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mit einer M«HWt von circa 2Ü Stimmen ange nommen werden. Erwähnt wurde bereit«, daß der BundeSrath die Aenderungen, welche derselbe für nolhwendig erachtet, aufrecht erhält, insbesondere diejenige, welche eine fünfjährige Dauer des Gesetzes verlangt. Fürst Bismarck soll sehr energisch erklärt haben, daß er ein Messer ohne Klinge nicht an nehmen werde, und daß er bei einer solchen Ab schwächung des Gesetzes, wie die Commission sie verlange, er dem Kaiser die Wahl überlassen müsse zwischen seinem Rücktritt oder Auflösung des Reichs tages. Trotz alldem herrscht die Hoffnung auf eine schließliche Einigung vor. In Bezug auf die schleunige Ausführung des Gesetzes sind auch bereits mancherlei Borkehrungen getroffen, namentlich richtet sich die Ber liner Polizeibehörde auf eine lebhafte Thätigkeit ein, infolge deren mehrere höhere Stellen neu besetzt werden. Man geht mit einer Neugestaltung der Criminalpolizei um, an deren Spitze der Stadt- gerichtsrarh Graf Pückler treten soll. erbarmungslos zusammn.,^ Eigenthumsfanatiker findet man bekanntlich ..-«»W den kleinen deuten. Es soll aber nicht dies« letzte Entscheidung abgewartet, nicht die VerwlldiraW und Schuld unseres Volkes bis zur Selbstveruichtuua^ gesteigert werden. Wir haben die Zuversicht, daß, wenn dem Volksorganismus der Giftstoff nicht länger eingeflößt wird, derselbe auch gesunden kann. Gegen die Giftmischer und Giftverkäufer ist das Soäa« listengesetz gerichtet, und da Gott Lob diese Gift-- Mischer und Gifthändler nicht die Regel unter uns - bilden, so rufen wir nach einem Ausnahmegesetz." Im 3. Vierteljahre 1878 sind im Reichspost- 'gebiete 126 Postanstalten neu eingerichtet und 5 auf- gehoben worden. In demselben Zeitraum sind im Reichstelegraphengebiet 457 Telegraphenanstalten (bi» - auf 1 sämmtlich mit beschränktem Tagesdienst), da- ' von 147 mit Fernsprechern, neu eingerichtet, 7 wieder ' eröffnet und 16 geschlossen worden. Die Armee des deutschen Reiches außer Baiern Die Führer der Berliner Socialdemokratie machen öffentlich bekannt, daß die Allgemeine Deutsche Associations-Buchdruckerei zu Berlin am Sonntag den 3. November d. I. eine außerordent liche Generalversammlung abhält, deren Tages ordnung sei: Antrag des Vorstandes auf Liquidation des Geschäfts. Die Wirkungen des Socialisten-Ge- setzeS machen sich schon fühlbar, ehe es zur An nahme gelangt ist. In der Wochenschrift „Im Neuen Reich" schreibt Professor Springer in Leipzig: „Kein Mensch glaubt, daß die Socialdemokraten in Wahrheit Arbeiter interessen vertreten. Gerade die Führer und Agi tatoren gehören gar nicht dem Arbeiterstande an, oder wenn sie demselben früher angehörten, so haben sie, seitdem sie von dem socialdemokratischen Strudel erfaßt wurden, sich sowohl der Arbeit wie des Arbeitsnamens schämen gelernt. Der Cigarren arbeiter entpuppt sich zum Redacteur, der Dreher in einer Metallfabrik zum Schriftsteller. Es ist also wieder eine Lüge, wenw das Socialistengesetz als gegen den Arbeiterstand gemünzt dargestellt wird. Im Gegentheil: Emancipation des wirklichen ehrlichen Arbeiters von der usurpirten Gewalt der Agitatoren, die selbst arbeitsfaul vom Mark des Arbeiters sich nähren und in der Permanenz der Arbeiternoth die Quelle ihrer Macht und ihres bequemen Lotterlebens finden, ist der Zweck des Gesetzes. Und dieser Zweck wird erreicht werden, wenn der Reichstag die Mittel gewährt, den Schandfleck in unserm politischen Leben wegzuwischen. Mag sein, daß wir den wirklichen Sieg der Socialdemokraten nicht zu fürchten haben. In dem Augenblicke, in welchem die Socialdemokraten daran gehen würden, ihre Pläne auszuführen, würden sich nicht die als Blutsauger angefeindeten Capitalisten, sondern .die Masse der wahren Arbeiter gegen sie erheben. Jede Mutter, die in ihrer Lade die Aus stattung der Tochter mit rührendem Fleiße sammelt, jeder Vater, der einen Nokhpfennig zurücklegt, jeder Tagelöhner, der ein Kartoffelfeld aus seinen Spar pfennigen erworben, jeder Handwerker, der sich ein langes Leben abgemüht hat, in seiner Familie ein bescheidenes Erbe zu hinterlassen, sie Alle würden sich erheben und die Apostel der Socialdemokratie ist nach einer für das 4. Quartal 1878 aufgestellten Nachweisung in 380 Garnisonen vertheilt. Wie aus Wien vom 7. Oct. gemeldet wird, hat der Kaiser das in den letzten Tagen erneuerte Demissionsgesuch des österreichischen Ministeriums genehmigt und wird mehrere hervorragende öster reichische Parlamentsmitglieder zu sich bescheiden, um deren Ansichten über die Lage zu hören. Wien, 4. Oct. Vom zweiten Armee-Com- mando ist aus Serajewo von heute folgendes Tele gramm eingelangt: Der Commandant der ersten Truppendivision, Generalmajor Sametz, meldet, daß die erste Infanterie-Brigade heute früh 8 Uhr in Visegrad ohne Kampf eingezogen ist; die Insur genten hatten früh am Morgen ihr Lager und die O Verschanzungen unter Zurücklassung von Kanonen, Zelten und Munition verlassen. Die 8. Infanterie- - Brigade ist gestern ohne Widerstand in Gorazda eingerückt und hat heute Cajuica mit 2 Bataillonen , besetzt. Die 7 Infanterie-Brigade traf am 5 in Coujika ein, Foca ist frei von Aufständischen. Der 4 Aufstand ist damit in ganz Bosnien niedergeworfen. Das Land ist in den Händen unserer Truppen. Wien, 4. Oct. Heute ist hier die Meldung eingetroffen, daß die Mitglieder der afrikanischen Expedition, mit Ausnahme des österreichischen Afrika- Reisenden Marno, ermordet worden sind. Marno gelang es zu entkommen. . Z Copenhagen, 4. Oct. Nach einem vom hiesigen „ Morgen - Telegraphen" veröffentlichten Privat-Telegramm ist auf der Dänemark gehörigen Insel St. Croix ein Ausstand der Neger-Arbeiter ausgebrochen. Die Hälfte der Stadt Frederiksted ist niedergebrannt. Bezüglich der während des russischen Krieges bei der Armee begangenen Unterschlagungen wird jetzt berichtet, daß von der mit der Untersuchung dieser Angelegenheit betrauten Commission nicht weniger als 500 Offiziere und Beamte verschiedener Grave, darunter 40 Obersten, angeklagt, d. h. so gut als schuldig befunden sind, Unterschleife begangen zu haben. Dem Reuter'schen Bureau wird aus Constaotinopel gemeldet: Nach auf dem KriegSminifterium eia- - gegangenen Nachrichten soll der türkische Bevoll-