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aber nur wenig Schaden anrichtete, weil die Mehrzahl der Hagelkörner nicht groß war und vollständige Windstille herrschte. Nachdem am Schlüsse deS vorigen Semesters die vier an der Univesität in Leipzig bestehenden Corps wegen des über die activen Mitglieder der Verbindung Grimmensia verhängten Verrufs auf drei Semester aufgehoben sind, hat sich ein neues Corps mit Namen „Neoborussia" und Farben schwarz-weiß-rosa aufgcthan und ist als solches auch vom Univcrsitätsgericht bestätigt worden. Die prosaische Jetztzeit hat keinen Sinn mehr für das romantische poesievolle Schmachten und Trauern über gebrochene Liebesschwttre und es ist deshalb umso bedenklicher, gegenwärtig mit letzteren leichtsinnig umzu gehen. Ein wohlhaben der Leipziger Einwohner machte einer jungen Frankfurterin lange Zeit die Kur und ließ sie schließlich sitzen. Die junge Dame fiel nicht in Ohnmacht und schloß sich auch mit ihrem Kummer in kein Kloster ein, sie verklagte viel mehr den angenehmen Schwerenöther auf 20,000 Mark Schadenersatz wegen gebrochenen Ehevcr- fprechens. Der Proceß hat Jahr und Tag am Frankfurter Landgericht geschwebt, bis sich jetzt nach „gütlichem Vergleiche" der Ungetreue zur Zahlung von 10,000 Mark entschließen mußte. Seine Kinder verkauft haben soll ein Mann aus Zwota auf der Erlbacher Kirmes. Dieselben waren im Alter von 10 und 4 Jahren, die Mutter ist gestorben und er ihrer längst überdrüssig. Ein Circusbesitzer war der Käufer. Auf das Geschrei der Kinder mischte sich die Polizei hinein, nahm den gefühllosen Vater in Haft und übergab die Kinder dem Gemeindevorstande. Und da schreit man »och Ach! und Weh! über den Sklaven handel in Afrika. Wozu denn in die Ferne schweifen? Eine von der Handels- und Gewerbekammer zu Chemnitz an den Reichstag beschlossene, vom 13. Mai datirte, die Arbeiterschutzbcftrebungen betreffende Petition geht dahin: Der Reichstag wolle, da die jetzt bestehende Arbeiterschutzgesetz gebung vorerst als ausreichend anzusehen ist, dem Gesetzentwürfe der VII. Commission über die Abänderung und Ergänzung der Reichs gewerbeordnung vom 1. Juli 1883 seine Zu stimmung versagen und zum Mindesten nicht gestatten, daß die Kinderarbeit, sowie die Thätig- keiten verheirathcter Arbeiterinnen und junger Leute in den Fabriken eine weitere Einschränkung erleiden, damit die fortwährenden Beunruhigungen von Industrie, Gewerbe und Handel vermieden und die Productionsbedingungen unter den gegenwärtige» Verhältnissen keiner weiteren Er schwerung unterworfen werden. Die Bäckerinnung in Zwickau ist wohl die älteste der daselbst bestehenden Innungen. Ihr Meisterbuch reicht bis zum Jahre 1480 zurück und ist stets sorgfältig geführt worden. Dieses Meisterbuch ist um so interessanter, als in den früheren Jahrhunderten alle wichtigeren Erlebnisse der Meister mit verzeichnet wurden. Gar manche Meister finde» sich als Opfer der Pest, der Kriege, insbesondere des Dreißigjährigen Krieges, darin verzeichnet. Außerdem besitzt die Innung verschiedene wichtige und wohlcrhaltene Perga menturkunden aus den verflossenen Jahrhunderten. In den Werkstätten der sächsischen Staats eisenbahnen wird jetzt eine neue Art Personen wagen dritter Classe erbaut, welche in nächster Zeit in den Betrieb genommen werden. Die selben sind mit Durchgang versehen, haben die gewöhnlichen Sitzbänke, können jedoch nach Be endigung des starken Sommerpersonenverkehrs durch Herausnehmen der Bänke und Scheide wände, ferner durch Schließung der Fenster für den im Winter stärker werdenden Stück-Güter verkehr verwendet werden. In Straßburg sind zwei Unterbeamte des Bezirkspräsidiums unter dem Verdachte des Landesverrathes in Untersuchungshaft genommen. — In Metz hat der Bürgermeister angeordnet, daß alle Drucksachen der städtischen Behörden fortan ausschließlich in deutscher Sprache abgefaßt sein müssen. Magdeburg, 18. Mai. Gestern Nacht 11 Uhr wurde das Erkenntuiß in dem Socialisten- prozesse, welcher schon seit Monaten hier schwebt, gefällt. 31 Angeklagte wurden wegen Vergehens gegen daS Socialistengesetz zu Strafen von neun Monaten bis zu zwei Wochen Gefängniß verur- theilt; die übrigen Angeklagten, darunter auch der frühere Reichstagsabgeordnete Heine, wurden freigesprochen. Schweiz. Das Alkoholmonopolgesetz für die Schweiz ist am letzten Sonntag in der Volksabstimmung angenommen worden. 252,791 Stimmen waren dafür, 127,474 Stimmen dagegen. Aller Ver kauf von Spirituosen ist damit Staatsmonopol geworden. Italien. Rom, 17. Mai. Mehrfach verlautet» heute habe der italienische Botschafter Graf Menabrea in Paris dem französischen Minister deS Aeußern, FlourenS, die Gründe auSeinandergesetzt, weshalb Italien an der Pariser Welt-Ausstellung nicht theilnimmt. Der „Fanfulla" bestätigt diese Nach richt und fügt hinzu, da- italienische Königshaus müsse schmerzlich berührt werden durch eine Ge denkfeier an die Ermordung der Prinzessin von Savoyen-Carignano. Aus Rom wird berichtet, daß das Pro- ject der Simplon-Durchstechung an der Schwierig keit der Aufbringung der erforderlichen Mittel scheitern dürfte. Die Regierung will kein Geld dazu hergeben. Auch an der Pariser Weltaus stellung will sich Italien nicht betheiligen. . Frankreich. Der „Nat.-Ztg." wird aus Paris unterm 18. d. M. telegraphirt: Die gestrige Majorität setzte sich aus 164 Mitgliedern der Rechten, 86 Opportunisten und 25 Mitgliedern der äußersten Linken zusammen. Die Minorität von 257 Stimmen bestand aus lauter ^Republikanern. Es ist also lediglich ein Coalitionssieg über das Cabinet erfochten worden. Der «größte Theil der Radikalen hat Clemenceau im Stich gelafsen und für das Cabinet gestimmt. Heute Morgen tritt nur die „Lanterne" heftig für Boulanger ein, dessen Beseitigung auch Clemenceau befürworten soll. Außer Freycinet wird auch Deves genannt, der FlourenS im Auswärtigen Amte lassen würde. Als Nachfolger Boulanger's nennt man Saussicr oder Thomassin. Eine Combination Freycinet- Boulanger wird ebenfalls ventilirt. Grevh berief dem Gebrauche gemäß zuerst die Präsidenten des Senats und der Kammer. Ministerpräsident Goblet hat dem Präsidenten der Republik Grevh die Entlassung des Cabincts überreicht. Paris, 19. Mai. Freycinet ist auf heute Nachmittag 3 Uhr zu dem Präsidenten GrLvy beschicden. Paris, 19. Mai. In parlamentarischen Kreisen verlautet, Freycinet beabsichtige, falls er die Mission zur Bildung eines Cabinets annchme, dasselbe ausschließlich aus neuen Elementen zu sammen zu setzen. Paris, 17. Mai. Der in Tonking bekannt gewordene General Courcy, bislang in Disponi bilität, ist zum General-Jnspector der festen Plätze an der Ostgrenze ernannt. — In der Diamantcn- auction kaufte Herr Friedländer aus Berlin mit Biedermann-Wien, englischen und amerikanischen Juwelieren das Loos 38, Saphir- und Brillant schmuck, für 350,000 FrS. Der Gesammtertrag der fünf Auktionen ist 2,800,900 Francs. Rußland. Während der Czaar sich auf der Reise nach dem südlichen Rußland befindet und der Tele graph mit einer ungewohnten Schnelligkeit von jedem größeren Orte die glückliche Ankunft der kaiserlichen Familie verkündet, sind in Petersburg am 14. Mai die 5 Hauptschuldigen an dem miß glückten Attentat vom 13. März hingerichtet worden. Vermischtes. — In der letzten Sitzung des Vorstandes des Deutschen Fischerei-Vereins wurde ein Vor schlag des Prof. Eilbart Schulze, Director des neu begründeten Zoologischen Instituts in Berlin, einjährige Lachse, mit einer Silberdrath-Decoration versehen, auszufetzen, um die Wachsthums- und Wanderungsverhältnisse genau festzustellen, ange nommen. Durch de» linken Kiemendeckel wird ein kleiner federnder Draht gezogen, der, zu einem kleinen Blättchen oder Plättchen ausgeschlagen, am äußeren Ende auf dem Kiemendeckel aufliegt, und wegen seiner Winzigkeit und Leichtigkeit den Fisch gar nicht belästigt. Auf den diesmaligen Plättchen ist eine 7 (soll heißen 1887) angebracht. 500 davon sind dem eifrigen Fischzüchter, Ober bürgermeister Schuster in Freiburg i. B., zur Verfügung gestellt, der seine also gekennzeichneten Schützlinge auf dem deutschen Fischereitag zu Freiburg i. B. in Bälde vorführen wird. 1000 anders geformte Stiftplättchen (um die Herkunft der Fische gleich äußerlich zu kennzeichnen, werden für die Elbe und Oder verwendet werden. — Aus den weiteren Beschlüssen des Vereins sei erwähnt, daß 120,000 junge Aale IheilS im Bodensee, theil» an der oberen Donau ausgesetzt werdrn sollen, um den im ganzen gelungenen Versuchen, den Aal im Donau- und Oberrhein-* gebiet, wo er fehlt, zu verbreiten, weiteren Vor schub zu leisten. — Au» Schlesien, 15. Mai. Derbeidrnr Bau der Chausseestrecke Neufalz-Freystadt als Steinschläger beschäftigte Einwohner Zachertaus Nittwitz fand gestern beim Zerschlagen emeS Feuer steines in demselben einen glänzenden Stein von der Größe eines Taubeucies. Die Untersuchung durch Sachverständige hat ergeben, daß der Fund ein Diamant von seltener Größe und Schönheit war. Dem glücklichen Finder sind sofort 5000 M. geboten worden, doch hat derselbe den Ver kauf abgelehut, weil er den Stein nach dem Fundorte für ein Eigenthum des Fiskus hält.if H — 8 Zu Alt-Lässig bei Landshut wurde beim Durchgehen der Pferde der 12jährige Sohn des Gutsbesitzers Klose aus dem Wagen geworfen und gctödtet. — Die verstorbene Frau des ver storbenen Handelsmannes Keil in Friedeberg hat der evangelischen Kirchencasse 1500, der Thurm- baucasse900, derGlockencasse300, zur Erhaltung der Grabstelle 900 und für das Hospital 7200 M. vermacht. — An der stattgehabten Prüfung der Handwerker-Fortbildungsschule zu Glogau nahmen über 100 Handwerkslehrlinge mit gutem Erfolge Theil. 8 Schüler wurde» prümiirt und 9 belobigt. Der Gewerbeverein unterhält die Schule und die Stadt gewährt eine jährliche Unterstützung von 300 Mark. — Der Waaren- einkaufsverein zu Sagau, 393 Mitglieder zählend^ hatte im letzten Geschäftsjahre einen Gewinn von 1431 M. 95 Pf.— Der Grundbesitzer Reimann Gieron in Schardzin, der schon 2 Selbstmord versuche gemacht, hat im unzurechnungsfähigen Zustande mit einem Spaten sei» Kind erschlagen. — Die Gebäude des Müller'schen Gutes zu Klein-Vorwerk bei Glogau brannten ab und kamen dabei 2 Pferde, 2 Rinder und 3 Schweine um. — Zu Lichtenwalde bei Habelschwert ist die große Schachtelfabrik ein Raub des Feuers geworden. Eine große Anzahl Arbeiter wurde dadurch brod- los. — Durch den Brand der Tuchfabrik des Herrn Kühn zu Neuländel bei Goldberg ist ein Schade» von ca. 300,000 M. entstanden. — Ein Wohnhaus zu Neu-Stöckigt bei Greiffenberg brannte ebenfalls ab. — Die Wittwe Langner zu Greiffenberg hat durch Explosion einer Pe troleumlampe lebensgefährliche Brandwunden er halten. — In Liegnitz ist auf dem Kirchhofe die Leiche eines neugeborenen Mädchens zwischen den Gräbern gefunden worden. — Ein Landmann aus Vesons bei Metz, welcher am 11. d. in der Nähe eines größeren Waldes Feldarbeit verrichtete, fand in einem dichten Dorngebüsch 7 junge Wölfe, welche etwa 5 —6 Wochen alt sein mochten. Die alten Wölfe, welche wahrscheinlich auf Raub ausgegangen waren, bekam der Bauer nicht zu Gesicht. Der selbe erhielt in Metz für die erfchlagenen jungen Thicre die übliche Fangprämie — 10 Mark für das Stück. — In dem Orte Völkershause n bei Trcffort ist die Genickstarre ausgebvvchen; nach amtlicher Feststellung sind davon 11 Kinder ergriffen,, weshalb die Schule geschlossen werden mußte. Auch in der Stadt Wanfried sind seit dem 9. d. M. 3 Fälle dieser Krankheit beobachtet worden. Die ersten Anzeichen derselben sind große Ein genommenheit und Kopfschmerz, Betäubungsgefühl und Hinfälligkeit, verbunden mit Schüttelfrost; unter Zutritt hohen Fiebers tritt Starrkrampf der Nacken- und Rückenmuskeln ein und führt dann in den meisten Fällen zum Tode. — Aus Görlitz, 18. Mai, wird gemeldet: Infolge andauernder Regengüsse ist Hochwasser eingetreten; das ganze Neißethal ist überschwemmt. Die Bahnverbindung mit Zittau ist unterbrochen.. In Dittersbach ist der Pfarrer mit Kindern und Dienstmädchen bei einem Rettungsversuche er trunken. — In der Dicnstags-Sitzung der Straf kammer in Halle wurde der Arbeiter Olze, weil er sein Wahlrecht bei letzter Reichstagswahl zwei Mal ausgeübt hatte, zu 2 Wochen Gefängniß verurtheilt. In Halle ist man einer geheimen Verbindung der Socialdemokratie auf die Spur gekommen. Mehrere betheiligte Personen sind schon vernommen worden. Ein bis vor Kurzem der Socialdemokratie angehöriger Handwerker hatte den Behörden einen Wink erthcilt. — Aus dem Regierungsbezirk Osnabrück wird vom 16. Mai geschrieben: Am letzten Sonn abend Morgen ist das Kirchdorf Lorup im Kreise Hümmling von einem schweren Brandunglück betroffen worden. 14 Wohnhäuser, zum Theil noch neu, und mehrere Nebengebäude sind voll ständig niedergebrannt. — Bremen, 18. Mai. Wie aus New-Uork telegraphirt wird, ist der Dampfer de» Nord- * deutschen Lloyd „Fulda" am 16. d. M. bet-