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russischen Valuta die Gemüther der Russen immer tiefer erbittert und den Czaaren zu einem Bunde mit der französischen DtWokratj» treibt, die ihm bisher allerdings Henig sympathisch war. Sollte der von den Bulgaren zum' Fürsten gewählte Prfttz Ferdinand von Coburg ohne Rücksicht auf die Pnttcste Rußlands demnächst in Sofia ein treffen^ so dürfte die- nur dazu dienen, in Peters burg «bnd Moskau die Gehässigkeit gegen die Deutschen noch zu steigern, weil man dort voraus sichtlich die damit verbundene moralische Nieder lage Rußlands nur der Politik Bismarcks zu schreiben würde. Die deutsche Reichsregicrung hat sicher nicht das Geringste gethan, den Bulgaren zu einem neuen Fürsten zu verhelfen; sie konnte aber ebensowenig Rußland zu Liebe die ihr ver bündete österreichisch-ungarische Regierung an der Ermuthigung des Coburgers verhindern und damit das russische Spiel in Belgrad wett zu machen. Noch weniger Rücksichten wird Deutschland künftig auf die Empfindlichkeiten der französischen Nation nehmen können, nachdem es sich durch die Procesfc Köchlin und Klein sonnenklar heraus stellte, daß seit Jahren Beamte der französischen Regierung deutsche Unterthanen ohne jede Scheu zum Landesverrath zu verleiden suchten. Man duldete cs in Paris, daß die Patriotenliga die verwegensten Kundgebungen zu Gunsten des ver- urtheilten Verräthers Köchlin in Scene setzte und druckte dort mit sichtlicher Befriedigung die frechen Reden KleinS ab, der es sich vor dem Reichsge richt in Leipzig als Verdienst «»rechnete, ein Spion Frankreichs gewesen zu sein und das ihm von Deutschland gewährte Gastrecht so schnöde verletzt zu haben. Noch tiefer als die Verherr lichung Köchlins und Kleins muß es jeden deutschen Patrioten verletzen, daß der französische Polizei agent Schnäbele, der notorisch sein Amt als Grcnzpolizist zur Anstiftung von Verbrechen des Landesverraths mißbrauchte, nach seiner Frei lassung nicht nur nicht, wie cs eigentlich die Pflicht gebot, von seiner vorgesetzten Behörde zur Rechenschaft gezogen, sondern sogar noch belohnt worden ist. Schnäbele wurde zwar von seinem bisherigen Stationsort versetzt, erhielt aber dafür anderwärts eine weit bessere Stelle, die ihm bei 650 Frcs. monatlichem Gehalt ein sehr gutes Auskommen bietet.- Das jetzige Ministerium Rouvicr kann sich trotz seiner angeblichen Friedens liebe zu keiner mannhaften Maßregel gegen die Patriotenliga aufraffen, läßt sich vielmehr von den Anhängern Boulangers in der unerhörtesten Weise Trotz bieten. Der Kriegsminister Fcrron wagt es nicht, seine ursprüngliche, dem Ersparniß- programm entsprechende Absicht auszuführen und auf die von feinem Vorgänger eingelcitete kost spielige Probcmobilisirung zu verzichten. Eben sowenig hatte der französische Minister des Innern den Mnth, kräftige Polizeimaßrezeln gegen die von Rochefort lange vorher angekündigten lärmen den Kundgebungen bei der Abfahrt Boulangcrs nach Clermont-Ferrand anzuordnen oder den städtischen Behörden des letzteren Ortes den huldigenden Empfang zu verbieten, den dieselben dem früheren Kriegsministcr in ostentativer Form bereiteten. Nichts kennzeichnet den traurigen Vorfall, in dem sich der öffentliche Geist Frankreichs be findet, schärfer, als daß man einen General mit Zärtlichkeit fast erdrückt, der noch nirgends Siege errang und dessen Freunde nur für seine Ver dienste auf dem Exerzierplatz geschickt Reclame zu machen verstanden. Es würde dies geradezu lächerlich erscheinen, wenn nicht der Gedanke, daß selbst die Verirrung eines große» Volkes durch stark politische Beweggründe erzeugt zu werden pflegen, dringend zum Ernst aufforderte. Bvu- langer kann freilich nicht auf seine Verdienste in einer ruhmvollen Vergangenheit Hinweisen; die Begeisterung seiner Landsleute gilt aber seinem Zukunftsideal; er ist ihnen die Verkörperung des Revanchegcdankens, der Held des künftigen Ver- gcltungskricges. Er hat für diesen Zweck die Rüstungen maßlos gesteigert, die Baracken an der Grenze gebaut, die französischen Offiziere für eine baldige Action gewonnen und lebhafte Sympathie für ein Bündniß mit Rußland knnd- gegcbcn; das genügt, um ihn bei allen Franzosen beliebt zu machen, in welchen diejenigen Leiden schaften toben, welche durch die verletzte Eitelkeit und den gedcmüthigten Stolz erzeugt werden. Die Freunde des Friedens, deren es auch in Frankreich sehr viele giebt, verbanden sich noch rechtzeitig, nm Boulangcr ans dem Amte zu entfernen, als er in demselben nicht nur den Frieden mit Deutschland, sondern auch die ruhige Befestigung der Republik gefährdete; sie thaten ihr Werk aber nur halb und begingen den vcr- hängnißvollen Fehler, ihn ein Commando in der Provinz anznvcrtrancn, statt ihn ruhig im Privat leben zu kaffen, wozu sein Verletzendes Betragen Hnreichcnde Gründe Pot. Jen^iedcm, Anderen Staat, in dem es noch eiD Me^miMärWh? TMiplin giebt, wäre ein Commandeur unmöglich, welcher die vick seinen Freunden angekündsgten Störungen der öffentlichen Ruhe Hervorrufen hilft, statt sich allen lärmenden Ovatiönen zu entziehen. In Frankreich aber, wo die Politik der Straße großen Einfluß auf die Geschicke des Landes ausübt, dem selbst Diejenigen nicht unzugänglich sind, die der radikalen Kundgebungen spotten, hat BoulangerS Auftreten etwas Be unruhigendes und kündigt immerhin an, daß sich die Franzosen bereits auf der schiefen Ebene be finden, welche nothwendig zu einer Catostrophe führen muß. Für eine solche Eventualität ist Deutschland hinreichend vorbereitet, denn die weise Vorsicht der Reichsregicrung hat dafür gesorgt, daß wir der Stunde der Entscheidung, in der das deutsche Volk gezwungen sein wird, noch einmal um feine Weltstellung zu kämpfen, ohne Bangen entgegen sehen können. Ganz Europa steht zu sammen, um der etwaigen gemeinsamen Bedrohung des Weltfriedens durch Frankreich und Rußland kraftvoll begegnen zu können. Die deutsche Hccrcsorganisation ist nahezu vollendet und außer dem sind dem Reiche finanzielle Hilfsmittel ge sichert, deren Betrag wie derjenige der Brannt weinsteuer sicher den Voranschlag bedeutend überragen werden. Der jetzige Zustand Europa's ist unhaltbar; im Osten und Westen des deutschen Reiches spielt man unvorsichtig mit dem Feuer, ohne die Masse dcS angehäuftcn Zündstoffes zu bedenken; ans der Balkanhalbinsel und in Egypten drängt es unaufhaltsam zu Neubildungen. Da ist dem deutschen Reiche keine Möglichkeit mehr geboten, bösliche Provokationen ruhig hinzu nehmen; wenn irgend etwas noch den Weltfrieden erhalten kann, so ist es vielmehr die unfern lieben Nachbarn beigcbrachte Ueberzeugung, daß Deutsch land zur schärfsten Abwehr jeder dem deutschen Namen zugcfügte Unbill vorbereitet und fest entschlossen ist. Deutsches Reich. Se. Maj. der König traf heute Freitag Vormittag 10 Uhr 54 Min. auf dem Leipziger Bahnhof in Dresden ein. Großer Empfang fand nicht statt. Se. Majestät begab sich sofort nach dem Residenzschloß. Ueber die Rückkehr Ihrer Majestät der Königin, welche zur Zeit zu Be such bei der Frau Herzogin von Hamilton in Maria-Halden bei Rohrschach weilt, ist zur Zeit noch nichts bestimmt. Bischofswerda, 14. Juli. Der Ertrag der Hauscollectc zum Besten des Gustav-Adolf- Vercins erreichte in hiesiger Stadt die Höhe von 195 M. 39 Pf. — 14. Juli. Wenn auch in hiesiger Stadt noch nicht ein Mangel an Logis eingetretcn ist, so hält es aber doch schwer, eine Wohnung zu finden, da dieselben überall besetzt sind. Es ist daher erfreulich, daß auch in diesem Jahre wieder einige Neubauten erfolgen und infolge dessen mehrere größere und kleinere Logis neu gewonnen werden. Die Bevölkerung in unserer Stadt nimmt wesentlich zu, dagegen die Erbauung von Wohngebäuden mit der Zunahme der Bevölkerung nicht gleichen Schritt hält. — 15. Juli. Seit einigen Tagen haben wir hier große Hitze, so daß die Heuernte in diesem Jahr schnell und unbeschädigt eingcbracht werden konnte. Auch das Korn reift bei dieser Wärme immer mehr und in wenig Tagen wird daher auch in unserer Gegend der Kvrnschnitt beginnen können. Sämmtlichc Früchte auf dem Felde versprechen eine reich gesegnete Ernte, da auch Hafer und Gerste vorzüglich stehen. — 15. Juli. Wie bereits bekannt gemacht- wurde, wird der hiesige Zwcigverein der Gustav- Adolf-Stistung seine kirchliche Jahresfeier am 20. d. M. in Schmölln abhalten und Herr Divisionsprcdigcr I)r. v. Criegern in Leipzig die Festprcdigt halten. An demselben Tage hält der Kamenzer Zwcigverein der Gustav-Adolf-Stiftung sein Jahresfest mit kirchlicher Feier in Elstra ab, zu welcher Herr Sup. ör. Richter aus Werdau die Predigt übernommen hat. — Mit der Annahme des Branntweinsteuer gesetzes hat sich im Publikum mehrfach die Meinung verbreitet, als werde damit auch der zu Wirthschaftszwcckcn verbrauchte Spiritus (Brcnnspirituö) bedeutend vcrthcucrt werden. Das ist jedoch durchaus nicht der Fall, cs unterliegt der höheren Steuer nur der reine Alkohol, der zur Branntwcinbcreitung Verwendung findet, während der zu gewerblichen Zwecken verwendete Spiritus davon nicht betroffen wird. Das Publikum muß nur beim Einkauf ausdrück lich „BrennspirituS" oder „Spiritus zum Huf-- setzen" verjgNU». -O sivVrW und Trinken -U heißem Wcttex.) MS das^blzße GefüM veS Dürfte» cmbelMgt; so-ist esdWeiftkhyft ein Mißgriff, bei heißem WHter zu viel uäd zu oft zu trinken.. Die dem Körper zugefüWe Flüssigkeit wich rasch dprch die HckUt wiederan abgeschieden und eS tritt eine gewisse Beschleunigung der Flüssigkeits strömung nach außen ein, so daß dem Trinker eben so rasch wieder Durst folgt und durch die starke FlüssigkeitSaufnahmc die Flüssigkeitsab- schcidung immer mehr beschleunigt wird; die übermäßige Befriedigung des Durstes verschlimmert also nur den Durst. Bei alledem darf man aber doch auch nicht vergessen, daß der Durst als die Mahnung der Natur nach Ersatz der Ausscheidung dem Körper verloren gegangener Flüssigkeiten angesehen werden muß und daß. bei Nichtbeachtung dieser Mahnung die Gewebe durch weiteren Flüssigkeitsverlust eineAustrvcknung erleide» und daS Blut ungehörig verdickt wird.. Dieser Flüssigkeitsmangel im Körper führt den Nachtheil herbei, daß das verdickte Blut den Stoffwechsel nicht mehr in der gehörigen Weise durchzuführen vermag und daher so stark mit schädlichen Stoffen beladen werden kann, daß seine Zersetzung und somit selbst der Tod eintritt. Man spricht alsdann vom Sonnenstich. Ab gesehen von dieser äußersten Gefahr, welche zu große Enthaltung des Trinkens in der Hitze herbcizuführen vermag, ist nicht zu verkennen, daß infolge des aus Flüssigkeitsmangel geschwächten Stoffwechsels die Ernährung des Körpers Schaden leidet, wodurch ein unbehaglicher, das Wohlsein verdrängender Körperzustand herbeigeführt wird. Man soll daher auch in Krankheitsfällen, wo der Körper viel Flüssigkeit abscheidet, das Trinken nicht wehren. Nach alledem ist es also nicht rathsam, bei heißem Wetter den Dnrst vollständig zu unterdrücken, aber man trinke langsam, um zu merken, wann dem Bcdürfniß Genüge geschehen ist, und man trinke nur reines Wasser, dem mau des Wohlgeschmacks wegen etwas Pflanzensäure, wie Citronen- oder Weinsäure, zusetzen kann. — In der jetzigen so überaus heißen Jahres zeit dürfte es gcrathcn sein, daran zu erinnern, daß inan den an den Ketten liegenden Hunden und namentlich den Ziehhunden täglich mehrmals reines, frisches Wasser reiche, damit sie vor der gefährlichen Wuthkrankheit geschützt werden. Diese treuen Wächter des Hofes und Houses verdienen cs, daß man ihnen neben dem erforderlichen Futter auch öfter einmal kühles Wasser giebt, womit sie ihren Durst löschen können. Auch empficblt cs sich, die Ziehhunde beim Ausruhen im Schatten liegen zu lassen, damit sie nicht übermäßig von den Sonnenstrahlen geplagt werden. — Die Heidelbecrernte ist in diesem Jahre nur eine geringe, da die Blüthe bei der Kühle des Wonnemonats Mai sehr gelitten hat und die Trockenheit der Entwickelung der Früchte nicht günstig war. Wenn man dagegen nach der Blüthe der Preiselbeeren auf die Ernte schließen darf, so wird dieselbe sehr befriedigend ausfallcn, da die Blüthentrauben in herrlicher Fülle den Waldboden bedecken. — Im Einverständniß mit dem Reichsschatz amt hat das Neichspostamt eine auch weitere Kreise berührende Verfügung über die Schreibweise der Marksnmme erlassen. Danach sollen die Post- und Tclegraphenbehörden im amtlichen Geschäfts verkehr das Zeichen „Mk." als Abkürzung für „Mark" fortan dem Markbetrage nachsctzen und die Pfennige nicht mehr durch Decimalstellen der Mark, sondern als Pfennige unter Hinzufügung des Zeichens „Pfg." besonders ausdrücken, also z. B. 25 Mk. 7 Pfg. und nicht wie früher Mk. 25,07 oder 25,07 Mk. Hoffentlich wird diese Verfügung bez. dieses Vorgehen seitens zwei der höchsten Staatsbehörden dazu beitragen, auch im. Privat-Geschäftsverkehr die.unrichtige und un sinnige Schreibweise, z. B. wofür Sie mir „Mk. 25,07" statt „25 Mk. 7 Pf." gutschreiben wollen, zu verdrängen, da es beim mündlichen Verkehr doch gewiß Niemandem einfallcn wird, zu sagen: „Geben Sie mir Mk. 25,07." Die drei Bergarbeiter August Gräßlcr, August Herfurth und Gottfried Lützner im Plauenschen Grunde bei Dresden erhielten die große silberne Medaille „Für Treue in der Arbeit." 2 Löbau. Fortgesetzt können wir die er freuliche Mittheilung machen, daß sich die Anmeldungen zur Bctheiligung bei dem geplanten Telephonnetze täglich mehren. Bis jetzt wollen sich 151 Firmen betheiligen. ES ist dies jeden falls schon eine recht stattliche Anzahl. Außer Löbau mit 37 Teilnehmern, Bautzen mit 21 Theilnehmern, sind am stärksten die Orte Ebers bach, Neusalza-Spremberg, Bischofswerda, Tune-