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geschmückten Mappe umbüllt war. Herr Kreis- haaptmann v. Salza dankte in tief bewegten Worten. Hierauf begannen die Töne einer von der Regimentscapelle des Kgl. Sachs. 4. Infanterie regimentes Nr. 103 dargebrachten Morgenmusik zu erklingen, und es erschien der Garnisonsälteste Oberst Weber in Begleitung des Majors Stein dorf und des Regimentsadjutanten Premier lieutenant Hempel, um die Glümvünsche der Garni son zu überbringen. Um 12UhrfuhreineDeputation der Provinzialstände vor. Diese wurde geführt von dem Landesältesten v. Zezschwitz auf Deutsch- baselitz und war zusammengesetzt aus den Herren: Landesbestallter Graf zur Lippe auf Baruth, Stiftsverweser Graf zur Lippe auf Teichnitz, hochw. Bischof vr. Bernert, Kammerherr und Klostervogt v. Polenz auf Obercunewalde, v. Rex auf Rodewitz, Frhr. v. Uckermann auf Luttowitz, Kammerherr v. Ziegler auf Niedercunewalde, Geh. Regierungsrath v. Criegern auf Thumitz, Bürgermeister Löhr-Bautzen und Rittergutsbesitzer Pfannenstiel auf Neudorf a. d. Spr. Herr v. Zezschwitz begrüßte Herrn Kreishauptmann v. Salza in einer längeren Ansprache, in welcher er hervorhob, daß letzterer der Oberlausitz auch als Stand und Mitglied der Ritterschaft an gehöre, sich aber namentlich als Vorstand der dem ständischen Direktorium unmittelbar vorgesetzten Behörde namhafte Verdienste um die Provinz erworben habe, weshalb die Provinzialstände mit Freuden die durch den heutigen Ehrentag gebotene Gelegenheit ihrer Liebe und Verehrung Ausdruck zu geben, ergriffen hätten. Auch hier sprach der Herr Kreishauptmann seinen Dank in herzlichen Worten aus. Die Glückwünsche der Justizbehörden überbrachte Landgerichtspräsident v. Koppenfels, begleitet von den Landgerichtsdirectoren Helsig und Exner, dem Oberstaatsanwälte Petri und dem Oberamtsrichter Meusel, die der Stadt Zittau: Stadtrath Klietzsch (in Vertretung des erkrankten Bürgermeisters Oertcl) und Stadt verordnetenvorsteher Commerzienrath Ginsberg, die des evangelischen Seminars eine durch den Director Schulrath Leuner geführte Deputation des Lehrercollegiums. Um 2 Uhr erschien unter Führung des Pastor Prim. Carl die evangelische Geistlichkeit hiesiger Stadt, um dem Vorstande der hohen Consistorialbehörde Glück- und Segens wünsche zu seinem Ehrentage auszusprechen. Die Freunde und näheren Bekannten des Hauses kamen in großer Zahl zu gleichem Zwecke, und von auswärts trafen im Laufe des Tages Adressen, Glückwunschschreiben und Telegramme in langer Reihenfolge ein, so z. B. vom Stadtrathe und den Stadtverordneten zu Pulsnitz, der hochw. Abatissin zu Kloster St. Marienstern u. s. w. Möge der Herr diese vielen, aus dem Herzen kommenden Wünsche erhören, und dem Gefeierten noch ein langes, glückliches, von Kummer und Sorgen möglichst freies Leben schenken. Möchte aber vor allen Dingen die Kraft dieses Manues, der bei seiner amtlichen Wirksamkeit in seltener Weise Energie mit Wohlwollen zu verbinden weiß, dem Staate und unserer Provinz erhalten bleiben. (B. N.) In Kamenz findet vom Pfingstmontag (30. Mai) ab bis Mittwoch, 1. Juni, die 15. Jahresversammlung sächsischer Turnlehrer statt. Große Freude herrscht gegenwärtig in der benachbarten Stadt Radeberg, denn der Reichskanzler hat auf Ansuchen des Directors der dortigen Exportbrauerei gestattet, daß man eins der dort gebrauten Biere unter dem Namen „Canzlerbräu" in den Handel bringen darf. Die Radeberger sind ob der ihnen angethanen Ehre hocherfreut; am 27. April haben sie an der betreffenden Biersorte einen „officiellen Tauf act" vollzogen, bei welcher Gelegenheit 60 Ver treter der ersten Gesellschaftskreise Radebergs, sowie geladene Herren aus Dresden und Bischofs werda als Taufzeugen zugegen waren. Der kaiserlich russische General Baron Nicolai Kaulbars, wie die Visitenkarten lauten, a In Luits ck« 8. Uonssißusur Is Orauä-äus Mlnäiiuir, ist Freitag Nachmittag 2 Uhr 27 Min. vom Böhmischen Bahnhofe zu Dresden aus nach Berlin abgereist und gedenkt von dort aus über Stettin in seine nordische Heimath zurück zukehren. Wer sich der über diesen hohen Militär während der bulgarischen Wirren erschienenen Zeitungsberichte erinnert, oder das in der Jllustrirten Zeitung vom 9. October 1886, Nr. 2258 gebrachte Porträt zu Hilfe nimmt, hat sich von der Persönlichkeit sicher eine ganz falsche Vorstellung gemacht und zum Mindesten einen streng dareinsehenden martialischen Krieger vor sich zu sehen geglaubt. Nichts von Alledem! General Kaulbars ist erst 45 Jahre alt, mittlerer Figur mit blondem Vollbart und in Berlin nicht unbekannt, denn schon 1875 bi» 1876 hielt er sich officiell zum Studium deutscher HeercSein- richtungen in Berlin auf. Im türkischen Kriege stand er unter dem Prinzen Peter von Oldenburg, namentlich in den heißen Kämpfen bei Plewna, 1878 war er dem österreichischen Hauptquartier in Bosnien zugetheilt, 1881 kaiserlich russischer Militäragent in Wien, bis ihm die bekannte Mission m Bulgarien zufiel. General Kaulbars ist als ein ausgezeichneter Kartograph, welcher eine treffliche Karte über Amerika entworfen, bekannt und Ehrenmitglied verschiedener geo graphischer Gesellschaften Europas. Im persön lichen Umgang zeigte er sich liebenswürdig und von einfachem Wesen. Bereits zum dritten Male veröffentlicht das Antiquariat der Buchhandlung von Zahn und Jaensch in Dresden einen Antiquariatscatalog, enthaltend „Saxonica", sächsische Landes- und Volkskunde. Auf dieses diesmal besonders reich haltige Verzeichniß seien Freunde und Sammler vaterländischer Litteratur und Alterthümer be sonders aufmerksam gemacht. Der Catalog um faßt circa 1200 Nummern, darunter namentlich viele Bücher und Abbildungen zur Specialgeschichte einzelner sächsischer (auch ehemalig sächsischer!) Städte und Ortschaften, viele vergriffene und von Sammlern oft vergebens gesuchte Werke. Be sonders stark vertreten finden wir die Litteratur über Dresden, Leipzig, Freiberg, die Lausitz rc. Das Verzeichniß wird von obiger Buchhandlung auf Wunsch umsonst verschickt. Am 5. Mai Vormittags wird mit dem Straßendampfwagen, welcher zwischen Dresden und dem „Weißen Hirsch" vom Waldschlößchen aus den Verkehr vermitteln soll, eine Probefahrt vorgenommen, der am Nachmittag eine zweite folgen wird. Der Wagen faßt 24 Personen, zur Bedienung desselben gehören 2 Personen. Felix Schweighofer bezieht sein neues Heim in Dresden, die reizende „Villa Adelheid", für welche er 65,000 M. bezahlt hat, bereits in aller nächster Zeit. Die erforderlichen Umbauten werden sofort in Angriff genommen. Ein werthvoller Fund ist vor einigen Tagen in einem seit langer Zeit unbenutzten feuerfesten Gewölbe im Erdgeschoß des Altstädjer Rath hauses in Dresden gemacht worden. Daselbst fanden sich, ziemlich gut erhalten, drei von den vier großen seidnen Fahnen, welche Kurfürst Johann Georg II. im Jahre 1660 der bewaff neten Bürgerschaft der vier Stadtviertel verlieh und deren Beschreibnng sich in Richters Ver fassungsgeschichte Dresdens Seite 305 befindet; ferner ein Satz von 20 Gläsern und 20 Flaschen mit dem Stadtmappe», die von den Rathsherren im vorigen Jahrhundert bei ihren Trinkgelagen benutzt worden sind, sowie ein kupfernes Halb- eimer-Stadtmaaß aus dem Jahre 1760. Das wcrthvollste aber war ein Kasten mit 150 Per gament-Urkunden aus dem 15. Jahrhundert. Die älteste dieser Urkunden stammt aus dem Jahre 1309 und rührt von Friedrich dem Kleinen, Markgrafen von Dresden, her. Die meisten davon sind privatrechtlichen Inhalts, wie Zins verkäufe, Schuldverschreibungen, Testamente, Ältarstiftungen u.s.w. Immerhin ist der Werth der Urkunden für die Stadtgeschichte ein be deutender und viele Einzelheiten derselben werden sich auf Grund dieses bisher unbekannten um fangreichen Quellenmaterials neu feststellen oder berichtigen lassen. So z. B. kommen in einer Urkunde von 1324 schon die Namen Seegasse und Kundigengasse vor, während man mit den bisherigen Hilfsmitteln keinen der Dresdner Gassennamen weiter als bis in's Jahr 1396 zurückzuführen vermochte. Nach der Aufschrift eines Briefbündels sollten darin unter Anderem auch Schriftstücke: „Johann Huß, Wicleff und Hieronymum belangend" enthalten sein, leider sind sie aber nicht mehr darin vorhanden. Sämmtliche Alterthümer und Urkunden sind in die Stadtbibliothck und das Rathsarchiv über geführt worden. Die diesjährige Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure findet vom 15. bis 17. August in Leipzig statt. Am 28. April 1698 hat die vom Obcrpost- amte in Leipzig angelegte „geschwinde Caleschen- post" über Jena nach Frankfurt a. M. ihren Anfang genommen; sie ging Sonntags und Donnerstags von Leipzig ab. Es zahlte eine Person von dort nach Eisenach und zurück von jeder Meile 5 Groschen, von da bis Frankfurt aber „wegen der großen Meilen, bösen Wege und des kostbaren Futters" 6 Groschen; es wurden 30 Pfund Freigepäck gewährt. Plauen. Das Gewitter, welches am Freitag Abend in einem großen Theile des BogtlandeS aufgetreten ist, war in Adorf, Markneukirchen^ Bad Elster rc. mit Schloßenfall verbunden. Der Blitz hat eingeschlagen in Plauen in die Gräf- sche Villa, das Vorwerk „Heidenreich" und irr eine Ziegelei an der Hoferstraße, in Kauschwitz in das Schneidersitze Gut, in Görschnitz in ein Wohnhaus, §hne zu zünden, in Künsdorf wurde aber infolge Blitzschlages das Trommer'sche Gutsgehöft gänzlich eingeäschert. Außer dein Vieh, welches gerettet wurde, ist die ganze Habe mit verbrannt. Trommer hat versichert. In Görschnitz wurden infolge des Blitzschlages zwer Zimmerleute zur Erde geworfen und betäubt von der Stelle getragen. - Auf Bahnhof Chemnitz ist am 2. d. Nach mittags der Güteraufschreiber Leonhardt beim Gleisüberschreiten zwischen Wagen gekommen und getödtet worden. Da sich das bisherige Haus der Herberge, zur Heimath in Stollberg für den bisherigen Fremdenverkehr als unzureichend erwiesen, hat der Vorstand des Vereins für innere Mission daselbst ein neugebautcs Doppelhaus zu gleichem Zwecke für 15,000 Mark angekauft. Als der tausendste Militärverein, der jetzt dem Bund angehört, ist in Sachsens Militär- vereinsbuud am Geburtstage Sr. Majestät des Königs der Verein Dittersdorf bei Glashütte ausgenommen worden. Die im Jahre 1862 nach Einführung der Gewerbefreiheit im Königreiche Sachsen ins Leben gerufenen fünf sächsischen Handelskammern zu Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen und Zittau rüsten sich zu einer würdigen Begehung der Feier ihres 25jährigen Bestehens. Mit der Handelskammer zu Plauen begeht auch der dortige Handelskammersecretär Kirbach, welcher einer der hervorragendsten Abgeordneten des sächsischen Landtages ist, das 25jährige Jubiläum, als Beamter der Kammer. Vermischtes. — Beim Abbruch des Hauses Taubenstraße 25 in Berlin hat sich am Montag Nachmittag in der fünften Stunde ein schwerer Unglücksfall zugetragen. Neun Arbeiter waren dort um die erwähnte Zeit damit beschäftigt, im zweiten Stock werk eine Seitenwand niederzulegen, als plötzlich unter ihnen der Boden wich und sie mitsammt der über ihnen zusammenbrechenden Wand in die Tiefe riß. Die auf anderen Stellen des Ab bruchshauses arbeitenden Kameraden eilten sofort an die Unglücksstelle und begannen mit allen Kräften den Trümmerhaufen aufzuräumen, um die Verschütteten zu retten. Zwei von diesen waren so schwer verletzt, daß sie nur noch schwache Lebenszeichen gaben ; zwei andere zeigten ebenfalls nicht unerhebliche Verletzungen, während die übrigen besser davongekommen sind. — Die neuen 20-Pfeunigstücke, welche in Berlin in größeren Mengen an die Be hörden abgegeben wurden, traten vom 30. April an in den öffentlichen Verkehr. Die neue Münze, welche sich zum bisherigen 20-Pfennigstück aus nimmt wie der Riese Goliath zum kleinen David, findet im Publikum ungemein freundliche Auf nahme, wenngleich auch hier und da Bedenken gegen die Schwere dieses Zahlungsmittels laut werden. Schreiber dieses hatte sich am 29. April in Besitz einer Anzahl dieser Münzen ge setzt und fand Gefallen daran, dieselben mr Publikum zu verbreiten, da er von der Voraus setzung ausging, daß noch Mancher nichts weiß, von der Metamorphose des „Zwanzigers". So war es auch: Eine holde Restaurationshebe in Berlin wollte durchaus nicht an den neuen Nickel glauben und sie konnte sich erst nach Rücksprache mit dem Herrn Prinzipal zur Annahme entschließen. Drastischer gestaltete sich noch der. Versuch, einen „fliegenden Hefter" damit zu beglücken. Derselbe besah sich die Münze von allen Seiten, um end lich kopfschüttelnd zu sägen: „Nee, Männeken, behalten Sie man Ihre Jubiläums-Medaille!" An anderer Stelle erregte die Gewinnung der „Medaille" (!) große Freude und beglückt ver leibte eine hübsche Verkäuferin in einer Conditorei das Geldstück ihrer Börse ein und legte aus derselben in die Casse zwei „gemeine Zehner." — Der Componist Ferdinand Möhring ist am 1. Mai in Wiesbaden gestorben. — 8 Zu Rauschwitz bei Glogau wurde einem Knaben beim Spiel ein Auge ausgeschlagen. — Die 2jährige Tochter des Windmüllers Neubert in Wallwitz wurde von der Windmühle erschlagen. — Der Nahrungsbesitzer Willenberg in Seiffenau bei Goldberg stürzte auf's Tenne und zog sich schwere Verletzungen zu. — Ein Soldat des 58. Regiments zu Glogau ist seit dem 21. April verschwunden. Da man seine Mütze gefunden, so fürchtet man, daß er verunglückt ist. — Herr: