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r kk. o 5 5 0 0 5 0 n n »7 »7 sipE Llarlct S. Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten Sonnabend, den 1». November 188«, Abends « Uhr. Tagesordnung: Beschluß des Stadtraths wegen eines von dem Buch- und Steindruckereibesitzer Friedr. August Adolf Mothe» allhier gegen die Stadtgemeinde angestrengten Prozesses. — Vortrag und eveni. Justification der Sparcassen-Rechnung auf das Jahr 1885 und der Gasanstalts-Rechnung auf die Zeit vom 1. October 1884 bis 31. December 1885.Huste, Vorsteher. Die . Herabminderung der Gerichtskosten. Man begrüßte es Anfangs freudig, als mit der Erhöhung der Gerichtskosten die leidige Proceßzucht in Deutschland bedeutend nachlieb, empfand es aber bald darauf wieder als einen großen Mißstand, als die Minderbemittelten aus Furcht vor den Kosten sich vielfach freiwillig ihres Rechtes begaben. Wieder und wieder drangen Klagen über die Höhe der Proceßkosten an die Oeffentlichkeit und es lag die Gefahr vor, daß die Fälle von Selbsthilfe sich ebenso vermehren würden, wie die Zahl der Winkelconsulenten. Eine Abhilfe der unzweifelhaft vorhandenen Miß stände schien der Reichsregierung dringend ge boten und ließ dieselbe deshalb dem deutschen Bundesrath einen Gesetzentwurf zugehen, welcher Pie Abänderung von Bestimmungen des Gerichts kostengesetzes und der Gebührenordnung für Rechtsanwälte betraf. Wie sich aus dem jetzt von dem Bundesrathe an die zuständigen Aus schüsse verwiesenen Gesetzentwürfe ergiebt, sucht die Reichsregierung die verlangte Ermäßigung der Proceßkosten hauptsächlich durch eine Ver minderung der Rechtsanwalts-Gebühren herbei zuführen, da die Vorlage die Berechnung der Gerichtskosten nur bei zwei Arten von Rechts streitigkeiten zu ändern vorschlägt. Warum die Reichsregitrung so und nicht anders vorgeht, darüber wird in den dem Gesetzentwurf beigegebenen Motiven gesagt, daß durch die Novelle zum Ge richtskostengesetz, vom 29. Juni 1881, in der vom deutschen Reichstage wesentlich erweiterten Fassung, allen berechtigten Beschwerden über die Höhe der Gerichtskosten in der Hauptsache bereits abgeholsen sei. Die Motive führen zum Beweis dafür, daß die Wirkung jener Novelle vielfach unterschätzt werde, die Thatsache an, daß seit dem Inkrafttreten des Gesetzes die Einnahmen an Gerichtskosten in allen deutschen Bundes staaten erheblich zurückgegangen sind. Dieser Rückgang beziffert sich in Preußen auf 16,4 Proc., in Baiern 17,„ Proc., in Sachsen auf 13^ Proc. in Würtenberg auf 9^ Proc., in Baden auf 18,„ Proc. und in Hessen auf 14,^ Procent. In Baiern betrug der Ausfall jährlich 600,000 Mk., in Baden 400,000 Mk. Vergleicht man Pie in Processen mit verschiedenen Werthobjecten, jetzt erwachsenden Gerichtskosten mit den stüher oafür in Preußen erhobenen, so findet man, ab gesehen von den niedrigsten und höchsten Objecten, keine nennenswerthe Erhöhung der Kosten bei Wechselsachen und der Zwangsvollstreckung sogar niedrigere Kosten. Der Procentsatz der dauerndes Processen gedeckt wird, ging in Preußen seit 1881 dauernd zurück und beträgt nur noch 19 Proc. Keinesfalls kann davon die Rede sein, daß die Rechtspflege als Finanzquelle ausgebeutet I werde. Uebrigens sprachen sich das Reichsgericht, sowie die Gerichtsbehörden sämmtlicher Bundesstaaten nahezu einstimmig dahin aus, daß keine störende Einwirkung der Gerichtskosten-Gcsetzgebung auf die Rechtspflege beobachtet worden sei. Die Reichsregierung bezeichnet demnach in den Motiven zu dem neuen Gesetz das Verlangen nach einer weiteren Herabsetzung der Gerichts kosten als unbegründet, wogegen sie die allzugroße Vertheuerung der Rechtspflege durch die An- maltSgcbühren und das Bedürfniß nach einer bezüglichen Abhilfe unter Berufung auf zahlreiche Aeußerungen aus dem Kreise der Gerichte an erkennt. Daß das Recht suchende Publikum durch die jetzt geltende Gebührensätze zu sehr belastet sei, wird einerseits begründet durch eine Vergleichung der jetzigen Sätze mit den früheren erheblich niedrigeren preußischen Sätzen, anderer seits durch eine Kostenberechnung in fingirten Rechtsstreitigkeiten mit normalem Verlaufe durch die Instanzen. Nach der letzteren betragen die Gebühren- und Auslagen-Forderungen zweier Anwälte überall mehr und zwar zum Theil er heblich mehr als die entsprechenden Gerichtskosten. Der Rücksicht auf die Erhaltung eines recht schaffenen und seiner Aufgabe gewachsenen An waltsstandes gesteht die Begründung des Entwurfs nachdrücklich die vollste Berechtigung zu; nur sei eS nicht Aufgabe der Gesetzgebung einer beliebigen Anzahl von Anwälten ein ausreichendes Aus kommen gerade aus den Civilprocessen zu ge währleisten. Daß eine Herabsetzung der Gebühren ohne Schaden des Anwaltsstandes thunlich, so gar im Interesse einer Gegenwirkung gegen das übermäßige Anwachsen der Zahl der Anwälte erwünscht sei, gehe aus der in dem größeren Theil des Reiches in den Jahren von 1880 bis 1885 beobachteten Vermehrung dieser Zahl her vor. Diese Zunahme betrug für das ganze Reich 10^ Procent, in den acht altpreußischen OberlandeSgerichtS-Bezirken 45^ Procent, im Be zirke des Kammergerichts sogar 69„ Procent. Ueber die Grundsätze, welche bei Aufstellung der Vorschläge de» neuen Gesetzentwurfes auf Ermäßigung der Tarifsätze maßgebend waren, wird in der Begründung gesagt: „Der Entwurf hält sich in so mäßigen Grenzen, daß ihm eine Voreingenommenheit gegen den für eine gedeihliche Rechtspflege unentbehrlichen Anwaltsstand niwt zum Borwurf gemacht werden kann. Wenn feint Bestimmungen vorzugsweise darauf abzielen, da vielfach hervorgetretene Mißverhältniß zwischen der Lüftung de» Rechtsanwalt- und dem von ihm zu beanspruchenden Honorar in Fällen, in denen es geradezu Anstoß erregt hat, zu beseitigen, so wird diese Tendenz bei unbefangenen Mitgliedern des Anwaltsstandes selbst nur Anerkennung finden können." Was die Bestimmungen des Entwurf», welcher das bestehende System der Gebühren berechnung beibehält im Einzelnen anlangt, so entsprechen dieselben meistens Anregungen, die aus Kreisen der Rechtsanwälte selbst ausgegangen sind. Der exorbitanten Höhe der Gebührensätze bei Processen mit hochwerthigem Streitgegenstände soll durch eine Ermäßigung des Steigerungs satzes bei den Werthclassen über 1000 M., sowie durch Einführung eines auf 500 M. bemessenen Höchstbetrages des Einheitssatzes der Gebühr (nicht der Gebührenforderung überhaupt) begegnet werden. Ferner wird — und zwar hier hin sichtlich der Gerichtskosten und der RechtsanwaltS- gebühren gleichmäßig — für Pacht- und Mieth- streitigkeiten, sowie für Alimentations-Processe eine andcrwcite^, auf eine Entlastung dieser Rechtsstreitigkeiten abzielende Art der Werths berechnung für die Zwecke des Gebührenansage- in Aussicht genommen. Im Uebrigen ließ der Entwurf die Einheits sätze des Tarifs unverändert und sah nur in verschiedenen Einzelvorschriften die Herabsetzung der Gebühren für bestimmte Proceßacte vor. Besondere Bedeutung beanspruchen zwei dieser Vorschläge: Die Herabsetzung der Gebühr für eine nicht contradictorische Verhandlung — d. h. allein bei den Landgerichten in erster für 47 bis 48 Procent aller Verhandlungen — von fünf auf drei Zehntheile des Einheitssatzes, sowie der Wegfall emer Erhöhung der Verhandlungsgebühr für die'Verhandlung nach stattgehabter BeweiS- apfnahme, ein Vorschlag, dessen Bedeutung däraus erhellt, daß allein bei den Landgerichten in erster Instanz durchschnittlich jährlich 50,000 ^Beweis beschlüsse erlassen werden. Andere Ermäßigungen beziehen sich auf das Sühneverführcn, daS Auf gebotsverfahren und das Concursverfahren. Besonders häufigen Klagen will die Hetäbsetzung der Gebühren für Ertheilüngeine» RathrS, sowie für Erhebung und Ablieferung von Geldern und Werthpapieren abhelfen. Als große Er leichterung wird es empfunden werden, daß der Entwurf die Schreibgebühren für kleiye Schrift stücke, wie Briefe, Anzeigen , Mittheilungen, An träge u dergl. beseitigt, indem er die Mei ersten Seiten jedes Schriftstücks von der Gchühk ftei läßt. Bei Schriftsätzen von mehr alß SO Güten sollen die Gebühren für die ÜberschließeafstnAittn auf die Hälfte ermäßigt werden. Als eine nicht unwichflge Bestimvu-w d»S Da» Konkursverfahren über das Vermögen des Cigarrenfabrikanten Karl Adolf Gbrrt in Bischofswerda wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Bischofswerda, am 8. Nobember 1886. Königliches Amtsgericht. ,Küchler. Bestellungen werde« bei allen Pkrstanstalten des deutschen Reiche«, für Bischostwerda und Umgegend in der Expedition dieses Blatte» angenommen. Konkursverfahren. Bei der am gestrigen Tage stattgehabten Stadtverordneten-Ergänzungswahl sind aus der Reihe der ansässigen Bürger die Herren Amts- straßenmeister Carl Gotthold Tuttschky (mit 272 Stimmen), Gelbgießermeister Friedrich Adolf Lrhnramr (mit 212 Stimmen), Schmiedemeister Friedrich August Bernhard Bogel (mit 189 Stimmen) und Handelsmann Ernst Robert Maiwald (mit 150 Stimmen), und aus der Reihe der - unansässigen Bürger Herr Kürschnermeister August Grohmann (mit 275 Stimmen) gewählt worden, was hierdurch bekannt gemilcht wird. Stadtrath Bischofswerda, den 11. November 1886. Sinz. Mosernte, welch« tu diesemBlattr dl« witttsteVerbeettUu, ' sttäm, «erden bst DiruStag und Krett4g^M » Wr angenommen u. kostet die dretgespaltme LorpuSmilejo Pk„ unter „Eingesaqdt" SV Pf. Geringster JnserateubetrpgLüPf. Diese Zeitschrift erscheint wSchrntlich zwei Mal, M-Wwech- und Smeunbenvs, und kostet einschließlich der Sonnabends erscheinenden „belletristischen Vmlaae" virrteljtthrlich t Mark bü Pf. Einzelne Nummer 10 Pf. sächWe FrMer, Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Km-egeM Amtsblatt da Kgl. AmtshauPtmannschast, der Kgl. Schuliahcctim u. des Kgl. Hau-tsteaeramles M AW«, sowie des Kgl.Amtsgerichtes middes Stadtrat-cszuBWosswcrda.