General Boulanger gezollten massenhaften stürmischen Huldigungen bekundeten eine Zunahme der deutsch feindlichen Stimmung in Frankreich, die gerechte Besorgnisse zu erregen geeignet ist. Den in Paris weilenden Deutschen wurde deshalb von vielen Seiten, auch von der „Nordd. Allg. Ztg." dringend anempfohlen, sich .am Tage der französischen Nationalfeier, am 14. Juli, nicht öffentlich zu zeigen und ihre Locale an diesem Tage geschlossen zu halten. Das bekannte Pariser Blatt „France" war so liebenswürdig, den Deutschen die Ver sicherung zu geben, daß ihnen nichts geschehen werde, wenn sie sich ruhig verhielten, cs forderte aber gleichzeitig die Patrioten auf, diejenigen Deutschen, welche eine freche Haltung hervorkehren würden, tüchtig durchzuprügeln. Die bei den Processen Köchlin und Klein gemachten Erfahr ungen haben nicht nur die Beziehungen zu Frank reich verändert, sondern auch eine Verschärfung der leitenden Grundsätze der Verwaltung Elsaß- Lothringens bewirkt, wo nun rücksichtslos mit der Germanisirung vorgegangen werden dürfte. So sind jetzt z. B. über die Einführung der deutschen Sprache als alleinige Gcschäftssprache auch für den Bezirkstag in Lothringen ernste Erörterungen im Gange. Die unerwartete Ankunft des deutschen Reichscanzlers in Berlin soll keine politische Ur sache gehabt haben; Fürst Bismarck ist am Donners tag nach Varzin weitergereist, von wo er sich nach kurzem Aufenthalt nach Kissingen zu be geben gedenkt. Ob und wann dort die längst angekündigte Zusammenkunft mit dem Leiter der auswärtigen Angelegenheiten Oesterreich-Ungarns, dem Grasen Kalnoky, stattfindcn wird, darüber schwanken die Angaben. Weit näher steht eine Begegnung der Kaiser von Deutschland und von Oesterreich. Der greise deutsche Monarch, der am vorvergangenen Montag von Ems nach Coblenz, Mittwoch von dort nach der Insel Mainau reiste, am 18. d. M. in Lindau mit dem Prinz-Regenten von Baiern zusammentraf, geht dann nach Bad Gastein, wo ihm das österreich ische Kaiserpaar spätestens in den ersten August tagen einen Besuch abzustatten gedenkt. Sollte bis dahin der zum Fürste» von Bulgarien ge wählte Prinz Ferdinand von Coburg - Cohary nicht freiwillig auf den Bulgarenthron verzichtet haben, so würde diese Angelegenheit sicher schon deshalb einen mündlichen Meinungsaustausch zwischen den beiden Kaisern veranlassen, als die scheinbar doppelte Staatsangehörigkeit des Prinzen denselben daran verhindern muß, ohne Zustim mung der beiden Monarchen irgend einen ernsten Schritt zu thun, der Deutschland oder Oesterreich eine Verantwortung aufbürden könnte. Kronprinz Rudolph von Oesterreich Hal am vorvergangencn Montag seine Rundreise durch Galizien und Bukowina unter unausgesetzten sympathischen Kundgebungen der Bevölkerungen vollendet. Die österreichischen Blätter beschäftigen sich jetzt besonders lebhaft mit der in Wien ein getroffenen bulgarischen Deputation, welche be müht ist, den auf dem Schlosse Ebcnthal ver weilenden Prinzen Ferdinand von Coburg zur raschen Abreise nach Sofia zu bewegen. Nicht minder intercssirt man sich in Wien für die Vor bereitungen der Wahlen zum böhmischen Land tag. Die liberale Presse beharrt dabei , daß cs für die deutschen Abgeordneten keinen anderen Weg gäbe, als einer Körperschaft fern zu bleiben, in welcher die Czcchen keine Mäßigung mehr kennen. Das Prager Czechenblatt „Politik" er klärt demgegenüber, daß die Opposition das Königreich Böhmen für alle Zeiten nur als einen geographischen und administrativen Begriff gelten lassen wolle, während die Czcchen ein warmes Gefühl für die große Vergangenheit dieses historischen Gebildes, für seine hervor ragende Bedeutung in der Gegenwart und für seine entscheidende Wichtigkeit in der Zukunft hätten. Sobald die Jahreszeit günstiger sein wird, dürfte der Feldzug der Italiener gegen den NeguS von Abessinien seinen Anfang nehmen, da es dem italienischen Commandirenden, General mW wt«k ent- klbM diese tMltbar- Wellen. Die Königin Natalie von Gethien ist nach längerem Aufenthalte^« RlMmd,' yy» ckan sie mit Huldigungen überhäuftes am Dien-tag mst dem Kronprinzen Alexander nach Belgrad zurück gekehrt, wo sie von ihrem anscheinend völlig ver söhnten Gatten, dem König Milan, sehr herzlich empfangen wurde. Da das jetzige russcnfreund- liche Cabinet RisticS sich in Serbien befestigt, wird sich die ihrer russischen Heimath so sehr gewogene Fürstin wieder in Belgrad recht wohl fühlen, dort aber kaum dazu beitragen, daß dw Beziehungen Serbiens zu Oesterreich-Ungarn wieder die Gestalt annehmen, welche König Milan nach seinen kürzlich in Wien abgegebenen Versicherungen dringend wünscht. Berlin, 18. Juli. Der „Nat.-Ztg." wird telegraphirt: Der Kaiser hat heute Nachmittag 1 Uhr mit seinem Gefolge die Insel Mainau wieder verlassen und sich per Dampfer zunächst: von dort nach Bregenz begeben, wo die Ankunft um 8 Uhr 20 Min. erfolgt und woselbst derselbe mit dem Prinzregent von Baiern zusammentrifft. Hierauf findet sodann um 4 Uhr 25 Min. die Weiterreise zunächst bis Innsbruck statt, wo der Kaiser heute Abend um 9 Uhr anlangt und mit den Herren seines Gefolges im „Tiroler Hof" übernachtet. Der Prinzregent von Baiern ist um 9 Uhr Vormittags mittels Sonderzuges von München nach Bregenz gereist. Wie man jetzt erfährt, waren für die Sicher heit des Extrazuges, mit dem der Kaiser vou Coblenz nach Constanz gereist war, besondere Vorkehrungen getroffen worden, da einige in Groß-Gerau vertheilte Zettel mit der Nachricht, daß der Kaiser in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag durchpassiren werde, bei der Polizei Verdacht erregten. Die Bahnstrecke Mainz-Darm stadt wurde bewacht und eine Locomotive fuhr dem kaiserlichen Zug voraus. Es hat sich in dessen nicht das mindeste Verdächtige gezeigt. Was mit der Verthcilung der Zettel bezweckt war, ist indessen noch nicht aufgeklärt. Bregenz, 18. Juli. Seit der zweiten Nach mittagsstunde weilt Kaiser Wilhelm auf öster reichischem Boden. Die äußere Erscheinung des hohen Reisenden giebt zu der Wahrnehmung Anlaß, daß der greise Monarch in den letzten zwölf Monaten nur ganz unmerklich gealtert ist; die körperliche und geistige Verfassung des deutschen Kaisers ist dieselbe glückliche, wie im Vorjahre. Die wenigen Persönlichkeiten, welche der Ehre theilhaftig wurden, in der Nähe des Kaisers zu weilen, hatten Gelegenheit, manche Probe der ungetrübten Geisteskraft und Frische des deutschen Monarchen zu erhalten. Bregenz, 18. Juli. Der Prinzregent von Baiern begab sich nach Ankunft des Kaisers auf das Dampfboot und begrüßte Se. Majestät herzlichst, mit Allcrhöchstwclchem er längere Zeit allein im Gespräche verweilte. Dann begab sich Se. Majestät, begleitet von dem Prinzregenten, dem Großherzoge und der Großherzogin zum Waggon, wo die letzteren sich verabschiedeten. Auf dem Landungsplätze hatte sich eine äußerst zahl reiche Menschenmenge eingcfundcn, welche Se. Majestät den Kaiser begeistert begrüßte. Ueber das Befinden des deutschen Kronprinzen laufen fortgesetzt gute Nachrichten aus England ein. Die kronprinzliche Familie wird sich wahr scheinlich im Herbst nach der Riviera begeben. Posen, 16. Juli. Die Ansiedlungs-Com mission erwarb in der heute abgelaufencn Woche fünf polnische Rittergüter mit zusammen 9000 Morgen. Die Thätigkeit der Commission ist augenblicklich eine sehr lebhafte; zahlreiche neue Ankäufe stehen bevor. Stuttgart, 18. Juli. Der „Staatsanzeiger für Württemberg" meldet betreffs des Besuches des Königs und der Königin bei Sr. Majestät dem Kaiser in Mainau: Nach Empfang und herzlichster Begrüßung zwischen Sr. Majestät dem Kaiser und den Württembergischen Majestäten fand ein Familiendiner statt, an welchem sämmt- liche in Mainau anwesenden höchsten Herrschaften thcilnahmen. Die Abfahrt des württembergischen Königspaares erfolgte um 5 Uhr Nachmittags. An den Befestigungen von Köln ist in letzter Zeit lebhaft gearbeitet worden. Die neuen äußeren Forts sind mit den gegen die Sprengwirkung der neuen Wurfgeschosse erforderlichen Vorkehrungen versehen und die älteren Befestigungen sind ent sprechend verändert worden. Die Festung Köln ist somit wieder zu einem Waffenplatz ersten Ranges gestaltet, der jedem Angriff einer feindlichen Armee gewachsen ist. Die in den Außenfort^