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um bei zukünftigen langen Wintern den Consum des geistigen Nasses herabzumindern, bez. ander« weiter Verwendung vorzu beugen, daß der Spiritus künftig vorher ungenießbar gemacht werden soll. — Wie das Münchner „Fremdenbl." be richtet, sind in sämmtlichen Wartcsälen, Restau rationen und übrigen Localen des Centralbahnhofes, wo sich bisher Büsten weiland König Ludwigs II. befanden, dieselben am Mittwoch abgenommen und durch jene Sr. Königl. Hoheit deS Prinz- Regenten ersetzt worden. — Mannheim, 27. Juni. Wie die „ Neue Badische Landeszeitung" meldet, stieß heute früh r/,10 Uhr der Hanielsche Schleppdampfer Nr. 2 mit dem Personentrajectboot der Hessischen Ludwigsbahn zwischen Worms und Rosengarten zusammen. Das Trajectboot sank alsbald: sämmtliche auf dem Trajectboot befindlichen Passagiere wurden von dem Schleppdampfer ausgenommen; es ist kein Menschenleben zu be klagen. — Stettin, 26. Juni. Heute früh gegen 2 Uhr fanden vier Männer von hier, ein Restaurateur, ein Tapezier (beide Familienväter), ein Tischler und ein Mechaniker bei einer Segel partie auf dem Dammschen See, etwa eine Meile von Stettin entfernt, durch Ertrinken ihren Tod. Ein fünfter, der Schwager des Restaurateurs und langgedienter Matrose, der das Boot ge steuert hatte, hat sich unter den furchtbarsten Anstrengungen, während er nach und nach seine Gefährten in den Wellen verschwinden sah, fünf Stunden lang über Wasser gehalten, bis er von Fischern aus Altdamm liebevoll ausgenommen und, nachdem er sich erholt hatte, hierher be fördert wurde. Hervorgerufen ist das Unglück dadurch, daß die vier Ertrunkenen, durch das Ueberspritzen einer kleinen Welle ganz unnöthiger- weise in Angst versetzt, sich auf eine Seite des Bootes warfen und dasselbe zum Kentern brachten. Die Leichen sind noch nicht gefunden. — Köln, 27. Juni. Heute früh entgleiste bei Mühlheim a. Rh. der Berliner Courierzug. Derselbe bestand aus vier Personenwagen, einem Schlafwagen, einem Gepäckwagen, einem Kolli- wagen und einem Postwagen. Getödtet wurde bei dem Unfall Niemand. Schwerer verletzt wurden 2 Damen aus Berlin, Mutter und Tochter, die Uebrigen, etwa 15 bis 20, sind leicht verletzt; dieselben wurden auf der Unglücksstätte verbunden und sind dann sofort weitcrgereist. Die Ent gleisung wurde durch Ausstößen auf eine falsch gestellte Weiche veranlaßt. — Der Polizeibericht in Berlin vom 25. d. weist fünf mehr oder minder schwere, durch schnelles Fahren verursachte Unglücksfälle auf. — In dem Schwurgerichtsprocesse gegen 41 Arbeiter in Essen wegen Wahlkrawalls ist in den letzten Tagen das Urtheil gesprochen worden. Neun Angeklagte wurden zu Gefängnißstrafen von 2—8 Monaten verurtheilt, die Uebrigen wurden freigesprochen. — Ein in Elbingen in Württemberg aus gebrochenes Feuer hat in einer der ältesten, eng gebauten Straßen binnen wenigen Stunden 15 Wohngebäude gänzlich eingeäschert. Etwa 25 Familien sind obdachlos geworden. Der Cigarrenarbeiter Franz Kobsa ans Slawentzitz ist vom Schwurgericht in Ratibor wegen Raubmordes, zwei schwerer Diebstähle und versuchten Todtschlages zum Tode und zu 15 Jahren Zuchthaus verurtheilt worden. — Ein großes Unglück hat sich vor einigen Tagen auf dem Bahnhose in Ilmenau ereignet. Als sich der Zug nach Plaue in Bewegung ge setzt hatte, versuchte eine Frau noch in ein Coupö zu springen, sie strauchelte jedoch und gerieth unter die Räder des Zuges, welche über den Körper der Unglücklichen hinweggingen. Die Frau war sofort todt. — In der Caserne in Kiel fand eine Granat explosion statt, bei welcher mehrere Matrosen verletzt wurden. Ein Matrose hatte aus dem Depot eine Granate nach der Caserne genommen und begann im Zimmer daran zu schrauben, wodurch die Explosion erfolgt ist. — Ein Hildesheimer Geschäftsmann hatte einen Collegen wegen einer Differenz von 95 Pf. verklagt. Das Gericht gab ihm Recht, verur« urtheilte aber den Kläger, da eS in dem Vor gehen desselben eine Chikane erblickte, in die Kosten de« Prozesses, welche 84 Mark betrugen. — Am Abend des 20. Juni wüthete in dem Eifeldorfe Cordel eine heftige Feuersbrunst, die in der kurzen Zeit einer Stunde 22 Wohnhäuser mit den dazu gehörigen Wirtschaftsgebäuden einäscherte. Al» die erste Hilfe eintraf — die Leute waren noch meist auf vem Feld« beschäftigt sie nicht mit großen Hebemaschinen ausgerüstet sind. Die Verhandlungen der betheiligten Werke haben nun dahin geführt, daß die Auflösung genannter Gewerkschaft noch verschoben worden ist. Um welche Wassermengen eS sich hierbei handelt, ersieht man daraus, daß in der Minute zwischen 2'/«—10V, Cubikmeter gehoben werden. Daß unter solchen Umständen den betheiligten Werken an Erhaltung der Gewerkschaft gelegen sein muß, ist klar ersichtlich, zumal die Werke in Hohndorf, Planitz, RemSdorf und Zwickau nach jetzigem Abbausystem noch über 100 Jahre Kohlen liefern wollen. Oederan. Bor einigen Tagen wurde in der Flöha bei Falkenau durch den dortigen Fischer Otto ein 12 Pfd. schwerer Lachs gefangen. Ein derartiger Fang ist seit vielen Jahren nicht mehr vorgekommen, hoffentlich aber wirken die vorzüglichen Bestrebungen unseres sächsischen Fischereivereins dahin, daß unsere Flüsse wieder mehr mit derartigen gesuchten seltenen Gästen bevölkert werden. Es ist räthselhaft, daß die Schlagzeit des Bauholzes nicht durchweg so gewählt wird, wie Theorie und Praxis allgemein vorschreiben. Viele schwere Uebelständc und insbesondere sehr lästige Baucalamitäten werden dadurch erzeugt. Oft haben die Bauherren keine Ahnung von der Ursache derselben. Es dürfte daher wohl angezeigt sein, die Hauptregcln für den Holzschlag, wenn auch nur mit wenigen Worten, hier anzuführen. Das im Safte gefällte oder windbrüchige Holz besitzt zweifellos geringere rückwirkende Festigkeit und unterliegt viel schneller der Fäulniß, dem Wurmfraß und dem Schwamme, als dasjenige Holz, welches während der geringsten Saftcircu- lation, also im November, December, spätestens im Januar gefällt wurde. Die Tragkraft des im Januar gefällten Bauholzes ist um 12 Proc., des im Februar gefällten um 20 Proc. und des im März geschlagenen Holzes um 38 Procent geringer, als die des im December geschlagenen. Vermischtes. — Kaiser Wilhelm als „Mediciner"! In jüngster Zeit, namentlich seit der Kronprinz halsleidend geworden, liebt es der greise Kaiser, selbst ein wenig in die Medicin zu pfuschen. Er hat sich eigens ein lateinisches Wörterbuch zurecht gelegt, um den Recepten auf den Grund zu kommen, und kürzlich wagte er sogar den Ver such, den Aerzten in die Art, wie sie ihn selbst behandelten, etwas drein zu reden. Dieser kaiser liche Vorschlag wurde indessen von den Aerzten rundweg abgcwiesen und der Kaiser sagte darauf in römischem Aerger: „Das hätte ich mir wohl denken können, hört man's doch immer, daß den Aerzten das Dreinreden von Laien verhaßt ist." — Bei der Regatta in Ems, am 26. Juni, gewann die Frankfurter Rudergesellschaft „Ger mania" den Ehrenpreis Sr. Majestät des Kaisers gegen den Mainzer Ruderverein und den Mann heimer Ruderclub. — Die tadelnswerthe Sorglosigkeit, mit der junge Leute und namentlich Cigarettenraucher aus Landpartieen mit Damen mit dem Feuer umgehen, mit welcher ungerechtfertigten Noncha lance sie mit ihren glühenden Glimmstcngeln den duftigen Kleidern der Damen zu nahe kommen, hat schon manches Unglück herbeigeführt. So geschah es jetzt wieder in der Nähe Berlins in den Pichelsbergen, daß etwa 60 Damen und Herren eines Berliner Vereins sich im Grünen gelagert hatten und von den mitgebrachten Mund- vorrätken aßen. Plötzlich ertönte ein Schrei. Derselbe rührte von einer jungen Dame her, deren Kleider in Flammen standen. Die weib lichen Mitglieder der Gesellschaft liefen davon, einige Herren aber suchten das Feuer, welches bereits das Haupthaar der Unglücklichen ergriffen hatte, durch Ueberwerfen von Bekleidungsgegen ständen zu ersticken. Nach einigen Momenten war ihnen dies auch gelungen. Ein junger Mann erlitt jedoch bei dem Rettungswerk schwere Ver letzungen an den Händen und im Gesicht. DaS junge Mädchen, das mehrfach Brandwunden er litten hatte, und dessen Oberkleider fast gänzlich vernichtet waren, wurde sofort mittelst Wagen nach Berlin gebracht. Die Kleider der Dame sind vermuthlich durch eine weggeworfene Cigarette oder ein brennendes Streichholz entzündet worden. Also mehr Vorsicht! — In der Stadtverordnete»^» ngzuSagan wurde jüngst, wohl gelegentlich der Prüfung der Ausgabeposten des städtischen Haushaltes, u. A. mitgrtheilt, daß im vorigen Winter nicht weniger al» 162 Liter Spiritus zum Aufthauen einge frorener Straßenlaternen verbraucht worden L««. Dieser Rechnungsposten wurde mit großer, ganz ungerechtfertigter Heiterkeit aus ¬ genommen und beschloß ein WvhlweiseS Collegium, — stand schon die ganze Häusermafse in Flamm«, " " ' so daß nur wenig gerettet werden konnte. — Wie aus Eula in Böhmen geschrieben wird, sind der Revierförster Waldhauser und der Heger Anton aus Krhanitz mit Wildieben in ein« I Kampf gerathen, wobei der Heger erschossen wurde. Als der That dringend verdächtig ist einer der gefährlichsten Wilddiebe, Joseph .Bartak au» Trepchin und dessen Sohn Adalbert verhastetworden. — In Marienbad fallen unter den Cur- gästen gegenwärtig am meisten auf: ein Wiener Modell mit pompöser Figur und täglich drei maligem Toilettenwechsel, eine Berliner Bankier gattin nebst halbflügger Tochter, welch letztere die Extravaganz ihrer Frau Mama in unglaub lichen Toiletten, ,o dieser Tage in einer richtigen Honved-Uniform, zur Schau trägt; ein Riesen- Wunderkind von etwa 9 Jahren und 130 Pfund Gewicht, das in weißer Cacheinirtoilette — ein Ponnygespann durch die Straßen der Stadt lenkt, und — als Saisonwunder — eine unmög lich dicke Spanierin. Dieses Prachtstück au« dem Lande des Weins und der Gesänge ist eine Bergpartie für sich — mit Ruhesitz und Aussichtspunkt. Letzterer besteht in einem Perrontreppchen,* das ihr vorangetragen wird, wenn sie eine Equipage besteigen will; den Ruhe sitz schleppt ein dienender Geist hinter ihr her in Gestalt eines Klappstuhls von undenkbaren Dimensionen. Hat der wandelnde Coloß eine Entfernung von 50 Schritten zurückgelegt, so tritt der Klappstuhl in Thätigkeit; die vier Centner Menschenfleisch verpusten ein Weilchen. Dann setzt sich die Carawane wieder in Bewegung. — Noch immer treibt der Raubmörder Schimak in Mähren sein Unwesen. Wie weit seine Frechheit geht, zeigt folgendes Schreiben, welches vor einigen Tagen dem Bürgermeister von Leipnik zuging: „Herr Bürgermeister! Bin seit vier Tagen in der Umgebunk von Leibnik, wollte berauben den Buschmann in Radvanitz, doch nicht gegangen. Es kommt an Pfarrer in Sobichleb, Dechant in Drahotusch mit einige Bürger in Leibnik, dann Pfarrer in Ossek. Unsere Bande hat 5 Mann, fangen thut uns Niemand lebendig. Heute war ich in Resselicko. Schimak." Der Bürgermeister übergab dieses Schreiben sofort dem Leipniker Bezirksgerichte, doch wurde der Brief allgemein als ein allerdings schlechter Scherz irgend eines Spaßvogels angesehen. Wie sehr erstaunte man aber, als von Mikau, wohin sich das Bezirksgericht gewendet hatte, die Nachricht kam, daß die Schrift in dem fraglichen Briefe vollkommen übereinstimmend sei mit der des Raub mörders Schimak. Da noch überdies aus der Umgebung von Leipnik fortwährend beunruhigende Nachrichten einlaufen, so wurde der Bürgermeister aufgefordert, für die Sicherheit der Stadt zu sorgen. Es wurde eine Verdoppelung der Nacht wachen und stärkere Beleuchtung der Stadt an geordnet; die freiwillige Feuerwehr erbot sich, bis auf Weiteres jede Nacht zehn Mann al» Wache zu stellen. — Am 18. d. wurde an der Straße zwischen Krasna und Pohl in einem Wassertümpel die Leiche eines etwa 26jährigen Mannes gefunden, die etwa zwölf bis vierzehn Tage dort gelegen sein mochte. Der Mann war durch einen Schuß in die Schläfe getödtet und dann beraubt worden. Auch dieser Mord wird Schimak zur Last gelegt. - - In der Stadt Thomar, Provinz Estra- madura in Spanien, ist die Arena, wo eben ein Stiergefecht abgehalten wurde, eingestürzt. Der Circus war dicht besetzt. Bisher waren 10 Todte hervorgezogen, doch fürchtet man unter den Trümmern eine weit größere Menge von Todten zu finden. An Verwundeten zählt man mehr als Hundert. — In der Pulverfabrik Piloni bei Lecco (Como-See), einer der größten Italiens, fand am 17. Juni eine furchtbare Explosion statt, welche das ganze Etablissement zerstörte. 7 Arbeiter fanden hierbei den Tod. lieber 2000 Kilogramm Pulver sollen eine Verwüstung angerichtet haben, die aller Beschreibung spottet. Auf 6 Kilometer Entfernung wurde noch die gewaltige Detonation verspürt. Die Ursache des Unglücks konnte noch nicht festgestellt werden. In kurzer Zeit ist bit schön die fünfte Explosion in der erwähnten Pulvermühle. — Ms zum 22. Juni wurden in Paks 136 Todte beerdigt. Die Zahl der Angemeldeten, welche bisher nicht aufgefunden wurden, beträgt 7b. Wenn man diese auch zur Zahl der Todt« hinzurechnet, würde die Catastrophe im Ganz« 208 Opfer gefordert haben. ES werd« noch immer neue Leichen angeschwemmt. Der Steuer mann der Fähre, BokroS, und ein Ruderer, von denen man glaubte, daß sie auch ertrunken» wurden auf einer Tanya versteckt gefunden und verhafte^