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Amts- iiiiti AiUMblatt und dessen Umgebung 8» i««r Abonnement vrerlelj. 1 M. 25 Pf. einschließl. des „Jllustr. UnterhaltungSbl." u. der Humor. Beilage ,Seifen blasen' in der Expedition, bsi unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Lrlrgr.-A-rrssr: Amtsblatt. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fernsprecher Ur. 210. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hanne bahn in Eibenstock. - n " 54. Jahrgang. —- --r, . Dienstag, dcu 9. Juli für den flkjirk des Amtsgerichts Libenltock Ocffcntl. Sitzung des Bezirksausschusses zu Schtoarzenbcrg findet Mittwoch den 17. Jnli 1SV7, von vormittags -12 Uhr an im Titzungs- zimmer des Stadthauses zu Schwarzenberg statt Königliche Amtshnuptmannlchast Schwarzenberg, - am 4. Juli 1907. Holzverstcigerung ans Carlsscldcr Staatssorstrevicr. . Ja der Bahrihofsrestauratioil in Wilzschhims Montag, den 15. Juli 1907, von vorm. ' 9 Uhr an 6239 fichtene Glotzer 7 —l5 em stark, 5771 fichtene Klötzer 16—22 em stark, 4603 „ „ 23—51 „ „ 2 buchene „ 30u.37 „ 8l,s rm Butzknüppel, 282,s rm verschiedene Brennhölzer. Spezielle Verzeichnisse der zu versteigernden Hölzer werden, soweit der Vorrat reicht, auf Verlangen von der unterzeichneten Revierverwaltung abgegeben. Carlsfeld und Eibenstock, am 6. Juli 1907. Kgl. Forstrcvicrverwaltung. Kgl. Aorstrentarnt. Staatsminister vr. Graf von Hohenthal und Bergen über die Reform des Landtagswahlrechtes. Aus Anlaß des Gemeindetages in Baugen hat Se. Exzellenz der Herr Staatsminister vr. Graf von Hohenthal und Bergen am Freitag folgende Rede gehalten: Meine Herren! Wenn ich Sie heute an dieser Stelle aufrichtigen Herzens der Sym pathien der Staatsregierung versichere, so spreche ich eigentlich ein ganz selbstverständliches Gefühl aus. Denn wie eS natürlich ist, daß die zahl reichen Glieder einer großen Familie herzlich willkommen sind, wenn sie sich im Vaterhause zusammenfinden, so ist eS nicht minder natürlich, daß die Vertreter der Gemeinden, wenn sie sich zu gegenseitiger Aussprache und Beratung vereinigen, der Regierung des Staates willkommen sind, von dem sie ja nichts andere« als einzelne Teile sind. Meine Herren, ich habe nicht die Gewohnheit zu sprechen, wenn ich nichts zu sagen habe. Aber ich kann Sie versichern, daß ich heute soviel auf dem Herzen habe, worüber ich zu Ihnen und nut Ihnen sprechen möchte, daß ich von vornherein die Hoffnung aufgeben muß, irgendwie erschöpfend und vollständig zu sein. An die Spitze aller meiner Worte möchte ich aber doch den Ausdruck der zuversichtlichen Erwartung stellen, daß das Verhältnis zwischen staat licher und Gemeindeverwaltung und damit auch unser Verhältnis stets so freundlich, wie nur irgend möglich, gestaltet sein möge. Ich meinerseits werde immer dessen eingedenk sein, daß ich seit dem Momente der Ueber- nahme deS hohen und wichtigen Amtes, in welches mich das Vertrauen unseres allergnädigsten Herrn berufen hat, mit meinen Kräften und Pflichten auch jeder einzelnen Gemeinde deS Sächsischen Staates angehöre, und ich darf andererseits wohl erwarten, daß auch Sie, meine Herren, die Sie an die Spitze von Gemeindeverwaltungen gestellt sind, sich deS innigen Zu sammenhangs zwischen Staat und Gemeinden nicht minder als ich bewußt bleiben. Nach den Erfahrungen, die ich auf einem anderen Felde der Tätigkeit im Königlichen Dienst gesammelt habe, bitte ich Sie, mir zu glauben, ineine Herren, daß wir mit vollem gegenseitigen Vertrauen und verständigem Hand- in Handarbeiten weiter kommen werde»? als mit Mißtrauen und mit eigen sinniger Betonung einseitiger Interessen. Ja, ich gehe weiter, meine Herren, und behaupte, daß noch zu keiner Zeit eine völlige Harmonie zwischen staatlicher und kommunaler Verwaltung so nötig und wichtig gewesen ist, wie in der Gegenwart. Schon auf dem bevorstehenden Landtage gedenken Regierung und Stände die Grenze zwischen den Gebieten staatlicher und kommunaler Verwaltung einer Revision zu unterziehen. Wenn die Regierung hierbei den Bezirksverbänden und großen Städten einige Aufgaben zu überweisen beabsichtigt, welche bisher dem Staate ganz oder teilweise oblagen, so wird sie hierbei von keinem anderen Ge danken als von der Ueberzeugung geleitet, daß die großen Städte- und Be zirksverbände diese Ausgaben besser als der Staat erfüllen können, weil sie vermöge ihrer lokalen Kenntnisse die unendlichen Verschiedenheiten deS ört lichen Bedürfnisses berücksichtigen und auf diese Weise die Härten und Un gerechtigkeiten ausgleichen können, wie sie beispielsiveise die Verteilung der Wegebau-, der Armen- und der Einquartierungslast noch immer ausweist. Ich weiß sehr wohl, meine Herren, daß die Steuerkrast mancher Stadt- und mancher Landgemeinde keine weitere Spannung verträgt und daß im Gegenteil einzelne Gemeinden einer Erleichterung recht dringend bedürfen. Sie können deshalb das gute Zutrauen zu mir haben, daß ich der eben erwähnten, im allseitigen Interesse an sich höchst wünschenswerten Aenderung doch nur unter der Bedingung zustinime» werde, daß die Regierung durch die Kammern in die Möglichkeit versetzt werden wird, den Bezirken und Ge meinden entsprechend reiche finanziell« Mittel zu überweisen. Aber, meine Herren, die Gemeinden können und sollen zu der Regier ung nicht bloß finanzielles, sondern auch politisches Vertrauen haben. Dieses politische Vertrauen darf nicht geschwächt werden durch Zweifel an dem guten Willen der Regierung und der Volksvertretung, unseren Ver pflichtungen nachzukommen, und diese Erwägung, meine Herren, leitet mich noch aus einen anderen Gegenstand über. Die enorme Wichtigkeit der Aufgaben, welche den Gemeinden und den Bezirksverbänden teils bereits jetzt zugewiesen sind, teils noch zugewiesen werden sollen, lassen es meiner Meinung nach erwünscht erscheinen, daß den Gemeinden durch die Bezirks verbände die Möglichkeit gegeben wird, ihre Anschauungen in der Zweiten Kamuier zu vertreten und damit auf die Ge setzgebung und die Verwaltung deS Königreich« einzuwirken. Mein« Herren, ich habe weder die Neigung noch den Beruf, Kritik an dem zu üben, was geschehen ist, bevor ich daS Ressort deS Innern über nommen habe. Aber ich kann «S in diesem Zusammenhang« nicht vermeiden au-zusprechen, daß ich damit nicht einverstanden bin, wie die Möglichkeit und Rätlichkeit einer Vertretung der Kommunalverbände im Landtage durch die Denkschrift der Regierung mit wenigen, aber abfälligen Worten ver worfen worden ist. Mein« Herren, die ersten Magistratspersonen von acht Städten revi dierter Städteordnung haben bekanntlich Sitz und Stinime in der Ersten Kammer und niemand im Lande, am wenigsten die Staatsregierung, möchte diese Repräsentanten der Städte dort vermissen, wo ihre Erfahrung und ihre Vertrautheit in der Behandlung öffentlicher Geschäft« so ost von Nutzen gewesen ist. Ader ich sehe nicht ein, meine Herren, warum wir nicht unter einigen Nuancen den städtischen und ländlichen Gemeinden eine ähnliche, nur ent sprechend zahlreichere Vertretung auch in der Zweiten Kammer wünschen sollen, in welch« freilich diese Art von Abgeordneten nicht kraft Königlicher Ernennung einzutreten, sondern von den städtischen Kollegien und Bezirks versammlungen zu wählen sein werden. Als berechtigte Wahlrechtswünsche waren durch die Verhandlungen de- letzten Landtag» einige Forderungen sestgelegt worden. Ich habe dies« Forderungen nicht von mir gewiesen und die Regierung will infolgedessen an dein Prinzip des allgemeinen, geheimen und direkten Stimmrecht» fest- halten, hierbei aber denjenigen Wählern zwei Stimmen geben, welch« ent weder bei der staatlichen Einkommensteuer ein Einkommen von mehr al- l 800 Mark versteuern oder bei der Wahl zum Landeskulturrat wahlberechtigt sind oder ihre Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst nach- weisen können. Keinem Wähler sollen indessen mehr als zwei Stimmen zustehen. Ich habe mich jedoch, meine Herren, bei diesen Forderungen nicht be gnügt und bin der Meinung, daß wir kein wahres Bild der Volksstimmung erhalten, solange das bisherige System der Mehrheitswahl beibehalten wird. Die berechtigten Wahlrechtswünsche werden meiner Meinung nach nur dann erfüllt, wenn sich das neue Wahlgesetz auf dem Gedanken der Verhältnis wahl aufbaut. Es ist meines Erachtens ein allzu großer Verstoß gegen den gleichen Wert der Stimmen, wenn beispielsweise in dem bis 189» gültig gewesenen Verfahren der Nationalliberale im 3. Dresdener Kreise mit 1487 Stimmen, der Reformer im 2. Chemnitzer Kreise mit 2036 Stimmen und der Sozialdemokrat im 5. Leipziger Wahlkreise sogar mit 3736 Stimmen unterlag, während der Nationalliberaie im I. ländlichen Wahlkreise mit 955 Stimmen siegte. Ich akzeptiere daher den vom Professor Hagenbach-Bischoff in Basel als AuSgangSsormel der Verhältniswahl aufgestellten Satz: wenn die Ver einigung einer bestimmten Zahl von Stimmen zu einem Vertreter berechtigt, so darf jede andere gleichhohe Zahl von Stimmen auch Anspruch auf einen Vertreter erheben. Nun will ich diesen zweifellos richtigen Gedanken nicht durch das komplizierte, schwer verständliche Listenwahlversahren, sondern durch ein überaus einfaches Verfahren verwirklichen, auf dessen Einzelheiten ich hier zwar nicht eingehen, von dem ich Ihnen aber soviel noch sagen will, daß der Wähler seine Stimme wieder direkt für seinen Kandidaten abgibt und an keinerlei Listen- oder Parieivorschlag gebunden sein wird. Trotzdem wird daS Verfahren alle Vorteile der Verhältniswahl retten, insbesondere auch kleineren Parteien zu einer Vertretung im Landtage verhelfen, sobald sie im Lande ein gewisses Maß von Stärke erlangen. Meine Herren, ich habe Ihnen diese kurzen Andeutungen geben müssen, um keinen Zweifel darüber bei Ihnen auskommen zu lassen, daß die Regierung die berechtigten Wahlrechtswünsche befriedigen will, denn es wird niemand, der jetzt stimmberechtigt ist, sein Wahlrecht verlieren, die indirekte Wahl und der sogenannte plutokratische Charakter des jetzigen Wahlrechts wird beseitigt werden und die Minoritäten werden den Schutz erlangen, auf welchen sie Anspruch haben. Die Meinung der Regierung geht aber dahin, nur 42 Abgeordnete der Zweiten Kammer aus solchen allgemeinen und direkten Verhältniswahlen hervorgehen zu lassen. Die anderen 40 Abgeordneten sollen von den Kommunalverbänden ge wählt werden. Die Regierung hat nämlich eine gesunde und vernünftige Ergänzung des allgemeinen Stimmrechts weder in der Berufs- noch in der Klassenwahl erblicken können, weil die Fähigkeit, das gemeine Beste zu fördern und eiir guter Landtagswähler zu sein, eine Eigenschaft ist, die sich nicht aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Klasse oder zu einem bestimmten Berufe erkennen läßt. Wohl aber ist, wie gesagt, die Regierung zu der Ueberzeugung ge kommen, daß die Verbände der politischen Einzelbezirke, aus denen sich das Staatsgebiet zusammensetzt, Abgeordnete in die Kammer entsenden müssen, weil die Körperschaften der exemten Städte und der Bezirke Gebilde sind, welche der Staat, je mehr sie sich bewährt haben und erstarkt sind, mit immer weiteren, wichtigen Aufgaben betraut hat, welche infolgedessen immer größer« Lasten im Interesse der Allgemeinheit übernommen und welche aus diese Weise sür das öffentliche Leben eine solche Bedeutung erlangt haben, daß ihnen rin Einfluß aus die Bildung der Zweiten Kammer gebührt. Während also die Regierung auf der einen Seite die Kräfte der Ge- meinden zu freier und immer umfänglicherer Tätigkeit entfesselt, will sie auf der anderen Seite von dem gesunden, frischen und stark pulsierenden Blute der Selbstverwaltung auch etwas in den Körper der Volksvertretung leiten und sie meint damit den Gemeinden und der Volksvertretung in glei chem Maße zu dienen. Meine Herren, während Sie aufgehen müssen im Dienste der Gemein, den, welche Sie verwalten, darf ich an der Stelle, wo ich stehe, den Zu sammenhang deS Ganzen nicht aus dem Auge verlieren und Sie können mir glauben, daß die Lösung der Aufgaben, welche Ihrer und der Gemein den warten und bei denen Sie so häufig auch aus die Mitwirkung der Kammern angewiesen sind, wesentlich gefördert werden wird, wenn wir mehr Berührung zwischen Selbstverwaltung und Volksvertretung schaffen. Und wenn auch vielleicht die Wahl durch Kommunalverbände weniger populär sein wird, so nehm« ich doch den etwaigen Kamps nach dieser Rich- tung hin auf, getreu meiner Devise „nicht rückwärts, sondern vorwärts" und in dem sicheren Gefühl, daß die große Mehrheit deS sächsischen Volke» auf meine Seit« treten wird. Denn wahrhaft volkstümliche und freiheit liche Forderungen sind es, welche di« Grundlage des neuen Wahlgesetzent wurfs bilden, der entstanden ist, unbeeinflußt durch wirtschaftliche oder so« »iale Sonderintereffen, aus wirklich uneigennütziger Sorge um da» Ge deihen der Allgemeinheit und in dem ernsten Bestreben, zu einem versöhnen den Ausgleiche zu gelangen. Dieser Ausgleich und überhaupt die Gestalt deS neuen Wahlrecht» wird auch für daS Gedeihen der Gemeinden von größter Wichtigkeit sein und je mehr Sie an Ihrem Teile meine Bestrebungen unterstützen werden, desto sicherer werden Sie den Weg bereiten helfen, aus dem sich der blühende Wohlstand unserer sächsischen Gemeinden im Rahmen eine» maßvollen, aber unaufhaltsamen Fortschritte» zur Freude aller wahren Patrioten in glück- lichster Weise weiter entwickeln kann. Erheben Sie die Gläser, mein« Herren, und stimmen Sie mit mir ein in den Ruf: Unsere geliebte Heimat, unser Sachsenland, eS lebe hoch! Tagesgeschichte. — Deutschland. Der Kaiser hat am Freitag von Kopenhagen aus seine Nordlandsreise angetreten. — lieber eine mildtätige Stiftung des Kaiser paares schreibt der .Reichsanzeiger': Das Kaiserpaar hat aus Anlaß des ersten Geburtstages seines Enkels, des Prinzen Wilhelm, eine Stiftung errichtet, aus der alle Jahre 20 Klein- kinder-Ausstattungen beschafft und an würdige und bedürftige Ehepaare in der Mark Brandenburg verteilt werden, denen im Monat Juli das erste Kind geboren wird. — Dieser schöne menschliche Zug der Großeltcrnfreude wird unserm Kaiserpaare neue Sympathien im Volke gewinnen. — In der verflossenen Woche haben zwei Reichs tag s e r s a tz w a h l e n stattgefunden. Bei derjenigen in Delmenhorst, dem 3. oldenburgischen Wahlkreise, wurde Graf Galen (Z.) gewählt. Die Ersatzwahl war durch die Ernennung des bisherigen Abgeordneten Burlage zum Reichs gerichtsrat nötig geworden. Der Wahlkreis war ein sicherer Zentrumsbesig. Bei der Reichstagsersatzwah! in Dinkels bühl, Wahlkreis Mittelfranken V, wurde Niederlöhner (kons.) mit 1200 Stimmen Mehrheit gewählt. Der Wahlkreis war bisher durch den am 2. Juni d. I. verstorbenen Abgeordneten Nißler (dtsch.-kons.) vertreten und im übrigen im sicheren Be sitz der Konservativen. — Ein vernünftiges Gesetz kommt in Hamburg zur Einführung, nachdem die Bürgerschaft eine Senatsvor lage angenommen hat, wonach derjenige, welcher für den Unterhalt seiner Familie nicht sorgt, durch Zwangsarbeit in Arbeitsanstalten dazu gezwungen werden kann. — Rußland. Die Gerüchte von einem Attentat auf den Zaren werden von russisch - offiziöser Seite als unbegründet erklärt. — Belgien. In der Londoner Presse ist die etwas seltsam klingende und nicht sehr wahrscheinliche Meldung aufgetaucht, daß der König Leopold von Belgien die Absicht habe, eine Dame namens Baronin Vaughan zu hei raten und zwar mit dem Zweck, ihren kleinen Sohn zu legitimieren und auf diese Weise zum rechmäßigen Thronfolger von Belgien zu machen. Die Beziehungen des Königs zur Baronin Vaughan sollen schon lange der Gegenstand vieler Erörterungen in Brüssel sein. Die Baronin ist die Witwe eines Arbeiters und war früher in ärmlichen Verhältnissen. Sie hat einen Sohn aus ihrer ersten Ehe mit dem Arbeiter, und dieser Sohn ist ein sozialistischer Abgeordneter der bel gischen Kammer. Baronin Vaughan würde Königin werden, denn das belgische Gesetz kennt keine morganatische Ehe des Monarchen. — Italien. Der kürzlich verstorbene italienische Bot schafter Graf Nigra hatte gelegentlich einer Unterhaltung einem Freunde interessante Einzelheiten zu dem Tode des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich gemacht, die jetzt im „Corriere della Sera" veröffentlicht werden. Der Gewährsmann der „Corriere della Sera" machte am Tage nach der Katastrophe dem Grafen Nigra einen Besuch und äußerte im Laufe des Gespräches seine Verwunderung, daß der Kronprinz Rudolf sich selbst gemor det haben sollte. „Was?" fiel ihm Nigra ins Wort, „man hat ihn getötet! Jawohl, man hat ihn getötet, und zwar in ganz scheußlicher Weise." Und nun erzählte Nigra, wie er an jenem Unglücksmorgen als erster aller Botschafter, ja noch vor dem Kaiser, in Mayerling eintraf. „Der Kronprinz lag auf dem Bett mit einer breiten, weißen Binde um Stirn und Schläfe. Der Kammerdiener Loschek, der mich kommen hörte, .führte mich sofort zu dem Toten, und als er meinen fragenden Blick sah, hob er die Binde auf: „Hinter den Schläfen war ein so großes Loch, daß man die Faust hätte hineinlegen können!" Bei diesen Worten hob Nigra die Faust empor, wie um das Bild anschaulicher zu machen. „Die Schädeldecke war wie durch einen Schlag mit einer Flasche oder einem dicken Stock völlig zertrümmert, es war fürchterlich! Haare und Knochensplitter waren mit der Ge hirnmasse vermischt. Die Wunde war fast über dem Ohr hinten, so daß der Kronprinz sie sich unmöglich hätte selbst beibringen können. Nochmals, keine Spur von Selbstmord. Es war Mord! Ich kann es Ihnen versichern. Kurz nach her kam der alte Kaiser, der in Tränen ausbrach, während ich ihn mit meinen Armen stützte." Hier bemerkte Nigra plötzlich, daß er zu frei geredet hatte, und brach das Gespräch ab, indem er lächelnd die Bitte aussprach, ihn nicht bloßzu stellen. — Marokko. Der Räuber Raisuli hat der Re gierung einen unangenehmen Streich gespielt, indem er den zwecks Unterhandlungen zu ihm gesandten Kaid Mac lean, einen geborenen Engländer, gefangen nahm. Die Agence Havas meldet darüber: Als Maclean, der be