Volltext Seite (XML)
Luxus der Besitzenden ist, welcher einzig und allein Lohnerhöhungen und die Verbesserung der Lage der arbeitenden Bevölkerung möglich macht. Von den Gründern, die in -er DWachettzeit den kostspieligsten Neigungen huldigten, höben die meisten rin schlimmes Ende gefunden; bis auf geringe Ausnahmen sind aber die Arbeitslöhne auf der Höhe geblieben, die sie damals erreichten, ebenso wie die wesentlich verbesserte Lebensweise der Arbeiter sich nicht wieder wesentlich ver schlechterte. Am schlimmsten macht sich der Rückgang des allgemeinen Wohlstandes in den Kreisen der keinen Handwerker fühlbar, die von den Wohlthaten der sich besonders den Fabrikarbeitern zuwenden den Socialreform nichts verspüren, ferner bei den Unterbeamten, deren Gehaltsaufbesserungen nicht gleichen Schritt halten konnten mit der seit Jahren eingetretenen Vertheuerung der Lebens bedürfnisse und mit der allgemeinen Erhöhung der Lebensansprüche. Gerade hier erzeugt lärmender Luxus die Strömung, welche dem Socialismus des Neides neue Bekenner zuführt. In Mittel städten giebt es nur selten eine solche Prunksucht, welche Minderbemittelte mit mühsam verhaltenem Grimm erfüllen könnte. Hier entsteht nur dann Verbitterung, wenn die Luxusbedürfnisse der Wohlhabenden nicht dem heimischen Gewerbe zu Gute kommen, sondern ohne Grund und Ursache von auswärts gedeckt werden. Man gönnt in der Regel die verfeinerten Lebensgenüsse Jedem, der den Grundsatz „Leben und leben lassen!" befolgt, den Handwerkern unter den Mitbürgern Verdienst zuwendet, wo dies sich irgend ohne eigenen Nachtheil ermöglichen läßt. Man weiß aber hier auch ziemlich genau, wo die Verhält nisse hohl sind und wendet sich stets mit Ver druß von Denen ab, die ihre Ausgaben nicht nach ihren Einnahmen bemessen und einen Schein luxus entfalten, wo oft das Nöthigste fehlt. In Großstädten ist eine derartige Beurtheilung viel schwieriger und dort ist es oft das Prunkleben hohler Existenzen, welches zahlreiche Menschen mit neidischem Grimm erfüllt. Wie wenig ahnen diese Socialisten des Neides, wie bedauernswerth Diejenigen sind, gegen welche sich ihr Haß richtet, mit welchen Sorgen, mit welcher inneren Angst diese Pracht erkauft wird, die so wenig beglückt, die fast immer den Untergang der Verschwender zur Nothwendigkeit macht, und die doch auf so Viele so tief verbitternd wirkt! Fast scheint es, als ob dieser schroffe Gegen satz zwischen verbissenem Neid und gedankenlosem Leichtsinn aufs schärfste in der österreichischen Reichshauptstadt ausgeprägt wäre, in der aus sehr verschiedenen örtlichen Gründen in den letzten Jahren der solide Wohlstand eher abgenommen als sich vermehrt hat. In dem erwähnten Artikel des Wiener Blattes heißt es darüber: „Dic Thörinnen, welche das Vermögen des Mannes durch ihre Verschwendung ruiniren, ahnen nicht, welchen tausendfältigen Haß sie erwecken. Die Zeit ist solchem Treiben nicht günstig, der Ver brauch weckt selbst in Wien nicht wie ehedem die Empfindung der jovialen Sympathie, sondern er reizt die Mißgunst und eine Kritik, welche die bei Einzelnen gemachten Erfahrungen leicht auf einen ganzen Stand überträgt. Die Vertreter des mobilen Vermögens können auch in ihrem Luxus nicht wetteifern mit den Repräsen tanten des ererbten Besitzes; das Einkommen des Kaufmanns ist nach seiner wirthschaftlichen Natur zu ganz anderen Zwecken bestimmt, als die Revenue des Fürsten, und wenn bürgerliche Frauen herein rauschen, mit Juwelen geziert, mit Kleidern von Mas und Strümpfen von Seide, so schmücken sie den herrlichen Leib vielleicht unbcwnßt mit einem Stück des Geschäftskapitals, und im Glanze der Diamanten erbleicht zuweilen die Ehre des Mannes. Wie manches Haus stünde noch auf recht, wenn es niemals die Grenzen verlassen Hütte, welche den Ausgaben durch die Gesetze der Solidität und der privaten Oeconomie gezogen sind! Der lärmende Luxus in seinen tausend fältigen Formen erzeugt die Strömung, welche dem Socialismus des Neides neue Kämpfer zu führt. Seht dort die Dame in der Loge! Wie auffallend die ganze Erscheinung, wie schreiend die Toilette, wie provozirend die Ausstellung des Reichthums auf dem Körper, wie lärmend jede Bewegung! Hundert giftige Blicke schießen empor, und das eitle Weib mit seiner mangel haften Geschmacksbildung fühlt nicht, daß sic, während ihr Ohr begierig die Klänge der Musik einsanat, nichts Anderes ist, als die verkörperte focialistische Propaganda. Auf welch' hohlen Grundlagen ruht zuweilen dieser Luxus. Während die Frau umherschwärmt, die Zimmer voller Gäste sind, der Wein in Strömen fließt, stöhnt der Mann in seinem Zimmer, ringt die Hände und weiß nicht mehr, wie er die Ehre retten und die Zukunft der Kinder sichern soll." Hier ist nichts zu beneiden, sondern eher zu bemitleiden, denn früher oder später brechen doch solche hohle Existenzen unrettbar zusammen und begraben die täuschende Herrlichkeit in Schutt und Trümmern. Gerade deshalb ist in Wien und überall, wo die Scheinpracht die Gemüther o arg verbittert, dahin zu streben, daß dem socialismus des Neides gegenüber in gleicher Weise Reformen möglich werden, wie auf dem Gebiete des Socialismus des Elends. Für die Wiener Verhältnisse hofft man die Beseitigung >er jetzigen schwülen Atmospähre schwindenden Wohlstandes, der mangelnden Beschäftigung des Handwerks und der Erschütterung des Handels von >er Rückkehr der deutschliberalen Verwaltung und der ökonomischen Erhebung Wiens. Im All gemeinen gehört aber zur Gesundung der Ver hältnisse die Rückkehr zu der Einfachheit der Sitten und Gewohnheiten zu jener von keiner Ausschreitung des Luxus entweihten edlen Ge selligkeit, welche ehemals die reinsten Genüsse bot und das Haus des deutschen Patriziers zum Sitz der vornehmsten Pflege des geistigen Ringens machte. Wo die Wohlhabenden dem Kastengeist entsagen, jede Hoffahrt vermeiden, ihren Stolz darein setzen, die Armen im Kampfe um's Dasein zu stützen, die Thränen der Noth zu trocknen und der geistig begabten, aber besitzlosen Jugend die Erreichung edler Ziele zu ermöglichen, da wird die Kluft überbrückt, die Elend und Neid vertiefen. Die Forderungen des Tages sind weitgehende, sie lauten: Einfachheit, Milde, Wohlwollen und rechte Menschenliebe. /X nach dem Sächsischen Hause in der Boßstreche' erhalten. Auch die hier anwesenden Kgl. SSchs. Bundesbevollmächtigten nehmen daran The». Die hierher commandirten Kgl. Sächs. Offiziere^ sowie die hier sich aufhaltenden Reserveoffiziere , des Kgl. Sächs. Armeecorps werden diesen Tag gemeinsam durch ein Mahl im Norddeutschen Hofe (Mohrenstraße) unter Vorsitz des Militär bevollmächtigten Oberstlieutcnant von Schlieben eiern. Auch das hiesige Eisenbahnregiment, dem. bekanntlich eine Kgl. Sächs. Compagnie zugetheilt- ist, begeht den Königl. Geburtstag in feierlicher Weise. Bischofswerda. Nächsten Sonntag, dem 24. April, Nachmittag 4 Uhr, will mit Geneh- miglktig des hiesigen Kirchenvorstandes der spanische ev. Prediger Juan Emetrio Fuente aus Granada in Spanien in hiesiger GotteSacker- kirche einen Vortrag über „die Ausbreitung des Evangeliums in Spanien " halten. Alle Gemeinde glieder und Freunde des Reiches Gottes werden gebeten, diesem Vortrage ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Der Vortragende wird vom vr. Dibelius- in Dresden und Graf von Bernsdorf in Berlin: bestens empfohlen. Bischofswerda, 20. April. Mit Beginn des neuen Schuljahres am 18. d. M. trat der an hiesiger Bürgerschule, an Stelle des nach Dresden übergesiedelten LehrerHrn. Pohl, erwählte Herr Lehrer Hölzel, zeither an der Schule zu. Schmölln thätig, sein nenes Amt allhier an und wurde vom Herrn Schuldirector vi. Henze in dasselbe eingewiesen. — Beim hiesigen Königl. Amtsgericht ging Herr Rendant Groß am 15. d. in den Ruhestand Deutsches Reich. Ihre Majestät die Königin ist am 22. d. von Brüssel zurückgckehrt und mit dem Leipziger Courierzuge Vormittags 10 Uhr 44 Min. auf dem Leipziger Bahnhofe in Dresden-Neustadt angekommen. Se. Majestät der König hat geruht, an Stelle des jüngst verstorbenen Oberstlieutenant Stein den Oberstlieutenant z. D. und Commandeur des 1. Bataillons (Chemnitz) 10. Landwehr-Regiments Nr. 134, v. Wittern, unter gleichzeitiger Wicder- einrangirung in den Stand der Oberst-Lieutenants und Stellung L Is, suito des Kgl. 3. Infanterie- Regiments Nr. 102 Prinzregent Luitpold von Baiern zum Director des Kgl. Montirungsdepots und an dessen Stelle den Kgl. Oberst-Lieutenant z. D. und Commandeur des 2. Bataillons (2. Dresden) 4. Landwehr-Regiments Nr. 103 von Gutbier zum Commandeur des Landwehr-Bezirks Chemnitz zu ernennen. Zum Commandeur des hierdurch freigewordenen Landwehrbataillons 2. Dresden ist der bisherige überzählige Stabsoffizier im 7. Infanterieregiment Prinz Georg Nr. 106 Freiherr von Oer befehligt worden. Die bctr. Offiziere sind sofort in ihre neuen Dienststellungen eingetretcn. Die feierliche Verleihung der 3 Bataillons- Fahnen an das Könie/. sächsische 11. Infanterie- Regiment Nr. 139 findet am 22. d. M. Vor mittags im Hofe des Nesidenzschlosses durch Se. Majestät den König an die dazu in Dresden eintreffende Abordnung des Regiments statt. Diese bringt die empfangenen Feldzeichen noch an dem selben Tage nach den Garnisonen Döbeln und Leisnig, woselbst sie gelegentlich der zur Feier des Allerhöchsten Geburtstags des erlauchten Kriegsherrn abzuhaltenden Paraden den Batail lonen übergeben werden sollen. Da infolge des durch die Neuformationen bedingten Uebergangsstadiums von Abhaltung einer großen Parade der Dresdner Garnison am Geburtstage Sr. Majestät des Königs Aller höchsten Orts abgesehen worden ist, beschränkt sich die militärische Feier des Festtages auf eine mit der Wachtparade verbundene Parole-Ausgabe durch Se. Königl. Hoheit den commandirenden General Prinz Georg, zu der sich die Generalität und das Offiziercorps am 23. d. M. Mittags V,12 Uhr am Theaterplatzc versammeln. Am vergangenen Freitag machten die neu beförderten sächsischen Generäle, Generallieutenant v. Hollebcn, gen. v. Norman», Commandeur der 32. Division, ferner die Commandeure der 46., 47. und 64. Jnfanteriebrigade, Generalmajors Larras, v. Tschirschnitz und v. Minckwitz, und der Generalmajor und Commandeur der 24. Cavalleriebrigade v. Nostiz-Drzewiecki dein Kaiser in Berlin ihre Aufwartung. Aus Berlin schreibt man der „Leipz. Ztg.": Zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Königs Albert haben für nächsten Sonnabend die Reichstagsabgeordneten des Königreichs Sachsen eine Einladung zum Diner von dem Königlichen Gesandten, Grafen von Hohenthal und Bergen, und Herr Referendar Becker ward am 15. d. nach Ehrenfriedersdorf in gleicher Eigenschaft versetzt. Bischofswerda, 21. April. Soeben theilt uns der von vor 2 Jahren her bekannte Theater director Unger mit, daß er mit Ende Mai im Saale des Gasthofes zur goldnen Sonne einen Cyclns Vorstellungen zu veranstalten beabsichtigt, Diese Gesellschaft, welche schon seit Februar in. Pirna und jetzt zu einem Gastspiel in Potschappel weilt, erfreut sich dort des besten Rufes und sollen die Leistungen derselben noch weit besser sein, als vor 2 Jahren. Namentlich werden die Lustspielaufführungen in den uns vorliegenden Artikeln im Pirnaer Tageblatt rühmend erwähnt. Herr Unger gedenkt ein ganz neues, elegant ein gerichtetes Theater in Käufers Hotel aufzustellen: und hat derselbe für die diesjährige Saison: mehrere Novitäten angekauft, z. B.: „Der schwarze Schleier". „Die Sternschnuppe". „Die goldene Spinne". „Der Salontyroler". „Die große Unbekannte". „Der Hüttcubesitzer". „Papageno".. „Sie weiß etwas" rc. — Abseits von dem lärmenden Hasten der Weltstadt, in einer friedlicheren Zone, hat sich, nunmehr ein Vorgang vollzogen, der auf die Zukunft von Tausenden eine eminente Bedeutung ausüben wird: der erste Schulgang. An der Hand des Vaters oder der Mutter, oder an der Hand des Bruders oder der Schwester, auch wohl des alten Großmütterchen, haben diese Woche Hunderte und aberhunderte hoffnungsvoller kleiner Weltbürger und Weltbürgerinnen zum ersten Male die Schwelle der Schulstube übertreten. Und dieser Augenblick war gleich wichtig für alle dabei bethciligten Personen. Das Kind trabt — wie Rückert so schön sagt — zum ersten Male mit dem Schulsack unterm Arm in den Zwangsstall seiner Sorgen. Die Bitterkeit des Augenblicks soll ihm die in Aussicht gestellte Zuckerdütc ver süßen. Versetzen wir uns im Geiste einmal hin nach jenen Stätten, in welchen wir unsere Kleinen: zu guten Staatsbürgern heranbilden lassen wollen. Der erste Schultag! Welch' bunte Bilder ziehen an uns vorüber! Blicken wir zuerst in das Auge des Lehrers. Wir sehen es ihm an, daß ernste Gedanken an diesem Tage saurer Mühen uni» süßer Hoffnungen sein Herz bewegen. Wie viel Kinder wirst Du bekommen? Was für Kinder werden es sein? Wie werden sie sich benehmen? Werden sie Dir Freude oder Aerger bereiten? Solche Gedanken sind cs gewiß, die an diesem Tage sein Herz erfüllen. Und nun öffnet sich die Thür und herein tritt ein ArbeitSmann, seinen weinenden Jungen an der Hand, welchen er tröstet nnd heruhigt mit den Worten: „Fritzchen, sei nur ruhig, der Herr Lehrer ist ja so gut, er thut Dir gewiß nichts." In der Familie dieses kleinen Staatsbürgers wnrdc der Lehrer oft als Ab schreckungsmittel gebraucht. „Na, wart' nur, Fritz, wenn Du zur Schule kommst; der Schul meister wird Dich schon zurechtbringen; und die bösen Jungen steckt er in den Keller Iu den Ratten; auf dem Boden in der schwarzen HaiMe? hat cr einen Esel mit Stacheln,