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daß dar Unterkunft-Haus nach dem vom Gesammt- Vorstande vorgelegten Bauplane und Kosten anschläge und mit einem Kostenaufwand von ca. 1S.000 M. hergestellt werde. ES sind ca. 11,000 M. zu den Baukosten gesichert. — Die vielumstrittene Frage, ob die Benutz ung eines als „unübertragbar" bezeichneten RetourbilletS durch einen Dritten eine strafbare Handlung, Betrug, sei, hat den „Hamburger Nachrichten" zufolge jüngst zum ersten Male dem Reichsgericht vorgelegen und ist von diesem dahin entschieden worden, daß die mißbräuchliche Benutzung eines solchen Billets als Betrug zu bestrafen sei. Alle Berichte aus Ems sagen übereinstimmend, daß der deutsche Kronprinz sich durchaus wohl befindet. Er hat wiederholt zu Wagen und zu Fuß Ausflüge in die Umgebung unternommen. Berlin, 21. April. Der BundeSrath stimmte in heutiger Plenarsitzung dem Nachtragsetat nebst Anleihegesetz zu. Der Etat fordert 172 Millionen Mk. vornehmlich für militärische Zwecke: die Durchführung des neuen Militärgesetzes, den Umbau von Festungen, den Bau von Casernen, den Bau einiger strategischer Bahnen, die Aus rüstung der Armee mit dem neuen Gepäck. Berlin, 20. April. Der Reichstag nahm den Gesetzentwurf über die Abänderung des Reichsbeamtengesetzes in dritter Lesung an, er klärte das Mandat Groebers (Ravensburg) für nicht erloschen, überwies die Vorlage über ein Seminar für orientalische Sprachen an die Bud getcommission und wählte an Stelle Graf Adel manns auf Vorschlag des Abg. Windthorst durch Acclamation den Abg. Vorsch zum Schriftführer. Freitag Petitionen, Avänderung des Gerichts- kostcngesetzes und Anwaltsgebührenordnung. Berlin, 21. April. Abgeordnetenhaus. (Berathung der Kirchenvorlage.) Abg. Gneist ist gegen die Vorlage. Abg. vr. Windthorst verliest eine Erklärung des Centrums, welches sich dem Willen des päpstlichen Stuhles zu unterwerfen und zur Annahme der Vorlage in der Fassung des Herrenhauses bereit erklärt. Fürst Bismarck weist die Einwendung des Abg. Richter zurück, welcher katholischer als der Papst sei; in den Augen der deutschen Katholiken iei der Papst keine ausländische Institution; das Resul tat der Reichstagswahl sei kein Angstproduct, sondern der Ausdruck der Entrüstung der Nation über die Haltung der Opposition unter Richter's Führung. Die nationalen Fractionen möchten der Curie so weit entgegenkommen, als mit den Rechten des Staats verträglich sei, das geschehe durch die Vorlage in der Fassung des Herren hauses, die in keiner Weise die Autorität des Staates gefährde, wenn seine Freunde ihn bei der Vorlage im Stiche ließen, würde er sich aus dem preußischen Dienste zurückziehen und sich nur dem Reichsdienste widmen; das erheische sein politisches Ansehen und seine politische Ehre. Auf dem Vertrauen zu seiner politischen Recht lichkeit und Zuverlässigkeit beruhe sei» Einfluß in Europa. Mau gehe vielleicht schweren aus wärtigen Kämpfen, sowie inneren Kämpfen gegen die Umsturzparteien entgegen, es sei ihm deshalb Bcdürfniß, entbehrliche Streitigkeiten abzuthun, wozu für Preußen der kirchcnpolitische Streit gehöre. Abg. Virchow ist gegen die Vorlage, welche nur die hierarchische Gewalt des Papstes verstärke. Fürst Bismarck sagt, der Vorredner sei sein principieller Gegner in allen großen Fragen gewesen. Er (Bismarck) habe die Mai gesetze niemals als definitive Institution, sondern stets als Kampfgesetze bezeichnet, wie jetzt das Socialistengesetz sei. Er habe nur darnach ge strebt, die Friedliebenden unter den Katholiken zufrieden zu stellen, einen Theil unserer Mit bürger dauernd unter einem Druck zu halten sei ein Ziel, wonach er nie gestrebt habe. Abg. Gerlach ist für die Vorlage mit dem Wunsch, daß auch der evangelischen Kirche größere Selbst ständigkeit gegeben werde. Ucber die neue, nunmehr zur Einführung ge langende Ausrüstung unserer Jnfantsrie sind im Lc-ufe der letzten Monate sehr viele theils un richtige, theils lückenhafte Angaben gemacht worden, wie aus der jetzt amtlich ausgegebenen Beschreibung der Infanterie-Ausrüstung pro 1887 hervorgeht. Hiernach sind folgende Aendernngen in der Ausrüstung eingetreten: Beim Tornister ist die kleine Klappe nebst den beiden Seiten patronentaschen in Wegfall gekommen, ebenso hat die Art der Packung Vereinfachung erfahren. Ein wasserdichter, brauner Beutel (Tornister beutel) der Größe des TornisterkastcnS entsprechend, dient zur Aufnahme der eisernen Portionen. Ein sogenanntes Tragcgcrüst, aus Rückenstück, Trageriemen und Hilfstrageriemcn bestehend, ver mittelt die Verbindung zwischen Tornister und Leibriemen, eine an letzterem angebrachte dritte Patrontasche dient dem Tornister gleichzeitig als Stütze. Der Leibriemen ist aus besserer Qualität hergestellt und die Säbeltasche verschmälert. Die Patronentaschen zerfallen in drei verschiedene Arten und zwar vordere Patrontaschen für Mannschaften, vordere Patrontaschen für Unteroffiziere und Hintere Patrontafchen. Die vorderen Taschen nehmen je 30, die Hinteren 40 Patronen auf, so daß der Mann nunmehr 100 scharfe Patronen bei sich trägt. Anstatt eines zweiten Paares Stiefel werden Schnürschuhe mitgeführt. Am Helme fällt die Vordcrschiene weg, die Schuppen ketten werden durch Sturmriemen ersetzt, der Hintere Schirm erfährt eine Verkleinerung, der Beschlag eine Erleichterung. Das Kochgeschirr ist verkleinert und erleichtert, der Brodbeutel wird aus wasserdichtem Stoff gefertigt. Bei der Feldflasche ist der Tragriemen fortgcfallen, die selbe wird im Brodbeutclring eingehängt. Die wesentlich erleichterten Schanzzeug - Futterale werden am Leibriemen befestigt. Sümmtliche hier angeführten Ausrüstungsgegcnstände zusammen wiegen in Zukunft im Minimum nur 12l/z Pfund. Die für 1889 in Paris geplante Welt ausstellung wird allem Anscheine nach eine fran zösische Ausstellung unter Mitbctheiligung einiger wenigen fremden Länder werden. Während die Ablehnung Deutschlands, Oesterreich und Ruß lands bereits feststcht, scheint auch die Italiens und Dänemarks nach den neuesten Meldungen aus diesen Ländern kaum zweifelhaft. Eine Reihe anderer Ablehnungen ist noch zu erwarten. München, 20. April. Das Begräbniß des Justizministers vr. v. Fäustlc fand heute statt. Demselben wohnten bei der Gencraladjutant von Freyschlag im Auftrage des Regenten, sowie sümmtliche Minister, die Spitzen der Behörden und die Generalität. Der Stiftsdekan Türk hielt die Grabrede. Der bairische Staatsminister v. Lutz hat sich mit der Augsburger Fabrikautenswittwc Mar garetha Riedinger, einer Millionärin, verlobt. Berlin, 21. April. Das „Bayerische Vater land" des Herrn vr. Sigl constatirt, daß ihm der Aufruf zu Sammlungen für ein Ehrenge schenk an vr. Windthorst nicht zugegangen sei, bemerkt darüber: „eine preußisch-„katholische" — Liebenswürdigkeit, die uns kalt läßt, die aber, wenn wir überhaupt sammeln dürften, sich recht unangenehm rächen würde, wenn unsere Leser gleich hoch von Windthorst denken wie wir selbst." O e st e r r e i ch. Wien, 21. April. In der Angelegenheit des Prazak'schen Sprachenerlasses hat heute das Reichs gericht wegen der Beschwerden, welche verschiedene Gemeinde- und Bezirksvertretungen anläßlich der Sistirung von Kundgebungen gegen die Sprachen- verordnnng erhoben hatten, das Urtheil gefällt. Die Beschwerden der Gemeinden Troppau, Fried land, Karlsbad und Sternberg wurden für be gründet erachtet, dagegen die der Gemeinde Reichen berg verworfen, da dem Stadtverordn.-Collegium das Recht nicht zustehe, an einem RegierungSactc Kritik zn üben. Italien. Papst Leo XIII. empfing am Montag den Besuch der Prinzessin Friedrich Karl von Prenßen. die von dem preußischen Gesandten v. Schlözcr und den Personen ihrer nächsten Umgebung be gleitet war. Rom, 20. April. Die große staatliche Pulver fabrik Pontremoli explodirte. Zwanzig Todtc wurden constatirt. — Der Katholiken-Cvngreß, der letztes Jahr verboten, wurde heute eröffnet. Sümmtliche Redner sprachen für Rückgabe Noms an den Papst. Frankreich. Die französischen Blätter enthalten sich ein- gehcnder Betrachtungen über das Attentat a»f Bazaine, nur die „France" meldet, daß eine Adresse an die spanischen Gerichte zur Unter zeichnung aufgelegt sei, worin die Gerichte um eine milde Beurtheilung des Attentäters gebeten und das Bedauern ausgesprochen wird, daß seiner Zeit die Todesstrafe gegen Bazaine nicht voll streckt worden sei. Rußland. Der Prozeß gegen die direkten und indirekten Theilnehmcr an dem Attentat auf den Czaren vom 13. März, sowie gegen alle in Folge des Attentats verhafteten Personen beginnt in der nächsten Woche bei verschlossenen Thüren vor dem Militärgericht unter Hinzuziehung von Ver tretern der Stände. Als Ankläger fungirt der Obcrprocnrator Nckludoff, welcher, wie verlautet, nicht gern das ihm zufallcnde Amt übernahm, da er laut der Anklageschrift für nicht weniger als 17 der etwa 30 Angeklagten die- Todesstrafe beantragen muß. lieber die zahl reichen anderweitig verhafteten Nihilisten wird ein späteres Gericht aburtheilen. Die Hahl der in, de» letzten Jahren verhafteten Marine-Offiziere beträgt 16. Von den Militär-Lehranstalten er wies sich die Konstantinsche Mililtärschule am stärksten inficirt. Vermischtes. — (Falsche Zehnmarkstücke.) An einer Berliner öffentlichen Lasse ist am Dienstag ein Zehnmarkstück vereinnahmt worden, das sich, nachträglich bei näherer Prüfung als ein Falsi fikat erwies. DaS Falschstück, das aus Silber geprägt und gut vergoldet ist, trägt das Bildniß unseres Kaisers und die Jahreszahl 1875. Das Gepräge ist ein so vortreffliches, daß cS geradezu unmöglich ist, daran die Fälschung zu erkennen. Das einzig sichere Merkmal ist das leichtere Gewicht des Falschstückes, das überdies beim Aufwerfen keinen so Hellen Klang erzeugt, wie die echten Stücke. An deni in Rede stehenden Falsifikat ist die Goldfarbe hellgelb, vermuthlich, weil die Vergoldung mittelst Ducatengoldes be wirkt worden ist; diese Helle Farbe kann indeß nicht als sicheres Unterscheidungszeichen gelten,, weil bekanntlich die deutschen Goldmünzen keine einheitliche Färbung haben. — Wie ferner mit- getheilt wird, sollen auch in gleicher Weise her gestellte Falsifikate von den goldenen Fünfmark stücken in den Verkehr gebracht worden sein„ welche die Jahreszahl 1877 aufweisen. Die ge nannten beiden Jahreszahlen mögen auf deir Falschstücken typisch sein, weil sie, wie gesagt, durch Prägung hergestellt sind und man annehmeu kann, daß die Falschmünzer immer nur je einen Stempel angefertigt haben dürften. Diese Sorte falschen Geldes ist wegen der correcten Ausführung überaus gefährlich, weshalb wir darauf ganz, besonders aufmerksam machen. — lieber Bewegung gegen Strikes wird aus Berlin der „Schles. Ztg." geschrieben: „Schon wiederholt waren Anzeichen zu bemerken, daß sich in Arbeitcrkreisen eine Reaktion gegen die Strikes geltend machte. Die Arbeiter hatten eben die Erfahrung gemacht, daß auch günstig verlaufene Strikes ihnen schwere Wunden bei gebracht hatten; während des Strikes war ein: so großer Arbeitsverdienst verloren gegangen, daß die kleine Aufbesserung des Lohnes nicht im Stande war, den Verlust wenigstens auf lange Wochen hinaus einzubringen. In Berliner Fachvcreincn wurden bereits Stimmen laut, die sich ganz entschieden aus den oben ausgeführten Gründen gegen die Strikes erklärten. Die Tischler haben eine Commission eingesetzt, welche darüber wachen soll, daß nicht in leichtsinniger und unvernünftiger Weise die Gewerksgenossen. die Arbeit niederlegcn. Zu den im Mai und Juni stattfindcnden großen Arbeitercongressen haben, wie verkanten, die Dclegirtcn einzelner Gewerkschaften (z. B. die Töpfer in Hamburg) den bestiininten Auftrag erhalten, gegen alles Strikcn und nur für eine Verbesserung der Lage auf friedlichem Wege zu stimmen. Werden der artige Instructionen immer allgemeiner — und manigfache Anzeichen sprechen dafür — so ist Hoffnung vorhanden, daß auf diesen Arbeiter- congressen wirklich etwas Gutes für die Arbeiter geschaffen werden kann, während sie bisher nur der Tummelplatz einer wüsten Agitation und der Verhetzung der Arbeiter gegen die Arbeit geber gewesen sind. — (Schenkung des Prinz-Regentew von Baiern.) Aus Nizza kam dem Präsidenten des protestantischen OberconsistoriumS in München, vr. v. Stählin, die folgende Danksagung zu: „Se. Kgl. Hoheit der Prinz-Regent von Baiern haben die große Gnade gehabt; unserer hiesigen deutsch-evangelischen Gemeinde zur Wiederher stellung ihrer durch das Erdbeben so schwer geschädigten Kirche eine Gabe von 1000 M. zu bewilligen, für welch großes Geschenk wir hiermit öffentlich danken und dem hohen Geber Gottes reiche Vergeltung wünschen. Im Namen des Kirchcnvorstandes PH. Fr. Mader, Pastor." — Aus Niedcrschlesien, 18. April. Der Regierungspräsident hat bestimmt, daß diejenigen Fleischer, Tischler, Stellmacher, Böttcher und Schuhmacher der Stadt Sprottau, welche nicht den Innungen angehören, keine Lehrlinge mehr an nehmen dürfen. — Die Genickstarre, welche in der nächsten Umgegend von SchwiebnS zum Ausbruch ge kommen, fängt an, einen bedrohlichen Character anzunehmen. Kaum sind dieser tückischen Krank heit in Radun innerhalb weniger Tage drei und in dem 3 lrm von SchwicbuS entfernten Wschnitz . ein Menschenleben erlegen, so sind in der letztge»-