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Amts- M Aiizeikeblatt Adonnement oiertelj. 1 M. 25 Pf. einschließl. veS .Jlluftr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage .Seifen blasen' in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. für den Gejirk Les Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. «erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. flrltgr.-Adrrlse: Amtsblatt. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. Fernsprecher Ur. 2IN. 54. Jahrgang. Donnerstag, den 24. Januar Die für die bevorstehenden Reichstagswahlen ernannten Wahlkommissare sind vom Ministerium angewiesen worden, auch schon das vorläufige Wahlergebnis unverzüglich tele graphisch zu melden. Um hierzu in der Lage zu sein, muß ihnen aus allen Wahlbezirken ihres Wahlkreises — nicht etwa bloß aus denjenigen Wahlbezirken, die zu ihrem politischen Verwaltungsbezirke gehören — das vorläufig ermittelte Wahlergebnis mitgeteilt werden. Zu diesem Zwecke ist den amtlichen Ersuchen der Wahlkommissare nicht bloß seitens der Wahlvorsteher, sondern seitens aller zum Wahlkreise gehörigen Verwaltungsbehörden zu entsprechen. Dresden, am 19. Januar li)07. Ministerium des Innern. Nr 236 der Schankstättenverbotsliste ist zu streichen. Stadtrat Eibenstock, den 22. Januar 1907. Hesse. Mrt. Wählen ist nicht bloß das Recht, sondern auch die patriotische Pflicht eines jeden Staatsbürgers. Wer diese Pflicht versäumt und ohne ausreichenden Grund von der Wahlurne fernbleibt, der versündigt sich am Vaterland und verwirkt seinen Anspruch auf volle bürgerliche Achtung. Auf, zur Wahl! Die Entscheidung, der die Rüstungen und Werbungen der letzten Wochen im Deutschen Reiche galten, ist nahe her angekommen; nur eine kurze Spanne trennt uns von dem 25. Januar, von dem Tage, wo die Würfel im Wahl kampfe fallen, von dessen Ergebnissen die Geschicke unserer Nation wesentlich mit abhängen sollen. Noch einmal hat jeder wahlberechtigte Deutsche zusammenfassend zu prüfen, was alles im Verlaufe der Wahlbewegung geschehen ist, um seinen Willen zu beeinflussen und den Entschluß zu fassen, wie er an diesem Freitage seine höchste staatsbürgerliche Pflicht ausüben soll. Schwer kann dieser Entschluß für den nicht fallen, der, wenn er auch zuweilen gegrollt, gemurrt und genörgelt hat, doch in dem Augenblicke, wo er handeln soll, kein anderes Wohl kennt als das des Vaterlandes. Niemals lauter und verführerischer als in der Zeit des Wahlkampfes lockt und buhlt die Stimme Lokis, vor der Bismarck einst eindringlich gewarnt hat, die Stimme jenes bösen Geistes, der den Wähler Hödur, der die Tragweite der Dinge nicht beurteilen kann, verleitet, daß er das eigene Vaterland erschlage. Was ist alles wochenlang gesprochen und geschrieben worden, um die deutsche Volksseele zu ver derben, die deutsche Ehrlichkeit zu beugen, die deutsche Treue zu brechen! Es wurde geschmeichelt und gedroht, gefälscht und verleumdet, geschürt und gewühlt, um in den Wählern die Keime und Kräfte zu tilgen, die im vaterländischen Boden wurzeln, um aus des Menschen Brust zu reißen das Beste und Edelste, das Teuerste und Heiligste, das zur Treue an der Nation und deren Gütern und Errungenschaften bindet und verpflichtet! Bei dem Wahlkampfe handelt es sich — das kann nicht oft genug betont werden — nicht um die Bewilligung der 29 Millionen Mark, es steht mehr auf dem Spiele. Es handelt sich dämm, ob das deutsche Reich den mit dem teuern Blut seiner Söhne erkauften Kolonialbesitz aufgeben, ja ob es auf seine Stellung als Weltmacht verzichten soll, weil eine verblendete Reichstagsmehrheit für die nationale Ehre kein Verständnis gezeigt hat. Ist der neue Reichstag von demselben Geiste erfüllt wie der aufgelöste, dann ist unser Vaterland auf dem Wege, wieder zum Gespött des Auslandes zu werden, wie es in den Zeiten der Ohn macht und Zerrissenheit der Fall war. Welcher gute Deutsche will dazu seine Hand bieten! Darum: Auf zur Wahl! Niemand bleibe an diese m Freitage gleichgültig daheim! Jeder gebe seine Stimme ab und suche säumige Wähler hcranzuziehen! Und noch eins: Gehe jeder so früh wie möglich zur Wahlurne, damit noch Zeil genug übrig bleibe, Freunde und Bekannte dazu aufzu muntern, ebenfalls der Wahlpflicht zu genügen. Wenn auf diese Weise jeder Vaterlandsfreund seine Schuldigkeit tut, dann wird ein Reichstag aus der Urne hervorgehen, der dem deutschen Namen keine Schande macht! Hoch das Panier der ruhmreiche« deutsche» Vergangenheit! Hinein in eine ehrenvolle Zukunft! Mit Gott für Kaiser und Reich! TageSstefckichte. — Deutschland. Der Reichskanzler Fürst Bülow hielt bei dem vom kolonialpolitischen Aktionskomitee in Berlin veranstalteten Essen eine bedeutsame Rede, in der er die Gründe für die Auflösung des Reichstages und die Forderungen des Tages darlegte. Nach der Haltung der Mehrheit im Reichstage sei der Regierung nichts übrig ge blieben, als an das Volk zu appellieren. Die Behauptung des Zentrums und der Sozialdemokratie, das Budgetrecht des Reichstages sei verletzt, Volksrechte seien in Gefahr, sei nur eine Irreführung der Wähler über die Gründe der Reichstagsauflösung, ebenso wie die Redensart von der Ge fahr des Absolutismus. Der Kaiser habe bei der Auflösung des Reichstages nichts anderes getan, als daß er den Rat des Reichskanzlers und den Vorschlag das Bundesrats gut geheißen hat, von einem verfassungsmäßigen Rechte Gebrauch zu machen. Nächstes Ziel sei, eine Mehrheit von Konservativen und Liberalen zu schaffen und dem Zentrum die Möglichkeit zu nehmen, an der Seite der grundsätzlich auf Dissonanzen bedachten Sozialdemokratie zum Schaden des Vaterlandes Machtpolitik zu treiben gegen die verbündeten Regierungen und gegen alle anderen Parteien. Ein Reichstag, dessen Mehrheit in nationalen Fragen nicht versagt — das sei die Forderung des Tages. Wer dieser Ueberzeugung sei, der solle ihr nachfolgen und nicht warten auf Anerkennungen und Versprechungen für die Zukunft, sondern sei Mannes genug, sich selber Geltung zu verschaffen. Der Reichskanzler schloß seine von anhaltendem Beifall begleitete Rede mit der Mah nung: »Mögen so wie Sie hier, meine Herren, alle nationalen Elemente von der konservativen Rechten bis zur fortschritt lichen Linken ohne Ansehen der Religion bei den Wahlen ihre Sonderinteressen zurückstellen hinter die nationale Pflicht und Schuldigkeit!' — Der Wahlkampf im Wahlkreise Hirschberg har zu einer Besprechung der Bebelschen Erbschaft und zu einem Briefwechsel zwischen Bebel und dem seitherigen Abg. vr. Ablaß geführt. Da die Sozialdemokratie auch in diesem Wahlkampfe abstreitet, daß verschiedene ihrer Führer selbst Kapitalisten sind, so sei hier widergegeben, was Bebel unterm 4. Januar 1907 aus Schöneberg-Berlin an Rechts anwalt Ablaß wörtlich schreibt: „Ich habe von den 395000 Mk., die ich erbte, 132000 Mk. an die Verwandten des Erblassers, soweit sie enterbt waren, abgegeben, obgleich das Gericht zu meinen Gunsten entschieden hatte. 45000 Mk. gab ich an die Partei, 20000 Mk. an hilfsbedürftige Genossen und Bekannte usw. Auch die vielgerühmte Villa ist längst mit Schaden verkauft, weil ich sie verkaufen mußte. Nebenbei bemerkt war diese Villa ein Wirtshaus.' — Bebel hat, um den Rechtsstreit nicht bis in die letzte Instanz fort zusetzen, die enterbten Verwandten des Erblassers entschädigt, von dem Rest an Parteigenossen und Bekannte nach seiner Erklärung zusammen 05000 Mk. abgegeben, er behielt also für sich nach Abzug der Erbschaftssteuer und Anwaltskostcn 167000 Mk. Also 65000 der Partei, 167000 M. für sich. Gegen diese Art der Teilung ist vom kapitalistischen Stand punkte aus nichts einzuwenden, vom sozialistischen aber heißt das: Die Theorie wird in die Praxis nicht umgesetzt. Wer übrigens nach dem Briefe Bebels der Meinung sein sollte, diese Villa sei eine armselige Kneipe, der mag daran erinnert werden, daß dieses Besitztum zu 140000 Franken — 112000 Mk. Verkaufspreis öffentlich ausgeboten war. Selbst wenn also der Verkauf, wie Bebel sagt, Schaden gebracht hat, so bleibt doch immer noch ein hübsches Sümmchen für den Führer der „Enterbten". Diese beiden kapitalistischen Objekte stellen also sicherlich über eine Viertelmillion Mark dar. Bebel ist und bleibt also im Kinne des Wortes: Kapitalist! — Die Sozialdemokraten haben, wie der „Vorwärts' stolz verkündet, zur Reichstagswahl 340 Kandidaten, aufge stellt. Die Freisinnig-demokratischen Pateien haben es nach der Angabe des Berliner Tageblattes auf 169 Kandidaturen gebracht Von den Nationalliberalen stehen rund l50 Man datbewerber in der Wahlbewegung. Die Konservative Partei hat sich auf die Aufstellung von rund 100 Kandidaten beschränkt. Die Zahl der Kandidaten der Reichspartei ist uns unbekannt, sie dürfte aber sich auf 40 bis 50 belaufen. Rechnet man die Kandidaten der kleineren Gruppen hinzu und bedenkt man, daß die Zentrumspartei, die diesmal wieder mit einer Menge von Zählkandidaturen operiert, kaum unter 250 Kandidaten nominiert hat, so ergibt sich, daß auch bei diesen Wahlen weit über tausend Kandidaten mit einander im Wettbewerb stehen. — Der Diskont der Reichsbank ist am Diens tag um 1 pCt. auf 6 pCt., der Lombardzinsfuß gegen Ver pfändung von Effekten von 8 auf 7 herabgesetzt worden. — Spanien. In Madrid fanden erregte Kund gebungen gegen die drückende Brotverteuerung statt; die Volksmenge stürmte und plünderte viele Bäckerläden. An vielen Stellen kam es zu Tumulten; zahlreiche Personen wurden verwundet. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 21. Januar. Durch Verordnung vom 10. dss. Mon. hat das Königliche Ministerium des Innern die abgeänderten Bauvorschriften für die Nord st raße samt Bebauungsplan genehmigt. Die Regulativänderung wurde bereits im Mai 1904 ein geleitet, sie zog sich aber durch vielfache Verhandlungen mit den Beteiligten, insbesondere auch mit Behörden, deren Interessen berührt wurden, sehr in die Länge. — Eibenstock. Anläßlich der Wahlen zum deutschen Reichstag hält in der Nacht vom 25. zum 26. Januar das hiesige Postamt außer der bereits bestehenden Tele- graphen dien st bereit schäft bis 1 Uhr Nachts er weiterten Fernsprech-Vermittelungsdienst bis Mitternacht ab. Für jede GesprächSvcrbindung im Orte nach 9 Uhr Abends werden 20 Pfg. erhoben. — Schönheide, 19. Januar. In den hiesigen Rathauslokalitäten fand gestern abend eine vom Wahl komitee der vereinigten reichstreuen Parteien von Schönheide und Umgegend veranstaltete Feier der Reichsgründung statt. Mit einer kernigen Ansprache eröffnete der Vorsitzende des Komitees, Herr Schuldirektor Grohmann, die Feier. Hierauf hielt Herr vr. inest. Wolff, welcher Jahre lang als Schiffsarzt tätig war und in dieser Eigenschaft wiederholt Gelegenheit fand, in unseren afrikanischen Kolonien zu weilen, einen hochinteressanten Vortrag über diese. Ferner sprach im Namen der hiesigen Militärvercine der Vorsitzende des Kgl. Sächs. Militärvereins „1898" Schönheide, Herr Lehrer Flath, welcher in markanten Worten die gedienten Soldaten kurz vor der bervorstehenden Reichslagswahl an ihre« Fahneneid erinnerte. Gesangsvorträge, ausgeführt von den beiden Gesangvereinen „Liederkranz" und „Männergesang verein", sowie komische Vorträge umrahmten die glänzend verlaufene Feier. Eine für den hiesigen Bismarckfond ver anstaltete Sammlung ergab den ansehnlichen Betrag von über 52 Mk. — Schönheide, 20. Januar. Der seit ca. 21 Wochen dauernde Streik der hiesigen Bürstenfabrikarbeiter und Arbeiterinnen scheint seinem Ende entgegen zu gehe». In der Situation ist jetzt eine bedeutende Wendung zum Besseren eingetreten. Die streikenden Arbeiter und Arbeiterinnen der Firma: Sächsische Kardätschen-, Bürsten- und Pinsel fabrik Ed. Flemming und Comp. haben am Sonnabend, nachdem die Verhandlungen mit ihren Arbeitgebern günstig verlaufen sind, beschlossen, die Arbeit im vollen Umfange wieder aufzunehmen. Diesem Beispiele schlossen sich die Streikenden von drei weiteren Bürstenfabriken an. Die Arbeiter und Arbeiterinnen der anderen Bürstenfabriken bleiben noch im Streik, doch dürften auch hier erneut unter nommene Verhandlungen voraussichtlich bald zum Frieden führen. — Schönheide. Mittwoch haben hier mehrere B ü rst e nf a b rike n ihren vollen Betrieb wieder ausgenommen, indem die streikenden Arbeiter wieder in ihr früheres Arbeitsverhältnis eingetreten sind. In versch. Branchen sind deit Arbeitern entsprechende Lohnerhöhungen bewilligt worden. Andere Firmen sollen nächste Woche folgen. Hoffentlich kommen die noch schwebenden Unterhandlungen zu einem befriedigenden Abschluß. Damit hätte der Streik, welcher 21 Wochen anhielt, sein Ende erreicht, was natürlich von der ganzen Bewohnerschaft mit Freuden begrüßt wird. — Schönheide. Am vergangenen Montage nahm der Reichstagskandidat Herr I)r. Stresemann Gelegenheit, sich auch in unserm Orte seinen Wählern vorzustellen und ihnen sein Programm zu entwickeln. Die Versammlung war von Seiten der Ordnungsparteien wie der Sozialdemokraten außerordentlich stark besucht, ein gutes Zeichen für das Herr» vr. Stresemann und seiner Kandidatur entaegengebrachte lebhafte, wenngleich auf Seiten der Sozialdemokratie negative Interesse. Wohl selten ist eine Wählerversammlung herrlicher verlaufen als diese. Wohl selten hat eine atemlose Menge von doch so verschiedenen Interessenrichtungen mit größerer und wärmerer Aufmerksamkeit einem geistvolleren, vielseitigeren, von so außerordentlich gediegener wirtschaftlicher wie politischer Durchbildung deS Redners zeugenden, in hinreißend schöner, edler Sprache gehaltenen und von so echter, wahrer großer Begeisterung fürs Vaterland und dessen Wohl getragenem Vortrage gelauscht; und wohl selten hat ein Redner so reichen, anhaltenden und wohl verdienten Beifall geerntet wie Herr vr. Stresemann an diesem Abende. Auch seine überzeugende, streng sachliche Rechtfertigung gegen die sozialdemokratisch«