Volltext Seite (XML)
den langentbehrten Gesang unserer Vögel ver nehmen konnte. Bischofswerda, 12. April. Am 10. d.M. starb hier der emeritirt« Cantor und Lehrer Fröde, welcher früher lange Jahre hindurch iw Helmsdorf bei Stolpen als Kirchschullehrer segensreich wirkte. Er war ein tüchtiger, streb samer Lehrer und begann seine Lehrerthätigkeit zu einer Zeit, wo es noch Wanderschulen gab^ so daß er mit seiner Schule im ersten Jahre seiner Wirksamkeit alle Wochen in ein anderes Haus wanderte, dort Kost und Wohnung erhielt, daselbst seinen Unterricht ertheilte und daher durch das ganze Dorf mit seinen Kindern von Woche zu Woche ziehen mußte, bis endlich jene Gemeinde ein eigenes Schulhaus erwarb. Nach seiner Emeritirung verwaltete er als Vicar mehrere Schulen in der Kamenzer Gegend, bis er sich endlich nach hier wendete und hier seine letzten Lebensjahre verbrachte, aber dabei als Privatlehrer bis zuletzt thätig war. Auch in geselligen Kreisen war er hier durch sein anspruchs loses und heiteres Wesen gern gesehen. .** Umschau in der sächs.-prcuß. Lausitz und dem Meißner Hochland, 12. April. Es wurde ein Raub der Flammen: eine Scheune in Cunnersdorf bei Löbau; ein in einem Uhrengeschäft zu Görlitz entstandenes Feuer wurde im Entstehen gelöscht. — Einem Rangierer in Görlitz wurde durch eine Maschine die rechte Hand vollständig zerquetscht. —Deo 59jähr. Erdarbeiter Rachel aus Puschwitz wurde todt aufgefunden. — Das 4jähr. Kind des Maurers Haschke in Weißnauslitz ist ertrunken. — Die höhere Mädchenschule zu Görlitz wurde im Sommerscmestervon375,imWintersemcstervon370 Schülerinnen incl. Seminaristinnen besucht. Diese wurden von 9 Lehrern und 7 Lehrerinnen unter richtet. Die Einnahmen der Anstalt betrugen 35,860 M., die Ausgaben 38,760 M. — Der Webermeister Herr Leupold in Löbau, der vor Kurzem sein 50jähr. Bürgerjubiläum gefeiert, beging sein 50jähr. Ehejubiläum. — Der im Eisenwerk Lauchhammer beschäftigte Hobler Zieschack aus Zschornegosdn feierte sein 50jähr. Arbeiter jubiläum. — Die Amtshauptmannschaft Löbau hat das „Gründonnerstagsgehen" der Kinder verboten. — Der durch die Geldaffaire bekannte Lehrer Christoph in Reichenau ist in den Ruhe stand getreten. — Die sonnabendliche Lohnaus zahlung haben in der Zittauer Amtshauptma nn- schaft eingestellt: 22 größere Fabriken, die Standesherrschaft Reibersdorf, 7 Rittergüter, 5 Ziegeleien, 4 Kohlenwerke, 2 Gemeinden, 1 Steinbruch und 2 Bleichereien. Cunewalde, 6. April. Die gestrige Sitzung des Kirchenvorstandes gestaltete sich zu einer hochwichtigen für die Parochie; wurden doch in derselben, einem lang gehegten Wunsche entsprechend, geeignetes Schritte zur Ausschmückung unseres großen Gotteshauses gcthan. Der Kirchen vorstand bewilligte nämlich 10,000 Mk. behufs Ausführung dieses Vorhabens. Am Freitag Vormittag fand unter sehr leb hafter Betheiligung der Mitglieder der isra elitischen Religionsgemeinde im Gemeindehause, Zeughausstraße 2, in Dresden die Wahl eines Rabbiners an Stelle des am 24. August v. I. verstorbenen Ober-Rabbiners vr. Landau statt. Es waren vorgeschlagen Herr Rabbiner vr. Fried, z. Z. in Ratibor, und Herr Rabbiner I)r. I. Winter, z. Z. in Dresden Rabbinats verweser. Der letztgenannte Herr wurde mit überwiegender Stimmenzahl, nämlich mit 237 gegen 65 Stimmen, gewählt. Herr vr. Winter wurde bereits in sein neues Amt eingeführt. Niederwartha, 6. April. Vorgestern in später Nachmittagsstunde wurde an der Elbe zwischen der Niederwarthaer Brücke undKötzschen- broda ein freches Sittlichkeitsattentat verübt. Dasselbe blieb aber glücklicherweise in den Grenzen des Versuchs, da der Thäter, ein gutgekleideter, anscheinend dem Handwerkerstande angehöriger und etwa 20 Jahre alter Mensch, überrascht wurde. Derselbe bemühte sich, nachdem er die Stiefel ausgezogen hatte, zu entkommen, wurde jedoch von Dresdner Fischern aufgehalten und sodann nach der Kgl. Gefangenenanstalt in Dresden gebracht. Das 12jährige Opfer des Verbrechers war namentlich am Halse gewürgt worden. In Reichenbach i. B. ist am Freitag ein 14'/, Jahre altes Mädchen, welches am Palm sonntage cnnfirmirt wurde und am Gründonners tage noch das heilige Abendmahl genießen konnte, nach kurzem Kranksein an der Genickstarre ver storben. Wie man hört, ist diese bösartige Krankheit in letzter Zeit wiederholt auch in ver schiedenen Nachbarorten, darunter in Mylau aus getreten und hat einen tödtlichen AuSgang ge nommen. von dem Posten des Ministers des Aeußeren zurückgetreten, der ihm durch die Angriffe auf seine etwas zweifelhafte Colonialpolitik verleidet worden war. Er nimmt in daS Privatleben das Verdienst mit, den Abschluß eine» Allianzvertrages zwischen Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Italien bewirkt zu haben, an dem auch Depretis und CriSpi unumstößlich festzuhalten entschlossen sind. Je mehrsich in Frankreich dieUeberzeugung verbreitet, daß es nur der Kriegsminister Bou langer und seine Anhänger sind, welche die Festigung des Friedens verhindern, desto mehr erweitert sich die Kluft zwischen der radikalen und der opportunistischen Partei, welche letzteren sich der entschieden friedlich gesinnte Minister des Aeußeren, Flourens, zuneigt. Der Präsident der Republik, Jules Grövy, zeigt seine Vorliebe für Flourens ebenso unverhüllt wie seine Ab neigung gegen Boulanger, der sich auch nur nothdürftig mit dem Conseilpräsidenten Goblet erhält. Für Boulangcr und seinen intimsten Freund, den radikalen Handelsminister Lockroy, fft es eine bittere Enttäuschung, daß auch Ruß land die Theilnahme an der Pariser Weltaus stellung im Jahre 1889 abgelehnt. Die monar chistischen Parteigruppen sind darüber empört, daß ihnen bei der Wahl der Budgetcommissivn von 33 Mandaten kein einziges zugebilligt wurde. Mit eiserner Consequenz arbeitet der englische Premierminister Salisbury an der Beilegung der irischen Wirren, die ihm um so eher gelingen dürfte, als er hierbei von den liberalen und radikalen Anhängern der Reichsmehrheit wirksam unterstützt wird. Die vom Oberhause angenommene irische Landbill bietet den Pächtern Irlands große Er leichterungen, andererseits ist die im Unterhause berathene irische Zwangsbill sehr geeignet, den Widerstand der Nationalisten zu brechen. Die Führer der liberalen und radikalen Unionisten, Lord Hartington und Chamberlain, wollen auch für den schneidigen Paragraphen der irischen Zwangsbill stimmen, wonach in gewissen Fällen der Proceß nach London verlegt wird. Im Kreise Cork sagte der irische Führer Michael Darutt darüber öffentlich: „Wenn diese Acte das eng lische Gesetzbuch ziert, so ist Jeder, welcher dazu beiträgt, daß es Gesetz wurde, ein Feind der menschlichen Freiheit und Jeder, welcher irgend welchen Verkehr mit diesem Feinde unterhält, würde der furchtbarste Mörder der Freiheit und Gerechtigkeit sein." Die russische Regierung traut dem leitenden englischen Staatsmanne trotzdem nicht die That- kraft zu, dem weiteren Vordringen der Russen in Mittelasien etwas Anderes entgegenzusetzen, wie sein Vorgänger Gladstone, der sich stets mit papiernen Protesten begnügte. Salisbury hat allerdings dem Wunsche Rußlands, daß die cndgiltige Feststellung der afghanischen Grenze nicht an Ort und Stelle, sondern in Petersburg vereinbart werden möchte, sofort genügt und den Oberst Ridgcway und den Capitän Barren zu diesem Zwecke nach der russischen Hauptstadt entsandt. Diese Unterhändler dürften Rußland kaum hindern, seine Grenzen in Mittelasien noch weiter südwärts zu verlegen, da dazu der Aufstand der Ghilgais gegen den Emir von Afghanistan den erwünschten Vorwand bietet. Die Rebellen besetzten neuer dings bei Ghuzin eine Position, welche den Weg von Kabul nach Kandahar beherrscht, und der Emir bringt, an der Hilfe Englands verzweifelnd, bereits seine Werthsachen in Sicherheit. In Bulgarien bestand bei einzelnen patrio tischen Ausschüssen die Absicht, anläßlich des Geburtstages des Prinzen Alexander von Batten berg die Unabhängigkeit des geeinten „Königreichs Bulgarien" zu proclamiren. Die bulgarische Regierung machte den Comitös noch rechtzeitig klar, daß sie dazu kein Recht hätten und dem Lande damit nur empfindlich schaden würden. Prinz Alexander nahm zwar die ihm zu seinem Geburtstage von allen Seiten aus Bulgarien gezollten Glückwünsche mit großer Freude an, Widerrieth aber ernstlich jeder Agitation für seine Wiederwahl. In Berliner Hofkreisen hegt man, wie ge schrieben wird, sehr ernste Besorgnisse wegen der erschütterten Gesundheit der Kaiserin von Ruß land. An und für sich von zartester körper licher Constitution, ist die hohe Frau unter den Schicksalsschlägen der letzten Wochen fast zu sammengebrochen. Zu der unaufhörlichen Angst um ihr eigenes Leben, sowie um das Leben ihres Gatten und ihrer Kinder gesellte sich der harte Kummer über die Erkrankung ihrer Schwester, der Herzogin Thyra von Cumberland, zumal gerade vaS verschlimmerte Leiden der Letzteren mit Recht auf die jüngsten Petersburger Ereignisse zurückgeführt wird. Außerdem ist die Czarewna ununterbrochen von Besorgnissen rück sichtlich der Gesundheit ihres ältesten Sohnes, des Thronfolgers, gequält. Das Zusammen wirken aller dieser Umstände hat die Czarewna in einen Zustand tiefer Niedergeschlagenheit, nervöser Ermattung und körperlicher Schwäche versetzt, aus welchem sich bei dem geringsten weiteren Anlaß nur zu leicht ein ernstliches Nervenleiden entwickeln kann. Straßburg i. E., 9. April. Das Mini sterium hat beschlossen, daß die Verfügung vom 31. December 1886, wonach Jeder, der der französischen Armee angehört oder zu derselben in Beziehungen steht, eine Genehmigung zum Aufenthalte in den Reichslanden einzuholen hat, fortan auf alle Franzosen, mit Ausnahme der jenigen, die bereits im Lande wohnen, anzu wenden ist. Der Berl. „Nat.-Ztg." wird aus Paris unternl 9. d. telegraphirt: Die „Justice" fügt der Note der „Agence Havas", welche die jüngsten Beschuldigungen gegen den deutschen 'Militärattache vollständig dementirt, hinzu, daß dieser Angelegenheit von der Presse zu große Bedeutung beigelegt worden sei. Dem abgesetzten Beamten des Kriegsministeriums habe kein eigent liches Vergehen nachgewiesen werden können, so daß auch die gerichtliche Verfolgung unmöglich gewesen sei. Durchaus ohne jeden Grund sei in dieser Angelegenheit der Name eines deutschen Militärattaches genannt worden, dessen Verfahren stets vollständig correct gewesen sei. Während daS Organ Clömcnceau's der Wahrheit die Ehre giebt, bekundet eine Anzahl Pariser Journale, namentlich diejenigen, welche auch in dieser An gelegenheit gehetzt und gelogen haben, ihre un verbesserliche mala tläes dadurch, daß sie die officiöse Berichtigung gar nicht abdrucken. — Mehrere Journale melden, das Straßburger Comitö der Protestpartei habe bereits beschlossen, als Candidaten bei der Ersatzwahl für den ver storbenen Kablü den Bankier Stochling aufzu stellen, den sie als einen bewährten, sicheren „französischen Patrioten" und alten Republikaner, bezeichnen. In Wien wird, wie man telegraphirt, officiös die Pariser Weltausstellung des Jahres 1889 als eine Verherrlichung der großen Revo lution bezeichnet und dazu bemerkt, die Einladu ng, daß dic historischen Monarchien dabei von Amtswcgen mitthun sollen, sei eine absurde Zumuthung. Darnach würde auch Oesterreich eine officielle Theilnahme an der Ausstellung ablehnen. Aus Tonkin kommen schlechte Nachrichten. Die Kämpfe dauern an zahlreichen Punkten fort und enden nicht immer günstig für die franzö sischen Truppen. italienische Gebiet ist m Aufruhr. Die Gemeinderathswahlen in Chigago, dem Herde des Anarchismus, haben miteinemglänzenden Siege der Ordnungsparteien geendet. Der Republikaner Roche, für den auch ein großer Theil der demokratischen Partei eintrat, wurde mit 51,089 Stimmen zum Bürgermeister gewählt, sein Gegner, der Candidat der vereinigten Socialisten und Anarchisten, erhielt nur 22,848 Stimmen. Bis auf einen Sitz im Gemeinderath sind die Arbeiter jetzt aus allen städtischen Aemtern ver drängt. Roche erklärte, seine Leitung werde zu verhindern wissen, daß die Stadt von der rothen Fahne tyrannisirt werde. Sachsen. Ihre Majestät die Königin wird sich dem Vernehmen nach in diesen Tagen nach Brüssel begeben. Die Verlegung des Königl. Hoflagers nach der Villa in Strehlen erfolgt erst nächsten Donnerstag. Bischofswerda, 12. April. Die Festtage des heiligen Osterfestes sind vorüber und ein Jeder geht nun wieder an seine gewohnte Arbeit zurück. Gestärkt an Herz und Gcmüth haben wir gewiß Alle die herrliche Osterzeit verlebt. Zahlreich versammelte sich die Gemeinde im Hause des Herrn um hier den Glauben zu stärken und mit neuer Hoffnung den zukünftigen Tagen entgegen zu gehen. Und war Glocken klang und Orgelton verklungen, so konnte Jung und Alt bei dem herrlichsten Frühlingswetter durch Wald und Feld streifen, um sich der wieder erwachenden Natur zu freuen. Gar viele Gäste waren in den einzelnen Familien erschienen, um mit Vater oder Mutter, oder mit anderen Angehörigen der Familie das fröhliche Osterfest zu feiern. Unsere Berge waren daher zahlreich bei dem so schönen Frühluigswetter von Wanderern besucht und überall ward das Herz froh erregt, daß es nun endlich wieder in der freien Natur